Nichtigkeit eines Schätzungsbescheids
Gesetze: AO § 125, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2 1. Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage, ob etwaige Fehler, die dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) beim Erlass der angefochtenen Schätzungsbescheide unterlaufen sein sollen, zu deren Nichtigkeit führen, ist nicht abstrakt klärbar. Die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich im jeweiligen Einzelfall aus den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften in § 125 der Abgabenordnung sowie der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. , juris). Das gilt insbesondere für die Frage, ob —wie die Kläger meinen— im Bescheid nicht enthaltene Angaben zum besteuerten Sachverhalt zur Nichtigkeit der Bescheide führen können. Im Streitfall enthielten die angefochtenen Bescheide in einer Anlage die folgende Erläuterung: „Bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen der Jahre 1988 bis 1994 und dem Vermögen auf den bis waren Zuschätzungen erforderlich, weil per eine erhebliche Vermögenssteigerung festgestellt wurde, die im Rahmen der Prüfung nicht nachzuvollziehen war.” Bei dieser Sachlage wird weder eine im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen noch bestehen im Streitfall Anhaltspunkte dafür, dass die Bescheide —wie die Kläger meinen— mangels Bestimmtheit oder wegen fehlender Begründung nichtig sein könnten, zumal den Klägern im Einspruchsverfahren die den Schätzungen zugrunde liegenden Annahmen und Feststellungen zugänglich gemacht worden sind und sie sich spätestens danach zu allen den Streitfall betreffenden Fragen erschöpfend äußern konnten. In diesem Zusammenhang ist auch keine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung erforderlich.
3 2. Soweit die Kläger meinen, die gegen sie gerichteten Ermittlungen seien mangels hinreichenden Tatverdachts bzw. wegen behaupteter Unwirksamkeit von Durchsuchungsbeschlüssen rechtswidrig gewesen und diese Verstöße entfalteten im Besteuerungsverfahren ein Verwertungsverbot für die dabei gewonnenen Erkenntnisse, werfen sie ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass im Besteuerungsverfahren ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden, nicht besteht (vgl. Senatsbeschluss vom VIII B 210/08, BFH/NV 2009, 1396). Auch die Frage der Fernwirkung von qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverboten ist insbesondere durch das Senatsurteil vom VIII R 53/04 (BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227) höchstrichterlich geklärt (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 144/08, BFH/NV 2009, 195; vom VIII B 164/09, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R535). Die Kläger haben sich mit dieser Rechtsprechung ersichtlich nicht auseinandergesetzt, sondern behaupten lediglich, dass die von ihnen gerügten Verfahrensfehler ein Verwertungsverbot zur Folge haben müssten.
4 3. Ein Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die Behauptung, das Finanzgericht (FG) habe in Bezug auf die behauptete Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsbeschlüsse einerseits den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und andererseits feststehenden Sachverhalt außer Acht gelassen, trifft nicht zu. Das FG hat die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsbeschlüsse nicht überprüft, weil sie nicht im dafür vorgesehenen Verfahren angefochten worden sind. Es hat die Beschlüsse jedoch im Rahmen der Prüfung eines qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbots einer erschöpfenden verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen und ist dabei zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis gelangt, dass verfassungsrechtlich geschützte Rechte der Kläger nicht verletzt worden sind. Es hat deshalb ein qualifiziertes materiell-rechtliches Beweisverwertungsverbot verneint. Letztlich wenden sich die Kläger in diesem Zusammenhang gegen die ihres Erachtens unrichtige Würdigung der vorhandenen Ermittlungsergebnisse durch das FG. Darauf kann die Zulassung der Revision jedoch nicht gegründet werden.
5 4. Dasselbe gilt, soweit die Kläger den Eintritt der Festsetzungsverjährung rügen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat die Steuerfahndung am mit den Ablauf der Verjährung hemmenden Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen begonnen. Selbst wenn diese Auffassung des FG unrichtig wäre, weil den Klägern —wie sie behaupten— die Erweiterung des Prüfungszeitraums auf die Veranlagungszeiträume seit 1988 nicht bekannt gegeben worden ist, wäre die Revision deswegen nicht zuzulassen, denn eine unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall führt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision. Ein besonders schwerer Rechtsfehler, der abweichend hiervon die Zulassung der Revision ausnahmsweise rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AO-StB 2010 S. 209 Nr. 7
BFH/NV 2010 S. 1084 Nr. 6
CAAAD-40996