Rückgängigmachung eines Verzichts; Steuerschuldner bis zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung
Gesetze: UStG § 9, UStG § 14 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
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I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klageabweisung darauf gestützt, dass die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in den Streitjahren 1995 bis 1999 für Leistungen, die möglicherweise nach § 4 Nr. 8 Buchst. k des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) steuerfrei waren, zumindest nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG Steuerschuldner sei, da die Leistungsempfänger Gutschriften mit Steuerausweis erteilt hätten, die die Klägerin zunächst widerspruchslos entgegengenommen habe. Erst nach Ablauf der Streitjahre habe die Klägerin den sich aus den Gutschriften ergebenen Verzicht auf die Steuerfreiheit (§ 9 UStG) widerrufen und den Leistungsempfängern Rechnungen ohne Umsatzsteuer erteilt.
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Hiergegen wendet die Klägerin im Rahmen ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein, dass dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukomme und auch Verfahrensfehler vorlägen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Dem Urteil fehle eine sachgerechte Aussage darüber, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) trotz der dem Widerruf der Option zukommenden Rückwirkung „weiterhin ungeschmälert die festgesetzten Steuerforderungen beitreiben” könne. Es sei mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren, dass die Steuerschuld mit den Rechnungsberichtigungen entfallen sei, aber dennoch bestandskräftige Steuerbescheide weiterhin existierten. Das FG hätte weiter den Sachverhalt gemäß § 76 FGO erforschen müssen, da den Leistungsempfängern der Vorsteuerabzug nachträglich versagt und die Umsatzsteuer zurückgezahlt worden sei.
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II. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
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Die Einwendungen der Klägerin rechtfertigen keine Zulassung der Revision.
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1. Es ist höchstrichterlich durch die Rechtsprechung des Senats bereits geklärt, dass der Verzicht (§ 9 UStG) auf die Steuerfreiheit eines Umsatzes rückgängig gemacht werden kann und diese Rückgängigmachung auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurückwirkt (, BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673). Weiter steht nach der Rechtsprechung des Senats fest, dass der Unternehmer, falls für die Leistung, für die der Verzicht erklärt wurde, Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt wurden, trotz der der Rückgängigmachung des Verzichts zukommenden Rückwirkung bis zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung Steuerschuldner nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG ist (BFH-Urteil in BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673).
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Das Urteil des FG entspricht diesen Grundsätzen. Dem steht nicht entgegen, dass im Streitfall durch Gutschriften der Leistungsempfänger mit Steuerausweis abgerechnet wurde. Denn nach dem (BFH/NV 2003, 951) kann der Verzicht nach § 9 UStG auch auf einer Gutschrift beruhen, die der Leistende —wie im Streitfall die Klägerin— widerspruchslos entgegennimmt. Da die Leistung —deren Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG unterstellt— zumindest aufgrund der zum Verzicht (§ 9 UStG) führenden Gutschrift steuerpflichtig war, ist es auch unerheblich, dass die Finanzverwaltung bei einer Gutschriftserteilung über steuerfreie Leistungen die Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG verneinte (Abschn. 189 Abs. 3 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1996).
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2. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor, da es auf der Grundlage der für die Prüfung eines Verfahrensfehlers maßgebenden —im Übrigen auch zutreffenden— Rechtsauffassung des FG auf die Frage einer Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs bei den Leistungsempfängern für die steuerrechtliche Beurteilung im Streitjahr nicht ankam.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 701 Nr. 4
TAAAD-37354