Leitsatz
Leitsatz:
Abfindungszahlungen und eine Steuererstattung, die nach Antragstellung zugeflossen sind, sind als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II und nicht als Vermögen anzusehen. Darin liegt weder eine Verletzung von Art. 14 GG noch von Art. 3 Abs. 1 GG. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 13 AS 4522/07 vom SG Freiburg, S 12 AS 3929/05 vom
Gründe
I
Der Kläger begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom bis .
Der 1954 geborene Kläger stand bis zum in einem Beschäftigungsverhältnis, das in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren mit einer vergleichsweisen Regelung beendet wurde. Er erhielt eine Abfindung in Höhe von insgesamt 2.750 Euro für den Verlust des Arbeitsplatzes, fällig in zwei Teilbeträgen in Höhe von 1.500 Euro am und in Höhe von weiteren 1.250 Euro am . Im Mai 2005 wurde dem Kläger außerdem eine Steuerrückerstattung in Höhe von 1.488,66 Euro ausgezahlt. Am 4. Juli 2005 nahm er ein neues Beschäftigungsverhältnis auf.
Am beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II). Nach Vorlage des Antragsformulars im Juli 2005 sowie weiterer Unterlagen zu seinen Unterkunftskosten, Einkommens- und Vermögensverhältnissen bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom für die Zeit vom 7. Juli 2005 bis Alg II in Höhe von monatlich 925,50 Euro (für Juli 2005 anteilig 771,25 Euro). Für die Zeit vor dem lehnte sie den Antrag mit der Begründung ab, dass in diesen Monaten anderweitiges Einkommen erzielt worden sei, mit dem der Kläger seinen Unterhalt habe bestreiten können, insbesondere eine Steuerrückerstattung in Höhe von 1.488,66 Euro sowie die im Arbeitsgerichtsprozess erstrittene Abfindung in Höhe von insgesamt 2.750 Euro. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er Leistungen ab Antragstellung am begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2005 als unbegründet zurück.
Im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger seine Klage hinsichtlich des Monats Januar 2005 zurückgenommen, hinsichtlich der Monate Februar und März 2005 hat er ein Anerkenntnis der Beklagten angenommen. Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat mit Urteil vom den Bescheid der Beklagten vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem Alg II ohne Anrechnung der ihm zugeflossenen Steuererstattung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die mit Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) vom zugelassene Berufung, der Kläger daraufhin Anschlussberufung eingelegt.
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen sowie die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger sei im Hinblick auf das zu berücksichtigende Einkommen in der Zeit vom bis zum nicht hilfebedürftig gewesen. Die ihm im April und Mai 2005 ausgezahlte Abfindung sei auch nicht etwa wegen einer bestimmten Zweckbindung von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen. Ebenso stelle die dem Kläger am zugeflossene Steuererstattung in Höhe von 1.488,66 Euro kein Vermögen, sondern Einkommen dar. Bei Anwendung von § 2 Abs 3 Alg II-Verordnung idF vom (Alg II-V 2004) ergebe sich kein Anspruch des Klägers. Es bestehe unter Berücksichtigung der Regelleistung sowie der Kosten der Unterkunft ein monatlicher Bedarf in Höhe von 952,28 Euro; zuzüglich der Kosten der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergebe sich ein täglicher Bedarf in Höhe von insgesamt 36,13 Euro. Ausgehend hiervon habe das Einkommen im Monat April 2005 den Anspruch auf Alg II für 40 Tage und das Einkommen im Mai 2005 den Anspruch für 74 Tage entfallen lassen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er geltend macht, die Abfindung sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, weil sie der Privilegierung des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II unterfalle. Sie sei ein vermögensrechtliches Äquivalent für die Aufgabe des als sozialen Besitzstand anzusehenden Arbeitsplatzes und habe somit Entschädigungsfunktion. Darüber hinaus solle sie die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen vermögensrechtlichen und immateriellen Nachteile des Arbeitnehmers ausgleichen. Durch die Anrechnung der Abfindung auf Leistungen nach dem SGB II werde ihre Zweckbestimmung vereitelt. Die Abfindung beeinflusse seine Lage auch nicht so günstig, dass Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt werden könnten. Sie liege deutlich unter dem Mindestfreibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II in Höhe von 3.100 Euro. Als Vermögen sei die Abfindung daher auch nicht zu berücksichtigen.
Auch die Steuererstattung dürfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Eine Anrechnung verletze ihn in seiner Eigentumsposition nach Art 14 Grundgesetz (GG). Während seines Beschäftigungsverhältnisses seien ihm zu Unrecht zu hohe Steuern abgezogen worden. Diese würden ihm nun in einem zweiten Schritt erneut dadurch entzogen, dass er den zuvor vom Fiskus erhobenen Betrag im Bedarfszeitraum zur Lebensführung auf dem Niveau des Existenzminimums zu verwenden habe. Damit werde das Übermaßverbot des Art 20 GG verletzt. Es werde auch Art 3 GG verletzt, weil er in nicht gerechtfertigter Weise gegenüber Arbeitnehmern benachteiligt werde, die während eines Arbeitsverhältnisses den ihm vom Fiskus vorenthaltenen Betrag erhalten hätten sowie gegenüber anderen Steuerrückerstattungsberechtigten. Jedenfalls ab dem Folgemonat nach dem Zufluss handele es sich bei der Steuerrückerstattung nicht mehr um Einkommen, sondern um Vermögen.
Die vom LSG vorgenommene tägliche Berechnung widerspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach eine monatliche Betrachtungsweise zu Grunde zu legen sei. Schließlich fehle es an der nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 in der vom 1. Januar bis geltenden Fassung erforderlichen Ermessensentscheidung. Unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte müssten sowohl die Steuererstattung als auch die Abfindung von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben sowie das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. April bis zum Arbeitslosengeld II zu zahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger wegen des Zuflusses der Abfindungszahlungen sowie der Steuererstattung im streitigen Zeitraum vom bis nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm §§ 9 Abs 1 Nr 2, 11 SGB II war und ihm daher kein Anspruch auf Alg II zustand.
1. Der Bedarf des Klägers bestand im streitigen Zeitraum aus der für ihn nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom [BGBl I 2014]) maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 345 Euro und seinen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Nach den Feststellungen des LSG entstanden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 607,28 Euro, die sich aus einer Kaltmiete in Höhe von 591 Euro sowie Kosten für Gas und Müllabfuhr in Höhe von 22,50 Euro zusammensetzten. Abzüglich einer Pauschale in Höhe von 6,22 Euro für die Warmwasserbereitung (vgl BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, jeweils RdNr 25) ergab dies Kosten in Höhe von 607,28 Euro. Daraus resultierte, wie vom LSG festgestellt, ein Gesamtbedarf in Höhe von 952,28 Euro.
2. Dem Bedarf des Klägers gegenüber stand im streitigen Zeitraum Einkommen in Gestalt der am 15. April 2005 mit einer Teilsumme von 1.500 Euro und am in einer weiteren Teilsumme in Höhe von 1.250 Euro ausgezahlten Abfindung sowie die dem Kläger im Mai 2005 zugeflossene Steuererstattung. Nach § 11 Abs 1 SGB II (in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom [BGBl I 2014]) sind bei der Leistungsberechnung nach dem SGB II als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEntschG) für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Das LSG hat zu Recht sowohl die Abfindung als auch die Steuererstattung als Einnahmen in diesem Sinne und nicht als Vermögen angesehen.
Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl insbesondere B 14 AS 26/07 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18: Einkommensteuererstattung; Urteil vom - B 4 AS 47/08 R: Abfindung; Urteile vom - B 14 AS 4/08 R und B 14 AS 13/08 R: Übergangsgeld). Auszugehen ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss, soweit nicht rechtlich ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt ist (normativer Zufluss).
a) Vom Anknüpfungspunkt des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen ist auch bei Teilzahlungen auf einen Abfindungsanspruch sowie bei der Steuererstattung auszugehen. Es handelt sich in beiden Fällen nicht um bereits erlangte Einkünfte, mit denen Vermögen angespart wurde (vgl , vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R - und vom - B 4 AS 49/08 R). Bei der Abfindung lässt es gerade ihr Entschädigungscharakter für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten nicht zu, sie zeitlich dem Arbeitsverhältnis und damit der Vergangenheit zuzuordnen (vgl ; Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, 16. Aufl, Abfindung RdNr 52). Im Falle der Einkommensteuererstattung ist von der Regelung des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen auch nicht deswegen abzuweichen, weil es sich um einen Geldzufluss handelt, dessen zu Grunde liegende Forderung zu einem früheren Zeitpunkt fällig geworden wäre, wenn der Erstattungsberechtigte eine andere steuerliche Disposition getroffen hätte (). Grundsätzlich ist im Fall der Erfüllung einer Forderung bei wertender Betrachtung allein auf die letztlich in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung (vgl insbesondere B 14 AS 26/07 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteile vom - B 14 AS 4/08 R und B 14 AS 13/08 R: Übergangsgeld). Ebenso wie der 4. Senat des ) sieht der Senat hier auch keine Fallkonstellation, in der eine fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht, sondern angespart wurde. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist vielmehr davon auszugehen, dass der Erstattungsgläubiger die zu hoch entrichtete Steuer nicht freiwillig (und zinslos) "angespart", sondern schlicht nicht früher erhalten hat (vgl BVerwGE 108, 296, 301). Gerade die fehlende Verzinsung des nicht ausbezahlten Einkommens zeigt, dass es sich bei der Steuererstattung nicht um "Vermögensaufbau" handelt. Zudem verdeutlichen die steuerrechtlichen Dispositionsmöglichkeiten, etwa durch die Eintragung eines Freibetrages, dass die Steuererstattung kein Rückfluss von Vermögen ist (BSG aaO).
b) Die Abfindungsteilzahlungen erfüllen ebenso wenig wie die Steuererstattung den von seinem Wortlaut her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 11 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II ( - und vom - B 4 AS 49/08 R). Sie sind weder eine Grundrente nach dem BVG noch eine Leistung nach dem BEntschG. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 11 Abs 1 SGB II nicht an das Recht der Arbeitslosenhilfe, sondern an das Bundessozialhilfegesetz [BSHG] (§ 76) anknüpfen wollen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 65 zu § 77, der § 82 SGB XII entspricht; BT-Drucks 15/1516 S 53).
c) Abfindungen sind auch nicht nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II von der Berücksichtigung als Einkommen des Hilfebedürftigen ausgenommen (). Gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen (Buchst a) oder Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (Buchst b) einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Weiter sind gemäß § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II nicht als Einkommen Entschädigungen zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geleistet werden.
Sinn des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II ist es, einerseits zu verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, und andererseits Doppelleistungen für einen identischen Zweck zu vermeiden ( B 14/7b AS 62/06 R - RdNr 24). Die Zweckbestimmung kann sich aus einer öffentlich-rechtlichen Norm (vgl B 14/7b AS 16/06 R - BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16), aber auch aus einer privatrechtlichen Grundlage ergeben ( - RdNr 20). Letzteres folgt aus dem weiten Wortlaut des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, der sich insofern von der ähnlichen Vorschrift im Sozialhilferecht unterscheidet, die gemäß § 83 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) einen in öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausdrücklich genannten Zweck fordert (vgl B 14/7b AS 16/06 R - BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16).
Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist dann zweckbestimmt iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Der erkennende Senat versteht dies in Übereinstimmung mit dem 4. Senat des BSG als eine Vereinbarung, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll (privatrechtlicher Verwendungszweck) und verneint dies für den Fall der Abfindungszahlungen (vgl Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R).
Die systematische Stellung der zweckbestimmten Einnahmen neben den ebenfalls nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst b SGB II) und Entschädigungen nach § 253 Abs 2 BGB (§ 11 Abs 3 Nr 2 SGB II) - also dem so genannten Schmerzensgeld - schließen es aus, Abfindungszahlungen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes zu den "zweckbestimmten Einnahmen" in diesem Sinne zu rechnen (BSG aaO). Abfindungszahlungen stellen eine immaterielle und materielle Ausgleichszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes dar (vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 18 S 100). Sie sollen den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen (BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 8 RdNr 15). Damit weisen sie zwar eine gewisse immaterielle Komponente auf, jedoch kompensieren sie auch den Wegfall des Erwerbseinkommens, haben insoweit also materiellen Charakter. Die Zahlung ist nur insoweit zweckbestimmt, als der Abfindungsanspruch des früheren Arbeitnehmers erfüllt werden soll, ein weitergehender Verwendungszweck besteht nicht. Der Arbeitgeber zahlt die Abfindung, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren hat. Eine Zweckbestimmung im Hinblick auf die Verwendung der Abfindung durch den Arbeitnehmer ist damit nicht verbunden ( - RdNr 22).
Der 4. Senat des BSG hat im Urteil vom schließlich zutreffend deutlich gemacht, dass auch die Entstehungsgeschichte des § 11 SGB II dagegen spricht, Abfindungszahlungen unter § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst b SGB II zu fassen und sie insoweit zu privilegieren (BSG aaO, RdNr 23).
d) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Durch die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen erfolgt kein Eingriff in von Art 14 GG geschützte Eigentumspositionen. Eine Beeinträchtigung scheidet schon deshalb aus, weil sowohl die Abfindung als auch die Steuererstattung dem Kläger ungemindert zugeflossen sind. Dass diese tatsächlich zugeflossenen Mittel im Rahmen seiner Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt werden, führt nicht zu einer "Entwertung" eigentumsrechtlicher Positionen. Der Gesetzgeber bewegte sich auch im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, als er keine § 138 Abs 3 Nr 6 Arbeitsförderungsgesetz und § 194 Abs 3 Nr 7 Sozialgesetzbuch Drittes Buch entsprechende Vorschrift in das SGB II aufgenommen hat (vgl - RdNr 24).
Auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch die Berücksichtigung der Steuererstattung ist nicht erkennbar. Dass der Kläger die Einnahme anders, insbesondere zur Befriedigung von Bedürfnissen oberhalb des soziokulturellen Existenzminimums, hätte verwenden können, wenn sie ihm zu einem Zeitpunkt zugeflossen wäre, in dem er keine bedürftigkeitsabhängigen Leistungen in Anspruch genommen hat, begründet keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Der - im Nachhinein gesehen - zu Unrecht einbehaltene Betrag stand dem Kläger bei seiner Rückzahlung ebenso zur Verfügung, wie er es getan hätte, wenn die höheren Steuern nicht eingezogen worden wären. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung Leistungen nach dem SGB II beanspruchte, die bei allen Hilfebedürftigen eine Bedürftigkeitsprüfung unter Einbeziehung des nach § 11 SGB II zu berücksichtigenden Einkommens voraussetzen (vgl Urteil des Senats vom - B 14/7b AS 12/07 R - RdNr 26).
3. Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen und wird im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht in dem dem Monat des Zuflusses folgenden Monat zu Vermögen. Der erkennende Senat geht mit dem 4. Senat des BSG davon aus, dass die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" nicht mit dem Monat des Zuflusses endet, sondern sich über den so genannten "Verteilzeitraum" erstreckt ( - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 21). Der Verteilzeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme (Ausnahme § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V idF vom ) und erfasst zunächst den gesamten Bewilligungszeitraum (BSG aaO). Während dieses Zeitraums bleibt die als Einkommen zu qualifizierende Einnahme Einkommen und damit zur Deckung des Hilfebedarfs grundsätzlich bis zu ihrem Verbrauch aufzuteilen. Nach welchen Regeln dieses im Einzelnen zu erfolgen hat, richtet sich nach § 2 Abs 3 Alg II-V in der für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt - bzw bei einer Ablehnung der Leistungsgewährung für den der erneuten Antragstellung folgenden Zeitraum - geltenden Fassung.
a) Die Abfindungszahlungen und die Steuererstattung sind als einmalige Einnahmen nach § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V 2004 (BGBl I 2622) von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen und zur Deckung des Hilfebedarfs grundsätzlich bis zu ihrem Verbrauch aufzuteilen. Nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 sollen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug der Frei- und Absetzbeträge bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt. Zu dem kalendertäglichen Bedarf in Höhe von (952,28 : 30 =) 31,74 Euro kamen hier die Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung hinzu, die nach den Feststellungen des LSG kalendertäglich 4,39 Euro betrugen. Dem Bedarf von 36,13 Euro täglich stand im April 2005 eine zu berücksichtigende Gesamteinnahme von 1.462,29 Euro (1.500 Euro abzüglich 30 Euro Versicherungspauschale sowie 7,71 Euro Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V 2004) gegenüber. Daher hat die Abfindungsteilzahlung am den Leistungsanspruch des Klägers für 40 Tage entfallen lassen (1.462,29 : 36,13 = 40,47). Im Mai 2005 erzielte der Kläger ein Einkommen in Höhe von 2.700,95 Euro (Abfindung in Höhe von 1.250 Euro + 1.488,66 Euro Steuererstattung, davon abzuziehen wiederum 37,71 Euro Versicherungsbeiträge). Damit entfiel der Anspruch des Klägers für weitere 74 Tage, mithin für den gesamten streitigen Zeitraum.
b) Es kann dahinstehen, ob und in welchen Fällen aus der Formulierung in § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 "sollen" zu schließen ist, dass in besonderen Härtefällen von dem regelhaft vorgesehenen Anrechnungsmodus abgewichen werden kann (zum Charakter von SollVorschriften vgl - SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 43), denn eine besondere Härte ist nicht ersichtlich. Es ist kein Gesichtspunkt erkennbar, weshalb gerade die Berücksichtigung von Abfindungsteilzahlungen abweichend von der Grundregel, dass Leistungen mit Beginn des Monats des Zuflusses für einen einheitlichen Zeitraum zur Bedarfsdeckung heranzuziehen sind, eine besondere Härte darstellen sollte (). Auch die Steuerstattung gibt keinen Anlass für eine vom Regelfall abweichende Beurteilung.
c) Es bestand auch im Hinblick auf die nach dem streitigen Zeitraum eingetretene Entwicklung der Gesetzeslage keine Veranlassung, von der hier gemäß § 2 Alg II-V 2004 vorgesehenen Berücksichtigung einmaliger Einnahmen nach Tagen abzuweichen. Zwar ist § 2 Abs 3 durch die Erste Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom (BGBl I 2499) insoweit geändert worden, als nunmehr das Monatsprinzip gilt. Danach sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Nach der nicht amtlichen Begründung der Änderung der Verordnung sollte mit der Neufassung vor allem eine Minimierung des Verwaltungsaufwandes, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der freiwilligen Weiterversicherung bei vollständigem Wegfall der Leistungen nach dem SGB II erreicht werden. War in der Fassung des § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 noch vorgesehen, dass der tägliche Berücksichtigungsbetrag unter Absetzung der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenund Pflegeversicherung zu ermitteln war, so soll offenbar durch § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V idF vom eine längere Erstreckung des Berücksichtigungszeitraumes erreicht werden, sodass bei einem dann niedrigeren monatlichen Berücksichtigungsbetrag die Versicherungspflicht durch den Weiterbezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten bleibt. Das Ziel, Versicherungsschutz durch die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung auch dann zu gewährleisten, wenn zu berücksichtigende einmalige Einnahmen zu einem Wegfall des Leistungsanspruchs führen, wird mithin durch beide Regelungen erreicht. Die Minimierung des Verwaltungsaufwandes, der mit der An- und Abmeldung zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Grundsicherungsträger verbunden ist, rechtfertigt ein "Vorziehen" der Neuregelung jedoch nicht (vgl - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 24 und - B 4 AS 57/07 R - RdNr 29 f; Urteil vom - B 4 AS 47/08 R - RdNr 28).
d) Die Vorschrift des § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 ist auch ermächtigungskonform. Durch § 13 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) wurde das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Die Norm des § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die in § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 vorgesehene Berücksichtigung einmaliger Einnahmen vom Monat des Zuflusses an entspricht der vom SGB II vorgegebenen monatsweisen Betrachtung von Bedarf und Einkommen. Die Regelung des § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 knüpft an die kalendertägliche Berechnung der Leistung nach § 41 Abs 1 Satz 1 SGB II an.
e) § 13 Nr 1 SGB II genügt den Anforderungen an Verordnungsermächtigungen nach Art 80 Abs 1 GG (vgl auch Urteil des Senats vom - B 14 AS 55/08 R). Hiernach können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm wird § 13 SGB II gerecht. Zwar macht die Vorschrift selbst keine näheren Vorgaben, woran der Verordnungsgeber die Berechnung und Berücksichtigung von Einkommen ausrichten soll. Es ist jedoch ausreichend, dass sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte (BVerfGE 80, 1, 21). Derartige Grundsätze ergeben sich hier mit hinreichender Deutlichkeit aus der Systematik des SGB II und der Anknüpfung des Gesetzes an die Rechtslage unter Geltung des BSHG (vgl hierzu BSG SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14-15; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 13 RdNr 7 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAD-39191