Darlegung des Verfahrensfehlers der unterlassenen Beweisaufnahme; der behauptete Geschehensablauf ist nicht dadurch festgestellt, weil das gegnerische Vorbringen nicht bestritten wird
Gesetze: FGO § 76 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
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Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da das Vorbringen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) den in § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Erfordernissen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht gerecht wird.
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1. Der Kläger wirft die Frage auf: „Kann sich ein Finanzamt bei einer verbindlichen Auskunft auf die Unzuständigkeit des entscheidenden Sachbearbeiters berufen, wenn die Bearbeiter, welche die Auskunft gegeben haben, selber um die Klärung des diesen Auskunft betreffenden Sachverhalts nachgesucht haben und über einen Zeitraum von über einem Jahr seitens dieser Mitarbeiter keinerlei Hinweis darauf ergeht, dass sie etwa nicht entscheidungsbefugt wären?”. Für den in der gestellten Frage geschilderten Geschehensablauf bedürfe die ständige Rechtsprechung, dass eine verbindliche Zusage nur von dem zuständigen Sachbearbeiter abgegeben werde könne, einer weiteren höchstrichterlichen Überprüfung.
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Mit diesem Vorbringen ist die i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig dargetan.
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Der Kläger legt der von ihm aufgeworfenen Frage einen Sachverhalt zugrunde, der in dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt ist. Das Finanzgericht (FG) hat vielmehr im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Kläger die zuständige Sachbearbeiterin in der Vollstreckungsstelle zur Erörterung der Frage aufgesucht habe, wie die Zwangsversteigerung seines Grundstücks abgewendet werden könne. Gegen diese Feststellung hat der Kläger weder eine Verfahrensrüge geltend gemacht noch hat er eine Berichtigung des Tatbestandes begehrt. Er führt lediglich an, seine Darstellung des Geschehensablaufs habe der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nicht bestritten; er gelte damit als festgestellt. Eine solche Schlussfolgerung ist einem Verfahren fremd, das vom Untersuchungsgrundsatz geprägt ist.
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2. Mit der Frage „Ist ein Finanzamt nur dann außerhalb einer Außenprüfung an eine Zusage gebunden, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Zusage Dispositionen getroffen hat?” hat der Kläger die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht erfüllt. Wie er selbst ausführt, fordert der (BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155) noch in jüngerer Zeit solche Dispositionen als Voraussetzung für eine auf Treu und Glauben gestützte Bindung des FA. Belege für seine Behauptung, das Erfordernis der Disposition sei umstritten, hat der Kläger demgegenüber nicht schlüssig vorgebracht. Der Hinweis auf deutlich vor der genannten BFH-Entscheidung ergangene FG-Urteile wird der Anforderung an eine Darlegung und Auseinandersetzung mit etwaiger Kritik an der Auffassung des BFH (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32 f.) ebenso wenig gerecht wie der Hinweis auf eine nicht auffindbare bzw. auf eine bereits 1991 erschienene und nicht aktualisierte Kommentierung.
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3. Die weitere Frage des Klägers „Ist das Finanzamt nicht schon deshalb an die verbindliche Auskunft (Zusage) gebunden, wenn sie durch ihr eigenes Verhalten den Vertrauenstatbestand dahin geschaffen hat, dass sie eine Vereinbarung treffen will?” ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Es ist in sich widersprüchlich, aus der bloßen Annahme, das FA habe eine Vereinbarung treffen wollen, bereits eine verbindliche Zusage zu folgern.
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4. Auch hinsichtlich der Rüge mangelnder Sachaufklärung i.S. des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO und damit eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hat der Kläger die Darlegungsanforderungen nicht erfüllt.
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a) Mit dem Vorbringen, das FG habe einen —lediglich schriftlich— gestellten Beweisantrag nicht aufgegriffen und einen anderen Zeugen nicht von sich aus gehört, rügt er eine unterlassene Beweisaufnahme zu der Frage, ob und welche Dispositionen er aufgrund der behaupteten Zusage getroffen hat. Ein vor dem FG fachkundig vertretener Kläger muss darlegen, weshalb sich dem FG von Amts wegen eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Die bloße entsprechende Behauptung genügt jedenfalls dann nicht, wenn der Kläger —wie im Streitfall— auf die mündliche Verhandlung verzichtet und damit zu erkennen gegeben hat, dass er selbst eine Beweisaufnahme, die eine mündliche Verhandlung voraussetzt, nicht für erforderlich hält.
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b) Im Übrigen kommt dem Verfahrensmangel keine Bedeutung zu, weil er sich unter Beachtung des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG auf dessen Entscheidung nicht ausgewirkt hat (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 96). Der Kläger rügt den Verfahrensmangel vor dem Hintergrund, dass das FG aus dem von ihm angenommenen Fehlen von Dispositionen des Klägers aufgrund der behaupteten Zusage Schlüsse gezogen hat. Er übersieht dabei, dass das FG sehr wohl von Dispositionen des Klägers ausgegangen ist, dass es sie jedoch im konkreten Fall als unbedeutend und deshalb für die Entscheidung nicht erheblich angesehen hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 458 Nr. 3
TAAAD-35572