Leitsatz
Leitsatz:
a) Bestimmt der Vermieter gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 MietHöheRegG, dass die Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung unmittelbar mit demjenigen abgerechnet werden, der die entsprechenden Leistungen erbringt, kann sich der Leistungserbringer zur Erfüllung der von ihm übernommenen Leistungspflichten Dritter bedienen.
b) Teilt der Vermieter, der nach dem Mietvertrag lediglich eine beheizbare Wohnung schuldet, dem Mieter im Zuge der Einrichtung einer Fernwärmeversorgung mit, dass die Kosten für Heizung und Warmwasser künftig direkt mit dem Versorger abzurechnen sind, und übersendet der Versorger dem Mieter daraufhin den Entwurf einer Liefervereinbarung, kommt ein Liefervertrag mit dem Versorger nach § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV dadurch zustande, dass der Mieter die Leistungen des Versorgers in Anspruch nimmt (im Anschluss an , NJW 2003, 3131 und vom - VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639). Das gilt auch dann, wenn der Mieter der Direktabrechnung widerspricht und den ihm übersandten Entwurf nicht unterzeichnet.
Gesetze: MietHöheRegG § 4 Abs. 5 Nr. 2; AVBFernwärmeV § 2 Abs. 2
Instanzenzug: LG Halle, 1 S 113/07 vom AG Merseburg, 6 C 184/05 (VI) vom Veröffentlichungen: Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja
Tatbestand
Die Klägerin, ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, nimmt den Beklagten auf Bezahlung der Kosten für die Lieferung von Warmwasser, Kaltwasser, Abwasser und Fernwärme in Anspruch. Der Beklagte ist seit 1997 Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in M.. Die Wohnung war bei Mietbeginn mit Kohleöfen ausgestattet. Sowohl für die Beschaffung des Brennmaterials als auch für die Warmwasseraufbereitung hatte der Mieter selbst zu sorgen. In § 1 Abs. 3 des Mietvertrages vom sind unter der Rubrik "Zum Mitgebrauch sind folgende gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen vorhanden" die Alternativen "Zentralheizung / Fernwärme / Zentrale Warmwasserversorgung / Fernwärmeversorgung" gestrichen.
Im Zuge der Modernisierung der Wohnung teilte die Vermieterin dem Beklagten mit Schreiben vom mit, dass die Kosten für Heizung, Warmwasser, Kaltwasser und Abwasser künftig auf der Grundlage einer Liefervereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten abgerechnet werden sollen. Mit Schreiben vom übersandte die Klägerin dem Beklagten den Entwurf einer entsprechenden Liefervereinbarung zur Unterschrift zu. Der Beklagte unterzeichnete diese Vereinbarung nicht. In der Folgezeit entnahm der Beklagte aus dem Versorgungsnetz der Klägerin Fernwärme sowie Warm- und Kaltwasser für seine Wohnung, ohne die entsprechenden Rechnungen der Klägerin zu bezahlen. Er vertrat dabei die Auffassung, er sei nur gegenüber seiner Vermieterin, nicht aber gegenüber der Klägerin zur Zahlung von Nebenkosten verpflichtet.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.828,22 € gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von 1.294,20 € nebst Zinsen stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht (beschränkt) zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe gemäß § 433 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Bezahlung der Kosten für Wasser und Abwasser zu, weil die Vermieterin im Rahmen der Modernisierungsankündigung vom eine wirksame Erklärung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 MHG abgegeben habe. Nach dieser erst im Jahr 2001 durch das Mietrechtsreformgesetz außer Kraft getretenen Vorschrift könne der Vermieter gegenüber dem Mieter durch einseitige schriftliche Erklärung bestimmen, dass die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung unmittelbar zwischen dem Mieter und dem Leistungserbringer abgerechnet werden. Zwar sei die Klägerin nicht selbst Versorger, sie habe sich jedoch in einem Rahmenvertrag mit der Vermieterin vom verpflichtet, unter anderem auch die Versorgung des Mehrfamilienhauses, in dem sich die Wohnung des Beklagten befinde, zu übernehmen. In diesem Rahmenvertrag sei weiter bestimmt, dass die Klägerin in den bestehenden Vertrag zwischen dem Wasserlieferanten MI. bzw. dem Entsorger A. M. eintrete, wodurch Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und den einzelnen Mietern entstünden. Da sich sowohl MI. als auch A. M. damit einverstanden erklärt hätten, nunmehr statt an die Vermieterin an die Klägerin zu leisten, seien die Klägerin als Versorger und MI. sowie A. M. als deren Erfüllungsgehilfen anzusehen.
Hinsichtlich der Versorgung mit Fernwärme und Warmwasser sei zwischen den Parteien gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV durch schlüssiges Verhalten ein Vertrag zustande gekommen. Derjenige, der aus einem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnehme, nehme das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrages konkludent an. Eine Erklärung, er wolle mit dem Versorgungsunternehmen keinen Vertrag schließen, sei unbeachtlich, da diese Erklärung in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten stehe. Zwar richte sich das Angebot eines Versorgungsunternehmens typischerweise an den Grundstückseigentümer, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zustehe und Versorgungsunternehmen ihre Versorgungsaufgabe durch Abschluss eines Versorgungsvertrages mit diesem Personenkreis erfüllten. Der vorliegend zur Entscheidung stehende Fall sei jedoch untypisch. Dem Beklagten sei nach erstmaliger Einrichtung einer Fernwärmeversorgung im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen von der Klägerin ein Angebot zum Abschluss eines Liefervertrages übersandt worden. Zuvor sei der Beklagte von der Vermieterin über den Anschluss an das Fernwärmenetz informiert und ein bevorstehendes Vertragsangebot seitens der Klägerin angekündigt worden. Damit habe sich das Vertragsangebot der Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont an den Beklagten selbst gerichtet. Dieses Angebot habe der Beklagte durch die tatsächliche Entnahme der Leistungen aus dem Versorgungsnetz konkludent angenommen.
Der Beklagte habe auch keinen Anspruch darauf, sich hinsichtlich der Heizkosten ausschließlich mit seiner Vermieterin auseinandersetzen zu müssen. Nach dem Mietvertrag sei die Vermieterin gerade nicht verpflichtet gewesen, eine Beheizung der Wohnung zu gewährleisten. Vielmehr habe sich der Beklagte selbst um die Befeuerung der damals vorhandenen Kohleöfen kümmern müssen. Einwendungen des Beklagten gegen die Einrichtung der Fernwärmeversorgung als solcher und mögliche Kostennachteile infolge dieser Sanierungsmaßnahme seien im Vertragsverhältnis mit der Vermieterin zu klären.
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vermieterin mit Schreiben vom gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 MHG wirksam bestimmt hat, dass die Klägerin die Kosten der Kaltwasserversorgung und der Entwässerung direkt mit dem Beklagten abrechnet. Angesichts dessen, dass die Klägerin nach den von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in die Verträge der tatsächlichen Versorger MI. und A. M. eingetreten ist, erbringt die Klägerin diese genannten Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 2 MHG. Die Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da sie erst durch Art. 10 Nr. 1 des Mietrechtsreformgesetzes vom (BGBl. I S. 1149) zum aufgehoben wurde.
Dass die Klägerin sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen der MI. und des A. M. bedient, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung. Das von der Revision vorgebrachte Argument, durch die Einschaltung der Klägerin seien höhere Kosten entstanden, zielt auf eine behauptete Verletzung des Gebots der Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 BGB) bei der Auswahl des Versorgers. Dies könnte jedoch allenfalls innerhalb der Vertragsbeziehungen des Beklagten mit seiner Vermieterin Bedeutung erlangen. Bei ihrer Rüge, die Klägerin beschäftige keinen Wassermeister, übersieht die Revision, dass sich die Klägerin zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten der MI. beziehungsweise des A. M. bedient.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, es sei zwischen den Parteien gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV ein Vertrag über die Lieferung von Fernwärme zustande gekommen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht in der Übersendung der von der Klägerin unterzeichneten Liefervereinbarung vom das Angebot auf Abschluss eines Versorgungsvertrages an den Beklagten persönlich gesehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern, zumal dem Beklagten drei Monate zuvor von der Vermieterin mitgeteilt worden war, dass im Zuge der Einrichtung einer Fernwärmeversorgung eine Direktbelieferung durch die Klägerin vorgesehen sei. Damit liegt in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall keine typischerweise an den Grundstückseigentümer gerichtete Realofferte vor, sondern ein an den Beklagten persönlich gerichtetes Vertragsangebot, das er nach dem maßgebenden objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auch so verstehen musste.
Auch die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe dieses Angebot der Klägerin durch die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen konkludent angenommen, ist frei von Rechtsfehlern. Nach der Rechtsprechung des Senats nimmt derjenige, der aus einem Verteilernetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder - wie hier - Fernwärme entnimmt, das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrages konkludent an (, NJW 2003, 3131 unter II 1 a; vom - VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639, unter II 1 b aa). Dieser Rechtsprechung lag zwar jeweils eine Realofferte des jeweiligen Versorgungsunternehmens zugrunde. Eine konkludente Annahme ist aber erst recht zu bejahen, wenn ein schriftliches Angebot an den Nutzer der Versorgungsleistungen persönlich gerichtet wird. Dass der Beklagte nicht den inneren Willen hatte, das ihm unterbreitete Angebot anzunehmen, und er einer Inanspruchnahme durch die Klägerin im Folgenden ausdrücklich widersprach, ist unbeachtlich, da dies in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten gegenüber der Klägerin stand (Senatsurteile, aaO.).
3. Soweit sich die Revision gegen die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung der Fernwärmekosten wendet, unterliegt das Berufungsurteil nicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung. Das Berufungsgericht hat die Revision ausdrücklich nur bezüglich der zu § 4 Abs. 5 Nr. 2 MHG aufgeworfenen Rechtsfragen und dazu zugelassen, "ob nach einer Modernisierung eines Mietshauses, bei dem erstmals Heizkörper in die Mietwohnungen eingebaut worden sind, die zentral versorgt werden, und der Vermieter eine Direktabrechnung zwischen Versorger und Mieter wünscht, sich der Versorger bei Nichtunterzeichnung der übersandten Liefervereinbarung durch den Mieter auf einen Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten berufen kann oder ob der erklärte Wille des Mieters, der durch seinen Vermieter versorgt werden möchte, entgegen steht". Das Berufungsgericht hat die Revision damit nur hinsichtlich der Klärung des Anspruchsgrundes zugelassen. Daran ist der Senat gebunden.
Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 516 Nr. 8
DAAAD-36665