Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LSG Bayern, L 19 R 587/05 vom SG Nürnberg, S 3 R 785/03
Gründe
I
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung, der Klägerin auf ihren Antrag nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) Altersrente unter "6/6-Anrechnung" einer in Rumänien zurückgelegten Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) vom bis zu zahlen.
Die im März 1939 in Rumänien geborene Klägerin ist 1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und Inhaberin des Vertriebenenausweises A. In Rumänien war sie ua von Januar 1966 bis Dezember 1967 als Mitglied bei der CAP (rumänische Abkürzung für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft [LPG]) D. mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt. Nach der im Kontenklärungsverfahren (abgeschlossen durch Bescheid vom ) vorgelegten Bescheinigung ("Adeverinta") Nr 120 der LPG vom hatte die Klägerin von jeweils 120 geplanten Arbeitstagen im Jahre 1966 120 Tage und im Jahre 1967 159 Tage geleistet.
Mit Bescheid vom bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab . Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie die streitige Zeit vom bis als glaubhaft gemachte und nicht als nachgewiesene Beitragszeit nach dem FRG zu 5/6 (dh die für diese Zeit ermittelten Entgeltpunkte [EP] wurden um 1/6 gekürzt).
Im November 2002 beantragte die Klägerin eine Erhöhung ihrer Rente ua unter Berücksichtigung der Kalenderjahre 1966 und 1967 als nachgewiesene Beitragszeit zu 6/6. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheide vom und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ).
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat mit Urteil vom die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom , , und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom verurteilt, bei der Altersrente für Frauen die Zeit vom bis als Beitragszeit gemäß § 15 FRG zu 6/6 ab rentensteigernd zu berücksichtigen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe im geltend gemachten Umfang ein Anspruch nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zu. In Rumänien sei für Mitglieder der LPGen durch Dekret Nr 535/1966 eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung eingeführt worden. Auch wenn die Sozialversicherungsbeiträge von den LPGen für die Gesamtheit der Mitglieder im abstrakten Sinn geleistet worden seien, seien sie als Beiträge iS des § 15 FRG zu qualifizieren. Für den streitigen Zeitraum sei von einer Beitragsentrichtung auszugehen (Hinweis auf Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg vom , L 8 RJ 500/02, und vom , L 2 RJ 1664/02, sowie Bayerisches ). Anders als bei § 16 FRG sei der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung nicht erforderlich. Denn die Beiträge seien allein aufgrund der ununterbrochenen LPG-Mitgliedschaft erbracht worden. Jedes LPG-Mitglied habe zudem Fehlzeiten durch verstärkten Arbeitseinsatz, dh durch gesteigerte Erfüllung der Arbeitsnormen ausgleichen können (Hinweis auf das im Auftrag des LSG Baden-Württemberg erstellte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München eV vom , veröffentlicht in rv 2000, 122 ff, 150 ff, 175 ff, 214 ff; rv 2001, 8 ff [dort S 8 bis 16 zu den Verhältnissen in der Landwirtschaft]). Im Übrigen hat das SG festgestellt, dass die Klägerin die Arbeitsnormen im Jahre 1966 plangerecht erfüllt und im Jahre 1967 deutlich übererfüllt habe (Hinweis auf die Adeverinta Nr 120 der LPG vom ). Es sei daher jeweils von einer durchgehenden Arbeitsleistung für das gesamte Kalenderjahr auszugehen. Die Problematik einer nur teilweisen Anrechnung von Beitragszeiten nach § 26 FRG stelle sich nicht.
Das Bayerische die Berufung der Beklagten im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Insbesondere sei das SG zu Recht davon ausgegangen, dass maßgeblich für die ungekürzte Anerkennung einer Beitragszeit gemäß § 15 FRG allein die ununterbrochene Mitgliedschaft in einer rumänischen LPG sei.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung von § 15 und § 22 Abs 3 FRG. Ferner macht sie einen Verstoß des LSG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) geltend. Arbeitsbescheinigungen aus den Herkunftsländern, die lediglich Angaben über Beginn und Ende einer Beschäftigung sowie die geleisteten Arbeitsnormen enthielten, ohne zweifelsfrei erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beschäftigung und damit die Beitragszahlung durch Fehlzeiten unterbrochen worden sei, stellten lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung dar. Ohne den Nachweis der ununterbrochenen Beitragsabführung durch die LPG komme eine ungekürzte Anrechnung von LPG-Zeiten in Rumänien als Beitragszeiten nicht in Betracht. Die Senatsentscheidung vom (SozR 4-5050 § 15 Nr 2) beruhe auf der prozessualen Besonderheit, dass der Senat an die Feststellung der ununterbrochenen Beitragszahlung durch die Vorinstanzen gebunden gewesen sei und daher Lücken der Beitragszahlung nicht zu prüfen gehabt habe. Im Falle der Klägerin sei eine solche Feststellung aber nicht getroffen worden. Es werde auch bestritten, dass die LPG im Zeitraum von Januar 1966 bis Dezember 1967 für die Klägerin ununterbrochen Beiträge an die gesetzliche rumänische Rentenversicherung abgeführt habe. Entsprechende Ermittlungen habe das LSG unterlassen und somit gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. In der Adeverinta Nr 120 vom sei lediglich die Mitgliedschaft der Klägerin im streitigen Zeitraum bescheinigt worden. Über eine Beitragsabführung durch die LPG werde keine Aussage getroffen. Allein aus der Tatsache der Mitgliedschaft könne jedoch nicht die tatsächliche Beitragsleistung fingiert werden. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen sei daher nur von glaubhaft gemachten Beitragszeiten auszugehen. Für die Anwendung des § 15 FRG sei nicht nur der lückenlose Gesamtbeitrag einer rumänischen LPG ausreichend, sondern es sei - wie auch bei anderen Arbeitnehmern aus Rumänien - ein dem jeweiligen Versicherten konkret zuzuordnender individueller Beitrag erforderlich. Etwaige Unterbrechungen in der Arbeitsverpflichtung des LPG-Mitglieds führten somit zu Unterbrechungen des Beitragsanteils. Nur in dem Umfang, in dem das einzelne LPG-Mitglied zum Betriebsergebnis beigetragen habe, könnten ihm auch die daraus resultierenden Beitragszahlungen zugerechnet werden. Dadurch werde eine Besserstellung der LPG-Mitglieder vermieden, die dem der Systematik des FRG zugrunde liegenden Eingliederungsgedanken widersprechen würde. Danach könnten "Fremdbeitragszeiten" grundsätzlich nicht in einem größeren Ausmaß anerkennungsfähig seien als Beitragszeiten nach deutschem Recht. Eine Beitragspflicht zur Rentenversicherung allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Einrichtung (wie einer LPG) - unabhängig von einer Arbeitsleistung oder Lohnfortzahlung - kenne das deutsche Recht nicht.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom und des Sozialgerichts Nürnberg vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht entschieden werden, ob die EP für die hier streitige Beitragszeit vom bis bei der Berechnung der Altersrente der Klägerin zu einem höheren Anteil als zu 5/6 (wie von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommen) zu berücksichtigen sind.
1. Verfahrensrechtlich ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua dann zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen wären vorliegend erfüllt, wenn die EP aus der streitigen Beitragszeit zu mehr als 5/6 anzurechnen sind.
2. Bei der Beurteilung der materiellen Rechtslage nach § 44 SGB X hat das LSG zutreffend auf die Vorschriften des FRG abgestellt, wie sie zum Zeitpunkt des Rentenbeginns der Klägerin am galten (vgl hierzu § 300 Abs 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch [SGB VI] in der seit geltenden Fassung).
Nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG in der seit geltenden, bis heute unveränderten Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) vom (BGBl I 1606) stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene, wie die Klägerin (vgl § 1 Buchst a FRG), bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Als Beitragszeiten gelten gemäß § 15 Abs 3 Satz 3 FRG (aber) nicht Zeiten, a) die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind, b) die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Absatz 2 Satz 3 zurückgelegt worden sind, c) für die EP nicht ermittelt werden, d) die von Zeit- oder Berufssoldaten oder vergleichbaren Personen zurückgelegt worden sind.
Als gesetzliche Rentenversicherung iS des Abs 1 ist gemäß § 15 Abs 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Als gesetzliche Rentenversicherung gelten nicht Systeme, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind (§ 15 Abs 2 Satz 3 FRG). Es bestehen keine revisionsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Vorinstanzen das rumänische Rentenversicherungssystem für LPG-Mitglieder als "gesetzliche Rentenversicherung" iS der Definition des § 15 Abs 2 FRG angesehen haben (vgl Bundessozialgericht [BSG] vom , BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 19; SozR 5050 § 19 Nr 12 S 24).
a) Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG in dem streitigen Zeitraum Beitragszeiten iS des § 15 Abs 1 Satz 1 FRG - also Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen (hier: rumänischen) Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - zurückgelegt. Nach den Feststellungen des SG zum rumänischen Recht, auf die das LSG insoweit Bezug genommen hat (§ 153 Abs 2 SGG), war in Rumänien für LPG-Mitglieder durch Dekret Nr 535/1966 eine gesetzliche Sozialversicherung eingeführt worden (vgl hierzu Senatsurteil vom , SozR 4-5050 § 15 Nr 2 RdNr 24; SozR 5050 § 19 Nr 12 S 24; Badau, ZSR 1970, 599, 614 f; das Dekret Nr 535/1966 wurde ab durch das Gesetz Nr 4/1977 über die Renten und anderen Rechte aus der Sozialversicherung der Mitglieder von LPGen vom abgelöst [s Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München eV zu den seit 1949 in Rumänien geltenden Regelungen über Lohnlisten und ihre Aufbewahrung sowie über Tatbestände der Unterbrechung von Beschäftigungszeiten zu Fragekomplex IV - Besonderheiten bei Beschäftigten in der Landwirtschaft, rv 2001, 8, 13]). Die Sozialversicherungsbeiträge wurden von den LPGen für die Gesamtheit ihrer Mitglieder im abstrakten Sinn geleistet. Die Abführung der Beiträge erfolgte unabhängig von einer besonderen Arbeitsleistung und den jeweils zurückgelegten Beschäftigungszeiten und auch von der Erfüllung von Arbeitsnormen. Aufgrund dieser Gegebenheiten sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die als landwirtschaftliche Arbeiterin beschäftigte Klägerin in ihrer Eigenschaft als LPG-Mitglied in das System der rumänischen gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen gewesen sei und von der LPG D. (auch) für sie im streitigen Zeitraum durchgehend entsprechende Beiträge abgeführt worden seien.
An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 163 SGG gebunden. Gegen den Schluss von der geschilderten rumänischen Rechtslage zum Rentenversicherungssystem für Mitglieder von LPGen und einer festgestellten LPG-Mitgliedschaft auf eine vollständige (lückenlose) Beitragsentrichtung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, solange keine konkreten Anhaltspunkte gegen die ordnungsgemäße Beitragszahlung der LPG für ihre Mitglieder vorliegen (vgl BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 19).
Insoweit hat die Beklagte aber keine zulässige und begründete Aufklärungsrüge erhoben. Die von ihr geäußerten Zweifel an der tatsächlichen Beitragszahlung durch die LPG reichen nicht als Begründung dafür aus, dass sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen durchzuführen.
Das LSG musste sich nicht veranlasst sehen, einen eventuellen Verstoß der LPG gegen ihre gesetzliche Beitragszahlungspflicht zu ermitteln. Die Beklagte hat zwar in der Revisionsbegründung das Schreiben Nr 14956/2007 des rumänischen Rentenversicherungsträgers vom November 2007 vorgetragen, aus dem ua hervorgeht, dass es nach rumänischem Recht neben dem von der LPG zu entrichtenden Beitrag aus dem Wert ihrer Gesamtproduktion auch noch einen persönlichen Beitrag der Mitglieder der Rentenkasse gab, und dass ferner Regelungen bestanden, wie zu verfahren war, wenn ein Genossenschaftsbetrieb den Beitrag zum Rentenfonds nicht zahlte. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass diese Informationen bereits dem LSG zur Verfügung standen, noch ergibt sich hieraus ein Anhaltspunkt für die Behandlung des vorliegenden Einzelfalls.
b) Zwischen den Beteiligten streitig ist lediglich die Anwendung des § 22 Abs 3 FRG in der ab geltenden Fassung des RÜG vom (BGBl I 1606). Hiernach werden "für Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, ... die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt". Wie bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs 3 FRG hervorgeht, kommt es für Beitragszeiten nach § 15 Abs 1 Satz 1 FRG darauf an, ob diese "nachgewiesen" sind. Dies ist zB dann nicht der Fall, wenn in den streitigen Zeiten (nachweisbar) auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (Senatsurteil vom , SozR 4-5050 § 26 Nr 1 RdNr 19 unter Hinweis auf SozR 5050 § 15 Nr 23 S 77 f; vgl auch , Juris RdNr 27). Hingegen ist die Beitragszeit aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen iS des § 22 Abs 3 FRG anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden (Senatsurteil vom , aaO RdNr 22). Da nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat - wie oben unter a) ausgeführt - gemäß § 163 SGG gebunden ist, für die als landwirtschaftliche Arbeiterin beschäftigte Klägerin im hier streitigen Zeitraum von der LPG D. lückenlos Beiträge zur rumänischen gesetzlichen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder abgeführt worden sind, handelt es sich insoweit an sich um eine Beitragszeit, die als nachgewiesen iS des § 22 Abs 3 FRG gilt. Sollte die Beklagte nunmehr behaupten, das maßgebende rumänische Recht habe einen anderen Inhalt gehabt als vom LSG festgestellt - s oben unter a) -, ist dies im Revisionsverfahren ebenso unerheblich wie der Vortrag neuer Tatsachen (vgl SozR 3-1750 § 293 Nr 1 S 2 f).
c) Von den Vorinstanzen bisher nicht geprüft ist jedoch die Frage, ob die für die Klägerin ermittelten EP für den hier streitigen Zeitraum zwar nicht nach § 22 Abs 3 FRG um 1/6 zu kürzen, jedoch möglicherweise nach Maßgabe des § 26 FRG nur anteilsmäßig zu berücksichtigen sind. Das Klagebegehren kann nur dann Erfolg haben, wenn weder nach § 22 Abs 3 FRG noch nach § 26 FRG die EP für Beitragszeiten um (mindestens) 1/6 zu kürzen sind.
§ 26 FRG (in der ab geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 [RRG 1992] vom [BGBl I 2261]) hat folgenden Wortlaut: "1 Werden Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet, werden bei Anwendung des § 22 Abs 1 die Entgeltpunkte nur anteilmäßig berücksichtigt. 2 Dabei zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs 1 Nr 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. 3 Für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, werden Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt. 4 Dabei werden für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt. 5 Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend, soweit anstelle einer Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden ist."
Diese Fassung entspricht - bis auf die Übernahme von Begrifflichkeiten des SGB VI - der vom bis geltenden Fassung. Die vorherige, vom bis geltende Fassung enthielt nur eine dem heutigen Satz 1 entsprechende Regelung (hierzu VerbKomm, § 26 FRG, Anm 3.1, Stand Juli 1990) .
aa) Der 5. Senat des BSG hat in seinen Urteilen vom (BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 20 bis 27, und B 5 R 40/08 R, Juris RdNr 17 bis 23) entschieden, dass das seit geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen zur rumänischen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht nach § 15 FRG entgegenstehe, solange der FRG-Berechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder keinen sonstigen Tatbestand verwirklicht habe, der mit einem Versicherungstatbestand iS des SGB VI zumindest vergleichbar sei. Dies folge aus dem insbesondere seit dem RRG 1992 verstärkt zu berücksichtigenden Eingliederungsprinzip und dem Regelungsgehalt des § 26 FRG. Nach § 26 Satz 4 FRG würden für eine Beschäftigung oder Tätigkeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden pro Woche keine EP ermittelt, und § 15 Abs 3 Satz 3 Buchst c FRG (in der ab geltende Fassung des RÜG, entsprechend bereits die vom bis geltende Fassung des RRG 1992) schließe mit der Regelung, dass als Beitragszeiten nicht Zeiten gälten, für die EP nicht ermittelt würden, eine Gleichstellung der dabei zurückgelegten Beitragszeiten mit bundesrechtlich zurückgelegten aus. Dann aber könne nichts anderes gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der Gesetzgeber bringe mit diesen Regelungen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung einer Beitragszeit ohne jede Erwerbstätigkeit den übergeordneten Rechtsprinzipien widerspräche, auf denen das FRG insgesamt beruhe. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Anknüpfung an eine Erwerbstätigkeit oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete (Renten-)Versicherungstatbestände wäre eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber Versicherten (ausschließlich) nach dem SGB VI.
Auch habe der Gesetzgeber im FRG nicht nur die Berücksichtigung von Beitragszeiten ohne Beitragsleistung (s § 15 Abs 3 Satz 1 FRG), sondern auch die wichtigsten Versicherungstatbestände außerhalb einer (vollen) Erwerbstätigkeit von Voraussetzungen abhängig gemacht, die denjenigen des SGB VI entsprächen (s § 15 Abs 3 Satz 2, § 22 Abs 1 Satz 8 und 9, § 22 Abs 2, § 26 Satz 3, §§ 28a, 28b, 29 FRG zur Bewertung von Zeiten des Wehrdienstes, der Kindererziehung, der Ausbildung als Lehrling, der Teilzeitbeschäftigung, des Rentenbezugs und der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit). Dies belege die vom Gesetzgeber für Zeiten nach dem FRG angestrebte nahe Anlehnung an die Voraussetzungen des SGB VI, die einer Berücksichtigung von Beitragszeiten entgegenstünden, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden oder kein anderer Versicherungstatbestand nach diesem Sozialgesetzbuch erfüllt sei. Damit solle insbesondere eine rentenversicherungsrechtliche Besserstellung von Vertriebenen im Vergleich zu Versicherten, die ihr gesamtes Arbeitsleben in Deutschland zurückgelegt hätten vermieden werden (s die Gesetzesbegründung zum RRG 1992, BT-Drucks 11/4124, S 217 linke Spalte zu Buchst b; Ausschussbericht BT-Drucks 11/5530, S 28 f).
bb) Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Eine Gleichstellung von Beitragszeiten bei nichtdeutschen Rentenversicherungen nach § 15 FRG mit bundesrechtlichen Beitragszeiten kommt dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene keinerlei Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt und auch keinen sonstigen (zumindest vergleichbaren) Versicherungstatbestand iS des SGB VI erfüllt hat. Diese Rechtsprechung berücksichtigt die spezielle Entwicklung, die das Fremdrentenrecht seit (beginnend mit dem RRG 1992 vom [BGBl I 2261], fortgeführt durch das RÜG vom [BGBl I 1606] und das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom [BGBl I 1461]) genommen hat (vgl hierzu auch BVerfGE 116, 96, 97 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 2 ff), sowie die - durch die damit einhergehenden gesetzgeberischen Maßnahmen - seither geänderte heutige Systematik und Zielsetzung des FRG.
Der Senat hat in seinem Urteil vom (SozR 4-5050 § 26 Nr 1 RdNr 22) darauf hingewiesen, dass zwar Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen iS des § 22 Abs 3 FRG anzusehen sind, wenn für Mitglieder einer LPG eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden, und hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung, wie sie aus seinem Urteil vom (SozR 4-5050 § 15 Nr 2) hervorgeht, aufrechterhalten. Er hat jedoch zugleich aufgezeigt, dass davon die Frage zu unterscheiden ist, ob in einem solchen Fall die ermittelten EP für diese als "nachgewiesen" geltenden Beitragszeiten zwar nicht nach § 22 Abs 3 FRG um 1/6 zu kürzen, sondern nach § 26 Satz 3 FRG wegen einer Teilzeitbeschäftigung nur nach dem entsprechenden Anteil zu berücksichtigen sind. Das Begehren einer "6/6- statt einer 5/6-Anrechung" kann daher nur dann Erfolg haben, wenn die streitigen Zeiten nicht nur iS des § 22 Abs 3 FRG nachgewiesene Beitragszeiten sind, sondern auch Zeiten, für die die EP nicht nach § 26 Satz 3 FRG um mindestens ein Sechstel zu kürzen sind (aaO RdNr 23). Daraus folgt, dass selbst dann, wenn für das Mitglied einer rumänischen LPG durchgehend Beiträge entrichtet wurden, bei entsprechenden Anhaltspunkten stets noch zu prüfen ist, ob die EP für diese Beitragszeiten nach Maßgabe des § 26 FRG - zB wegen einer Teilzeitbeschäftigung - nur anteilsmäßig zu berücksichtigen sind.
cc) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall bedeutet, dass es für die hier streitige Zeit an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlt. Denn außerhalb von durchgehender Vollerwerbstätigkeit bzw Vollzeitbeschäftigung zwingen die in § 26, § 15 Abs 1, Abs 3 FRG enthaltenen Regelungen zur Prüfung, in welchen Zeiten die Versicherte im Lauf des jeweiligen Kalenderjahres in welchem Umfang Arbeitsleistungen erbracht hat, damit diesen Zeiten EP zugeordnet werden können. Da das Gesetz in § 26 Satz 1 und Satz 2 FRG das Kalenderjahr zum maßgeblichen Bezugszeitraum erklärt, kann erst die Betrachtung des gesamten Kalenderjahres ergeben, für welche Monate vollwertige EP (Satz 1 und 2), anteilige EP wegen Teilzeitarbeit oder unständiger Beschäftigung (Satz 3) oder gar keine EP wegen "geringfügiger" (= weniger als zehn Stunden in der Woche) oder fehlender Beschäftigung (Satz 4) zu berücksichtigen sind (vgl BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 32).
Das LSG hat für den hier streitigen Zeitraum keine durchgehende Vollzeitbeschäftigung der Klägerin für die LPG festgestellt. Zwar hat das SG, auf dessen Ausführungen das LSG verwiesen hat (§ 153 Abs 2 SGG), "jeweils eine durchgehende Arbeitsleistung für das gesamte Kalenderjahr" angenommen (S 9 des Urteils). Es hat jedoch gleichzeitig ausdrücklich die Frage einer Teilzeitbeschäftigung ungeprüft gelassen (S 8 aaO: "Die Problematik einer nur teilweisen Anrechnung von Beitragszeiten nach § 26 FRG stellt sich hier nicht."), weil es nicht auf eine "ununterbrochene Beschäftigung", sondern nur auf die "ununterbrochene Mitgliedschaft" der Klägerin in der LPG abgestellt hat. Ausführungen zu einer ganzjährigen oder einer Vollzeitbeschäftigung fehlen. Zwar dürften die Angaben in der im Kontenklärungsverfahren vorgelegten Bescheinigung ("Adeverinta") Nr 120 der LPG vom , nach der die Klägerin im Jahre 1966 von 120 geplanten Arbeitstagen 120 Tage und im Jahre 1967 von 120 geplanten Arbeitstagen 159 Arbeitstage geleistet habe, eher gegen eine durchgehende Vollzeitbeschäftigung der Klägerin in den hier streitigen Jahren sprechen. Allerdings geben weder das SG noch das LSG zu erkennen, ob und inwieweit sich aus diesen Angaben Rückschlüsse auf den konkreten (tatsächlichen) zeitlichen Umfang der Beschäftigung der Klägerin ziehen lassen. Das Klagebegehren ("6/6- statt 5/6-Anrechnung" der streitigen Beitragszeit) kann aber nur dann Erfolg haben, wenn eine Vollzeitbeschäftigung während des ganzen Kalenderjahres für die LPG nachzuweisen ist. Insbesondere darf die Klägerin nicht in Teilzeit oder unständig iS von § 26 Satz 3 FRG bzw nur "geringfügig" iS von § 26 Satz 4 FRG beschäftigt gewesen sein. Der 5. Senat des (BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 34) zu Recht darauf hingewiesen, dass bei LPGMitgliedern unständige Beschäftigungen, die im Voraus durch Arbeitsvertrag oder der Natur der Sache nach auf weniger als eine Woche beschränkt sein müssten (§ 163 Abs 1 Satz 2 SGB VI; zum Begriff des unständig Beschäftigten s , Juris RdNr 25 mwN), nicht in Betracht kommen dürften. Demnach wird das LSG vor allem zu ermitteln haben, ob und für welche Zeiträume die Klägerin voll, in Teilzeitarbeit (zu den insoweit geltenden Voraussetzungen und möglichen Varianten s Senatsurteil vom , SozR 4-5050 § 26 Nr 1 RdNr 26 f), weniger als zehn Stunden pro Woche oder gar nicht bei der LPG beschäftigt war; dabei ist der Gesichtspunkt der Freiwilligkeit bzw der Arbeitsbereitschaft besonders zu beachten (s aaO RdNr 33 sowie im Anschluss daran BSG 5. Senat vom , aaO RdNr 34).
Das Berufungsgericht wird für die hier streitige Zeit Umfang und Umstände der von der Klägerin für die LPG erbrachten Arbeitsleistung - etwa durch deren Anhörung, Vernehmung von Zeugen und/oder Beiziehung weiterer Arbeits- oder Versicherungsunterlagen, wie das von der Beklagten erwähnte "Buch für Renten und Sozialversicherungen" (vgl ferner SozR 3-1750 § 293 Nr 1 S 3 f) - aufzuklären haben.
Dem LSG obliegt auch die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAD-38161