Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe
I. Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle betrifft die Frage, ob die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
1. Die Vorschriften über die Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes sind wiederholt geändert worden.
a) Unter Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), an dessen Stelle das SGB III zum getreten ist, betrug die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld zuletzt grundsätzlich 156 Tage. Die Anspruchsdauer verlängerte sich nach Maßgabe der Dauer der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung innerhalb der auf sieben Jahre erweiterten Rahmenfrist und des Lebensjahres, das der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs vollendet hatte, bis zu einer Höchstdauer von 832 Tagen (vgl. § 106 Abs. 1 AFG in der bis zum geltenden Fassung).
b) § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit dem bis zum unverändert geltenden Fassung (im Folgenden: SGB III a.F.) ordnete sodann an, dass sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld
1.
nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um vier Jahre erweiterten Rahmenfrist und
2.
dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs vollendet hat,
richtet. Es galt danach unter Berücksichtigung der allgemeinen Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von drei Jahren (§ 124 Abs. 1 SGB III a.F.) im Ergebnis wie zuvor eine erweiterte Rahmenfrist von regelmäßig sieben Jahren. Nach § 127 Abs. 2 SGB III a.F. betrug die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld
nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens ... Monaten|und nach Vollendung des ... Lebensjahres|... Monate
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28|45.|14
32|45.|16
36|45.|18
40|47.|20
44|47.|22
48|52.|24
52|52.|26
56|57.|28
60|57.|30
64|57.|32
c) Im Rahmen der Gesetze zu arbeitsmarktpolitischen Reformen erfolgten Ende 2003 erhebliche Änderungen. Zum einen wurde durch Art. 1 Nr. 66 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I S. 2848) die allgemeine Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld auf zwei Jahre verkürzt (§ 124 Abs. 1 SGB III n.F.). Zum anderen wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I S. 3002) § 127 SGB III neu gefasst. § 127 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III sah nunmehr nur noch eine um ein Jahr erweiterte Rahmenfrist vor, so dass die für die Bestimmung der Anspruchsdauer maßgebliche erweiterte Rahmenfrist unter Berücksichtigung der Verkürzung der allgemeinen Rahmenfrist insgesamt nur noch drei Jahre betrug. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld betrug nunmehr gemäß § 127 Abs. 2 SGB III:
nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens ... Monaten|und nach Vollendung des ... Lebensjahres|... Monate
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16||8
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24||12
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Die genannten Vorschriften traten zum in Kraft (Art. 124 Abs. 1 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom und Art. 5 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom ). Es wurden aber Übergangsregelungen geschaffen. § 434 j Abs. 3 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom sieht unter anderem vor, dass die dreijährige allgemeine Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 124 Abs. 1 SGB III in der bis zum geltenden Fassung für solche Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum entstanden ist, weiterhin anzuwenden ist. Die Übergangsregelung zur Anspruchsdauer enthält § 434 l Abs. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom . Sie lautet:
§ 127 in der bis zum geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum entstanden ist. Insoweit ist § 127 in der vom an geltenden Fassung nicht anzuwenden.
Im Ergebnis bedeutete dies, dass in Fällen, in denen der Arbeitslosengeldanspruch nach dem entstand, die Höchstdauer 18 Monate betrug, wenn der Arbeitslose unter anderem das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Für jüngere Arbeitslose betrug sie 12 Monate.
d) Durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom ist § 127 SGB III mit Wirkung zum erneut geändert worden. Für die Bestimmung der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs gilt nunmehr gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III eine um drei Jahre erweiterte Rahmenfrist, das heißt insgesamt eine erweiterte Rahmenfrist von fünf Jahren. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt nunmehr gemäß § 127 Abs. 2 SGB III
nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens ... Monaten|und nach Vollendung des ... Lebensjahres|... Monate
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30|50.|15
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2. Der am geborene Kläger des Ausgangsverfahrens war vom bis zur Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zum als Verkaufsbeauftragter beschäftigt. Vom bis zum bezog er Krankengeld. Ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten des Ausgangsverfahrens meldete er sich am arbeitsuchend im Sinne von § 37 b SGB III in der bis zum geltenden Fassung. Am meldete er sich arbeitslos, wobei in der Verwaltungsakte der Beklagten vermerkt wurde, dass die Arbeitslosmeldung zum wirken sollte. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem für die Dauer von 360 Kalendertagen.
Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe sich, nachdem er von seiner bevorstehenden Arbeitslosigkeit erfahren habe, Mitte des Jahres 2005 an die Beklagte gewandt, wo er gebeten worden sei, am erneut vorstellig zu werden. Als er die Beklagte am erneut aufgesucht habe, habe man ihm aufgetragen, nach Ende der Krankschreibung wieder zu kommen. Dies habe er dann am getan. Auf der Bewilligungsstelle habe man ihm gesagt, er sei einen Tag zu lange krank geschrieben gewesen. Wenn man ihm dies direkt mitgeteilt hätte, hätte er sein Erscheinen sicherlich vorverlegt. Er müsse deshalb in den Stand versetzt werden, der ihm bei seiner Meldung am zugestanden hätte.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit der Begründung zurück, maßgeblich sei § 127 SGB III in der am in Kraft getretenen Fassung. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei vorliegend erst am entstanden, weil der Kläger bis zum Krankengeld bezogen habe. Ein Beratungsfehler sei nicht erkennbar.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage begehrt der Kläger die Bewilligung von Arbeitslosengeld für eine längere Anspruchsdauer. Er trägt ergänzend vor, anlässlich seiner Vorsprache bei der Beklagten nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses sei seiner Annahme, dass er ab dem arbeitslos sei, nicht widersprochen worden. Am habe es dann geheißen, er sei zwei Monate nicht vermittelbar gewesen. Hätte er dies gewusst, hätte er bei seinen Ärzten sicherlich eine verkürzte Krankschreibung erreichen können.
3. Mit Beschluss vom hat das Sozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 127 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III), in der Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I S. 3002) mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf § 127 SGB III in der Form des Gesetzes zur Reform am Arbeitsmarkt vom . Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe die Beklagte dem Kläger zutreffend am Arbeitslosengeld für die Dauer von 360 Kalendertagen gewährt. Nach § 127 SGB III a.F. hätte der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 660 Kalendertagen erworben. Die Klage könne nur Erfolg haben, wenn die neue Regelung des § 127 SGB III verfassungswidrig sei.
Die Kammer halte die neue Regelung für verfassungswidrig, weil sie gegen Art. 14 GG verstoße. Dem Eigentumsschutz unterfalle auch das Anwartschaftsrecht auf Arbeitslosengeld, das entstehe, wenn zum Erwerb des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nur noch der Eintritt der Arbeitslosigkeit fehle. Hier habe der Kläger zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über § 127 SGB III am eine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld von 22 Monaten erworben. Nach dem am gemäß § 434 j Abs. 3 SGB III in Kraft getretenen neuen § 127 SGB III stehe ihm nur noch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 12 Monate zu. Nach Auffassung der Kammer sei die neue Regelung des § 127 SGB III trotz der Übergangsfrist des § 434 j Abs. 3 SGB III verfassungswidrig.
Aus dem vom Gesetzgeber zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folge die Notwendigkeit einer schonenden Übergangsregelung. Ob und in welchem Umfang sie notwendig sei, hänge von der Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für die Allgemeinheit ab. Gesetzliches Anliegen der Bundesregierung sei es gewesen, mit der Neuregelung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld der Frühverrentung der Arbeitnehmer entgegen zu wirken. Dieses gesetzliche Anliegen rechtfertige aber nicht die drastische Kürzung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes. § 434 j Abs. 3 SGB III habe das Inkrafttreten der Neuregelungen nur bis zum hinausgeschoben. Diese generelle Übergangsfrist von 25 Monaten reiche nicht aus, um die Eigentumsverletzung zu vermeiden. Mit Ablauf dieser Frist werde der Eingriff in das Anwartschaftsrecht in vollem Umfange wirksam, ohne dass ein Grund ersichtlich sei, warum dies nötig sein sollte. Diese allgemeine Übergangsfrist stelle gerade keine schonende Übergangsregelung dar. Für diesen massiven Eingriff in das Arbeitslosengeld sei "eine großzügige und langfristige Übergangsregelung" erforderlich (Spellbrink, in: Eicher/Schlegel, SGB III, 67. Ergänzung, Stand Juni 2006, § 127 Rn. 58). Der § 434 j Abs. 3 SGB III erfülle diesen Anspruch nicht. Eine schonende Übergangsregelung hätte etwa so aussehen können, dass jährlich die maximale Anspruchsdauer (rechte Spalte des § 127 Abs. 2 SGB III a.F.) um einen Monat reduziert worden wäre.
II. Die Vorlage ist unzulässig.
1. Nach Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt ein Vorlagebeschluss dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur, wenn ihm mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 105, 61 <67> stRspr). Das Gericht muss sich mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen, die in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen berücksichtigen und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingehen, soweit diese für die Entscheidungserheblichkeit von Bedeutung sein können (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 88, 198 <201>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer der Ersten Senats vom - 1 BvL 4/08 -, [...], Rn. 9; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom -2 BvL 16/08 -, [...], Rn. 19). Soweit sich die Bedenken gegen eine Vorschrift richten, von deren Anwendung die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung nicht allein abhängt, müssen die weiteren, mit ihr in Zusammenhang stehenden Vorschriften jedenfalls dann in die rechtlichen Erwägungen des vorlegenden Gerichts einbezogen werden, wenn sie zu jener Norm in einem ergänzenden Verhältnis stehen, so dass sie nur zusammen die entscheidungserhebliche Regelung bilden (vgl. BVerfGE 72, 91 <102>; 78, 306 <316>; 105, 48 <56>; stRspr). Zudem muss das vorlegende Gericht den Sachverhalt soweit aufklären, dass die Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Vorschrift feststeht und die Vorlage deshalb unerlässlich ist. Solange die Möglichkeit besteht, dass das vorlegende Gericht den Rechtsstreit in dem von ihm gewünschten Sinne entscheiden kann, ohne die für verfassungswidrig gehaltene Rechtsnorm anzuwenden, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Norm (vgl. BVerfGE 64, 251 <254>).
2. Diesen Anforderungen genügt die zur Entscheidung stehende Vorlage nicht.
Der Vorlagebeschluss legt nicht hinreichend nachvollziehbar dar, dass die zur Prüfung gestellte Norm und ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sind. Das vorlegende Gericht hat lediglich behauptet, dass die auf die Bewilligung einer längeren Anspruchsdauer gerichtete Klage nur Erfolg haben kann, wenn § 127 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform am Arbeitsmarkt vom verfassungswidrig ist. Es hat aber nicht nachvollziehbar begründet, dass und warum diese Vorschrift überhaupt anwendbar ist. Vielmehr hat es sich auf die Feststellung beschränkt, dass die Entscheidung der Beklagten auf dieser Vorschrift beruhe und die Beklagte nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Anspruchsdauer zutreffend bestimmt habe. Aus diesen Anforderungen geht nicht hinreichend deutlich hervor, dass das Gericht eigenständig geprüft hat, ob die Entscheidung der Beklagten, § 127 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform am Arbeitsmarkt vom für die Bestimmung der Anspruchsdauer heranzuziehen, rechtmäßig war. Mit den Voraussetzungen der einschlägigen Übergangsregelung des § 434 l Abs. 1 SGB III hat es sich nicht beschäftigt. Es hat diese Regelung sogar überhaupt nicht erwähnt, offensichtlich weil es ebenso wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid die Übergangsregelung hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld irrtümlich in § 434 j Abs. 3 SGB III verortet hat.
Das vorlegende Gericht hat dementsprechend auch nicht, wie es geboten gewesen wäre, sorgfältig geprüft, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld im Sinne von § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III bis zum entstanden ist und deshalb § 127 SGB III a.F. Anwendung findet. Es hätte sich vor allem mit der in Literatur und Rechtsprechung verbreiteten Auffassung auseinandersetzen müssen, wonach "Anspruch" im Sinne von § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht den Einzelanspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld, wie er durch den Bewilligungsbescheid konkretisiert wird (vgl. insoweit auch BSGE 75, 235 <237>), meint, sondern das Stammrecht auf Arbeitslosengeld, das entsteht, wenn die seit dem in § 118 Abs. 1 SGB III genannten Anspruchsvoraussetzungen (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, Erfüllung der Anwartschaftszeit) zugleich vorliegen (vgl. SG Aachen, Urteil vom - S 11 AL 34/06 -, [...], Rn. 15; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 434 l Rn. 5 <April 2009>; Spellbrink, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 434 l Rn. 14 a.E. <April 2009>). Der Entstehung des Anspruchs im Sinne von § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III steht danach zum Beispiel das Ruhen des Anspruchs nicht entgegen (vgl. SG Aachen, a.a.O., Rn. 19; Voelzke, a.a.O.; Spellbrink, a.a.O.), weil das Ruhen nur bedeutet, dass Einzelansprüche während des Ruhenszeitraums nicht mit Erfolg geltend gemacht werden können und auch nicht erfüllt werden brauchen, das Stammrecht aber unberührt lässt (vgl. -, [...], Rn. 18). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Begründung der Beklagten im Widerspruchsbescheid, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei vorliegend erst am entstanden, weil der Kläger bis zum Krankengeld bezogen habe, nicht tragfähig, weil der Bezug von Krankengeld als solcher gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III nur zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führt.
Zu den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und dem Zeitpunkt ihres Vorliegens hat das vorlegende Gericht keinerlei Feststellungen getroffen. Hierzu hätte aber ausgehend von den vorstehenden Ausführungen Anlass bestanden, weil es nach Aktenlage durchaus möglich erscheint, dass alle Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 SGB III bereits bis zum vorlagen.
Dass der Kläger bis einschließlich arbeitsunfähig war, schließt seine objektive Verfügbarkeit im Sinne von § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III und damit seine Arbeitslosigkeit gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nicht von vornherein aus, weil Verfügbarkeit und Arbeitsunfähigkeit, wie letztlich auch die Ruhensvorschrift des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III zeigt, nicht deckungsgleich sind (vgl. -, SozR 2200 § 1241 Nr. 14, S. 47). Im Übrigen käme zugunsten des Klägers die Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III in Betracht, wonach Anspruch auf Arbeitslosengeld auch hat, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Der Bezug von Krankengeld lässt die Anwendung dieser Vorschrift im Verhältnis zwischen dem Versicherten und der Bundesagentur für Arbeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unberührt (vgl. BSGE 93, 59 <61 Rn. 8>).
Der Kläger könnte sich auch bis zum arbeitslos gemeldet haben. Die Meldung als arbeitslos ist eine Tatsachenerklärung, die nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung unterliegt, weil sie keine Willenserklärung ist (vgl. BSGE 60, 43 <45>). Dementsprechend kann sie nicht aufschiebend befristet erklärt oder zurückgenommen werden. Sie ist von dem Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld zu unterscheiden, der gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2, § 324 Abs. 2 Satz 1 SGB III auch zu oder mit Wirkung ab einem späteren Zeitpunkt gestellt werden kann. Das vorlegende Gericht hätte vor diesem Hintergrund zum einen aufklären müssen, ob der Kläger anlässlich seiner Vorsprache am erklärt hat, dass er bereits jetzt arbeitslos sei, Leistungen aber erst ab dem beantrage, oder ob er nur angekündigt hat, dass er ab dem arbeitslos sein werde. Zum anderen hätte es dem sinngemäßen Vortrag des Klägers, er habe sich bereits anlässlich einer Vorsprache am beziehungsweise am arbeitslos gemeldet, nachgehen und den Sachverhalt insoweit weiter aufklären müssen. Hierzu hätte nicht zuletzt aufgrund eines in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Vermerks des zuständigen Mitarbeiters der Beklagten Anlass bestanden. Darin heißt es, der Kläger habe sich bei einer persönlichen Vorsprache am arbeitslos melden wollen, was aber wegen seiner Krankheit nicht möglich sei. Das vorlegende Gericht hätte vor diesem Hintergrund ermitteln müssen, welche Erklärung der Kläger tatsächlich abgegeben hat und ob der zuständige Mitarbeiter der Beklagten die Erklärung nur deshalb fälschlicherweise nicht als Arbeitslosmeldung erfasst hat, weil er, unter Umständen rechtsirrig, davon ausging, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld scheide wegen der Krankheit des Klägers schon dem Grund nach aus oder könne wegen des Bezugs von Krankengeld gegenwärtig nicht realisiert werden. Es ist in Anbetracht des Umstandes, dass sich Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit nicht ausschließen, auch nicht offensichtlich, dass die Wirkungen einer etwaigen Arbeitslosmeldung am gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III wegen einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit erloschen wären.
Das Gericht hätte schließlich gegebenenfalls auch zu den Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Stellung nehmen müssen, der jedenfalls dann in Betracht käme, wenn die Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 SGB III, insbesondere die Arbeitslosmeldung, bereits bis zum vorlagen, der Kläger jedoch aufgrund einer unzureichenden oder unterlassenen Spontanberatung der Arbeitsagentur (vgl. hierzu z. B. -, [...], Rn. 18 ff.) eine Erklärung nach § 118 Abs. 2 SGB III abgegeben hätte, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld erst am entstehen soll.
Unabhängig von der Frage der Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 14 Abs. 1 GG hat sich das vorlegende Gericht auch nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit wertmäßiger Verminderung von sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaften mit Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. BVerfGE 100, 1 <37 f.>; 117, 272 <293 f.>) auseinander gesetzt. Insbesondere ist es nicht darauf eingegangen, dass das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG durch die Begrenzung der Bezugsdauer von originärer Arbeitslosenhilfe verneint hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2402/97 -, [...], Rn. 17 ff.).
Ob die Verkürzung der Anspruchsdauer unter dem Gesichtspunkt der Beitragsäquivalenz mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl. hierzu ausführlich Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB III, § 127 Rn. 50 ff. <April 2009>), hat das vorlegende Gericht ebenfalls nicht erörtert.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BAAAD-39210