BGH Beschluss v. - IX ZB 43/07

Leitsatz

[1] Wegen Nichtzahlung der Mindestvergütung des Treuhänders kann die Restschuldbefreiung dem Schuldner nicht versagt werden, wenn der Treuhänder in seiner Zahlungsaufforderung auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung nicht hingewiesen hat.

Gesetze: InsO § 296 Abs. 3; InsO § 298 Abs. 1; InsO § 298 Abs. 3; ZPO § 574 Abs. 1

Instanzenzug: AG Hannover, 907 IK 210/03 vom LG Hannover, 20 T 6/07 vom

Gründe

I.

Am wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit Beschluss vom hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf. Mit gesondertem Beschluss vom selben Tag wurde die Restschuldbefreiung angekündigt und der bisherige Treuhänder auch zum Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren bestellt. Mit Beschluss vom wurde der bisherige Treuhänder entlassen und der weitere Beteiligte (fortan: Treuhänder) zum neuen Treuhänder bestellt. Mit Schreiben vom forderte der Treuhänder den Schuldner auf, neben der offenen Vergütung für die vorausgegangene Zeit auch die Treuhändervergütung für das dritte Jahr der Wohlverhaltensperiode in Höhe von 251,34 EUR zu entrichten. Dieses Schreiben kam mit dem Vermerk: "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" an den Treuhänder zurück. Unter dem beantragte der Treuhänder beim Insolvenzgericht, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Das Insolvenzgericht ermittelte eine neue Anschrift des Schuldners und forderte ihn - unter Beifügung des Antrags des Treuhänders auf Versagung der Restschuldbefreiung - mit Schreiben vom auf, die ausstehende Vergütung binnen zwei Wochen nach Zugang des Schreibens zu zahlen. In diesem Schreiben wurde der Schuldner zusätzlich darauf hingewiesen, dass im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs das Gericht dem Antrag stattgeben und die Restschuldbefreiung versagen werde. Mit Schreiben vom forderte der Treuhänder "letztmalig" den Schuldner zur Zahlung auf und setzte hierfür eine Frist zum .

Mit Beschluss vom hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren, den Antrag des weiteren Beteiligten auf Versagung der Restschuldbefreiung abzuweisen, weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 298 Abs. 3, § 296 Abs. 3 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und zur Abweisung des Versagungsantrags.

1.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner habe den rückständigen Betrag nicht innerhalb der gerichtlichen Zahlungsfrist an den Treuhänder abgeführt. Der Umstand, dass die jeweiligen Treuhänder den Schuldner nicht auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung hingewiesen hätten, sei unbeachtlich, weil der Schuldner spätestens mit Schreiben des Insolvenzgerichts über einen entsprechenden Antrag des Treuhänders zur Versagung der Restschuldbefreiung unterrichtet und ihm mitgeteilt worden sei, dass im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs das Gericht dem Versagungsantrag stattgeben und die Restschuldbefreiung versagen werde.

2.

Diese Ausführungen halten einen rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a)

Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 Abs. 1 InsO kommt nur dann in Betracht, wenn der Treuhänder den Schuldner zur Zahlung des ausstehenden Vergütungsbetrages schriftlich aufgefordert und hierzu eine Frist bestimmt hat. Die Aufforderung des Treuhänders hat zudem zwingend auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung als Rechtsfolge bei Ausbleiben der Zahlung bis zum Fristende hinzuweisen (MünchKomm-InsO/ Ehricke, 2. Aufl. § 298 Rn. 16; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 298 Rn. 4; Nerlich/Römermann, InsO § 298 Rn. 16; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 298 Rn. 4; FK-InsO/Grote, 5. Aufl. § 298 Rn. 11; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, § 298 Rn. 3).

b)

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann der nach § 298 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Hinweis des Treuhänders auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung nicht durch einen späteren gerichtlichen Hinweis im Versagungsverfahren ersetzt werden. Der im Aufforderungsschreiben aufzunehmende Hinweis des Treuhänders auf die Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung ist ein zwingendes Formerfordernis (Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl. § 298 Rn. 8), das der Treuhänder als Antragsvoraussetzung im Versagungsverfahren nachzuweisen hat (MünchKomm-InsO/Ehricke, a.a.O. Rn. 18; Nerlich/Römermann a.a.O.; FK-InsO/Grote a.a.O.). Fehlt, wie vorliegend gegeben, das in Rede stehende Antragserfordernis, er-weist sich der Versagungsantrag als unzulässig und ist vom Insolvenzgericht zurückzuweisen (MünchKomm-InsO/Ehricke, a.a.O.; Uhlenbruck/Vallender, InsO a.a.O.; Smid/Haarmeyer, InsO 2. Aufl. § 298 Rn. 5).

3.

Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da der Beschluss des Beschwerdegerichts ebenso wie derjenige des Insolvenzgerichts nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene 9 Sachentscheidung zu treffen (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Versagungsantrag des Treuhänders ist abzuweisen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
WM 2010 S. 90 Nr. 2
QAAAD-33068

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja