Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GSiG § 6
Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 7 SO 1680/07 vom SG Stuttgart, S 16 SO 5026/05 vom
Gründe
I
Im Streit sind (nur) noch Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) für die Zeit vom bis .
Der 1949 geborene Kläger lebt bei seinem Vater. Bei ihm sind ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G", "H" und "RF" anerkannt. Er bezog eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab in Höhe von 403,12 Euro und ab in Höhe von 420,06 Euro. Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz [GSiG]) für den Zeitraum vom bis in Höhe von monatlich 87,33 Euro und für den Zeitraum vom bis in Höhe von monatlich 65,33 Euro (Bescheide vom und ; Widerspruchsbescheid vom ).
Mit einem im Oktober 2004 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bat der Kläger "die Rentenanpassung zum " zu berücksichtigen und einen "neuen Bescheid" zu erteilen. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger ab Grundsicherungsleistungen in Höhe von 203,98 Euro monatlich bzw ab in Höhe von 164,58 Euro monatlich, lehnte jedoch Leistungen für das Jahr 2004 ab (Bescheide vom und ; Widerspruchsbescheid vom ). Das Sozialgericht (SG) Stuttgart hat die Beklagte unter entsprechender Abänderung der angefochtenen Bescheide zu höheren Grundsicherungsleistungen ab verurteilt, die Klage jedoch ua abgewiesen, soweit Leistungen für die Zeit vom bis im Streit sind (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Beschluss vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat sich das LSG im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des SG-Urteils bezogen, wonach der Kläger in dem Zeitraum vom bis keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen habe, weil er nach Ablauf des Bewilligungszeitraums vom bis erst im Oktober 2004 die Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen beantragt habe. Für die Zeit vom 1.10. bis stünden dem Kläger keine Grundsicherungsleistungen zu, weil sein Einkommen den monatlichen Bedarf überstiegen habe. Bei der Ermittlung des Bedarfs sei von einem Regelsatz in Höhe von 235 Euro (80 vH des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes) auszugehen, weil der Kläger als Haushaltsangehöriger anzusehen sei. Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung seien wegen des vorhandenen gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Beiträge zur Rechtsschutzversicherung, weil diese nicht gegen Risiken im Bereich der grundlegenden Daseinsvorsorge schützten und die unabdingbare Rechtsverfolgung und -verteidigung durch das Recht der Prozesskostenhilfe gewährleistet werde. Die Beiträge zur privaten Unfallversicherung seien nicht zu berücksichtigen, weil der Kläger diese Beiträge trotz entsprechender Abfrage im Antragsformular erstmals im Februar 2005 gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 GSiG. Aus dieser Norm ergebe sich nicht, dass für jeden Folgezeitraum ein Antrag gestellt werden müsse. Wenn nicht von einer Fortwirkung der Antragstellung ausgegangen werde, bestehe ein Anspruch auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Für die Zeit von Oktober bis Dezember 2004 sei bei der Ermittlung des Bedarfs von einem (höheren) Regelsatz auszugehen, und die geltend gemachten Versicherungsbeiträge seien abzusetzen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des LSG sowie das Urteil des SG abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, ihm für die Zeit vom bis Grundsicherungsleistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Ob dem Kläger für die Zeit vom bis zum Grundsicherungsleistungen zustehen, kann nicht abschließend entschieden werden. Es fehlen hinreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG), die es dem Senat ermöglichen würden, Grund und Höhe eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen zu prüfen. Allerdings scheitert ein Anspruch des Klägers auf Leistungen für die Zeit vor Oktober 2004 nicht bereits an einer fehlenden Antragstellung.
Gegenstand der vom Senat zugelassenen Revision ist der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , mit dem die Beklagte Grundsicherungsleistungen für die Zeit vor dem abgelehnt hat. Bezogen auf den hier (noch) streitigen Zeitraum bis zum beinhaltet die in dem weiteren Bescheid vom ua enthaltene Aussage, dass Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für das Jahr 2004 abgelehnt würden, keine eigenständige Regelung, sondern ist nur eine Wiederholung des Verfügungssatzes (vgl dazu Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 31 RdNr 32), weil bereits mit Bewilligung der Leistung (erst) ab (Bescheid vom ) die Leistung für den vorangegangenen Zeitraum abgelehnt worden ist (vgl zB BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 4 S 14). Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach den §§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG.
Die Begründetheit der Revision misst sich an den Regelungen des GSiG, das als Art 12 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom (BGBl I 1310) beschlossen worden ist. Nach § 1 GSiG können Personen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1) oder unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS des § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (Nr 2), auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Der Anspruch besteht ua nur, soweit Leistungsberechtigte ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 2 Abs 1 Satz 1 GSiG). Die Leistung wird in der Regel für den Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres bewilligt (§ 6 Satz 1 GSiG).
Einem Anspruch des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung steht nicht entgegen, dass der Kläger nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (1.1. - ) erst im Oktober 2004 ausdrücklich einen (Folge-)Antrag auf Weiterzahlung der Leistung gestellt hat. Weder war sein bereits am gestellter Antrag auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, noch ist in der befristeten (bestandskräftigen) Bewilligung durch den Bescheid vom gleichzeitig als Kehrseite der Bewilligung eine Leistungsablehnung für die Zeit ab zu sehen, so dass sich daraus die Notwendigkeit eines neuen Antrags ergäbe. Auch der Fall der Aufhebung einer Leistungsbewilligung, aus der die Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung resultieren könnte, liegt nicht vor.
Der Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften (§§ 1, 6 GSiG), deren Systematik und Entstehungsgeschichte sowie insbesondere der Sinn und Zweck der Regelungen zur Antragstellung im GSiG zeigen, dass unter diesen Prämissen der einmal nach § 1 GSiG gestellte Antrag über den Bewilligungszeitraum hinaus fortwirkt und nicht verbraucht ist. Nach § 1 GSiG sind die Leistungen der Grundsicherung zwar von einem Antrag abhängig; dieses Antragserfordernis bringt jedoch lediglich zum Ausdruck, dass der "Wechsel" von der Sozialhilfe zur Grundsicherung als einer besonders ausgestalteten Sozialhilfe mit einem weitgehenden Ausschluss des Unterhaltsrückgriffs, nicht von Amts wegen erfolgen sollte (BT-Drucks 14/5150, S 49 zu § 1). Auch § 6 Satz 1 GSiG, nach dem die Leistung in der Regel für den Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres bewilligt wird, begründet nach seinem Wortlaut lediglich die Ermächtigung und zugleich Verpflichtung der Behörde zu einer Befristung der Bewilligung iS von § 32 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), nicht jedoch eine Begrenzung des Leistungsanspruchs mit einem hieraus abzuleitenden besonderen "Mitwirkungserfordernis" in Form einer weiteren Antragstellung für Folgezeiträume (zur vergleichbaren Situation bei der Arbeitslosenhilfe: BSGE 87, 262, 268 = SozR 3-4300 § 196 Nr 1 S 8; BSGE 68, 42, 44 = SozR 3-4100 § 139a Nr 1 S 3; BSGE 59, 227, 229 = SozR 4100 § 134 Nr 29 S 7).
Die weiteren Vorschriften zur Antragstellung in § 6 Satz 2 und 3 GSiG regeln ihrem Wortlaut nach nur den Beginn des Bewilligungszeitraums bei einer erstmaligen Bewilligung oder bei einer Änderung der Verhältnisse zu Gunsten oder zu Lasten des Grundsicherungsberechtigten im Laufe des Bewilligungszeitraums; besondere Anforderungen an die Weiterbewilligung der Leistung der Grundsicherung für weitere Bewilligungszeiträume können dieser Norm jedoch nicht entnommen werden (so zur inhaltsgleichen Regelung in § 44 Abs 1 SGB XII im Ergebnis auch Wenzel in Fichtner/Wenzel, SGB XII - Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, 4. Aufl 2009, § 44 SGB XII RdNr 2; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 44 SGB XII RdNr 8; Schoch in Lehr- und Praxiskommentar [LPK] SGB XII, 8. Aufl 2008, § 44 SGB XII RdNr 10).
Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum GSiG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu den Regelungen im Wohngeldgesetz (§§ 23, 27 Abs 1 WoGG idF bis zum ) die Ansicht vertreten wird, dass nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ein neuer Antrag erforderlich sei (vgl 12 BV 03.3282 -, FEVS 55, 557, 563; zum Erfordernis eines gesonderten Antrags für jeden Bewilligungszeitraum im Wohngeldrecht: BVerwGE 84, 278, 285; -, BVerwGE 69, 198, 201 juris RdNr 17), folgt ihr der Senat nicht. Die Notwendigkeit von (Folge-) Anträgen für weitere Bewilligungszeiträume von Sozialleistungen ist vor dem Hintergrund der den jeweiligen Gesetzen zugrundeliegenden gesetzgeberischen Konzeption zu beantworten und erfordert eine funktionsdifferente Betrachtung.
Im Recht der Grundsicherung spricht die in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in den §§ 1, 6 GSiG zur Notwendigkeit eines Antragserfordernisses für Fortzahlungsbewilligungen zu berücksichtigende Systematik und Entstehungsgeschichte der Vorschrift gerade gegen die Notwendigkeit eines Folgeantrags. Während der Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen als materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung (vgl nur zur inhaltsgleichen Regelung in § 41 Abs 1 SGB XII: W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 41 RdNr 20; Münder, SGB 2006, 186, 189) eine umfassende Prüfung der Leistungsvoraussetzungen des § 1 GSiG, insbesondere des Vorliegens einer dauerhaften Erwerbsminderung iS des § 43 Abs 2 SGB VI unter Einschaltung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erfordert (vgl § 5 GSiG, § 109a SGB VI), diesem Erstantrag also gewissermaßen eine "Türöffnerfunktion" für den Systemwechsel von der Sozialhilfe zur Grundsicherung oder die Wahl des Systems zukommt, ging der Gesetzgeber nach erstmaliger Bewilligung der Grundsicherungsleistungen von weitgehend gleichbleibenden Verhältnissen aus. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei dem Grundsicherungsberechtigten in der Regel für längere Zeit unverändert bleiben, wollte der Gesetzgeber mit der Festlegung des einjährigen Bewilligungszeitraums des § 6 Satz 1 GSiG nur den jährlichen Rentenanpassungen Rechnung tragen und sah eine Mitwirkungspflicht des Hilfeempfängers nur bei der Meldung von Veränderungen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor (BT-Drucks 14/4595, S 30, 71).
Für die Notwendigkeit eines Fortzahlungsantrags nach Ablauf des Bewilligungszeitraums lassen sich auch - als einzig denkbare Rechtfertigung - keine Vereinfachungs- oder Praktikabilitätsgründe anführen. Die Beklagte, der die gesundheitlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers bereits aufgrund der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1. bis bekannt waren, konnte wegen fehlender Hinweise auf geänderte Einkommens- oder Vermögensverhältnisse nicht davon ausgehen, dass seine Hilfebedürftigkeit dem Grunde nach weggefallen sein konnte. Im Hinblick auf § 5 BSHG (Einsetzen der Sozialhilfe mit Kenntnis des zuständigen Leistungsträgers) wäre sie als zuständiger Träger für Grundsicherungsleistungen und für Sozialhilfe (§ 4 Abs 1 GSiG, § 96 BSHG) - wie dies regelmäßig der Fall sein dürfte - deshalb auch ohne Antrag auf Grundsicherungsleistungen von Amts wegen zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob dem Kläger nicht Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG zu zahlen waren (vgl allgemein: Rothkegel, Die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, S 62; vgl zur Amtsermittlungspflicht insoweit: BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 23). Eine fehlende Antragstellung auf Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lässt den gegenüber der Grundsicherung nachrangigen Sozialhilfeanspruch nach dem hier noch anwendbaren BSHG nicht entfallen (so wohl Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph/Gröschel-Gundermann, BSHG/AsylbLG/Grundsicherungsgesetz, §1 GSiG RdNr 21, Stand Juli 2004; Münder, SGB 2008, 186, 190; zum SGB XII Kreiner in Oestreicher, § 41 SGB XII RdNr 17, Stand Juni 2006; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 4, Stand Februar 2007; vgl nunmehr § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII).
Auch wenn demnach davon auszugehen ist, dass einem Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eine fehlende Antragstellung nicht entgegensteht, war dem Senat eine abschließende Entscheidung verwehrt. Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hat das LSG ua keine Feststellungen zum Bedarf des Klägers (§ 3 GSiG), insbesondere zu den tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung (§ 3 Abs 1 Nr 2 GSiG) getroffen. Wegen der in den Urteilen des SG und LSG referierten widersprüchlichen Angaben des Klägers zu einem behaupteten mündlichen Untermietvertrag mit seinem Vater über das "Zimmer im Dachgeschoss", der hieraus resultierenden Höhe der Mietbelastung sowie der in der Vergangenheit nur unregelmäßigen tatsächlichen Beteiligung des Klägers an den Wohnkosten wird das LSG insbesondere Feststellungen dazu treffen müssen, ob und in welcher Höhe dem Kläger durch Mietzinsforderungen seines Vaters auf der Grundlage eines vertraglich vereinbarten Mietzinses tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG entstanden sind (vgl zu den Anforderungen bei einem Mietvertrag zwischen Verwandten - und - B 4 AS 37/08 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Es begegnet allerdings keinen Bedenken, dass das LSG von einem Regelsatz von 80 vH eines Haushaltsvorstandes ausgegangen ist (§ 3 Abs 1 Nr 1 GSiG iVm § 22 BSHG und § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG [Regelsatzverordnung]). Insofern ist der Senat zunächst an die tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Klägers mit seinem Vater und Bruder gebunden: auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum BSHG folgt hieraus eine Zuordnung des Vaters des Klägers als Haushaltsvorstand und des Klägers als Haushaltsangehörigen mit der Folge eines Regelsatzes in Höhe von 80 vH. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist Haushaltsvorstand iS des § 3 Abs 1 Regelsatzverordnung - neben einem Alleinstehenden - derjenige, der die "Generalunkosten", dh die "zur allgemeinen Haushaltsführung" gehörenden Aufwendungen, trägt ( V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242; BSGE 99, 131 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 28 Nr 1).
Aus dem Urteil des Senats vom (B 8 SO 8/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) ergibt sich für die Höhe des Regelsatzes in dem anhängigen Verfahren nichts anderes. Der Senat hat in dieser Entscheidung die - gegenüber der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung - einschränkende Auslegung der (mit der typisierenden Annahme einer Haushaltsersparnis verbundenen) Begriffe des "Haushaltsvorstands" und "Haushaltsangehörigen" mit dem Systemwechsel durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom (BGBl I 3022) und des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2954) mit Wirkung zum begründet. Nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII können Einsparungen bei gemeinsamem Haushalt seither nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft iS des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 Abs 1 SGB XII bilden ( - RdNr 17). Diese Gesichtspunkte einer verfassungsrechtlich gebotenen Harmonisierung können für die hier streitige Zeit der alleinigen Geltung des BSHG jedoch (noch) keine Geltung beanspruchen.
Das LSG wird auch genauer zu prüfen haben, ob und ggf in welchem Umfang die von dem Kläger für private Versicherungen geltend gemachten Beiträge als Absetzbeträge von seinem Renteneinkommen berücksichtigt werden können. Für den Einsatz von Einkommen und Vermögen gelten nach § 3 Abs 2 GSiG die §§ 76 bis 88 BSHG und die dazu erlassenen Rechtsvorschriften entsprechend. Nach § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG sind Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen vom Einkommen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "angemessen" in § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG sind der Sinn und Zweck dieser Regelung zu berücksichtigen und ist dem Umstand Rechnung zu tragen, "dass (gerade) auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre" (BVerwGE 116, 342, 344). Die "Angemessenheit" von privaten Versicherungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden (BVerwGE 116, 342, 344; BVerwGE 118, 211, 212 f; vgl demgegenüber zum Lebensstandardprinzip in der Alhi BSGE 94, 109 ff RdNr 16 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann das LSG die Übernahme der von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die private Kranken-, Rechtsschutz- und Unfallversicherung nicht ohne Weiteres ablehnen, sondern wird ermitteln müssen, welche konkreten Risiken des Klägers durch diese abgedeckt werden sollen und ob es sich um übliche Versicherungen für Bezieher geringerer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe handelt. Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 % der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen (vgl zu diesem Gedanken bereits zur Alhi BSGE 94, 109 ff RdNr 29 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1). Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind. So können zB insbesondere bei Empfängern von Grundsicherungsleistungen spezifische gesundheitliche Verhältnisse eine private Krankenversicherung angemessen erscheinen lassen, auch wenn im Grundsatz davon auszugehen ist, dass der in der Krankenversicherung der Rentner gesetzlich krankenversicherte Kläger bereits einen auf die Risiken der Krankheit bezogenen, umfassenden sozialversicherungsrechtlichen Schutz hat (Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 82 RdNr 66; Karmanski in Jahn, SGB XII, 2007, § 82 RdNr 33).
Bezogen auf die Übernahme der Beiträge zur Rechtsschutzversicherung ist dem Bedürftigen regelmäßig entgegenzuhalten, dass die Möglichkeit der Beantragung von Prozesskostenhilfe besteht (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 82 SGB XII RdNr 43; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, 17. Aufl 2006, § 82 SGB XII RdNr 41; Brühl in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 82 RdNr 66; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 82 RdNr 56, Stand Dezember 2004). Gleichwohl kann es im Einzelfall erforderlich sein, sich gegen bestimmte Kosten der gerichtlichen Rechtsverfolgung abzusichern. Bei den geltend gemachten Versicherungsbeiträgen zur privaten Unfallversicherung ist die Angemessenheit im Einzelfall zu beurteilen. Mögliche verspätete Angaben des Klägers zur Unfallversicherung stehen jedenfalls dann einer einkommensmindernden Berücksichtigung nicht entgegen, wenn der Grundsicherungsträger - wie hier - seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen ist. Schließlich wird das LSG bei der Frage der Angemessenheit privater Versicherungsbeiträge auch auf den Gesamtbetrag der aufgewendeten Versicherungen zu achten haben.
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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GAAAD-34454