BGH Beschluss v. - IX ZA 7/10

Restschuldbefreiung: Versagung der Verfahrenskostenstundung im Eröffnungsverfahren bei erneuter Antragstellung innerhalb der 3jährigen Sperrfrist nach vorheriger Versagung der Restschuldbefreiung

Gesetze: § 290 Abs 1 InsO

Instanzenzug: LG Duisburg Az: 7 T 176/09 Beschlussvorgehend AG Duisburg Az: 60 IK 89/09

Gründe

I.

1Auf einen Eröffnungsantrag der Schuldnerin vom August 2007 lehnte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom die Stundung der Verfahrenskosten ab, weil ein zweifelsfreier Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung vorlag. Der Antrag auf Verfahrenseröffnung wurde mangels Masse abgewiesen. Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO lag vor, weil die Schuldnerin nach Stellung des Insolvenzantrags im Eröffnungsverfahren nicht weiter mitgewirkt und keine Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögenslage gegeben hatte.

2Am hat die Schuldnerin erneut Stundung der Verfahrenskosten, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt. Diese Anträge hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Die Schuldnerin beabsichtigt, sich gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts vom mit der Rechtsbeschwerde zu wenden, für die sie um Prozesskostenhilfe nachsucht.

II.

3Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen; die Rechtsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 4 InsO, § 114 ZPO).

4Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde (§§ 6, 7 Abs. 1, § 4d Abs. 1, § 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) wäre unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO).

51. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten einen erneuten Antrag auf Restschuldbefreiung stellt (, ZInsO 2009, 1777, 1778 Rn. 8 z.V.b. in BGHZ). Nach einer weiteren Entscheidung vom (IX ZB 174/09, ZInsO 2010, 344, 345 Rn. 8) gilt die dreijährige Sperrfrist, die ab Erlass der Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu laufen beginnt, auch dann, wenn der Schuldner es im Eröffnungsverfahren versäumt hat, auf einen Hinweis des Gerichts rechtzeitig einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Eine dreijährige Sperre für die Erteilung der Restschuldbefreiung greift nach zwei weiteren Entscheidungen vom (IX ZA 40/09) und vom (IX ZA 39/09) auch dann ein, wenn der Schuldner in einem vorausgehenden Insolvenzantragsverfahren zweifelsfrei einen Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 InsO verwirklicht hat, so dass ihm keine Verfahrenskostenstundung gewährt werden konnte.

62. Nach diesen Grundsätzen ist der erneut gestellte Eigenantrag nebst Antrag auf Verfahrenskostenstundung und Restschuldbefreiung unzulässig. Steht schon im Eröffnungsverfahren oder im eröffneten Verfahren zweifelsfrei fest, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen ist, so kann nach ständiger Rechtsprechung (, ZInsO 2005, 207, 208; v. - IX ZB 270/03, ZInsO 2005, 265; v. - IX ZB 74/07, ZInsO 2008, 111, 112 Rn. 18) die Stundung der Verfahrenskosten versagt oder aufgehoben werden, ohne dass es auf die vorhergehende Versagung der Restschuldbefreiung ankommt. Diese Aufhebung beruht auf der Unredlichkeit des Schuldners. Die planwidrige Regelungslücke, von der der Senat für das eröffnete Verfahren ausgegangen ist, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren im Schlusstermin versagt werden musste ( aaO S. 1779 f Rn. 14 ff), besteht auch hier. Um zu verhindern, dass der im Erstverfahren festgestellte Versagungsgrund sanktionslos bleibt, darf der Schuldner nicht die Möglichkeit haben, sofort wieder einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Entsprechend dem Grundgedanken des Vorschlags in dem "Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen" vom (abgedruckt als Beilage 2 zu ZVI Heft 8/2007), mit dem der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO erweitert werden sollte (vgl. aaO S. 1779 f Rn. 16), soll der Schuldner das aufwändige und kostenträchtige Verfahren auch dann nicht sofort wieder in Anspruch nehmen können, wenn es aufgrund seines Fehlverhaltens schon in einem vorausgegangenen Verfahren zur Stundungsversagung gekommen ist. Auch hier besteht eine dreijährige Sperrfrist für einen erneuten Antrag, deren Lauf mit Rechtskraft der Entscheidung über die Ablehnung der Verfahrenskostenstundung und Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse in dem früheren Verfahren beginnt.

73. Dem steht nicht entgegen, dass es hierfür einer doppelten Analogie, nämlich der Anwendung aller Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 1-6 InsO im Eröffnungsverfahren auf die Entscheidung über die Verfahrenskostenstundung und der entsprechenden Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach Maßgabe der Vorschläge des Regierungsentwurfs eines Entschuldungsgesetzes bedarf. Die entsprechende Anwendung aller Versagungsgründe im Eröffnungsverfahren ist - wie oben bereits ausgeführt - im Fall ihres zweifelsfreien Vorliegens schon seit langem anerkannt. Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen oder sie einzuschränken, besteht nicht. Vielmehr ist es zur Sicherung einer maßvollen Inanspruchnahme des zeit- und kostenaufwändigen Restschuldbefreiungsverfahrens geboten, auch bei schon vor Verfahrenseröffnung zweifelsfrei festgestellten Verstößen die übermäßige Inanspruchnahme des Verfahrens zu verhindern. Andere Abgrenzungskriterien haben sich als nicht tragfähig erwiesen (vgl. aaO S. 1780 Rn. 18). In Betracht kommt nur eine zeitlich begrenzte Sperrfrist. Insoweit hält der Senat außerhalb des Anwendungsbereichs des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO einen Zeitabstand von drei Jahren für angemessen (vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO, hierzu aaO S. 1779 f Rn. 16). Eine übermäßige Beeinträchtigung des Schuldners ist damit nicht verbunden. Auch dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats.

Ganter                                    Raebel                                   Vill

                     Lohmann                                   Pape

Fundstelle(n):
OAAAD-41202