Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: OVG Sachsen, OVG 4 D 2/06 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: nein
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Nichtzulassung der Revision, soweit der Normenkontrollantrag des Antragstellers sich gegen § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der Bekanntmachung vom (im Folgenden: Versorgungssatzung 2004) und gegen § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der Bekanntmachung vom (Abgabensatzung 2009) richtet. Das ergibt sich aus der Präzisierung der Anträge in der Beschwerdebegründung. Die ausdrückliche Beschränkung des Begehrens darauf, die Revision hinsichtlich der Überprüfung der genannten Vorschriften zuzulassen, lässt erkennen, dass die Nichtzulassung der Revision hinsichtlich der am bekanntgemachten Änderung der satzungsrechtlichen Vorruhestandsregelung nicht angegriffen wird.
Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO liegen weder hinsichtlich des Normenkontrollantrags gegen § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung 2009 noch hinsichtlich des Antrags betreffend § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2004 vor.
1. Insoweit hat die Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt. Eine substantiierte Darlegung nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt das Herausarbeiten einer bestimmten, im Revisionsverfahren klärungsfähigen und klärungsbedürften Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Dazu genügen allgemeine Hinweise auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs und auf eine Wiederholungsgefahr unter Hinzufügen zweier Zitate von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht. Soweit die Beschwerde darüber hinaus Fragen zur Umsetzung des § 113 Abs. 1 und 2 BNotO und zur Verfassungsmäßigkeit des Absatzes 3 Nr. 2 der Vorschrift aufwirft, wären diese materiellrechtlichen Fragen in einem Revisionsverfahren betreffend § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung 2009 nicht zu klären, weil das Oberverwaltungsgericht insoweit die Statthaftigkeit der Normenkontrolle zu Recht verneint hat (dazu s.u. 3. a). Für eine Normenkontrolle des § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2004 käme es auf die Rechtsfragen zu § 113 BNotO ebenfalls nicht an, weil nicht diese Vorschrift, sondern der bei ihrer Neufassung aufgehobene § 113a BNotO Ermächtigungsgrundlage der Satzungsbestimmung gewesen ist.
2. Auch eine Divergenz im Sinne des § 133 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist bezüglich der Normenkontrollanträge, hinsichtlich deren die Beschwerde die (ergänzende) Zulassung der Revision begehrt, nicht dargelegt. Dazu müsste der Antragsteller einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ( BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 [n.F.] VwGO Nr. 26 S. 15).
Hier fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der aufgezeigten Rechtssätze. Soweit sie die Berücksichtigungsfähigkeit einer neuen Sach- und Rechtslage im Revisionsverfahren und die Pflicht (auch) des Revisionsgerichts zur Prüfung der Sachentscheidungsvoraussetzungen betreffen, bestimmen sie den Prüfungsgegenstand und -maßstab im (zugelassenen) Revisionsverfahren, geben aber keinen Aufschluss darüber, ob die Revision zuzulassen ist. Soweit die Divergenzrüge sich auf kompetenzrechtliche Aussagen, auf prozessuale Maßstäbe für die Statthaftigkeit der Normenkontrolle, auf die ordnungsgemäße Vertretung im Prozess, die Notwendigkeit einer Beiladung oder die Voraussetzungen für das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses bezieht, arbeitet die Beschwerde die angeblich gegenteiligen Rechtssätze der als Divergenzentscheidungen zitierten Urteile und Beschlüsse nicht heraus, sondern beschränkt sich auf unkommentierte wörtliche Zitate aus deren Gründen oder - hinsichtlich der prozessrechtlichen Fragen - auf bloße Fundstellenangaben. Dies genügt den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Darüber hinaus stützt sich die hier angegriffene Ablehnung der Normenkontrollanträge betreffend § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung 2009 und § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2004 auch nicht auf kompetenzrechtliche Erwägungen, sondern auf prozessuale Gesichtspunkte. Kompetenzrechtliche Fragen waren nur für die Ablehnung des Normenkontrollantrags zu § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2007 erheblich, hinsichtlich deren das Oberverwaltungsgericht die Revision bereits zugelassen hat.
Soweit die Beschwerde die nach ihrer Ansicht fehlerhafte Anwendung von Rechtssätzen rügt, genügt sie weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge ( BVerwG 7 B 261.97 - a.a.O.).
3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen ebenfalls nicht vor.
a) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Normenkontrollantrag betreffend § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung 2009 für unzulässig gehalten, weil die angegriffene Vorschrift bei Wirksamwerden des Urteils am mangels Bekanntmachung noch nicht in Kraft getreten war. Mit der Normenkontrolle nach § 47 VwGO können nur bereits erlassene Normen angegriffen werden. Eine vorbeugende Normenkontrolle gegen noch nicht in Kraft gesetzte Regelungen kennt die Verwaltungsgerichtsordnung nicht ( BVerwG 4 N 1.90 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 66). Wie die Beschwerde einräumt, wurde die Abgabensatzung 2009 erst am bekanntgemacht. Zu diesem Zeitpunkt war das angegriffene, aufgrund mündlicher Verhandlung vom ergangene Urteil bereits wirksam geworden. Dazu genügte nach § 173 VwGO i.V.m. § 318 Zivilprozessordnung (ZPO), dass die von allen mitwirkenden Richtern unterzeichnete Entscheidungsformel am der Geschäftsstelle übergeben und den Beteiligten mitgeteilt wurde (vgl. BVerwG 8 C 5.92 - Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 20).
Dass das Oberverwaltungsgericht dem Vorbringen des Antragstellers zu Ereignissen im Vorfeld der Bekanntmachung nicht weiter nachgegangen ist, begründet entgegen der Auffassung der Beschwerde keine Verletzung der Aufklärungspflicht. Nach § 86 Abs. 1 VwGO ist das Gericht zur Ermittlung des Sachverhaltes nur verpflichtet, soweit dieser entscheidungserheblich ist. Zur Klärung der Statthaftigkeit des Normenkontrollantrags gegen § 6 Abs. 1 der Abgabensatzung 2009 genügte die Feststellung, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung und Bekanntmachung der Vorschrift im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Oberverwaltungsgerichts noch ausstanden. Auf die vom Antragsteller für klärungsbedürftig gehaltenen Ereignisse im Vorfeld der späteren Bekanntmachung kam es dagegen nicht an. Weder die Ankündigung der bevorstehenden Satzungsänderung durch Rundschreiben der Antragsgegnerin noch das Bevorstehen der erforderlichen aufsichtsbehördlichen Genehmigung genügten, die Vorschrift in Kraft zu setzen und zum tauglichen Gegenstand einer Normenkontrolle zu machen. Aus den vom Antragsteller zitierten Beschlüssen des BVerwG 4 N 1.90 - (a.a.O.) und vom - BVerwG 4 NB 8.96 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 114) sowie aus dem BVerwG 8 CN 1.02 - (BVerwGE 120, 82 <84 f.> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 163) ergibt sich nichts anderes. Sie behandeln Streitigkeiten um die Wirksamkeit oder Vollständigkeit der bereits geschehenen Bekanntmachung einer Regelung als Probleme der Begründetheit des Normenkontrollantrags, ohne damit eine Normenkontrolle schon vor dem Abschluss des Normsetzungsverfahrens zuzulassen. Soweit bei unvollständiger oder fehlerhafter Bekanntmachung darauf abgestellt wird, ob der Normsetzer selbst von einer Geltung der Vorschrift ausgeht ( BVerwG 4 N 1.90 - a.a.O.), musste sich dem Oberverwaltungsgericht ohne entsprechende Beweisanträge keine weitere Aufklärung aufdrängen. Die Antragsgegnerin hat kein Inkrafttreten der Satzung vor deren Genehmigung und Bekanntmachung geltend gemacht. Der Antragsteller hat ausweislich der Niederschrift des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht am sein Vorbringen, die Antragsgegnerin habe bereits vor der Bekanntmachung des § 6 Abs. 1 Abgabenordnung 2009 darauf gestützte Bescheide erlassen, nicht mehr bestätigen können.
Eine als Verfahrensmangel einzuordnende Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO legt die Beschwerde ebenfalls nicht dar. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Ankündigung einer Satzungsänderung durch Rundschreiben erfülle die Voraussetzungen einer Bekanntmachung nicht, kann als Anwendung materiellen Rechts nicht mit Verfahrensrügen angegriffen werden. Soweit der Antragsteller sich gegen die oberverwaltungsgerichtliche Auslegung des Rundschreiben vom wendet und meint, es müsse als "Bekanntmachung" verstanden werden, setzt er seine eigene Würdigung des Inhalts an die Stelle der Tatsachen- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts, ohne darzulegen, dass diese denkfehlerhaft oder aktenwidrig wäre.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich aus den verwaltungsprozessrechtlichen Bestimmungen auch keine Pflicht des Gerichts ableiten, die Bekanntmachung der angegriffenen Vorschrift abzuwarten, um die Begründetheit des Antrags prüfen zu können. Ist die Sache spruchreif, darf das Gericht entscheiden, auch wenn eine fehlende Zulässigkeitsvoraussetzung voraussichtlich später noch eintreten wird. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes rechtfertigt keine andere Beurteilung, da dem Antragsteller unbenommen bleibt, die Satzungsänderung nach deren Inkrafttreten mit einem zulässigen Normenkontrollantrag anzugreifen.
Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gemäß § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) durch Übergehen entscheidungserheblichen Vorbringens ist ebenfalls nicht dargelegt. Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe die Einwände des Antragstellers gegen die Änderung der Abgabensätze nicht genügend gewürdigt, verkennt, dass Fragen der materiellen Rechtmäßigkeit der Satzungsbestimmung wegen zutreffenden Verneinens der Zulässigkeit des darauf bezogenen Normenkontrollantrags für die Entscheidung nicht erheblich waren.
b) Die Verfahrensrüge hinsichtlich der Ablehnung des Antrags betreffend § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2004 bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für diesen Normenkontrollantrag fehle das Rechtsschutzinteresse, ist frei von Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Daraus, dass § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2007 eine gleichlautende Regelung trifft, lässt sich kein Rechtsschutzinteresse für eine Normenkontrolle (auch) der nicht mehr geltenden Vorläuferbestimmung ableiten. Zutreffend geht das angegriffene Urteil davon aus, dass die versorgungsrechtliche Stellung des Antragstellers sich nicht mehr nach der aufgehobenen, sondern allein nach der sie ersetzenden gleichlautenden, ab dem geltenden Satzungsregelung bestimmt. Dies gilt auch, soweit Versorgungsansprüche sich auf Sachverhalte aus der Zeit vor dem beziehen. Diese werden im Wege zulässiger tatbestandlicher Rückanknüpfung von § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2007 erfasst. Die Besorgnis des Antragstellers, bei Unwirksamkeit dieser Regelung werde die Antragsgegnerin auf die außer Kraft getretene Vorläuferbestimmung zurückgreifen, kann kein Rechtsschutzbedürfnis für die Normenkontrolle begründen. Aus § 7 Abs. 1 der Versorgungssatzung 2004 können nach dem keine Rechtsfolgen mehr hergeleitet werden. Wie sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 113, § 113a BNotO ergibt (vgl. 1 BvR 1298 und 1299/94, 1332/95, 613/97 - BVerfGE 111, 191), durfte die als verfassungswidrig erkannte Ermächtigungsgrundlage für die Versorgungssatzung 2004 nur noch für eine Übergangsfrist bis zum Ablauf des angewendet werden, um dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, verfassungskonforme Grundlagen für eine Neuregelung zu schaffen. Eine Anwendung der auf verfassungswidriger Ermächtigungsgrundlage erlassenen und damit ihrerseits verfassungswidrigen satzungsrechtlichen Vorschriften über diesen Zeitpunkt hinaus scheidet damit aus. Eine erneute Anwendung ließe sich auch nicht auf § 113 BNotO n.F. stützen, weil das Zustandekommen der Versorgungssatzung 2004 den nun im Hinblick auf die verfassungsgerichtlichen Anforderungen des Demokratieprinzips und des Parlamentsvorbehalts neu geregelten Anforderungen nicht genügt.
c) Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO wegen mangelhafter Begründung des angegriffenen Urteils. Die ausführlichen Entscheidungsgründe stellen die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgebenden Erwägungen lückenlos dar. Soweit sie "Bedenken" als "nicht durchgreifend" bezeichnen, relativieren sie nicht das Maß richterlicher Überzeugung, sondern erläutern, dass das Oberverwaltungsgericht Gegenargumente geprüft, aber für nicht überzeugend gehalten hat.
d) Die Rüge unterbliebener Beiladung des Freistaates Sachsen als des Trägers der Rechtsaufsichtsbehörde und die Rüge mangelnder Beteiligtenfähigkeit und ordnungsgemäßer Vertretung der Antragsgegnerin können nicht zur Zulassung der Revision im beantragten Umfang führen. Unabhängig von Bedenken, ob die Entscheidung auf solchen Verstößen beruhen könnte, liegt insoweit kein Verfahrensfehler vor. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO sind hinsichtlich des Trägers der Rechtsaufsichtsbehörde nicht erfüllt, weil die begehrte Nichtigerklärung der beanstandeten Satzungsregelungen keine Kassation der rechtsaufsichtlichen Genehmigung voraussetzt oder impliziert. Nach § 113 Abs. 2 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 BNotO, aus denen sich die Rechtsnatur der Landesnotarkasse als rechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts und ihre gerichtliche Vertretung durch den Präsidenten ergibt, hat das Oberverwaltungsgericht auch zu Recht die Beteiligtenfähigkeit und ordnungsgemäße Vertretung der Antragsgegnerin bejaht. Für die Befugnis zur Vertretung ist allein die Amtsinhaberschaft maßgeblich. Fragen der Verfassungsmäßigkeit des § 113 BNotO waren nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit der Normenkontrolle zu prüfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 VwGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAD-37033