BGH Urteil v. - EnZR 15/08

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: OLG Frankfurt/M. - 11 U 19/07 (Kart.) - LG Darmstadt, 14 O 494/06 vom

Tatbestand

Die Beklagte, ein regionaler Gasverteiler, ist Eigentümerin der für den Betrieb des Gasnetzes der allgemeinen Versorgung in der Gemeinde Bürstadt notwendigen Verteilungsanlagen. Zwischen ihr und der Gemeinde besteht seit 1994 ein Konzessionsvertrag, auf dessen Grundlage die Beklagte die örtliche Gasversorgung durchführt und dessen Laufzeit bis zum befristet ist. Der Vertrag enthält in § 25 folgende Endschaftsbestimmung:

(1)

Wird für die Zeit nach Ablauf dieses Vertrages kein neuer Konzessionsvertrag zwischen der Kommune und der [Beklagten] geschlossen, ist die Kommune berechtigt und auf Verlangen der [Beklagten] verpflichtet, die im Gebiet der Kommune vorhandenen Anlagen, welche die [Beklagte] für die Verteilung des Gases im Gebiet der Kommune benötigt, gegen Erstattung ihres Wertes zu übernehmen.

...

(6)

Im Falle des Kaufes der Anlagen durch die Kommune wird der Wert der Anlagen vom Sachverständigen gutachterlich ermittelt ...

Im Dezember 2003 veröffentlichte die Gemeinde einen Hinweis auf den auslaufenden Konzessionsvertrag und ihre Bereitschaft zu einem Neuabschluss für die Zeit nach dem . Das Bundeskartellamt äußerte Bedenken gegen diese Verfahrensweise und verlangte u.a., es müsse möglichen Wettbewerbern deutlich gemacht werden, dass die Gemeinde durch Mitwirkung der Beklagten in der Lage sei, den Vertrag vorzeitig aufzulösen. Daraufhin erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom gegenüber der Gemeinde bereit, zum den mit Ihnen bestehenden Gas-Konzessionsvertrag (zu) beenden (...), sofern Sie sich aufgrund eines bis zum eingegangenen Angebots für den Abschluss eines Gas-Konzessionsvertrags mit einem Dritten entscheiden.

Nachdem die Gemeinde ihre Bereitschaft zu einem Neuabschluss mit dieser Maßgabe erneut veröffentlicht hatte, machte ihr die Klägerin mit Schreiben vom ein Angebot, über das in den folgenden Monaten verhandelt wurde. Am schloss die Gemeinde mit der Klägerin einen ab geltenden Konzessionsvertrag. Sie trat ihre Ansprüche auf Erwerb der Gasverteilungsanlagen an die Klägerin ab und erklärte die Kündigung des mit der Beklagten bestehenden Konzessionsvertrages.

Mit der Klage hat die Klägerin die an sie abgetretenen Ansprüche auf Übertragung des Netzes geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die Beklagte Zug um Zug gegen Zahlung der noch zu ermittelnden angemessenen Vergütung verpflichtet ist, der Klägerin das Versorgungsnetz zu übereignen, ihr die für den Betrieb des Gasnetzes erforderlichen Grundstücksbenutzungsrechte zu übertragen sowie die für dessen Betrieb notwendigen Unterlagen herauszugeben. Ferner hat es dem weiteren, auf Auskunft über technische und betriebswirtschaftliche Einzelheiten des Netzbetriebs gerichteten Klageantrag weitgehend stattgegeben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht der Gemeinde ein vertraglicher Anspruch auf Übereignung der zur Verteilung des Gases im Gemeindegebiet vorhandenen Anlagen zu. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Bedingung, unter der sich die Beklagte mit der vorzeitigen Vertragsauflösung einverstanden erklärt habe, sei eingetreten; denn der Konzessionsvertrag mit der Klägerin sei aufgrund eines bis zum eingegangenen Angebots geschlossen worden. Dem stehe nicht entgegen, dass über dieses Angebot nach Ablauf der Frist noch verhandelt worden sei. Die energiewirtschaftsrechtliche und kartellrechtliche Wirksamkeit des neuen Konzessionsvertrages sei keine Voraussetzung für die Auflösung des Altvertrages. Die insoweit geltend gemachten Verstöße lägen im Übrigen nicht vor oder führten jedenfalls nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages.

Der vertragliche Übereignungsanspruch sei auch nicht nach § 113 i.V. mit § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG in eine bloße Pflicht zur "Überlassung" umgewandelt worden. Die gesetzlich geschuldete Überlassung des Netzes könne zwar auch durch Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit erfüllt werden. Die vertragliche Einigung auf Eigentumsübertragung bleibe aber von der gesetzlichen Regelung unberührt. Eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB komme nicht in Betracht, weil der Beklagten ein Festhalten an der über viele Jahre geübten und anerkannten Praxis gemeindlicher Konzessionsverträge auch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung nicht unzumutbar sei.

II.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

1.

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vertragliche Endschaftsbestimmung von der gesetzlichen Regelung des Überlassungsanspruchs des neuen Energieversorgungsunternehmens nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG unberührt bleibt.

a) Die Revision macht geltend, die vertragliche Pflicht zur Eigentumsübertragung sei nach § 113 i.V. mit § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG in eine Pflicht zur Überlassung abgeändert worden, die auch anders als durch Übereignung, nämlich durch bloße Gebrauchsüberlassung, erfüllt werden könne. Nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG stehe dem weichenden Energieversorgungsunternehmen insoweit ein die vertragliche Endschaftsbestimmung verdrängendes Wahlrecht zu. Bei Abschluss des alten Konzessionsvertrages habe dieses Wahlrecht aufgrund der damals geltenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht bestanden. Diese hätten sich nunmehr mit der Einführung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs des neuen Energieversorgungsunternehmens und des Durchleitungssystems grundlegend geändert.

b) Hiermit hat die Revision keinen Erfolg.

aa) In welchem Verhältnis der gesetzliche Überlassungsanspruch des neuen Energieversorgers nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG zu vor der EnWG-Novelle von 1998 konzessionsvertraglich geregelten Endschaftsbestimmungen zugunsten der Gemeinde steht, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt.

Teilweise wird angenommen, laufende Konzessionsverträge würden nach § 113 EnWG unmittelbar kraft Gesetzes geändert, insbesondere trete die in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG normierte Pflicht zur Überlassung der Versorgungsanlagen an die Stelle des hiermit nicht deckungsgleichen Anspruchs auf Übereignung (LG Mainz IR 2008, 140; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 34; wohl auch Salje, EnWG, § 113 Rdn. 8; für eine "Modifizierung" vertraglicher Endschaftsklauseln durch den gesetzlichen Überlassungsanspruch auch Böwing in Bartsch/Röhling/Salje/Scholz, Stromwirtschaft, 2. Aufl., Kap. 13 Rdn. 25 ff.). Nach anderer Auffassung bestehen der vertragliche und der gesetzliche Anspruch nebeneinander (OLG Schleswig RdE 2006, 199; Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, § 46 Rdn. 83 f. und § 113 Rdn. 6; Templin, Recht der Konzessionsverträge, 2008, S. 382; Trinkl/ Saitzek, BB 2008, 1524, 1527). Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu. Soweit vertragliche Endschaftsbestimmungen auf Übereignung des Netzes gerichtet sind, hat sich hieran durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert.

bb) Nach § 113 EnWG bleiben laufende Wegenutzungsverträge, einschließlich der vereinbarten Konzessionsabgaben, unbeschadet ihrer Änderung durch die §§ 36, 46 und 48 EnWG im Übrigen unberührt. Der in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG normierte gesetzliche Überlassungsanspruch des neuen Energieversorgers hat im Sinne dieser Überleitungsvorschrift keine "Änderung" eines vertraglich begründeten Anspruchs der Gemeinde auf Übertragung des Eigentums an den Verteilungsanlagen mit sich gebracht. Der gesetzliche Anspruch tritt vielmehr nach allgemeinen Regeln selbständig neben die konzessionsvertragliche Vereinbarung.

Für dieses Verständnis sprechen insbesondere der Zweck und die Entstehungsgeschichte des gesetzlichen Überlassungsanspruchs und der zugehörigen Überleitungsvorschriften. Der Gesetzgeber hat eine Änderung bestehender vertraglicher Endschaftsbestimmungen nicht beabsichtigt.

Der gesetzliche Überlassungsanspruch des neuen Energieversorgungsunternehmens wurde erstmals durch die Novelle des Energiewirtschaftsrechts von 1998 in § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG 1998 eingeführt. Schon zuvor hatte der Gesetzgeber das bis dahin bestehende System der geschlossenen Versorgungsgebiete teilweise aufgelockert, indem er die Laufzeit der ehedem freigestellten Verträge (§ 103 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 GWB 1990) durch § 103a GWB 1990 auf zwanzig Jahre begrenzt hatte. Wenigstens im Rhythmus von zwanzig Jahren sollte dadurch ein Wettbewerb um geschlossene Versorgungsgebiete ermöglicht und auf diese Weise eine Verbesserung der Versorgungsbedingungen erreicht werden. Seit der - teilweisen - Außerkraftsetzung der §§ 103, 103a GWB 1990 im Zuge der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahre 1998 unterfallen Demarkationsverträge und Ausschließlichkeitsbindungen in Konzessionsverträgen betreffend die Versorgung mit Strom oder Gas nunmehr schlechthin dem Kartellverbot des § 1 GWB. An der Begrenzung der Laufzeit der Wegenutzungsverträge auf die Dauer von höchstens zwanzig Jahren hat sich hierdurch nichts geändert (§ 13 Abs. 2 Satz 1 EnWG 1998). Mit der Schaffung eines gesetzlichen Überlassungsanspruchs des neuen Energieversorgungsunternehmens sollte verhindert werden, dass das Netzeigentum des bisherigen Versorgers einen Wechsel praktisch unmöglich macht und es zu wirtschaftlich unsinnigen Doppelinvestitionen kommt (BT-Drucks. 13/7274, S. 21).

Auf vertragliche Endschaftsbestimmungen hatte die Einführung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs durch § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG 1998 keinen Einfluss. Dies ergibt sich aus Art. 4 § 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom (BGBl. I S. 730, 735), wonach laufende Konzessionsverträge einschließlich der vereinbarten Konzessionsabgaben von der EnWG-Novelle 1998 trotz Wegfalls der Ausschließlichkeit unberührt geblieben sind. Im Blickpunkt dieser - nach wie vor geltenden (Salje, EnWG, § 46 Rdn. 119) - Überleitungsvorschrift standen vor allem die Auswirkungen, die das kartellrechtliche Verbot von Ausschließlichkeitsbindungen auf die bestehenden Verträge hatte. Es sollte sichergestellt werden, dass die vereinbarten Konzessionsabgaben trotzdem weiterhin in voller Höhe vereinnahmt werden konnten (BT-Drucks. 13/7274, S. 26; vgl. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats in Anlage 3, S. 30, 32 f.). Dass darüber hinaus die Einführung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs in § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG 1998 zu einer Änderung bestehender vertraglicher Endschaftsbestimmungen führen könnte, wurde - soweit ersichtlich - im damaligen Gesetzgebungsverfahren nicht erwogen.

Die Annahme einer solchen Änderung liegt auch deshalb fern, weil das gesetzgeberische Ziel, das Netzeigentum als Wettbewerbshindernis auszuschalten und Doppelinvestitionen zu vermeiden, durch die in der Praxis vielfach anzutreffenden vertraglichen Endschaftsbestimmungen gleichermaßen erreicht werden konnte. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine vertragliche Einigung zwischen dem weichenden Versorgungsunternehmen und der Gemeinde über den Verkauf der Energieverteilungsanlagen im Nachhinein durch eine - etwa in einem weiteren Sinne zu verstehende - Überlassungspflicht ersetzen wollte. Verfassungsrechtliche Bedenken, die den Gesetzgeber möglicherweise im Hinblick auf Art. 14 GG von der Festlegung auf eine gesetzliche Übereignungspflicht abgehalten haben, bestehen jedenfalls gegen eine dahingehende vertragliche Übereinkunft nicht. Die in den laufenden Konzessionsverträgen enthaltenen Endschaftsbestimmungen sind demnach von der Einführung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs durch § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG 1998 unberührt geblieben.

Dass der Gesetzgeber hieran durch die Energierechtsnovelle von 2005 etwas ändern wollte, ist nicht ersichtlich. Der gesetzliche Überlassungsanspruch ist durch § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG 2005 im Wesentlichen unverändert übernommen worden. Auch sonst hat § 46 EnWG keine Änderungen erfahren, die sich im Vergleich zum früheren Rechtszustand auf vertragliche Endschaftsbestimmungen auswirken. Für diese bleibt es daher bei dem in § 113 EnWG zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, dass die laufenden Konzessionsverträge unverändert Geltung beanspruchen. Dass dort von einer "Änderung durch § 46" gesprochen wird, findet seine Erklärung darin, dass der Konzessionsvertrag nach § 46 Abs. 2 EnWG im Gegensatz zum früheren Recht (§ 13 Abs. 2 i.V. mit § 10 Abs. 1 EnGW 1998) keine Grundversorgungspflicht mehr enthält; diese wurde nach § 36 EnWG im Zuge der Entflechtungsbestimmungen demjenigen Energieversorgungsunternehmen zugewiesen, das die meisten Haushaltskunden im Netzgebiet versorgt (vgl. Salje, EnWG, § 113 Rdn. 6 f., Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, § 113 Rdn. 7). Auf die vertraglichen Endschaftsbestimmungen wirkt sich die Rechtsänderung nicht aus.

Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung des Gesetzentwurfs, wonach die Übergangsvorschrift des § 113 EnWG lediglich der Klarstellung dient (BT-Drucks. 15/3917, S. 75). Damit wäre eine Auslegung nicht vereinbar, nach der die vertragliche Endschaftsbestimmung kraft Gesetzes dem gesetzlichen Überlassungsanspruch nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG angeglichen wird. Der gesetzliche Überlassungsanspruch unterscheidet sich von vertraglichen Endschaftsbestimmungen regelmäßig schon hinsichtlich der Person des Begünstigten. Während der gesetzliche Anspruch dem neuen Energieversorger zusteht, ist die vertragliche Endschaftsbestimmung - weil die Person des etwa nachfolgenden Energieversorgers bei Abschluss des Konzessionsvertrags noch nicht bekannt ist - auf Übereignung der Versorgungsanlagen an die Gemeinde gerichtet. Ein Gleichlauf der Ansprüche könnte nur durch die Annahme einer gesetzlich angeordneten Vertragsübernahme durch den neuen Energieversorger erreicht werden. Diese Rechtsfolge ginge über eine bloße Klarstellung deutlich hinaus. Gleiches gilt für eine kraft Gesetzes - ohne Rücksicht auf den sonst in Fällen teilweiser Unwirksamkeit maßgeblichen hypothetischen Parteiwillen (Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 139 Rdn. 14) - bewirkte Änderung der gegenseitigen Hauptleistungspflichten, die durch die Umstellung von der Übereignungs- auf eine - unterstellt - in einem weiteren Sinn zu verstehende Überlassungspflicht einträte. Derart weitreichende Eingriffe in die Privatautonomie der Vertragspartner finden weder im Wortlaut des § 113 EnWG noch in der Gesetzesbegründung eine ausreichende Stütze.

cc) Da die vertragliche Endschaftsbestimmung somit unabhängig von dem Inhalt des gesetzlichen Überlassungsanspruchs Bestand hat, bedarf es keiner Entscheidung, ob mit der in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG normierten Pflicht zur "Überlassung" der Verteilungsanlagen eine Verpflichtung zur Übereignung begründet wird (Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, Rdn. 76 f.; Templin aaO S. 370 ff.) oder ob die Überlassung auch auf andere Weise, insbesondere durch Verpachtung, bewirkt werden kann (Säcker/Jaecks, BB 2001, 997, 999 ff.; Salje, EnWG, § 46 Rdn. 155 ff., 160; Dodel, Das Verständnis des § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG im Lichte seiner Vorgängerregelungen, 2008, S. 51 ff.) und dem weichenden Energieversorger in diesem Fall ein Wahlrecht zusteht (Büdenbender, EnWG, § 13 Rdn. 61; Kermel, RdE 2005, 153, 167; vgl. ferner Salje, EnWG, § 46 Rdn. 161). Denn der vertragliche Anspruch ist jedenfalls auf Eigentumsverschaffung gerichtet und rechtfertigt damit das Klagebegehren. Es bedarf auch keiner Erörterung, wie in dem Konfliktfall zu entscheiden wäre, dass sich das weichende Energieversorgungsunternehmen konkurrierenden Übereignungs- bzw. Überlassungsansprüchen sowohl der Gemeinde als auch des neuen Energieversorgungsunternehmens ausgesetzt sieht. Da die Gemeinde vorliegend ihren Anspruch an das neue Energieversorgungsunternehmen abgetreten hat, bewirkt die Erfüllung des vertraglichen Anspruchs zugleich die Erfüllung des gesetzlichen Überlassungsanspruchs.

2.

Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht ferner die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB verneint.

3.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Konzessionsvertrag mit der Beklagten habe im Hinblick auf den bedingungsgemäßen Abschluss des Neuvertrages gekündigt werden können, ohne dass es noch einer (weiteren) hierauf gerichteten Willenserklärung der Beklagten bedurft habe.

Die tatrichterliche Auslegung der die vorzeitige Vertragsbeendigung betreffenden individualvertraglichen Vereinbarung ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt, nämlich nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter gegen gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (st. Rspr., vgl. BGHZ 135, 269, 273; 170, 86, 93). Solche Verstöße vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

#Mit dem Zweck der Neuausschreibung, einen Wettbewerb um das Versorgungsgebiet herbeizuführen und der Gemeinde die freie Entscheidung zum Abschluss mit einem anderen Versorgungsunternehmen zu ermöglichen, wäre es nicht vereinbar, die Auflösung des bisherigen Vertrages von der nachträglichen Zustimmung der Beklagten abhängig zu machen. Schon deshalb musste die Gemeinde das Vertragsauflösungsangebot der Beklagten nicht in diesem Sinne verstehen. Es entsprach vielmehr erkennbar ihrem Interesse, sich im Falle des Neuabschlusses mit einem anderen Versorger durch einseitige Erklärung von dem bisherigen Konzessionsvertrag lösen zu können. Andernfalls hätte das Risiko einer mehrfachen vertraglichen Bindung und daraus resultierender Schadensersatzansprüche bestanden. Die gegenteilige Auslegung der Revision kann sich allein auf den - in dieser Frage allerdings wenig ergiebigen - Wortlaut des Schreibens vom stützen ("... dass wir den mit Ihnen bestehenden Gas-Konzessionsvertrag beenden werden"). Dem hat das Berufungsgericht zu Recht keine entscheidende Bedeutung beigemessen (§§ 133, 157 BGB).

4.

Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, die Bedingung, unter der sich die Beklagte mit der vorzeitigen Vertragsauflösung einverstanden erklärt habe - nämlich der Abschluss eines Konzessionsvertrages mit einem anderen Gaslieferanten aufgrund eines bis zum eingegangenen Angebots -, sei eingetreten. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.

Mit Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht für die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom den Inhalt der im Bundesanzeiger erschienenen, von der Beklagten in Abstimmung mit dem Bundeskartellamt verfassten und in dem besagten Schreiben ausdrücklich in Bezug genommenen Bekanntmachung über das Auslaufen des Konzessionsvertrages herangezogen. Darin heißt es, die Gemeinde erwäge, Verhandlungen über den Neuabschluss des Gas-Konzessionsvertrages durchzuführen und gegebenenfalls einen Neuabschluss zum vorzunehmen; sie bitte um Angebote bis zum . Hiervon ausgehend begegnet es keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht den Vertragsentwurf der Klägerin vom als Angebot hat genügen lassen und es weiter als unschädlich angesehen hat, dass nach dem Stichtag, dem , hierüber noch verhandelt wurde. Dass die in der Bekanntmachung angekündigten Vertragsverhandlungen bis zum Ende der zur Abgabe von Angeboten gesetzten Frist bereits abgeschlossen sein mussten, um einen Neuabschluss zu ermöglichen, lässt sich dem Text weder aus Sicht der Gemeinde noch sonst aus der Sicht eines Empfängers der Bekanntmachung entnehmen. Vielmehr war die Ankündigung so zu verstehen, dass sich - wie allgemein vor einer Auftragserteilung üblich - nach Ablauf der Angebotsfrist Verhandlungen anschließen sollten. Hierfür spricht auch die Zeitspanne von einem halben Jahr, die zwischen dem Stichtag () und dem Inkrafttreten des neuen Vertrages () liegen sollte.

Die Revision bringt für ihren gegenteiligen Standpunkt, der Neuabschluss habe aufgrund eines bis zum vorgelegten verbindlichen und abschlussreifen Angebots zustande kommen müssen, über das nach diesem Zeitpunkt nicht mehr habe nachverhandelt werden dürfen, vor allem vor, die Fristsetzung habe ihrem Interesse an frühzeitiger Klarheit über den Fortbestand oder die Beendigung ihres Vertrages Rechnung tragen und den Parteien des Altvertrages und der Gemeinde genügend Zeit für die Übergabe und Bewertung der Anlagen verschaffen sollen. Mit diesem Einwand lässt sich indessen das von der Revision angestrebte Auslegungsergebnis nicht begründen. Um zu gewährleisten, dass genügend Zeit für die Vorbereitung des Vertragsendes verbleibt, war - worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat - eine Frist zur Abgabe von Angeboten ungeeignet. Hierzu hätte es vielmehr einer Frist bedurft, innerhalb deren der neue Vertrag abgeschlossen hätte sein müssen. Eine solche Fristsetzung ist nicht erfolgt; sie lässt sich dem Schreiben vom auch durch Auslegung nicht entnehmen.

5.

Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der neue Wegenutzungsvertrag zwischen der Klägerin und der Gemeinde wirksam zustande gekommen ist.

a) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, die Gemeinde habe sich für die Vergabe des Wegerechts neben der Konzessionsabgabe eine nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Konzessionsabgabenverordnung (KAV) verbotene Sachleistung gewähren lassen, indem sie sich ohne angemessene Gegenleistung die Einräumung eines Kommanditanteils an der Klägerin habe versprechen lassen; dies führe zur Nichtigkeit des Konzessionsvertrags. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Konzessionsvertrag enthalte keine Verpflichtung, der Gemeinde einen Kommanditanteil einzuräumen. Ob eine solche Vereinbarung außerhalb der Vertragsurkunde getroffen sei und ob sie mit dem Konzessionsvertrag zusammenhänge, lasse sich nicht feststellen. Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

#Nach § 3 Abs. 1 KAV ist es Gemeinden und Versorgungsunternehmen verboten, für Wegerechte neben oder anstelle von Konzessionsabgaben andere als die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KAV aufgeführten Nebenleistungen zu vereinbaren oder zu gewähren. Entsprechend dem Zweck der Konzessionsabgabenverordnung, die gemeindlichen Konzessionsabgaben zu begrenzen und transparent zu gestalten (Begründung des Verordnungsentwurfs des Bundesministers für Wirtschaft, BR-Drucks. 686/91, S. 11 ff.), unterfallen nur solche Finanz- oder Sachleistungen dem Nebenleistungsverbot, die als Gegenleistung für die Einräumung von Wegerechten vereinbart oder gewährt werden.

Dass die Einräumung des Kommanditanteils an der Klägerin in diesem Sinne als Gegenleistung für die Vergabe der Gaskonzession vereinbart war, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem schriftlichen Konzessionsvertrag lässt sich für eine derartige Vereinbarung nichts entnehmen. Angesichts der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit, die für diese Vertragsurkunde streitet, begegnet es revisionsrechtlich keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht aus dem Schreiben zum Vertragsangebot der Klägerin vom , auf das sich die Revision maßgeblich bezieht, nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass die Parteien des Konzessionsvertrags gegen das Nebenleistungsverbot verstoßen haben. In diesem Schreiben wird zwar schon für die Erteilung der "vorerst reinen Gaskonzession" ein Kommanditanteil in Aussicht gestellt, der bei der späteren Übernahme der Wasserkonzession aufgestockt werden könne. Dies belegt jedoch nur, dass eine solche Vereinbarung Gegenstand der Verhandlungen war, nicht aber, dass sie Bestandteil des späteren Konzessionsvertrags geworden ist. Auch der Umstand, dass die Gemeinde einige Monate nach dem Vertragsschluss einen Kommanditanteil von 25,1% an der Klägerin erhalten hat, lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass dessen Einräumung nach Grund oder Höhe in der Weise mit dem Abschluss des Gas-Konzessionsvertrags verknüpft war, dass beide Geschäfte miteinander stehen und fallen sollten. Unstreitig hat die Gemeinde zu dieser Zeit ihre bis dahin in Eigenregie betriebene Wasserversorgung in die Klägerin eingebracht und einen entsprechenden Konzessionsvertrag geschlossen. Es ist nicht auszuschließen, dass - worauf sich die Klägerin berufen hat - der Kommanditanteil allein hierfür vereinbart und gewährt wurde. Dass Leistung und Gegenleistung hierbei objektiv in einem derart auffälligen, groben Missverhältnis stehen würden, dass die Annahme einer solchen Verknüpfung denkgesetzlich ausgeschlossen wäre, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

b) #Die Revision trägt vor, weitere Einzelregelungen des Konzessionsvertrages seien mit dem geltenden Energie- und Kartellrecht nicht vereinbar, was - jedenfalls in der Gesamtschau der gravierenden Verstöße - zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führe. So verstoße die in § 1 Abs. 2 und 3 enthaltene Regelung, wonach etwa von anderweitigen Konzessionsverträgen abgedeckte Gemeindegebiete oder später eingemeindete Gebiete nach Auslaufen der entsprechenden Verträge automatisch dem Vertragsgebiet der Klägerin anwachsen, gegen das Verbot der diskriminierenden Vergabe (§ 46 Abs. 1 EnWG, §§ 19, 20 GWB) und missachte das in § 46 Abs. 3 EnWG vorgeschriebene Bekanntmachungsverfahren. Die in § 5 vereinbarte Verpflichtung der Gemeinde, während der Vertragslaufzeit nur mit der Klägerin einen Konzessionsvertrag für den Netzbetrieb im Vertragsgebiet abzuschließen, begründe ein nach § 1 GWB und § 46 EnWG verbotenes ausschließliches Wegerecht. Die Endschaftsbestimmung in § 11 Abs. 3, wonach ein von der Gemeinde bezeichneter Übernehmer das örtliche Gasnetz nach Vertragsablauf zum Sachzeitwert kaufen müsse, verstoße gegen das Verbot der Preisbindung der zweiten Hand (§ 1 GWB).

Auch diese Einwände verhelfen der Revision nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die geltend gemachten Verstöße mit Rücksicht auf die in § 15 des Konzessionsvertrages enthaltene salvatorische Klausel jedenfalls nicht die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge haben. Eine solche salvatorische Klausel entbindet zwar nicht von der nach § 139 BGB vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten, weist aber demjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzes für unwirksam hält, hierfür die Darlegungs- und Beweislast zu (, WuW/E DE-R 1031, 1032 - Tennishallenpacht). Hiervon ausgehend ist die Würdigung des Berufungsgerichts, der Vertrag sei auch bei unterstellter Nichtigkeit der von der Beklagten beanstandeten Regelungen im Übrigen wirksam, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt insoweit weder einen Verstoß gegen allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze auf noch macht sie geltend, dass entscheidungserheblicher Vortrag übergangen worden sei.

III.

Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
BAAAD-39411