Steuerliche Zurechnung eines Teilgeschäftsanteils im Rahmen einer Quotentreuhand
Leitsatz
1. Der Annahme eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen Geschäftsanteil, sondern —als sog. Quotentreuhand— lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird.
2. Ein solcher quotaler Anteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand dar.
Gesetze: EStG § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 4AO § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 2,§ 41 Abs. 1 Satz 1§ 159 Abs. 1 Satz 1FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: (EFG 2008, 947) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
1Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom gründeten die Kläger die F-GmbH; vom Stammkapital der F-GmbH in Höhe von 100.000 DM übernahmen der Kläger und die Klägerin jeweils eine Stammeinlage im Nennbetrag von 50.000 DM. In einem von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) angeforderten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der F-GmbH erklärten die Kläger unter dem , mit jeweils 50.000 DM an der F-GmbH beteiligt zu sein; über das Bestehen von Treuhandverhältnissen gaben die Kläger keine Erklärung ab.
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Im Zuge einer bei
den Klägern durchgeführten —nicht die Verhältnisse des
Streitjahres betreffenden— steuerlichen Außenprüfung wurden
dem Prüfer am vier jeweils auf den
datierte und mit „Treuhandvertrag über einen
Geschäftsanteil” überschriebene Verträge vorgelegt, in
denen der Kläger bzw. die Klägerin jeweils unter § 1
Ziff. 1 des Vertragstextes erklärten, an der am zur Urkunden-Rolle Nr. ... des Notars X gegründeten
„F-GmbH i.G.” einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von
jeweils 50.000 DM zu halten. Ferner enthielten die Verträge eine
Vereinbarung darüber, dass | |
- | die Klägerin
einen Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 13.300 DM mit
Gründung der Gesellschaft als Treuhänderin für Herrn A
hält; |
- | die Klägerin
einen Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 20.000 DM mit
Gründung der Gesellschaft als Treuhänderin für Frau B hält;
|
- | der Kläger
einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 13.300 DM mit Gründung
der Gesellschaft als Treuhänder für Herrn R hält; |
- | der Kläger
einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 20.000 DM mit Gründung
der Gesellschaft als Treuhänder für Frau C hält. |
3Die Kaufpreise für die in den Treuhandabreden bezeichneten Quotenanteile des jeweiligen Geschäftsanteiles sollten bis zum zu bezahlen sein. Nach den weiteren Bestimmungen der Verträge waren der Kläger und die Klägerin als Treuhänder u.a. bevollmächtigt, das Stimmrecht aus dem Geschäftsanteil —gemäß den Weisungen der Treugeber— auszuüben.
4Mit notariell beurkundetem Abtretungsvertrag vom veräußerten die Kläger die von ihnen bei Gründung der F-GmbH übernommenen Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 50.000 DM an die N-AG. Unter Ziff. III. 2. der Vertragsbestimmungen erklärten die Kläger, „dass sie Eigentümer der übertragenen Geschäftsanteile sind, diese insbesondere weder an einen Dritten abgetreten, noch belastetet oder ver- oder gepfändet sind”. Gründungsgesellschafter der am gegründeten N-AG waren die Kläger sowie A, B, R und C.
5Unter dem reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr bei dem FA ein. Einen Gewinn aus der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der F-GmbH erklärten sie nicht. Auf der Grundlage der eingereichten Erklärung setzte das FA die Einkommensteuer für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ohne Berücksichtigung von Gewinnen der Kläger aus der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der F-GmbH fest.
6Im Zuge einer weiteren, die Verhältnisse im Streitjahr betreffenden steuerlichen Außenprüfung legten die Kläger zusätzliche Unterlagen vor, die belegen sollten, dass die zwischen den Klägern und den Treugebern A, B, R und C getroffenen Treuhandvereinbarungen vor Gründung der F-GmbH getroffen worden seien. Zwar habe man die vom datierenden Treuhandverträge nachträglich schriftlich niedergelegt; gleichwohl seien die Treuhandabreden bereits vor Abschluss des notariellen Gesellschaftsgründungsvertrages mündlich vereinbart und in der Folgezeit genau eingehalten worden. Dies werde nicht zuletzt auch dadurch deutlich, dass die Kläger den Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der F-GmbH mit den Treugebern entsprechend den vereinbarten Treuhandabreden geteilt hätten. Vor diesem Hintergrund seien die Treuhandvereinbarungen steuerlich anzuerkennen mit der Folge, dass die Kläger im Streitjahr nicht wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) beteiligt gewesen seien.
7Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie ihre Beteiligungen an der F-GmbH tatsächlich von deren Gründung an treuhänderisch für die Treugeber A, B, R und C gehalten hätten. Die Umstände des Streitfalles ließen es vielmehr als zweifelhaft erscheinen, dass die Treuhandvereinbarungen, wie von den Klägern behauptet, bereits vor Gründung der F-GmbH bestanden hätten. Eine nachträgliche Begründung von Treuhandverhältnissen hätte indes zu ihrer Wirksamkeit einer notariellen Beurkundung bedurft. Da es an einer solchen fehle, sei davon auszugehen, dass die Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an die N-AG jeweils mit 50 000 DM am Stammkapital der F-GmbH beteiligt gewesen seien. Unter dem erließ das FA dementsprechend einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es nunmehr auch einen von den Klägern aufgrund der Veräußerung ihrer Beteiligung an der F-GmbH erzielten Gewinn in Höhe von jeweils 6.248.000 DM ansetzte.
8Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 947 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen die Auffassung, dass die von den Klägern mit den Treugebern A, B, R und C geschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb zivilrechtlich unwirksam seien, weil die Teilgeschäftsanteile, auf die sich die jeweiligen Treuhandverhältnisse bezögen, weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages am noch in der Folge durch eine nach Maßgabe des § 17 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Streitjahr geltenden Fassung (GmbHG a.F.) vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen restlichen Geschäftsanteil als selbständige Beteiligungsrechte begründet worden seien; damit hätten diese bis zur Beendigung der vereinbarten Treuhandverhältnisse zu keinem Zeitpunkt als selbständige Rechte bestanden. Gegenstand eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses könne nur eine Sache bzw. ein Recht sein, die bzw. das tatsächlich existiere, zumindest jedoch während des Bestehens des Treuhandverhältnisses zu irgendeinem Zeitpunkt zur Entstehung gelange. Nur in einem solchen Fall könnten sowohl Treugeber als auch Treuhänder ihre jeweiligen Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag tatsächlich erfüllen. Die an die Treugeber weitergeleiteten Veräußerungsgewinnanteile seien auch nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen.
9Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass die von den Klägern abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb als zivilrechtlich unwirksam anzusehen seien, weil sie sich lediglich auf Teilgeschäftsanteile bezögen, die weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages am noch in der Folge als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden seien. Ferner habe das FG im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO zu Unrecht auf die spezialgesetzliche Beweislastregel des § 159 AO abgestellt; diese sei kein „Steuergesetz” i.S. des § 41 Abs. 1 Satz 2 AO. Jedenfalls hätte das FG die an die Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG gewinnmindernd berücksichtigen müssen. In diesem Zusammenhang habe das FG ferner zu Unrecht die von den Klägern angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.
10Die Kläger beantragen,
den im Verlauf des Klageverfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid vom sowie das aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit der Maßgabe zu ändern, dass aus der Veräußerung der Anteile an der F-GmbH kein Veräußerungsgewinn erfasst wird.
11Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
12Das FA vertritt die Auffassung, dass ein Treuhandvertrag, der, wie im Streitfall, sich auf einen Teilgeschäftsanteil beziehe, nicht tatsächlich durchführbar und daher mit den maßgeblichen Bestimmungen des GmbHG a.F. nicht vereinbar sei. Das FG habe daher zu Recht die von den Klägern geschlossenen Treuhandvereinbarungen —auch unter Berücksichtigung der Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO— als unwirksam angesehen. Zutreffend sei auch die Auffassung des FG, dass eine gewinnmindernde Berücksichtigung der an die Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile als Veräußerungskosten nicht in Betracht komme. Der von den Klägern gerügte Verfahrensfehler liege nicht vor.
II.
13Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
141. Den gerügten Verfahrensmangel erachtet der Senat für nicht durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
152. Das FG ist indes zu Unrecht davon ausgegangen, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C geschlossenen Vereinbarungen allein deshalb zivilrechtlich als unwirksam anzusehen sind, weil sie sich jeweils auf einen (rechnerischen) Quotenanteil eines Geschäftsanteils bezogen haben, der nicht durch eine nach Maßgabe des § 17 GmbHG a.F. vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen Geschäftsanteil der Kläger als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden ist; dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Das FG hat, ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, nicht geprüft, ob die Quotenanteile mit Blick auf die maßgeblichen Treuhandvereinbarungen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO oder ggf. nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sind. Der Senat kann auf der Basis der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kläger im Streitjahr wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 EStG an der F-GmbH beteiligt waren.
16Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern ist bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses das Treugut steuerrechtlich dem Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
17a) Die Kläger waren im Streitjahr zivilrechtlich je zur Hälfte an der F-GmbH beteiligt. Nach Maßgabe der vom datierenden Treuhandverträge hielten die Kläger jedoch quotale Anteile ihrer jeweiligen Geschäftsanteile als Treuhänder für A, B, R und C. Der Annahme eines (zivilrechtlich) wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen Geschäftsanteil, sondern —als sog. Quotentreuhand— lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird (vgl. , Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1966, 472; vom II ZR 259/92, Der Betrieb —DB— 1994, 1669, unter II.2.a; , BFH/NV 2008, 745; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 1828, 1867; Priester, Quotentreuhand am GmbH-Anteil, in: Der Fachanwalt für Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 153; s. auch P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 170; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 39, m.w.N.). Der Anteil an einem selbständigen Geschäftsanteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand dar. Die Treuhand bezeichnet in diesem Fall den Vertragszweck, die Quote dagegen bestimmt —in technischer und betragsmäßiger Hinsicht— die mittelbare Beteiligung des Treugebers am Geschäftsanteil.
18b) Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen. Ein solches Treuhandverhältnis liegt dem Grunde nach vor, wenn ein Gesellschafter als Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Die fiduziarische Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zuordnung des Rechts. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann in Form der Übertragungstreuhand, der Erwerbstreuhand oder als Vereinbarungstreuhand zustande kommen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 745).
19Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO enthält eine Beweisführungslastregelung für den Fall, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO streitig sind (, BFH/NV 1986, 638; Forchhammer in Leopold/Madle/Rader, AO, § 159 Rz 1). Allerdings befreit § 159 Abs. 1 AO das FG nicht von der Pflicht des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (, BFH/NV 2007, 1079).
203. Die Sache ist nicht spruchreif.
21a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang zunächst die zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen Vereinbarungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen haben; insbesondere ist von Bedeutung, inwieweit die Verträge dem Wortlaut ihrer Bestimmungen nach Züge einer Erwerbstreuhand oder eher solche einer Vereinbarungstreuhand tragen. Sodann wird das FG weiter prüfen, ob die nach den genannten Maßstäben eingeordneten Verträge nach den einschlägigen Bestimmungen des GmbHG a.F. der notariellen Form bedurften. Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass im Streitfall Formerfordernisse nicht beachtet worden sind und das zugrundeliegende Rechtsgeschäft vor diesem Hintergrund unwirksam ist, stünde dies nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO einer Zurechnung i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dann nicht entgegen, wenn nach dem Inhalt der formunwirksamen Abreden der Treugeber einerseits alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögensrechte und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann und andererseits die Vertragsparteien die in dem formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarungen nachweislich in vollem Umfang tatsächlich durchgeführt haben (vgl. , BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.).
22b) Kommt das FG zu dem Schluss, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen vertraglichen Vereinbarungen nicht als Treuhandabrede auszulegen sind, ist zu prüfen, ob eine (treuhänderische) Unterbeteiligung —etwa in der Rechtsform einer BGB-Innengesellschaft— vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.; BGH-Urteil in DB 1994, 1669; Scholz/H. Winter/Seibt, GmbHG, 10. Aufl., § 17 Rz 4, zur vertraglichen Gestaltung bei Bruchteils- oder Gesamtshandsgemeinschaften). In diesem Fall kann eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO gerechtfertigt sein.
23Die Rechtsstellung eines wirtschaftlichen Eigentümers i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Ein an einem Kapitalgesellschaftsanteil zivilrechtlich nicht unmittelbar Beteiligter ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. Wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne setzt regelmäßig voraus, dass der nicht unmittelbar Beteiligte aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 222, 458, BStBl II 2009, 124, m.w.N.). Da es für die Besteuerung nicht auf die äußere Rechtsform, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, ist auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 460
BB 2010 S. 2773 Nr. 46
BB 2010 S. 665 Nr. 10
BFH/NV 2010 S. 738 Nr. 4
BFH/PR 2010 S. 206 Nr. 6
BStBl II 2010 S. 460 Nr. 9
DB 2010 S. 536 Nr. 10
DStR 2010 S. 537 Nr. 11
DStR-Aktuell 2010 S. 7 Nr. 10
DStRE 2010 S. 441 Nr. 7
DStZ 2010 S. 263 Nr. 8
EStB 2010 S. 124 Nr. 4
FR 2010 S. 664 Nr. 14
GmbH-StB 2010 S. 91 Nr. 4
GmbHR 2010 S. 485 Nr. 9
KÖSDI 2010 S. 16906 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 11/2010 S. 802
StBW 2010 S. 194 Nr. 5
StBp. 2010 S. 151 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 6/2010 S. 240
WPg 2010 S. 421 Nr. 8
KAAAD-39285