BGH Urteil v. - VIII ZR 222/09

Wohnraummiete: Wirksamkeit der Schönheitsreparaturenklausel mit der Verpflichtung des Mieters zum Streichen der Wohnungseingangstür und der Fenster

Gesetze: § 305c Abs 1 S 1 BGB, § 307 BGB, § 535 BGB, § 28 BVO 2

Instanzenzug: Az: 67 S 325/07 Urteilvorgehend AG Spandau Az: 3 C 257/07 Urteil

Tatbestand

1Der Beklagte war Mieter einer Wohnung der Klägerin in B..

Der Formularmietvertrag enthält unter anderem folgende Klauseln:

§ 4 Nr. 6:

Schönheitsreparaturen trägt der ... Mieter (vgl. § 13).

2§ 13 Nr. 1 Satz 1:

Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Reinigen von Parkett, Reinigung von Teppichböden, das Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre sowie der Türen und Fenster.

3Das Mietverhältnis endete am . Der Beklagte, der unstreitig starker Raucher war, hat die Wohnung vor Auszug zumindest teilweise renoviert, jedoch nach Ansicht der Klägerin nicht sach- und fachgerecht, weil das "Nikotin" trotz verschiedener Anstricharbeiten wieder durchgeschlagen sei. Die Klägerin forderte den Beklagten Anfang März 2007 erfolglos auf, Wände und Decken mit einem Nikotingrund und anschließend mit Dispersionsfarbe deckend weiß zu streichen.

4Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von 4.091,37 € Schadensersatz für die Ausführung von Malerarbeiten, abzüglich 608,61 € Kaution, zuzüglich 1.111,17 € Mietrückstand sowie 370,39 € Nutzungsentschädigung für den Monat März 2007, in dem die von der Klägerin veranlassten Malerarbeiten ausgeführt wurden, somit insgesamt in Höhe von 4.964,32 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

5Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten war teilweise erfolgreich. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten, nachdem die Parteien unstreitig gestellt hatten, dass auf den Mietrückstand 718,29 € gezahlt wurden, unter Klageabweisung im Übrigen auf Zahlung von 2.557,02 € (1.924,36 € Renovierungskosten, 370,39 € Mietausfall, 262,27 € rückständige Miete) nebst Zinsen ermäßigt. Mit der vom Berufungsgericht beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter, soweit er zur Zahlung von mehr als 262,27 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Gründe

6Die Revision hat Erfolg.

7Über die Revision des Beklagten ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Klägerin, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

8Das Berufungsgericht hat - soweit noch von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9Die Klägerin habe neben den Ansprüchen auf rückständige Miete in Höhe von 262,27 € und auf Schadensersatz wegen Mietausfalls für März 2007 in Höhe von 370,39 € Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeführter Schönheitsreparaturen gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB. Diese Forderung reduziere sich unter Verrechnung mit dem Kautionsbetrag von 608,61 € auf 1.924,36 €.

10Der Beklagte sei bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in dem von der Klägerin verlangten Umfang verpflichtet gewesen. Zwar ergäben sich Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vertragsklauseln § 4 Nr. 6 und § 13 des Mietvertrages daraus, dass nach der Klausel ein Anstrich der Fenster und Türen vorgeschrieben sei ohne die Beschränkung, dass nur ein Anstrich der Fenster von innen, der Innentüren und der Innenseite der Wohnungseingangstür gemeint sei. Nach der in § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung enthaltenen Regelung, wonach zum Umfang der Schönheitsreparaturen insoweit nur das Streichen "der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen" umfasst sei, stelle eine Verpflichtung des Mieters, auch die Außenseiten der Fenster und die zum Treppenflur gewandte Seite der Wohnungseingangstür zu streichen, eine unangemessene Benachteiligung dar.

11Die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in Bezug auf Fenster und Türen habe jedoch nicht zur Folge, dass die gesamte Klausel des § 13 des Mietvertrages unwirksam wäre. Nach der "blue pencil rule" sei es möglich, den Passus "sowie der Fenster und Türen" aus der Klausel zu streichen, ohne dass der verbleibende Text damit unverständlich werde. In einer solchen Streichung sei kein Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu sehen.

12Die Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen sei auch nicht deshalb unwirksam, weil der Mietvertrag auch eine so genannte Quotenklausel enthalte.

13Der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis, dass er die von ihm hiernach geschuldeten Anstricharbeiten in der betroffenen Wohnung ordnungsgemäß durchgeführt habe, nicht erbracht.

II.

14Diese Beurteilung hält, soweit sie revisionsrechtlichter Nachprüfung unterliegt, dieser in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die im Formularmietvertrag von der Klägerin als Vermieterin gestellte Schönheitsreparaturklausel in vollem Umfang unwirksam. Daher steht der Klägerin gegen den Beklagten weder ein Schadensersatzanspruch wegen nicht oder nicht fachgerecht ausgeführter Schönheitsreparaturen in Höhe von 1.924,36 € noch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Mietausfalls in Höhe von 370,39 € für den Monat März 2007 zu.

151. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Regelung in § 13 Nr. 1 Satz 1 des Mietvertrages, wonach der Mieter im Rahmen der ihm nach § 4 Nr. 6 des Mietvertrages auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auch das Streichen der Türen und der Fenster schuldet, den Mieter insoweit unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt und deshalb unwirksam ist (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 48/09, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 1; anders noch Senatsurteil vom - VIII ZR 215/03, NZM 2004, 903, unter II 1).

16a) Der Begriff der Schönheitsreparaturen bestimmt sich nach allgemeiner Auffassung auch bei preisfreiem Wohnraum anhand der in § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) enthaltenen Definition, wonach als Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen anzusehen sind (vgl. , WuM 2009, 286, Tz. 10, und vom , aaO, unter II 1 a; , NZM 2009, 126, Tz. 19; jeweils m.w.N.). Die gegenständliche Beschränkung des Begriffs der Schönheitsreparaturen auf die in dieser Bestimmung aufgeführten Arbeiten bildet zugleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen. Dementsprechend ist eine formularvertragliche Erweiterung dieser Arbeiten über den in § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV beschriebenen Inhalt hinaus - zumindest bei Fehlen einer angemessenen Kompensationsregelung - wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. aaO, Tz. 11, und vom , aaO; jeweils m.w.N.).

17b) Das - jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) in der Klausel enthaltene - Streichen der Wohnungseingangstüren und Fenster von außen ist in § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV ausgeklammert worden. Denn auch diese Arbeiten überschreiten den Bereich der Schönheitsreparaturen, weil es bei ihnen nicht mehr um die Beseitigung einer typischerweise vom Mieter verursachten Abnutzung des dekorativen Erscheinungsbildes innerhalb der gemieteten Wohnung geht ( aaO, Tz. 10 f.; und vom , aaO, unter II 1 b; jeweils m.w.N.).

182. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass die Unwirksamkeit der Verpflichtung des Mieters zur Vornahme des Außenanstrichs der Fenster und der Wohnungseingangstüren nur zur Folge habe, dass  die Überwälzung der Schönheitsreparaturen bei Türen und Fenstern insgesamt entfalle, im Übrigen aber wirksam sei. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für eine gleichlautende Formularklausel klargestellt hat, darf die in § 4 Nr. 6 in Verbindung mit § 13 Nr. 1 des Mietvertrages unzulässig ausgestaltete Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nicht im Wege der Klauselkontrolle in eine zulässige Verpflichtung inhaltlich umgestaltet werden ( aaO, Tz. 12, und vom , aaO, unter II 2). Zwar kann im Rahmen einer Klauselkontrolle eine Formularklausel, die mehrere sachliche, nur formal verbundene Regelungen enthält und sich aus ihrem Wortlaut heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich und gegenständlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt, mit ihrem zulässigen Teil aufrechterhalten werden (BGHZ 145, 203, 212; BAG, NZA 2008, 699, 701). Diese Teilbarkeit ist hier aber nicht gegeben, so dass die vom Berufungsgericht vorgenommene Streichung derjenigen Textbestandteile in § 13 Nr. 1 des Mietvertrages, mit denen die Klausel den in § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV geregelten Gegenstandsbereich von Schönheitsreparaturen überschreitet, der Sache nach eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Formularklausel darstellt (vgl. Senatsurteil vom , aaO).

19Konkretisierungen der Schönheitsreparaturverpflichtung hinsichtlich ihres gegenständlichen und zeitlichen Umfangs sowie ihrer Ausführungsart sind inhaltlich derart eng mit der Verpflichtung selbst verknüpft, dass diese bei einer Beschränkung der Unwirksamkeit auf die unzulässige Ausführungsmodalität inhaltlich umgestaltet und mit einem anderen Inhalt aufrechterhalten würde. Bei einer dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen handelt es sich um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen oder Einzelaspekte aufspalten lässt; deren Ausgestaltung durch den Mietvertrag ist vielmehr insgesamt zu bewerten. Stellt sich diese Verpflichtung aufgrund unzulässiger Ausgestaltung - sei es hinsichtlich der zeitlichen Modalitäten, der Ausführungsart oder des gegenständlichen Umfangs - in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, hat dies die Unwirksamkeit der Vornahmeklausel insgesamt zur Folge (Senatsurteil vom , aaO). Eine Aufrechterhaltung der Klausel in der Weise, dass nur die Renovierungspflicht bezüglich der Türen und Fenster entfällt, würde gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom - VIII ZR 50/09, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 2).

III.

20Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit der Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.294,75 € nebst Zinsen verurteilt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit hiernach zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klägerin von dem Beklagten über den bereits gezahlten Betrag von 718,29 € sowie den von der Revision nicht angegriffenen Betrag von 262,27 € hinaus keine Zahlung verlangen kann, ist unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten im Übrigen die darüber hinausgehende Klage abzuweisen.

Ball                                        Dr. Achilles                                            Dr. Schneider

                 Dr. Fetzer                                            Dr. Bünger

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
QAAAD-40893