BGH Urteil v. - LwZR 12/08

Leitsatz

[1] Das Kündigungsrecht des Eigentümers, der nach der Beendigung des Nießbrauchs in einen von dem Nießbraucher abgeschlossenen Pachtvertrag als Verpächter eingetreten ist, geht ohne besondere Vereinbarung nicht auf einen Erwerber über.

Gesetze: BGB § 1056 Abs. 2

Instanzenzug: AG Plön, 20 Lw 111/07 vom OLG Schleswig, 3 U 29/08 vom

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen. Einen Teil davon pachtete der Vater des Beklagten im Jahr 1971 von dem damaligen Eigentümer K. D. . Das Pachtverhältnis ging zwischenzeitlich auf der Pächterseite auf den Beklagten über. Es wurde mehrfach verlängert, zuletzt mit einer im Jahr 2002 geschlossenen Vereinbarung bis zum . Hierbei handelte auf der Verpächterseite der frühere Eigentümer K. D. als Nießbraucher, nachdem er das Eigentum im Jahr 1995 unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs auf S. D. , seinen Neffen, übertragen hatte. Im Zusammenhang mit dem Verkauf der Flächen von S. D. an den Kläger mit Vertrag vom verzichtete K. D. auf sein Nießbrauchsrecht. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte ebenfalls am , jedoch zeitlich vor der Umschreibung des Eigentums auf den Kläger.

K. D. verstarb am . Gestützt auf die Regelung in § 1056 Abs. 2 BGB, kündigte der Kläger das Pachtverhältnis mit Schreiben vom sowie nochmals mit Schreiben vom .

Der auf Räumung und Herausgabe der Flächen zum , hilfsweise zum , gerichteten Klage hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - im Hilfsantrag stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Gründe

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger ein Sonderkündigungsrecht nach §§ 1056 Abs. 2, 1061 BGB. Dieses könne er daraus ableiten, dass der Pachtvertrag auf der Verpächterseite von dem ursprünglichen Eigentümer K. D. als Nießbraucher geschlossen worden sei und nach dessen Tod dem späteren Eigentümer S. D. ein solches Kündigungsrecht zugestanden habe, welches bei dem Verkauf der Flächen auf den Kläger entweder kraft Gesetzes oder durch Abtretung übergegangen sei.

II.

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger stand kein Recht zur vorzeitigen Kündigung des Landpachtvertrags (§ 585 Abs. 1 BGB) zu.

1.

Ohne Erfolg bleibt die Revision allerdings insoweit, als sich die Verurteilung des Beklagten auch auf denjenigen Teil der Flächen erstreckt, hinsichtlich dessen der Beklagte in einem vorangegangenen Rechtsstreit zwischen den Parteien die Feststellung seines Pachtrechts bis zum verlangt hat.

a)

Der Urteilstenor des Vorprozesses lautet auf die Feststellung, dass der Beklagte bis zum Pächter der Teilfläche ist. Dem liegt die Rechtsauffassung des dort erkennenden Gerichts zugrunde, dass der Grundstücksteil von dem Pachtvertrag erfasst, dieser aber durch die Kündigung des Klägers vom beendet worden ist. Durch die Abweisung der zeitlich weitergehenden Klage ist mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) festgestellt, dass insoweit ein Pachtverhältnis zwischen den Parteien nicht (mehr) besteht (vgl. , NJW 1994, 657, 659 m.w.N.; Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 322 Rdn. 58). Der Beklagte ist daher in Ermangelung eines Besitzrechts zur Räumung und Herausgabe der Teilfläche verpflichtet (§§ 985, 596 Abs. 1 BGB). Der Bestimmung eines Leistungszeitpunkts (vgl. § 257 ZPO) bedarf es nicht mehr, nachdem der Anspruch im Laufe des Revisionsverfahrens fällig geworden ist (RGZ 88, 178 f.; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 257 Rdn. 1; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 257 Rdn. 7).

b)

Keine Bindungswirkung entfaltet die frühere Entscheidung dagegen, soweit hier über die fortbestehende Berechtigung des Beklagten zur Nutzung der übrigen Flächen zu befinden ist. Denn die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung betraf, weil sich der Klageanspruch nicht auf die übrigen Flächen bezog, ein im Vorprozess vorgreifliches Rechtsverhältnis, dessen Entscheidung nicht in Rechtskraft erwuchs (vgl. BGHZ 123, 137, 140; Senat, Urt. v. , V ZR 171/94, NJW 1995, 2993 - jew. m.w.N.).

2.

Als zutreffend erweist sich der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach ein von dem Nießbraucher - zulässigerweise (§ 1030 Abs. 1 BGB) - eingegangenes Pachtverhältnis nach der Beendigung des Nießbrauchs einem dem Grundstückseigentümer zustehenden Kündigungsrecht nach § 1056 Abs. 2 BGB unterliegt. Das gilt in gleicher Weise, wenn, wie hier, der ursprüngliche Vertragsabschluss durch den Eigentümer erfolgt ist und dieser später das Eigentum unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs auf einen Dritten überträgt, weil in einem solchen Fall der Nießbrauchsberechtigte (weiterhin) Verpächter ist (, NJW 2006, 51, 52). Deshalb war auch die Verlängerung des Pachtvertrags durch K. D. im Jahr 2002 wirksam.

a)

Der Nießbrauch endete nicht erst mit dem Tod des Nießbrauchers am (vgl. § 1061 Satz 1 BGB), sondern bereits mit der Löschung im Grundbuch am . Dem hält die Revisionserwiderung ohne Erfolg entgegen, das Berufungsgericht habe das Erlöschen des Nießbrauchs allein auf Grund der Eintragung im Grundbuch als wirksam erachtet und dabei verkannt, dass es zusätzlich einer Erklärung des Berechtigten bedürfe, dass er das Recht aufgebe (§ 875 Abs. 1 BGB). Diese Erklärung lag hier vor. Nach den unangegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgte die Löschung aufgrund der Bewilligung von K. D. (§ 19 GBO). Diese enthält regelmäßig zugleich die materiell-rechtliche Aufgabeerklärung (Senat, BGHZ 60, 46, 52; BayObLG DNotZ 1975, 685, 686 m.w.N.; MünchKomm-BGB/Kohler, 5. Aufl., § 875 Rdn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 875 Rdn. 3). Umstände, die hier ausnahmsweise das Fehlen der erforderlichen Willenserklärung nahe legen könnten, werden von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt und sind im Hinblick darauf, dass das Grundstück nach den vertraglichen Bestimmungen lastenfrei veräußert werden sollte (vgl. § 3 des Kaufvertrages), auch nicht ersichtlich.

b)

Im Zeitpunkt der Löschung des Nießbrauchs lagen indes noch nicht die Voraussetzungen für eine Kündigung des Pachtvertrags vor. Da das Erlöschen auf einem Verzicht des Berechtigten beruhte, war die Kündigung nach § 1056 Abs. 2 Satz 2 BGB erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erloschen wäre, hier also mit dem Tod des (früheren) Nießbrauchers (vgl. Planck/Brodmann, BGB, 5. Aufl., § 1056 Anm. 3b; Wacke, FS Gernhuber, 489, 512).

3.

Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch eine Befugnis des Klägers zur Kündigung des Pachtvertrags an. Diese ergibt sich weder aus eigenem Recht (a) noch aus übergegangenem Recht des Veräußerers (b).

a)

Die Vorschrift des § 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB weist das Kündigungs-recht dem Eigentümer zu, ohne zu präzisieren, in welchem Zeitpunkt das Eigentum bestehen muss. Die Auslegung der Norm ergibt, dass ein rechtsgeschäftlicher Erwerber, der erst nach der Beendigung des Nießbrauchs Eigentümer wird, nicht zu einer Kündigung berechtigt ist.

aa)

Schon der Wortlaut des Gesetzes spricht gegen die Einbeziehung des Erwerbers in den Anwendungsbereich des § 1056 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift in § 1056 Abs. 1 BGB erklärt für den Fall der Beendigung des Nießbrauchs nicht nur die Bestimmung des § 566 BGB, sondern auch diejenige des § 567b BGB, durch die die Rechtsfolgen einer Weiterveräußerung von vermietetem Wohnraum durch den Erwerber geregelt werden, für entsprechend anwendbar. Das Gesetz unterscheidet somit zwischen dem Eigentümer zur Zeit der Beendigung des Nießbrauchs und einem späteren Erwerber. Diese Differenzierung wird in § 1056 Abs. 2 BGB nicht aufgegriffen.

bb)

Zudem erfahren durch die Vorschriften in § 1056 Abs. 1 BGB lediglich die Rechtsbeziehungen des Pächters zu demjenigen, der bei der Beendigung des Nießbrauchs Eigentümer ist, sowie zu dem Nießbraucher eine Regelung, nicht aber die Rechtsbeziehungen zu dem späteren Erwerber. Dieser tritt nämlich bei einer nach der Beendigung des Nießbrauchs erfolgenden Veräußerung des Grundstücks unmittelbar nach § 566 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 593b BGB) in die Verpächterstellung ein; der Verweisung auf diese Bestimmung in § 1056 Abs. 1 BGB sowie in § 567b Satz 1 BGB bedarf es insoweit nicht (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1056 Rdn. 4; Staudinger/Frank, BGB [2009], § 1056 Rdn. 14; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 567b Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Häublein, 5. Aufl., § 567b Rdn. 1). Auch die Vorschrift des § 567b Satz 2 BGB gewinnt für das Verhältnis von Pächter und Erwerber keine Bedeutung, weil hierdurch lediglich eine fortbestehende Haftung des Nießbrauchers für den Fall angeordnet wird, dass der Erwerber die sich aus dem Pachtverhältnis ergebenden Pflichten nicht erfüllt. Die ausschließliche Geltung der allgemeinen pachtrechtlichen Vorschriften lässt die Zuerkennung eines Kündigungsrechts nach § 1056 Abs. 2 BGB zugunsten des Erwerbers fern liegend erscheinen.

cc)

Auch der Regelungszweck steht diesem Kündigungsrecht entgegen.

(1)

Vorrangiges Ziel der Bestimmung des § 1056 BGB ist es, einen Interessenausgleich zwischen Eigentümer und Pächter für die Zeit nach der Beendigung des Nießbrauchs herbeizuführen. Der gesetzliche Eintritt des Eigentümers in die Verpächterstellung soll den besitzenden Pächter davor bewahren, sofort nach dem Erlöschen des Nießbrauchs einem Herausgabeanspruch ausgesetzt zu sein (vgl. § 986 Abs. 1 BGB; dazu Senat, BGHZ 109, 111, 114; a.A. Schubert, JR 1990, 419, 420). Dieser wäre für den Pächter, der im Vertrauen auf das - möglicherweise langfristige - Pachtverhältnis das Grundstück unter Einsatz seines Vermögens bewirtschaftet, regelmäßig mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Andererseits liefen die aus dem Eigentum resultierenden Befugnisse (§ 903 BGB) leer, wenn der Eigentümer auf Dauer an einen die Nutzung des Grundstücks betreffenden schuldrechtlichen Vertrag gebunden wäre, auf dessen Zustandekommen und Inhalt er keinen Einfluss hatte. Aus diesem Grund gewährt ihm § 1056 Abs. 2 BGB die Befugnis, auch einen befristeten Pachtvertrag vorzeitig durch Kündigung zu beenden (vgl. Staudinger/Frank, a.a.O., § 1056 Rdn. 16). Eine unzumutbare Belastung des Pächters ergibt sich hieraus nicht. Die von dem Eigentümer zu beachtende gesetzliche Kündigungsfrist (vgl. für die Landpacht § 594a BGB) erlaubt es ihm, sich rechtzeitig auf das bevorstehende Ende seines Besitzrechts einzustellen. Zudem wird der Pächter durch die Möglichkeit, den Eigentümer verbindlich zu der Erklärung darüber aufzufordern, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht (§ 1056 Abs. 3 BGB), vor einem ungewissen Schwebezustand geschützt.

(2)

Damit ist die Interessenlage desjenigen, der das Grundstück nach der Beendigung des Nießbrauchs durch Rechtsgeschäft erwirbt, nicht vergleichbar. Er kann sich anlässlich der Kaufverhandlungen regelmäßig über das Bestehen eines Pachtverhältnisses erkundigen. Ergibt sich, dass das Grundstück ganz oder teilweise auf bestimmte Zeit verpachtet ist, kann er seine weiteren Dispositionen, insbesondere sein Preisgebot, an diesem Umstand ausrichten oder ganz von dem Kauf Abstand nehmen, z.B. weil er das Grundstück selbst nutzen will (vgl. Wacke, FS Gernhuber, 489, 498). Einer Möglichkeit, den nach § 566 Abs. 1 BGB i.V.m. § 593b BGB übernommenen Pachtvertrag einseitig aufzulösen, bedarf es für den Erwerber, der sich in Kenntnis der bestehenden Verpachtung zu dem Kauf entschlossen hat, nicht. Jede andere Beurteilung führte zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung des Erwerbers in den Fällen, in denen das Grundstück nicht durch den Eigentümer, sondern durch den Nießbraucher verpachtet worden ist.

dd)

Dieses Auslegungsergebnis gilt in gleicher Weise für die Vorschrift in § 1056 Abs. 2 Satz 2 BGB, auch wenn dort die Person des Kündigungsberechtigten nicht ausdrücklich benannt wird. Denn dort wird lediglich für einen Sonderfall der Beendigung des Nießbrauchs (Verzicht) eine von § 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB abweichende Rechtsfolge begründet, durch die ein Zusammenwirken von Eigentümer und Nießbraucher zu Lasten des Pächters verhindert wird (Mugdan, Materialien zum BGB, Bd. 3, S. 756; MünchKomm-BGB/Pohlmann, 5. Aufl., § 1056 Rdn. 1; Soergel/Stürner, a.a.O., § 1056 Rdn. 8; Staudinger/Frank, a.a.O., § 1056 Rdn. 20). Dafür, dass zusätzlich die Kündigungsberechtigung auf den Erwerber ausgedehnt werden soll, lassen sich dem Gesetz keine Anhaltspunkte entnehmen, zumal nach dem Wegfall des Nießbrauchs die Gefahr eines kollusiven Verhaltens nicht mehr besteht.

ee)

Danach kommt ein eigenes Kündigungsrecht des Klägers nicht in Betracht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fanden die Löschung des Nießbrauchs und die Eintragung des Eigentums des Klägers in das Grundbuch zwar an demselben Tag () statt; die Löschung ging jedoch der Eigentumseintragung zeitlich voraus. Das Eigentum des Klägers war somit zu keinem Zeitpunkt mit dem Nießbrauch belastet. Im Übrigen wäre der Fall, dass die Löschung des Nießbrauchs der Eigentumsumschreibung nachgefolgt wäre, nicht anders zu beurteilen gewesen, da sich aus dem Vertrag ergab, dass der Kläger das Grundstück frei von der Belastung durch den Nießbrauch erwerben sollte. Unter diesen Umständen kommt der Reihenfolge der Eintragung, die zu dem vertragsgemäßen Zustand geführt haben, keine Bedeutung zu.

b)

Der Kläger konnte den Pachtvertrag auch nicht aus kraft Gesetzes oder vertraglich übergegangenem Recht des Veräußerers S. D. wirksam kündigen.

aa)

Ob diesem, wie die Revision meint, kein Kündigungsrecht zustand, weil er dem von K. D. abgeschlossenen Pachtvertrag persönlich beigetreten ist (vgl. Senat, BGHZ 109, 111, 117), kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob S. D. im Jahr 1995 zeitlich vor der Eintragung des Nießbrauchs als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden und deshalb nach § 566 Abs. 1 BGB i.V.m. § 593b BGB als Verpächter in den Vertrag eingetreten ist. Denn selbst wenn S. D. ein Kündigungsrecht zugestanden hätte, wäre der Kläger mit dem Erwerb des Grundstücks nicht in diese Rechtsposition eingetreten.

bb)

Ein Übergang des aus § 1056 Abs. 2 BGB folgenden Kündigungsrechts nach den allgemeinen pachtrechtlichen Vorschriften (§§ 593b, 566 Abs. 1 BGB) scheidet aus.

(1)

In welche Rechte und Pflichten aus dem Pachtverhältnis der Erwerber eintritt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Während der Bundesgerichtshof - bezogen auf Verpflichtungen - einen Grundstücksbezug in dem Sinne fordert, dass die Verpflichtung regelmäßig nur von dem jeweiligen Grundstückseigentümer erfüllt werden kann (BGHZ 141, 160, 166), stellt das Schrifttum überwiegend darauf ab, ob die Pflicht oder das Recht aus dem Pachtverhältnis oder aus einem rechtlich davon getrennten Vertrag zwischen den Parteien resultiert (AnwK-BGB/Riecke, § 566 Rdn. 17; Bamberger/Roth/ Herrmann, BGB, 2. Aufl., § 566 Rdn. 23; Erman/Jendrek, a.a.O., § 566 Rdn. 9; Staudinger/Emmerich, BGB [2006], § 566 Rdn. 40; differenzierend Münch-Komm-BGB/Häublein, a.a.O., § 566 Rdn. 33).

(2)

Beide Ansichten führen hier zu demselben Ergebnis, dass nämlich das Kündigungsrecht nach § 1056 Abs. 2 BGB nicht kraft Gesetzes auf einen Erwerber übergeht. Denn dieses Kündigungsrecht weist weder einen konkreten Bezug zu dem Pachtobjekt auf, noch findet es seine Grundlage in der zwischen dem ursprünglichen Verpächter (Nießbraucher) und dem Pächter getroffenen Vereinbarung. Als ein auf die Fälle der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks durch den Nießbraucher beschränktes Recht trägt es vielmehr der besonderen Situation Rechnung, die sich im Fall der Beendigung des Nießbrauchs auf Grund des in § 1056 Abs. 1 BGB angeordneten gesetzlichen Vertragsübergangs für den Eigentümer ergibt (vgl. vorstehend unter 3. a. cc. [1]).

(3)

Ein Übergang des Kündigungsrechts lässt sich auch nicht deshalb bejahen, weil die Kündigung des Pachtvertrags nach herrschender Auffassung nicht zu dem nächstmöglichen Termin nach dem Eintritt der Voraussetzungen ausgesprochen werden muss, sondern auch noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist (KG OLGE 18, 150, 152; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1056 Rdn. 2; PWW/Eickmann, BGB, 4. Aufl., § 1056 Rdn. 10; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1056 Rdn. 3; Soergel/Stürner, a.a.O., § 1056 Rdn. 7; Staudinger/Frank, a.a.O., § 1056 Rdn. 16; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 118 I 1). Dieser Ansicht liegt die Vorstellung von fortbestehendem Eigentum in der Person des ursprünglich zu der Kündigung Berechtigten zugrunde. Dass ein noch nicht ausgeübtes Kündigungsrecht bei einer späteren Veräußerung des Grundstücks ohne besondere Abrede, sondern kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht, wird, soweit ersichtlich, nicht vertreten und erscheint angesichts der dargestellten Interessenlage auch nicht angezeigt.

cc)

Das Kündigungsrecht ist schließlich nicht in dem Grundstückskaufvertrag vom auf den Kläger übertragen worden (§§ 413, 398 BGB).

(1)

Das Berufungsgericht hat angenommen, den Regelungen in § 5 des Kaufvertrages sei zu entnehmen, dass sämtliche Eigentümerrechte und damit auch das Kündigungsrecht nach § 1056 Abs. 2 BGB auf den Kläger übergehen sollten. Diese Auslegung erweist sich als rechtsfehlerhaft und ist daher für das Revisionsgericht nicht bindend. Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (st. Rspr., siehe nur Senat, BGHZ 111, 110, 115; Urt. v. , V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, 1811). Ein solcher Fehler, der auch ohne ausdrückliche Revisionsrüge Berücksichtigung findet (Senat, Urt. v. , V ZR 53/88, WM 1990, 423, 424; Urt. v. , V ZR 196/93, WM 1995, 263, 264), liegt hier vor. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt bereits der - für die Auslegung in erster Linie maßgebliche (BGHZ 121, 13, 16; , NJW 1998, 900, 901) - objektiv erklärte Parteiwille, wie er in dem Wortlaut der von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Vertragsbestimmungen zum Ausdruck kommt, nicht den Schluss auf eine Abtretung des Kündigungsrechts an den Kläger zu. Da weitere Feststellungen nach Lage der Dinge nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen (BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45; Senat, Urt. v. , V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181).

(2)

Durch die Bestimmung in § 5 Abs. 2 des Kaufvertrages wird lediglich angeordnet, dass die Nutzungen und Lasten des Grundstücks mit der Übergabe auf den Erwerber übergehen. Eine Aussage dazu, dass darüber hinaus ein bei der Übergabe bereits bestehendes oder erst künftig zur Entstehung gelangendes Recht zur Kündigung des Pachtverhältnisses übertragen werden soll (dazu , NJW 1998, 896, 897), wird in der Regelung nicht getroffen; sie würde auch nicht in den Kontext der vornehmlich die wirtschaftliche Zuordnung des Grundstücks betreffenden Vertragsklausel passen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 7 und 8 des Kaufvertrags. Denn diese Bestimmungen erschöpfen sich in der Erklärung des Erwerbers, dass ihm die bestehenden schuldrechtlichen Nutzungsverträge bekannt sind und er über seinen gesetzlichen Vertragseintritt belehrt worden ist. Eine auf die Übertragung eines Kündigungsrechts gerichtete Willenserklärung ist darin nicht enthalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der Umstand, dass der Beklagte in Bezug auf eine Teilfläche unterlegen ist, kann angesichts des Größenverhältnisses der Teilfläche (ca. 0,8 ha) zu den von dem Pachtverhältnis insgesamt erfassten Flächen (ca. 50 ha) bei der Verteilung der Kosten unberücksichtigt bleiben.

Fundstelle(n):
DNotZ 2010 S. 941 Nr. 12
NJW-RR 2010 S. 815 Nr. 12
BAAAD-34862

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja