Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 133; BGB § 151; BGB § 157; BGB §§ 164 ff.; BGB § 286; BGB § 288; BGB § 305; BGB § 310; ZPO § 138; ZPO § 559; ZPO § 561
Instanzenzug: LAG München, 3 Sa 439/08 vom ArbG Augsburg, 3 Ca 1254/07 vom Veröffentlichungen: Für die Amtliche Sammlung: Nein
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Ausgleichszahlung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der am geborene Kläger war über 25 Jahre - bis Ende Februar 2007 - Arbeitnehmer der Beklagten. Er bezieht seit März 2007 eine ungeminderte Altersrente, weil er schwerbehindert ist.
Die Beklagte traf unter dem eine "Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 63. Lebensjahr" und unter dem eine "Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 63. Lebensjahres". Die Beklagte begegnete mit den Ausgleichsregelungen Forderungen des Betriebsrats nach einer betrieblichen Altersversorgung. Die Prozessbevollmächtigten der Parteien haben sich in der Revisionsverhandlung auf den genauen Inhalt der Ausgleichsregelungen bezogen.
Die Ausgleichsregelung vom lautet:
"AUSGLEICHSREGELUNG
wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 63. Lebensjahr
1. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem 60. und 63. Lebensjahr wegen Bezug einer Rente (Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit bzw. vorgezogenes Altersruhegeld Schwerbehinderter) wird für jeden Differenzmonat zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Vollendung des 63. Lebensjahres eine Ausgleichszahlung in Höhe von DM 500/Monat gezahlt.
2. Der Höchstbetrag für die Ausgleichszahlung beträgt DM 18.000.
3. Der Ausgleichsbetrag wird unabhängig von einer eventuellen Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes gezahlt.
4. Falls steuerrechtlich die Möglichkeit besteht, im Rahmen von Personalanpassungsmaßnahmen den Ausgleichsbetrag steuerfrei zu gewähren, erfolgt steuerfreie Auszahlung gemäß § 3, Absatz 9 EStG.
5. Eine Arbeitslosenmeldung im Zusammenhang mit dieser Ausgleichszahlung darf nicht erfolgen (Regreßwirkung § 128 AFG).
6. Die Ausgleichszahlung erfolgt nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge unbefristeten Rentenbezuges.
7. Bei Renteneintritt zwischen dem 55. und dem 60. Lebensjahr erfolgt ebenfalls die Höchstzahlung in Höhe von DM 18.000.
8. Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist eine mindestens 15jährige Betriebszugehörigkeit.
9. Falls im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung anderweitige Vereinbarungen getroffen werden, ist diese Regelung gegenstandslos.
10. Es besteht Einvernehmen, daß 'Altfälle' von dieser Ausgleichszahlung nicht betroffen werden."
Die Ausgleichsregelung vom bestimmt:
"Ausgleichsregelung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 63. Lebensjahres
1. Betriebszugehörigkeit
mindestens 15 Jahre
2. Sockelbetrag
DM 6.000,00 netto
3. Steigerungsbetrag
für jedes Jahr Betriebszugehörigkeit
> 15 Jahre DM 1.200,00
max. bis 25 Jahre DM 18.000,00 netto
4. Jubiläumsregelung
bleibt unabhängig von dieser Ausgleichsregelung bestehen
5. Steuerfreiheit der Ausgleichszahlung
Die Ausgleichszahlung erfolgt im Rahmen eines Auflösungsvertrages
6. Austritt vor Vollendung des 63. Lebensjahres
Die Regelungen hinsichtlich Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Bezug einer Rente etc. (siehe Entwurf vom ) bleiben nach wie vor bestehen, jedoch gilt zwischen dem 60. und 63. Lebensjahr die jeweils gültige Regelung gemäß nachstehender Tabelle.
Alter|Max. Ausgleich|15 Jahre Betriebszugehörig.|20 Jahre Betriebszugehörig.|25 Jahre Betriebszugehörig.
|DM|DM|DM|DM
60|18.000|18.000|+0|+0
61||12.000|+0|+ 6.000
62||6.000|+ 6.000|+ 12.000
63||6.000|12.000|18.000
64||6.000|12.000|18.000
65||6.000|12.000|18.000"
Die Belegschaft wurde in Betriebsversammlungen über die Ausgleichsregelungen informiert. Die Beklagte leistete aufgrund der Ausgleichsregelungen von 1990 bis 2002 Ausgleichszahlungen an mehrere Arbeitnehmer.
Die Parteien schlossen am einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell. Ihm sollte der Tarifvertrag über Altersteilzeit zwischen dem Arbeitgeberverband Stahl e. V. und der IG Metall vom (TV ATZ) zugrunde liegen. Die Arbeitsphase sollte von November 2004 bis Dezember 2005 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2006 bis Februar 2007. § 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags lautet auszugsweise:
"§ 3 Sonstige Konditionen
...
Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung und der ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsverhältnisses sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem bestehenden und beendeten Arbeitsverhältnis abgegolten."
Der Kläger meint, ihm stehe kraft betrieblicher Übung eine Ausgleichszahlung von 9.203,25 Euro zu. Die Abgeltungsbestimmung im Altersteilzeitarbeitsvertrag lasse den Anspruch unberührt. Die Bestimmungen des Altersteilzeitarbeitsvertrags seien Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Abgeltungsklausel sei überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB unter einer verharmlosenden Überschrift angebracht. Die Regelung sei darüber hinaus intransparent.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.203,25 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Abgeltungsklausel sei nicht überraschend. Die Regelung sei durch einen großen Absatz abgesetzt und erstrecke sich im Blocksatz über die ganze Textbreite. Sie finde sich am Ende des Altersteilzeitarbeitsvertrags. Der Klauselinhalt sei auch für einen juristischen Laien klar und verständlich.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit einem Bruttobetrag von 9.203,25 Euro stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
A. Die Revision der Beklagten ist erfolglos. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die verlangte Ausgleichszahlung von 9.203,25 Euro aus betrieblicher Übung.
I. Für die Ausgleichszahlung besteht keine kollektivrechtliche Grundlage. Die Ausgleichsregelung vom ist keine Betriebsvereinbarung. Der für die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungspflichtige Kläger hat keine übereinstimmenden Willenserklärungen der Betriebsparteien vorgetragen. Die Regelung weist zudem nicht die nach § 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 1. Halbs. BetrVG nötige Schriftform auf.
II. Die Beklagte erteilte mit der Ausgleichsregelung vom keine Gesamtzusage.
1. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Die Arbeitnehmer erlangen einen einzelvertraglichen Anspruch auf die versprochenen Leistungen, wenn sie die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Der einzelne Arbeitnehmer kann das in der Gesamtzusage liegende Angebot annehmen, ohne dass dem Arbeitgeber die Annahmeerklärung zugeht (§ 151 Satz 1 BGB). Ob es sich um eine Gesamtzusage handelt und welchen Inhalt sie hat, ist mithilfe der Auslegungsregeln für Willenserklärungen zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie in einer Weise geäußert werden, die es dem einzelnen Arbeitnehmer typischerweise erlaubt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf die konkrete Kenntnis des Einzelnen kommt es nicht an (vgl. zB - Rn. 22, EzA-SD 2009 Nr. 25 3 - 4; Senat - 9 AZR 116/04 - zu B III 2 der Gründe mwN, BAGE 113, 327).
2. Der Kläger hat die Voraussetzungen einer Gesamtzusage nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht schlüssig dargelegt. Er hat nicht vorgetragen, welche konkreten Erklärungen für die Beklagte in den Betriebsversammlungen abgegeben wurden. Dem Vorbringen des Klägers kann schon nicht entnommen werden, dass diese Äußerungen aus der objektivierten Sicht der Belegschaft auf einen Rechtsbindungswillen der Beklagten schließen ließen. Die Fragen der Vertretungsmacht der Handelnden nach §§ 164 ff. BGB oder der Genehmigung ihres Tuns (§ 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) durch die Beklagte stellen sich deshalb nicht.
III. Der Kläger hat jedoch Anspruch auf die geforderte Ausgleichszahlung von 9.203,25 Euro aus betrieblicher Übung.
1. Im Betrieb der Beklagten bestand im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers die Übung, Arbeitnehmern unter den Voraussetzungen der Regelungen vom und Ausgleichszahlungen zu gewähren. Danach war Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse nach Vollendung des 63. Lebensjahres endeten, bei einer Betriebszugehörigkeit von 25 und mehr Jahren ein Betrag von 18.000,00 DM - 9.203,25 Euro - zu zahlen. Der Kläger erfüllte diese Voraussetzungen.
a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden.
aa) Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen (vgl. - Rn. 13, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 83 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 9). Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste (für die st. Rspr. Senat - 9 AZR 505/08 - Rn. 37).
bb) Der Arbeitgeber kann sich im Hinblick auf Einmalleistungen durch betriebliche Übung binden (vgl. - Rn. 16 mwN, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8).
cc) Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann auch dann entstehen, wenn die an eine Reihe von Arbeitnehmern geleisteten Zahlungen den übrigen Arbeitnehmern nicht mitgeteilt und im Betrieb nicht allgemein veröffentlicht werden. Es ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass solche begünstigenden Leistungen der Belegschaft bekannt werden. Eine verbindliche Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen an Dritte ein Arbeitnehmer darauf schließen darf, er solle ebenfalls begünstigt werden, gibt es nicht. Hierfür ist auf Art, Dauer und Intensität der Leistungen abzustellen. Zu berücksichtigen ist ferner die Zahl der Leistungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke oder zur Stärke einer begünstigten Gruppe (vgl. - Rn. 18 mwN, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8; Senat - 9 AZR 500/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 118, 16). Entspricht es der bisherigen Praxis des Arbeitgebers, ausscheidenden Arbeitnehmern eine besondere Zahlung zukommen zu lassen, wird aus Gleichbehandlungsgründen ein zurechenbarer objektiver Bindungswille des Arbeitgebers deutlich, wenn die bekannt werdenden Einzelleistungen auf einem generalisierenden Prinzip beruhen (vgl. - zu II 2 a der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44).
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe die für eine betriebliche Übung nötigen tatsächlichen Umstände vorgetragen. Die Beklagte habe die beiden Ausgleichsregelungen in Betriebsversammlungen bekannt gemacht, ohne Einschränkungen zu formulieren. Sie habe insbesondere keine Vorbehalte für den Fall fehlender Renteneinbußen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geäußert. Die Beklagte habe von 1990 bis 2002 an mehrere Arbeitnehmer Ausgleichszahlungen geleistet, die die Voraussetzungen einer der beiden betrieblichen Ausgleichsregelungen erfüllt hätten. Es komme nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Beklagte habe leisten wollen. Entscheidend sei, wie ihr Verhalten aus Sicht der Arbeitnehmer zu bewerten gewesen sei.
c) Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision stand. Auch bei uneingeschränkter Überprüfung durch den Senat ist aufgrund betrieblicher Übung ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung von 9.203,25 Euro bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers und einer Betriebszugehörigkeit von über 25 Jahren entstanden. Daher kann offenbleiben, ob für die Frage einer betrieblichen Übung der eingeschränkte Prüfungsmaßstab für atypische Erklärungen anzuwenden ist oder sie einer uneingeschränkten revisionsrichterlichen Überprüfung unterliegt (offengelassen zB von Senat - 9 AZR 505/08 - Rn. 39). Die für eine betriebliche Übung erforderlichen tatsächlichen Umstände sind festgestellt. Die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts sind für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend.
aa) Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass bei seinem Ausscheiden die betriebliche Übung bestand, die in den Ausgleichsregelungen vom und genannten Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn die Voraussetzungen einer der beiden Ausgleichsregelungen erfüllt waren (zur Darlegungs- und Beweislast des Anspruchstellers - Rn. 20 mwN, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 82 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 32).
(1) Die Beklagte hat die Ausgleichsregelungen vom und selbst verfasst. Die Ausgleichsregelungen wurden wiederholt in Betriebsversammlungen erläutert. Das Landesarbeitsgericht hat zudem festgestellt, dass die Beklagte die Ausgleichsregelungen von 1990 bis 2002 in mehreren Fällen tatsächlich anwandte und Ausgleichsleistungen erbrachte, wenn die Voraussetzungen einer der Ausgleichsregelungen erfüllt waren.
(2) Aus diesen Verhaltensweisen der Beklagten durften die Arbeitnehmer nach §§ 133, 157 BGB schließen, ihnen solle unter den Voraussetzungen einer der beiden Ausgleichsregelungen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zustehen. Dafür spricht neben der Bekanntmachung der Ausgleichsregelungen in Betriebsversammlungen vor allem der Umstand, dass auf ihrer Grundlage an mehrere Arbeitnehmer Ausgleichsleistungen erbracht wurden. Die Anforderungen an die Darlegung einer betrieblichen Übung dürfen nicht unzumutbar sein. Ein Arbeitnehmer, der keinen Einblick in die Betriebsinterna seines Arbeitgebers hat, kann nicht im Einzelnen anführen, welche Erwägungen des Arbeitgebers über Jahre hinweg eine Rolle gespielt haben. Es genügt, dass der Arbeitnehmer die Umstände darlegt, die den Eindruck einer festen Übung erwecken. Dann obliegt es dem Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO, dem Anschein einer betrieblichen Übung entgegenzutreten (vgl. - Rn. 38, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 82 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 32).
bb) Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht in einer Weise entgegengetreten iSv. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO, die eine betriebliche Übung ausschließt. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, für die Belegschaft sei erkennbar gewesen, dass die Beklagte die Ausgleichszahlungen von geminderten Rentenansprüchen habe abhängig machen wollen. Sie begegnete mit den Ausgleichsregelungen vielmehr Forderungen des Betriebsrats nach einer betrieblichen Altersversorgung.
2. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung von 9.203,25 Euro aus betrieblicher Übung.
a) Das Arbeitsverhältnis endete am und damit zu einem Zeitpunkt, als der am geborene Kläger das 63. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
b) Der Abschluss eines Auflösungsvertrags ist nach Wortlaut und Zusammenhang der Ausgleichsregelung vom keine Anspruchsvoraussetzung für die Ausgleichszahlung. Die Überschrift lässt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab einem bestimmten Alter genügen. In Nr. 5 der Ausgleichsregelung wird durch die Formulierung "Steuerfreiheit der Ausgleichszahlung" deutlich gemacht, dass der Auflösungsvertrag lediglich im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit von Bedeutung ist. Die Beklagte hat sich außerdem nicht darauf gestützt, dass in allen Fällen, in denen die Ausgleichszahlung geleistet worden sei, ein Auflösungsvertrag geschlossen worden sei.
3. Der aus betrieblicher Übung entstandene Anspruch des Klägers ist nicht aufgrund von § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom untergegangen.
a) Die Parteien haben dort geregelt, dass mit Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung und der ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsverhältnisses alle gegenseitigen Ansprüche aus dem bestehenden und beendeten Arbeitsverhältnis abgegolten sind.
b) Von dieser Bestimmung wird der Anspruch des Klägers auf die Ausgleichszahlung nicht erfasst.
aa) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer sog. Abgeltungsklausel abgegebenen Erklärungen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der Wille der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kann insbesondere durch Erlassvertrag, konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgedrückt werden (vgl. nur (F) - Rn. 24 mwN, AP HGB § 74 Nr. 81; - 5 AZR 880/06 - Rn. 17, BAGE 124, 349).
bb) Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob es sich bei der Abgeltungsklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt oder die Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfüllt sind. Auch wenn die Abgeltungsklausel eine sog. atypische, nur beschränkt revisible Abrede ist, ergibt die Auslegung ebenso wie im Fall einer typischen, uneingeschränkt überprüfbaren Vereinbarung, dass die Klausel weder die Entstehung des Anspruchs des Klägers auf die Ausgleichszahlung hinderte noch den Anspruch erlöschen ließ. Der Anspruch des Klägers auf die Ausgleichszahlung ist Teil der "ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsverhältnisses". Das Berufungsurteil stellt sich deshalb jedenfalls im Ergebnis als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat das Revisionsgericht selbständig und uneingeschränkt nach den Grundsätzen der Auslegung von Normen auszulegen ( - Rn. 31). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (Senat - 9 AZR 983/07 - Rn. 89, AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15).
(2) Die Auslegung atypischer Willenserklärungen und Vereinbarungen ist revisionsrechtlich demgegenüber nur darauf zu überprüfen, ob die Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Acht gelassen worden sind (vgl. für die st. Rspr. Senat - 9 AZR 517/08 - Rn. 21, AP TzBfG § 8 Nr. 28 = EzA TzBfG § 8 Nr. 24).
(3) Das Landesarbeitsgericht hat die Bestimmung in § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags nicht ausgelegt. Es hat nur ausgeführt, die Abgeltungsklausel sei "zwar nicht unbestimmt". Selbst wenn das Landesarbeitsgericht mit dieser Aussage zum Ausdruck bringen wollte, der Anspruch auf die Ausgleichszahlung werde von der Abgeltungsklausel erfasst, hielte diese Auslegung auch einer nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Eine solche Auslegung würde weder dem Wortlaut der Vereinbarung noch deren Sinn und Zweck gerecht.
(4) Der Senat ist durch die fehlende oder fehlerhafte Auslegung des Berufungsgerichts selbst dann nicht an einer eigenen Auslegung der Abgeltungsklausel gehindert, wenn es sich um eine atypische Vereinbarung handelt. Der erforderliche Sachverhalt ist festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen ist nicht zu erwarten (vgl. dazu - Rn. 17, AP BGB § 133 Nr. 55). Die Beklagte hat nicht vorgebracht, bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags seien besondere Erklärungen zum Inhalt der Abgeltungsklausel abgegeben worden, obwohl schon das Arbeitsgericht angenommen hat, die Klausel sei unbestimmt.
(5) Die Abgeltungsklausel kann nach §§ 133, 157 BGB nur so verstanden werden, dass alle finanziellen Ansprüche des Klägers, die ihre Grundlage im Arbeitsverhältnis haben und bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags noch nicht untergegangen waren, von der Beklagten zu erfüllen sind. Dem steht nicht entgegen, dass Abgeltungsklauseln in Aufhebungsverträgen im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind. Die Parteien wollen das Arbeitsverhältnis idR abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie bei Abschluss des Aufhebungsvertrags an die Ansprüche dachten oder nicht (vgl. (F) - Rn. 24, AP HGB § 74 Nr. 81).
(a) Die Parteien legten mit der Abgeltungsklausel in § 3 Abs. 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags jedoch nicht nur fest, dass mit der ordnungsgemäßen Abrechnung des Arbeitsentgelts (im engeren Sinn) alle gegenseitigen Ansprüche abgegolten sein sollten. Sie bezogen die ordnungsgemäße Abrechnung vielmehr auf das ganze Arbeitsverhältnis. Zu den abzurechnenden Ansprüchen gehören demnach alle finanziellen Ansprüche, deren Rechtsgrundlage der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist. Das trifft auf den Ausgleichsanspruch aus betrieblicher Übung zu.
(b) Der Begriff der "ordnungsgemäßen Abrechnung" bezieht die Erfüllung der Ansprüche, die sich künftig - nach Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags - aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, mit ein. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger bestehende sowie noch entstehende und fällig werdende Ansprüche bekannt zu geben und sie zu erfüllen. Dafür spricht vor allem die bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags im Mai 2004 voraussichtlich noch lange Dauer des Arbeitsverhältnisses von fast drei Jahren bis Ende Februar 2007. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien auch künftige Ansprüche bereinigen wollten. Derartige besondere Umstände wären nach Sinn und Zweck des Altersteilzeitarbeitsvertrags erforderlich. Zwischen den Parteien bestand kein Streit über die Erfüllung künftig entstehender oder fällig werdender Ansprüche, der mit der Abgeltungsklausel hätte ausgeräumt werden können. Die Parteien trafen keine Regelungen, um ein bereits beendetes oder in Kürze endendes Arbeitsverhältnis "abzuwickeln". Sie wollten künftige Ansprüche vielmehr erkennbar der Abrechnung vorbehalten und der Abgeltungsklausel entziehen. Das Arbeitsverhältnis sollte bis zur vereinbarten Beendigung ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dazu gehört die Erfüllung des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung aus betrieblicher Übung.
B. Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Fundstelle(n):
BAAAD-40269