BVerwG Beschluss v. - 1 WNB 6.09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: TDiG Nord, TDG N 8 BLa 2/09 vom TDiG Nord, TDG N 8 GL 43/09 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: nein

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Sache kommt die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO) nicht zu.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Revisionssenate des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Rechtssache nur dann grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. auch BVerwG 6 BN 2.07 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 85 Rn 14). Dies gilt nach der Rechtsprechung der beiden Wehrdienstsenate auch für die § 132 Abs. 2 Nr. 1 und § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nachgebildeten (vgl. dazu BTDrucks 16/7955 S. 36 zu Nr. 18) Regelungen des § 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO und des § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 1 WNB 1.09 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>, vom - BVerwG 1 WNB 4.09 -, vom - BVerwG 2 WNB 1.09 -, vom - BVerwG 2 WNB 3.09 - und vom - BVerwG 2 WNB 2.09 -).

Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,

|ob die Beschwerdefrist in jedem Fall allein durch die Eröffnung der Beurteilung ausgelöst wird oder ob die spätere Kenntnisnahme von einem Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze bzw. Verfahrensvorschriften des Beurteilungswesens, die sich nicht im Text der Beurteilung ablesen lassen, die Beschwerdefrist erst zu diesem späteren Zeitpunkt auslöst,

führt nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Truppendienstgerichts Nord vom , weil sie in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt ist bzw. sich unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.

Der für den Beginn der Beschwerdefrist im Sinne des § 6 Abs. 1 WBO maßgebliche Beschwerdeanlass ergibt sich - vorbehaltlich der nachträglichen Rechtsschutzmöglichkeit durch einen Antrag nach § 51 VwVfG in analoger Anwendung - regelmäßig aus der truppendienstlichen Maßnahme selbst ( BVerwG 1 WB 12.0 -), bei der Anfechtung einer Beurteilung oder einer Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten aus dieser selbst (Beschlüsse vom - BVerwG 1 WB 40.01 - und vom - BVerwG 1 WB 12.06 -).

§ 6 Abs. 1 WBO setzt für den Beginn der Beschwerdefrist (nur) die tatsächliche positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus, es sei denn, dass für die betroffene truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle normative Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt - wie das Truppendienstgericht zutreffend ausgeführt hat - die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen ( BVerwG 1 WB 4.09 und 1 WB 5.09 - DokBer 2009, 308 <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>). Eine derartige besondere Art der Bekanntgabe ist in § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SLV für die Beurteilung angeordnet. Danach ist die Beurteilung dem Beurteilten in ihrem vollen Wortlaut "zu eröffnen" (und mit ihm zu besprechen); die "Eröffnung" ist aktenkundig zu machen und mit der Beurteilung zu der Personalakte zu nehmen. Damit ist die Eröffnung der Beurteilung ausschlaggebend für den Beginn der Beschwerdefrist.

Spätere Erkenntnisse über die Beweislage, spätere rechtliche Erkenntnisse oder später erlangte Kenntnisse von sonstigen Umständen, die die Durchführung des Beschwerdeverfahrens lediglich als aussichtsreicher erscheinen lassen, stellen nach ständiger Rechtsprechung des Senats keinen eigenen, selbständigen Beschwerdeanlass im Sinne des § 6 Abs. 1 WBO dar (Beschlüsse vom - BVerwG 1 WB 70.81 - NZWehrr 1983, 111, vom - BVerwG 1 WB 63.89 -, vom - BVerwG 1 WB 63.94 -, vom - BVerwG 1 WB 40.01 - und vom - BVerwG 1 WB 12.06 -).

Es kann offenbleiben, ob an der älteren Rechtsprechung des Senats festzuhalten ist, dass in Ausnahmefällen noch die später erlangte Kenntnis eines Soldaten von einem die Maßnahme oder den Bescheid selbst betreffenden Umstand, ohne den ihm die Maßnahme oder der Bescheid als rechtmäßig erscheinen müsste, einen neuen Beschwerdeanlass begründen kann (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 1 WB 100.68 -, vom , a.a.O., vom - BVerwG 1 WB 12.85 - NZWehrr 1986, 123, vom - BVerwG 1 WB 5.89 -, vom - BVerwG 1 WB 63.89 - und vom - BVerwG 1 WB 63.94 -). Insoweit besteht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf, weil im Fall des Antragstellers die von ihm behauptete später erlangte Kenntnis von einem Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze bzw. gegen Verfahrensvorschriften des Beurteilungswesens keinen ausnahmsweise anzuerkennenden neuen Beschwerdeanlass eröffnet.

Als Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze bzw. Verfahrensvorschriften rügt der Antragsteller die aus seiner Sicht unzulässige Einflussnahme auf seine Beurteilung im Rahmen von Abstimmungsgesprächen. Mit dieser Einflussnahme musste der Antragsteller aber bereits bei der Eröffnung der angefochtenen Beurteilung rechnen, denn sie war in Nummern 203, 509, 610 und 619 der ZDv 20/6 in der Fassung vom , auf deren Grundlage seine Beurteilung erstellt wurde, angelegt. Die Abstimmungsgespräche zwischen beurteilenden und Stellung nehmenden Vorgesetzten waren danach obligatorisch (Nr. 509 Buchst. a) und ermöglichten eine Steuerung der Beurteilungen durch die Stellung nehmenden Vorgesetzten nach Maßgabe der Nr. 610 ZDv 20/6.

Ein Ausnahmefall im Sinne der zitierten Rechtsprechung liegt auch deshalb nicht vor, weil der Antragsteller mit der Beschwerde gegen seine Beurteilung nicht nur formelle Fehler wie die Einflussnahme durch Abstimmungsgespräche geltend gemacht hat, sondern zusätzlich - im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom - auch materielle Mängel, nämlich Inkonsistenz und inhaltliche Widersprüche zwischen Noten und freier Beschreibung insbesondere im Abschnitt 3. Dieses Beschwerdevorbringen belegt, dass dem Antragsteller die Beurteilung unabhängig von dem Aspekt der Einflussnahme durch Abstimmungsgespräche auch aus Gründen als rechtswidrig erschien, die unmittelbar aus ihrem Inhalt zu ermitteln waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Fundstelle(n):
NAAAD-35616