BGH Beschluss v. - IX ZB 177/09

Insolvenzeröffnungsverfahren: Vollstreckbare Urkunde als Grundlage des Insolvenzantrags bei einstweiliger Einstellung der Vollstreckung nach erhobener Vollstreckungsabwehrklage

Leitsatz

Wird der Insolvenzantrag allein auf eine Forderung aus einer vollstreckbaren Urkunde gestützt und ist auf die von dem Schuldner erhobene Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt worden, so sind Einwendungen gegen die Forderung im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht zu berücksichtigen, falls der Schuldner die für die Einstellung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nicht erbracht hat und der Titel weiter vollstreckbar ist .

Gesetze: § 14 Abs 1 InsO

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 11 T 3385/09 Beschlussvorgehend Az: 8200 IN 1437/08

Gründe

I.

1 Der Gläubiger erwarb im Wege der Abtretung eine gegen den Schuldner gerichtete, auf einer notariellen Urkunde vom beruhende Darlehensforderung über noch 103.880,88 € zuzüglich Zinsen. Der Schuldner unterwarf sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Der Gläubiger beantragte am mangels Begleichung dieser Forderung unter der Behauptung der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Am erhob der Schuldner bei dem Landgericht verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde Vollstreckungsabwehrklage. Das Landgericht hat die Vollstreckung aus der Urkunde durch Beschluss vom gegen Sicherheitsleistung von 5.000 € einstweilen eingestellt. Diesen Beschluss hat das dahin abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 90.000 € vorläufig eingestellt wird.

2 Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom mit Rücksicht auf die von dem Schuldner erbrachte Sicherheitsleistung von 5.000 € als unzulässig abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist von dem zurückgewiesen worden. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger den Antrag auf Insolvenzeröffnung weiter.

II.

3 Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

4 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Sofern der Insolvenzgrund allein vom Bestand der Forderung des Antragstellers abhänge, müsse das Insolvenzgericht über eine Glaubhaftmachung hinaus die volle Überzeugung von dem Bestand der Forderung gewinnen. Beruhe die Forderung des Antragstellers auf einem vollstreckbaren Titel, könne sich der Schuldner mit Einwendungen verteidigen, welche dazu geeignet seien, die Vollstreckbarkeit des Titels zu beseitigen. Der Schuldner habe mit Hilfe der Vollstreckungsabwehrklage und der erwirkten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung die Glaubhaftmachung des Gläubigers so nachhaltig erschüttert, dass der Insolvenzantrag nachträglich unzulässig geworden sei. Infolge der einstweiligen Anordnung sei die Vollstreckbarkeit des Titels entfallen.

5 2. Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand.

6 a) Nach § 14 Abs. 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Eröffnet wird das Verfahren, wenn ein Eröffnungsgrund gegeben ist (§ 16 InsO). Soll der Eröffnungsgrund aus einer einzigen Forderung des antragstellenden Gläubigers abgeleitet werden und ist diese Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewiesen sein (, WM 2006, 1632, 1633 Rn. 11). Den ihm obliegenden Beweis hat der Gläubiger durch die Vorlage der vollstreckbaren Urkunde geführt (BGH, aaO). Ist die Forderung des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreibenden Gläubigers tituliert, muss der Schuldner Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen (, WM 2008, 227, 228 Rn. 9). Solange die Vollstreckbarkeit nicht auf diese Weise beseitigt ist, braucht das Insolvenzgericht die Einwendungen des Schuldners nicht zu berücksichtigen (, ZInsO 2009, 2072 Rn. 5 m.w.N.).

7 b) In vorliegender Sache ist die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von zuletzt 90.000 € eingestellt worden. Danach bildet der Titel nur dann keine Grundlage für den Insolvenzantrag, wenn die Sicherheitsleistung seitens des Schuldners tatsächlich erbracht wurde (HmbKomm-InsO/Wehr, 3. Aufl. § 14 Rn. 22; FK-InsO/Schmerbach, 5. Aufl. § 14 Rn. 61). Fehlt es hingegen an einer Sicherheitsleistung, kann der Insolvenzantrag auf die dann weiter vollstreckbare Forderung gestützt werden.

8 c) Das Beschwerdegericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die (erhöhte) Sicherheitsleistung von 90.000 € tatsächlich seitens des Schuldners gestellt wurde. Mithin ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

Ganter                             Gehrlein                              Vill

                 Lohmann                               Fischer

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
WM 2010 S. 660 Nr. 14
ZIP 2010 S. 291 Nr. 6
UAAAD-37306