Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main - S 7233 A - 3 - St 112

Umsatzsteuerliche Behandlung der Umsätze von Pferdepensionen und aus der Vermietung von Reitpferden

Folgen des Urteils des, EFG 2008, 1829

Bezug:

1. Umsätze aus der Pensionspferdehaltung

Mit Urteil vom , BStBl 2004 II S. 757 hat der BFH entschieden, dass das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, nicht unter den Begriff „Halten von Vieh” i. S. d. § 12 Abs. 2

Nr. 3 UStG fällt und deshalb nicht mit dem ermäßigten sondern dem allgemeinen Steuersatz zu versteuern ist.

1.1 Allgemeines

Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder zu selbständigen oder gewerblichen, nicht landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden (z. B. durch Reitlehrer oder Berufsreiter), unterliegen dem allgemeinen Steuersatz. Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG kann dabei nicht in Anspruch genommen werden.

1.2 Einheitliche Pensionsleistung

Der allgemeine Steuersatz ist dann anzuwenden, wenn die von den Pferdepensionen angebotenen Leistungen als eine einheitliche Leistung anzusehen ist.

Bei der Beurteilung der Einheitlichkeit der Leistung ist das Wesen des Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Von einer das Schicksal der Hauptleistung teilenden Nebenleistung ist dann auszugehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck besitzt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Auf die Art und Anzahl der Verträge kommt es hierbei nicht an.

Eine einheitliche Leistung liegt demnach dann vor, wenn der Unternehmer dem einzelnen Leistungsempfänger ein Gesamtkonzept zum Einstellen und Betreuen von Pferden zur Verfügung stellt.

Dabei ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob der Unternehmer (Pensionswirt) in diesem Rahmen sämtliche Leistungen erbringt, für die nach den bis zur Anwendung des o. g. BFH-Urteils maßgeblichen Grundsätzen die Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden konnte (Unterbringung, Füttern und Tränken sowie Pflege, siehe USt-Kartei zu § 12 Abs. 3 UStG – S 7233 – Karte 1).

Somit liegt bereits dann eine einheitliche Pensionspferdeleistung vor, wenn der Leistende neben der Boxenvermietung irgendeine Dienstleistung im Zusammenhang mit der Pferdehaltung erbringt und der Pferdebesitzer die übrigen Arbeiten selbst durchführt.

Beispiele für Pensionspferdehaltung:
  • Der Pensionswirt übernimmt neben der Boxenvermietung das Einstreuen und Entmisten der Box. Die weiteren Tätigkeiten werden vom Pferdebesitzer selbst übernommen.

  • Der Pensionswirt überlässt die Pferdebox, stellt Stroh und Futter bereit und ermöglicht den Weidegang und die Nutzung einer Reithalle. Die übrigen Tätigkeiten (z. B. Einstreuen, Entmisten der Box, Fütterung, Pflege) übernimmt der Pferdebesitzer.

1.3 Gesondert zu beurteilende Einzelleistungen

Jeweils gesondert zu beurteilende Einzelleistungen, die nicht als einheitliche Pferdepensionsleistung zu beurteilen sind, können nur vorliegen, wenn sich der Unternehmer auf die Erbringung eines Minimums an Leistungen beschränkt.

Dies ist der Fall, wenn der Leistende lediglich die Box und/oder die Weide zur Verfügung stellt und dem Pferdebesitzer anbietet, von ihm das Stroh und das Futter zu erwerben.

Werden solche Einzelleistungen erklärt, ist – ggf. im Rahmen einer Außenprüfung (USt-Sonderprüfung, USt-Nachschau) – zu prüfen, ob es sich tatsächlich um Einzelleistungen handelt, oder ob nicht doch eine Zusatzleistung erbracht wird, die zur Annahme einer nicht begünstigten Pferdepensionsleistung (Vertrag besonderer Art – allgemeiner Steuersatz) führt.

Im Falle von Einzelleistungen sind diese wie folgt zu beurteilen:

1.3.1 Vermietung einer Pferdebox

Die dauerhafte Vermietung einer Pferdebox ohne oder mit nur minimalen Nebenleistungen ist eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksüberlassung. Unter den Voraussetzungen des § 9 UStG kann auf die Steuerbefreiung verzichtet werden.

1.3.2 Nutzungsüberlassung einer Weide

Die Nutzungsüberlassung einer Weide stellt für sich alleine eine steuerfreie Grundstücksüberlassung dar.

Erfolgt die Nutzungsüberlassung zusammen mit der Vermietung einer Pferdebox, liegt insgesamt eine steuerfreie Grundstücksüberlassung vor, siehe Tz. 1.3.1.

1.3.3 Reithalle

Wie oben dargestellt, führt die Überlassung einer Reithalle im Zusammenhang mit der Überlassung einer Pferdebox grundsätzlich zur Annahme einer Pferdepensionsleistung.

Sofern die Reithalle in begründeten Einzelfällen [1] in einem gesonderten Leistungsaustausch neben der Pensionspferdehaltung zur Verfügung gestellt wird, gilt Folgendes:

Die Überlassung einer Sportanlage (Reithalle) an einen Endverbraucher stellt unabhängig von deren Ausstattung eine einheitliche steuerpflichtige Leistung dar (vgl. Abschn. 86 Abs. 2 UStR).

In den Fällen der Zwischenvermietung (vgl. Abschn. 86 Abs. 2 UStR) ist die Leistung „Überlassung der Reithalle” – unabhängig davon, ob es sich um eine sog. reine Bewegungshalle handelt – entsprechend d Vorgaben von Abschn. 86 Abs. 2 Nr. 7 UStR aufzuteilen in eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksüberlassung und in eine nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen.

Beispiele für Zwischenvermietung:
  • Vermietung der Halle an einen Reitlehrer, damit dieser dort Reitunterricht erteilen kann.

  • Vermietung der Halle an einen Berufsreiter zu Trainingszwecken

1.3.4 Futterlieferungen

Ist die Futterlieferung als gesondert zu beurteilende Einzelleistung anzusehen, ist Folgendes zu beachten:

  • Sofern im landwirtschaftlichen Betrieb selbst erzeugtes Futter geliefert wird, unterliegt die Lieferung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.

  • In den übrigen Fällen unterliegt die Futterlieferung dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

1.4 Pensionsleistungen bei Arbeits- bzw. Zuchtpferden

Diese Leistungen sind durch das o. g. BFH-Urteil nicht betroffen. Werden diese Leistungen durch Landwirte erbracht, handelt es sich im Falle der Regelbesteuerung entweder um ermäßigt zu besteuernde Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG oder im Falle der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung um landwirtschaftliche, pauschaliert zu versteuernde Dienstleistungen.

1.5 Aufteilung der Leistungen

Werden die Leistungen auf mehrere Personen verteilt – z. B. die Vermietung der Boxen und die Futterlieferungen (vgl. Tz. 1.3) durch den Ehemann und die Betreuung durch die Ehefrau –, ist stets zu prüfen, ob ein Gestaltungsmissbrauch i. S. von § 42 AO vorliegt.

Ist eine solche Teilung beabsichtigt, muss sie auch tatsächlich durchgeführt werden. Das bedeutet unter anderem, die betroffenen Personen müssen von den Fähigkeiten her in der Lage sein, die übernommenen Aufgaben durchzuführen. Außerdem muss eine strikte Trennung der verschiedenen Unternehmen eingehalten werden.

1.6 Steuersatz für die Pferdepensionstierhaltung bei Reitvereinen ( BStBl II 2004, 672)

Der BFH hat in seinem Urteil zur Pensionspferdehaltung bei gemeinnützigen Vereinen Folgendes entschieden:

1.6.1 Leistungen an Nichtmitglieder

Auf die Pensionstierhaltung von Vereinen für Nichtmitglieder sind die o. g. Grundsätze entsprechend anzuwenden. Auch hier ist ab dem bei Vorliegen einer Pferdepensionsleistung der Regelsteuersatz anzuwenden.

1.6.2 Leistungen an Mitglieder

Das Einstellen und Betreuen von Pferden durch einen gemeinnützigen Verein ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuern, wenn die Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 Abs. 1 AO erbracht werden und nicht umsatzsteuerfrei sind.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG darf der Zweckbetrieb auch nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (vgl. auch EFG 2008, 1829, m. w. N.).

1.6.3 EU-Recht

Unternehmer haben das Recht, sich unmittelbar auf die 6. EG-RL zu berufen, wenn das EU-Recht für sie günstiger ist. Eine Steuerbefreiung der Pferdepensionsleistungen an Mitglieder und Nichtmitglieder nach Art. 13 Teil A Nr. 1 Buchst. m der 6. EG-RL (bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport stehende Dienstleistungen) wird sich entsprechend dem rechtskräftigen EFG 2008, 1829 aus o. g. Richtlinie im Regelfall jedoch nicht ergeben.

Die Steuerbefreiung ist durch Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie für Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn diese

  • zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind

    oder

  • im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Umsatzsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

Das FG Köln sah in dem entschiedenen Einzelfall beide Alternativen als erfüllt an, so dass keine Steuerbefreiung unter Berufung auf v. b. Richtlinie zu gewähren ist.

Nach § 363 Abs. 2 AO noch ruhende Verfahren, bitte ich fortzusetzen und zum Abschluss zu bringen. Hierfür sind im jeweiligen Einzelfall die Entscheidungsgründe des o. g. Urteils zu beachten und entsprechend anzuwenden.

2. Umsätze aus der Vermietung von Reitpferden

Für Umsätze aus der Vermietung von Reitpferden kann die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG nicht angewendet werden. Sie sind dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 der Anlage 2 zum UStG) zu unterwerfen.

3. Anwendungszeitpunkt

Die vorgenannten Grundsätze sind auf ab dem bewirkte Umsätze anzuwenden.

Für bis zum bewirkte Umsätze in der Pensionspferdehaltung wird es nicht beanstandet, wenn entsprechend den Ausführungen in USt-Karteikarte zu § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG – S 7233 – Karte 1 der ermäßigte Steuersatz bei allen noch nicht unanfechtbaren Steuerfestsetzungen in Anspruch genommen wird.

Ich bitte dort einen Hinweis auf diese Karteikarte anzubringen.

Die (USt-Kartei OFD-Ffm. § 12 Abs. 2 Nr. 3 – S 7233 – Karte 2) ist durch diese Rdvfg. überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind kursiv dargestellt.

Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main v. - S 7233 A - 3 - St 112

Fundstelle(n):
TAAAD-39619

1Ein gesonderter Leistungsaustausch kann z. B. dann gegeben sein, wenn die Hallenmiete ausschließlich nach der tatsächlichen Nutzung in Rechnung gestellt wird und nicht im Gesamtkonzept enthalten ist.