Trennungsbeschluss ist eine prozessleitende Verfügung; Verfahrensmangel nur bei willkürlicher Anordnung
Gesetze: FGO § 73 Abs. 1, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 124, FGO § 128 Abs. 2, FGO § 142, GG Art. 103
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) im Verfahren V B 39/09 gegen die Nichtzulassung der Revision. Zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens beantragt er Prozesskostenhilfe (PKH).
Der Antragsteller macht mit der Beschwerde im Verfahren V B 39/09 geltend, das Finanzgericht (FG) habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom mit Beschluss vom das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2003 und Umsatzsteuervorauszahlung 3. und 4. Kalendervierteljahr 2006 abgetrennt und die Klage unter dem Az. 16 K 46/09 abgewiesen habe, ohne ihn, den Antragsteller bzw. seinen Prozessbevollmächtigten, hierzu vorher zu hören.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Das Beschwerdeverfahren hat aber keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Der Antragsteller macht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das FG habe durch die Trennung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil der Rechtsstreit insgesamt noch nicht entscheidungsreif gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass am noch ein gerichtlicher Hinweis ergangen sei und am noch eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe.
b) Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO kann es zudem durch Beschluss zuvor verbundene Verfahren wieder trennen. Der Trennungsbeschluss ist eine prozessleitende Verfügung, die der Senat im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht nachprüfen kann (§ 128 Abs. 2 FGO i.V.m. § 124 Abs. 2 FGO). Dies gilt ebenso für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445; vom X B 138/05, BFH/NV 2006, 972). Derartige Anordnungen begründen allenfalls dann einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn das FG sie willkürlich —also ohne sachlichen Grund— erlassen hat oder wenn der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird (vgl. etwa , BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2008, 1445; vom XI B 110/95, BFH/NV 1999, 329, m.w.N.).
c) Vor dem FG fand am eine mündliche Verhandlung statt, die neben Umsatzsteuer 2004 und 2005 sowie Umsatzsteuervorauszahlung 1. und 2. Kalendervierteljahr 2006 auch den Umsatzsteuerbescheid 2003 und die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für das 3. und 4. Kalendervierteljahr 2006 zum Gegenstand hatte. Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde dabei auch die Sach- und Rechtslage erörtert.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) gewährleistet, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten (, BVerfGE 25, 40, 43, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG). Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren gehören nicht zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismitteln, sondern werden gemäß § 128 Abs. 2 FGO vom Gericht ohne Beschwerdemöglichkeit der Beteiligten gefasst. Da die Beteiligten hierzu nicht gehört werden müssen, kann sich aus dem Unterlassen der Anhörung grundsätzlich keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergeben, sondern nur dann, wenn durch die Trennung ihre prozessualen Rechte beeinträchtigt werden können (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1445, m.w.N.).
d) Der Antragsteller hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb der Rechtsstreit in Bezug auf den im angefochtenen Urteil entschiedenen Sachverhalt betreffend Umsatzsteuer 2003 und Umsatzsteuervorauszahlung 3. und 4. Kalendervierteljahr 2006 noch nicht entscheidungsreif gewesen sein könnte; sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Hinweis aus dem vom Antragsteller erwähnten Schreiben des das ausdrücklich nur Umsatzsteuer 2004 und 2005 sowie Umsatzsteuervorauszahlungen 1. und 2. Kalendervierteljahr 2006 betraf. Der Antragsteller hat, soweit er die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, auch nicht —wie erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 110/07, BFH/NV 2009, 396; vom V B 157/02, BFH/NV 2003, 929)— vorgetragen, was er bei der vermissten Anhörung in Bezug auf die seiner Ansicht nach zu Unrecht erfolgte Trennung vorgetragen hätte.
Da die Nichtzulassungsbeschwerde hiernach keine Aussicht auf Erfolg hat, war dem Antrag auf PKH nicht stattzugeben.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 228 Nr. 2
BAAAD-34045