BGH Beschluss v. - I ZB 14/09

Rechtsanwaltsgebühr: Anfall der Terminsgebühr durch eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete telefonische Besprechung in einer Wettbewerbssache

Gesetze: Nr 3104 RVG-VV, Teil 3 Vorbem 3 Abs 3 Alt 3 RVG-VV

Instanzenzug: OLG Dresden Az: 3 W 2/09 Beschlussvorgehend LG Dresden Az: 42 HKO 177/08 Kostenfestsetzungsbeschluss

Gründe

1I. Der Kläger hat den Beklagten in einer Wettbewerbssache auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Nachdem ihm die Klage am zugestellt worden war, rief der Beklagte am in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers an und sprach mit der Rechtsanwältin, die die Sache vertretungsweise bearbeitete. Er verwies zunächst auf eine von ihm verfasste E-Mail an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom . Die Rechtsanwältin erklärte, dass sich eine E-Mail vom nicht bei der Akte befinde. Anschließend erörterte er mit der Rechtsanwältin die Möglichkeiten einer Beendigung des Verfahrens. Die Rechtsanwältin stellte ihm anheim, die Unterlassungserklärung abzugeben und die Abmahnpauschale auszugleichen und erklärte, der Kläger werde dann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Nach diesem Telefonat ging eine E-Mail des Beklagten vom mit einer Stellungnahme des Beklagten vom in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein. Daraufhin erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte stimmte dieser Erledigungserklärung zu.

2Das Landgericht hat dem Beklagten gemäß § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 20.000 € festgesetzt. Der Kläger hat die Festsetzung seiner Kosten beantragt und dabei eine 1,2-fache Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 RVG VV in Höhe von - einschließlich Umsatzsteuer - 922,49 € geltend gemacht.

3Die Rechtspflegerin beim Landgericht hat die geltend gemachte Terminsgebühr bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Das Beschwerdegericht hat den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts nur wegen eines Rechenfehlers nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Festsetzung der Terminsgebühr weiter.

4II. Die aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Festsetzung weiterer 922,49 € zugunsten des Klägers.

51. Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Telefonat des Beklagten mit der Vertreterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers habe eine Terminsgebühr nicht begründet. Die Rechtsanwältin habe dem Beklagten nur die Möglichkeit aufgezeigt, die vom Kläger verlangte Erklärung abzugeben und in Aussicht gestellt, der Kläger werde den Rechtsstreit dann in der Hauptsache für erledigt erklären. Allein die Besprechung der grundsätzlichen Bereitschaft und abstrakten Möglichkeit, die Sache ohne richterliche Entscheidung zu erledigen, lasse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Terminsgebühr nicht entstehen. Mit der Terminsgebühr werde das Bemühen des Anwalts honoriert, das gerichtliche Verfahren möglichst früh sowie der Sach- und Rechtslage entsprechend zu beenden. Das Anheimstellen der Erfüllung und das Aufzeigen einer prozessualen Möglichkeit zur Beendigung des Klageverfahrens sei kein Bemühen um eine Beendigung des Rechtsstreits.

62. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist aufgrund des Telefonats des Beklagten mit der Vertreterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß § 2 Abs. 2 RVG i.V. mit Nr. 3104 i.V. mit Vorbemerkung 3 Abs. 3 Fall 3 RVG VV eine 1,2-fache Terminsgebühr aus einem Streitwert von 20.000 € in Höhe von 922,49 € entstanden.

7Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder ab-strakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung nicht schon die 1,2-fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG VV auslöst (, NJW 2007, 2858 Tz. 10). Vielmehr muss es sich gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Fall 3 RVG VV um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handeln. Das Beschwerdegericht hat jedoch rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen an die Voraussetzungen einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung im Sinne dieser Bestimmung gestellt und das Entstehen einer Terminsgebühr daher zu Unrecht verneint. Mit der Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 3 Fall 3 RVG VV soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung - auch zur Entlastung der Gerichte - gefördert werden (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 15/1971, S. 148, 209). Danach ist beispielsweise schon dann von einer Besprechung im Sinne dieser Vorschrift auszugehen, wenn der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt (, NJW-RR 2007, 286 Tz. 8).

8Nach diesen Maßstäben ist auch das hier zu beurteilende Telefonat als eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung zu werten. In diesem Telefonat hat die Rechtsanwältin, die die Sache vertretungsweise für den Prozessbevollmächtigten des Klägers bearbeitete, mit dem Beklagten die Möglichkeiten einer Beendigung des Verfahrens erörtert. Dabei handelte es sich nicht nur um ein allgemeines Gespräch über die abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung. Gegenstand der Besprechung war vielmehr ersichtlich die konkrete Frage, ob der Rechtsstreit mit Rücksicht auf die E-Mail des Beklagten vom ohne Beteiligung des Gerichts beigelegt werden könne. Diese E-Mail, die sich nach Darstellung der Rechtsanwältin nicht bei ihren Akten befand und die der Beklagte nach dem Telefonat übersandte, enthielt - wie sich dem Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom entnehmen lässt - zwar nicht die geforderte, wohl aber eine inhaltsähnliche, etwas abgemilderte Unterlassungserklärung des Beklagten. Die Rechtsanwältin hatte dem Beklagten im Telefonat anheimgestellt, diese Unterlassungserklärung abzugeben und erklärt, der Kläger werde dann - falls sein Unterlassungsanspruch damit erfüllt sei - den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Sie hat dem Beklagten demnach zugesagt, im Falle der Abgabe der Überlassungserklärung zu prüfen, ob der Rechtsstreit mit Blick auf diese Erklärung namens des Klägers für erledigt erklärt werden kann. Sie hat dem Beklagten damit eine konkrete Möglichkeit zur außergerichtlichen Beendigung des Klageverfahrens aufgezeigt und sich somit ernsthaft um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts bemüht.

9III. Danach ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben und der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts in seiner durch den angefochtenen Beschluss berichtigten Fassung dahingehend abzuändern, dass der Beklagte der Klägerin über die in diesem Beschluss festgesetzten Kosten hinaus weitere 922,49 € nebst Zinsen zu erstatten hat.

10Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                                  Büscher                               Schaffert

                         Kirchhoff                                   Koch

Fundstelle(n):
AAAAD-37625