Gebot der Rechtssicherheit; keine Umdeutung eines Rechtsbehelfs bei Einlegung durch Rechtsanwalt; Wiedereröffnung einer bereits geschlossenen mündlichen Verhandlung
Gesetze: FGO § 128, FGO § 93, FGO § 119 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Durch Urteil vom 1 K 1056/09 hat das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Nichtigkeit des Urteils 1 K 2181/03 vom abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger wegen Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter und wegen Falschinformation der Öffentlichkeit dagegen „sofortige Beschwerde” eingelegt und erneute Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt.
Das FG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 1 K 1056/09).
Ferner hatte der Kläger mit separatem Schriftsatz vom Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt. Mit Beschluss vom hat das FG den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom VIII B 134/09 als unzulässig verworfen.
II. Der Rechtsbehelf ist unzulässig.
1. Entscheidungen des FG sind mit der sofortigen Beschwerde nicht anfechtbar. Die Finanzgerichtsordnung (FGO) kennt einen derartigen Rechtsbehelf nicht (vgl. , BFH/NV 2009, 400).
2. Die Beschwerde ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde zulässig. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom VIII B 181/05 (BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188) entschieden hat, ist nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom (BGBl I 2004, 3220) zum ein derartiger außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf ausgeschlossen.
3. Der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausdrücklich als „sofortige Beschwerde” bezeichnete Rechtsbehelf kann auch nicht umgedeutet werden in eine Gegenvorstellung, „normale” Beschwerde oder Nichtzulassungsbeschwerde, denn es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige mit ihren Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom VIII B 157/06, BFH/NV 2007, 931, m.w.N.; BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 400).
4. Unabhängig davon übersieht der Kläger auch, dass die Frage, ob die bereits geschlossene mündliche Verhandlung wieder eröffnet werden soll, im Ermessen des Gerichts steht (§ 93 Abs. 3 Satz 2 FGO) und grundsätzlich nicht anfechtbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom VIII B 134/09). Wird die Wiedereröffnung —anders als im Streitfall— zu Unrecht verweigert, kann darin zwar ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 3 FGO liegen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 93 Rz 13). Nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils könnte ein solcher indes nur im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend gemacht werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 217 Nr. 2
OAAAD-33128