Leitsatz
[1] Die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Auszahlung des genossenschaftlichen Auseinandersetzungsguthabens stellt nicht deshalb eine unzumutbare Härte im Sinne des § 765 a ZPO dar, weil sie mittelbar zum Verlust der genossenschaftlichen Wohnungsrechte des Schuldners geführt hat und die Möglichkeit besteht, dass er seine derzeitige Wohnung verliert.
Gesetze: ZPO § 765a; ZPO § 829; ZPO § 835 Abs. 1; GenG § 66 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 2; GG Art. 14; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 103 Abs. 1; SGB I § 54 Abs. 2
Instanzenzug: LG Stuttgart, 19 T 417/07 vom AG Kirchheim unter Teck, 1 M 1454/06 vom
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt wegen Forderungen von insgesamt 1.372,36 EUR die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Dieser beantragt Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO.
Der am geborene Schuldner, der am die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, ist mit drei vom Sozialhilfeträger finanzierten Geschäftsanteilen zu je 250,00 EUR Mitglied der Drittschuldnerin, einer Genossenschaft. Mit dieser schloss er am einen Nutzungsvertrag über die von ihm innegehaltene Zweizimmerwohnung. Nach § 1 (3) des Nutzungsvertrages ist das Recht zur Nutzung der Wohnung an die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft gebunden. § 4 (3) des Nutzungsvertrages bestimmt, dass die Genossenschaft den Vertrag kündigen darf, wenn der Wohnungsinhaber die Mitgliedschaft verliert.
Am erwirkte die Gläubigerin wegen der oben genannten Forderungen beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem unter anderem folgende Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen wurden:
1.
der Auszahlungsanspruch des Schuldners bei Auseinandersetzung mit der Genossenschaft;
2.
der Anspruch gegen die Genossenschaft auf laufende Auszahlung der Gewinnanteile;
3.
der Anspruch gegen die Genossenschaft auf Auszahlung des Anteils am Reservefonds;
4.
der Anspruch gegen die Genossenschaft auf Auszahlung des Anteils am Vermögen im Fall einer Liquidation;
5.
der Anspruch auf Herausgabe der Genossenschaftssatzung.
Mit Schreiben vom kündigte die Gläubigerin gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GenG die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin zum . Diese bestätigte die Kündigung unter dem und kündigte an, das gepfändete Geschäftsguthaben des Schuldners nach Feststellung der Bilanz am an die Gläubigerin auszuzahlen.
Daraufhin hat der Schuldner beim Amtsgericht beantragt,
ihm Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO zu gewähren und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzuheben.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass der mit der Kündigung der Mitgliedschaft bei der Drittschuldnerin einhergehende Verlust seiner Wohnung angesichts seiner finanziellen Lage und seines angegriffenen Gesundheitszustandes eine unzumutbare Härte darstelle.
Das Amtsgericht hat dem Antrag des Schuldners stattgegeben und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich seiner in Rede stehenden Ansprüche gegen die Drittschuldnerin durch Beschluss vom nach Maßgabe des Nichtabhilfebeschlusses vom aufgehoben. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wiederhergestellt. Dagegen wendet sich der Schuldner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erstrebt.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1.
Das Beschwerdegericht hat dem Schuldner Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO mit der Begründung versagt, dass allein der drohende Verlust der Wohnberechtigung des Schuldners keine unzumutbare Härte im Sinne des § 765 a ZPO begründen könne. Die von der Gläubigerin im Rahmen der Vollstreckung herbeigeführte Beendigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin habe nicht unmittelbar zu einer Beendigung des Nutzungsverhältnisses über die von dem Schuldner innegehaltene Wohnung geführt. Voraussetzung hierfür sei eine Kündigung des Nutzungsvertrages, die auszusprechen die Drittschuldnerin auch nach dem Ausscheiden des Schuldners aus der Genossenschaft nicht verpflichtet sei. Der Verlust der Mitgliedschaft habe auch nicht eine Anwartschaft des Schuldners auf Altenbetreuung entfallen lassen.
Eine solche Anwartschaft sei durch den Nutzungsvertrag nicht begründet worden; vielmehr wäre der Schuldner im Bedarfsfall auch bei bestehender Mitgliedschaft auf die Inanspruchnahme privater entgeltlicher Pflegedienste angewiesen. Ohne Erfolg habe sich der Schuldner zur Begründung seines Vollstreckungsschutzbegehrens auf seinen Gesundheitszustand berufen. Sein Hinweis auf eine Diabetes- und Bluthochdruckerkrankung sowie die in Ansehung des drohenden Verlustes der Altersversorgung behauptete Suizidgefahr reichten zur Begründung einer unzumutbaren Härte im Sinne des § 765 a ZPO nicht aus. Aus dem Vorbringen des Schuldners ergebe sich nicht, dass gerade durch die Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten und die eventuell anschließende Kündigung des Nutzungsvertrages die Gefahr einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bestehe. Ihm sei es unbenommen, in einem von der Drittschuldnerin veranlassten Räumungsverfahren einen Räumungsschutzantrag zu stellen und in diesem Rahmen die ihm aus der Räumung möglicherweise entstehenden gesundheitlichen Nachteile geltend zu machen.
2.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
a)
Die Vorschrift des § 765 a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Anzuwenden ist § 765 a ZPO nur dann, wenn im Einzelfall die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde ( IXa ZB 228/03, BGHZ 161, 371, 374; Beschluss vom - I ZB 10/05, NJW 2005, 1859; Beschluss vom - IXa ZB 267/03, NJW 2004, 3635, 3636 - jeweils m.w.N.). Mit Recht hat das Beschwerdegericht dem Vorbringen des Schuldners keine Umstände entnommen, nach denen die Vollstreckung der Gläubigerin für ihn eine im obigen Sinne unzumutbare Härte bedeutet.
aa)
Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung in Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin nach Maßgabe der §§ 828 ff. ZPO. Die angefochtene Pfändung (§ 829 ZPO) und Überweisung jener Forderungen zur Einziehung (§ 835 Abs. 1 ZPO) hat dazu geführt, dass die Gläubigerin nunmehr berechtigt ist, die Forderungen im eigenen Namen durchzusetzen. In dem hierdurch bedingten Verlust der in den Forderungen repräsentierten Vermögenswerte liegt keine Härte für den Schuldner, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren wäre. Solches macht er auch gar nicht geltend. Vielmehr beruft er sich zur Begründung seines Vollstreckungsschutzantrages darauf, durch die in Rede stehende Vollstreckungsmaßnahme habe er seine genossenschaftlichen Wohnungsrechte verloren und es drohe der Verlust seiner Wohnung. Das trifft so nicht zu.
Der Schuldner ist zur Nutzung seiner Wohnung aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Drittschuldnerin im Nutzungsvertrag vom berechtigt. Dieses Nutzungsrecht wird durch die Pfändung und Überweisung seiner Forderungen gegen die Drittschuldnerin nicht beeinträchtigt. Es ist allenfalls deshalb betroffen, weil die Gläubigerin zur Fälligstellung und anschließenden Beitreibung des gemäß Ziffer 1 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändeten Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens von der durch § 66 Abs. 1 GenG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin zu kündigen. Denn das Wohnungsnutzungsrecht des Schuldners ist gemäß § 1 (3) des Nutzungsvertrages an seine Mitgliedschaft bei der Genossenschaft gebunden und diese ist bei Verlust der Mitgliedschaft gemäß § 4 (3) zur Kündigung des Nutzungsvertrages berechtigt. Hinzu tritt die Regelung in § 12 Abs. 2 a der Satzung der Drittschuldnerin, wonach das Recht auf eine wohnliche Versorgung durch Nutzung einer Genossenschaftswohnung entfällt, wenn die Geschäftsanteile im Rahmen der durch die Kündigung erzwungenen Auseinandersetzung ausgezahlt werden.
Die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin ist nicht durch die beanstandete Vollstreckungsmaßnahme, sondern durch die Ausübung eines gesetzlich verankerten Kündigungsrechts der Gläubigerin beendet worden. Daraus folgt, dass die Forderungspfändung sich allenfalls in dem Umfang als eine unzumutbare Härte im Sinne des § 765 a ZPO erweisen könnte, in dem sie geeignet und erforderlich war, die Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin durch die Gläubigerin gemäß § 66 Abs. 1 GenG zu rechtfertigen. Das trifft schon im Ausgangspunkt nur für den unter Ziffer 1 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses genannten Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu, nicht hingegen für die darüber hinaus gemäß Ziffer 2 - 5 jenes Beschlusses gepfändeten Forderungen, deren Beitreibung nicht an die Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin geknüpft ist. Weil sie nicht auf Auszahlung der Geschäftsanteile des Schuldners gerichtet sind, konnte ihre Pfändung auch nicht gemäß § 12 Abs. 2 a der Satzung der Drittschuldnerin zu einer Verwirkung der genossenschaftlich verankerten Wohnungsrechte des Schuldners führen. Schon deshalb kam hinsichtlich der letztgenannten Forderungen die Bewilligung von Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO nicht in Betracht.
bb)
Die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erweist sich nicht deshalb als unzumutbare Härte im Sinne des § 765 a ZPO, weil sie mittelbar zum Verlust der genossenschaftlichen Wohnungsrechte des Schuldners geführt hat und die Möglichkeit besteht, dass er seine derzeitige Wohnung verliert. Der Schuldner stützt seine gegenteilige Auffassung unter anderem auf einen , WuM 1983, 267), wonach die Pfändung eines genossenschaftlichen Auseinandersetzungsguthabens jedenfalls dann unverhältnismäßig sein soll, wenn der Schuldner dadurch seine Wohnberechtigung in einer langjährig bewohnten günstigen Mietwohnung verliert und er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zur Anmietung einer anderen Wohnung nicht in der Lage sei. Diese Sichtweise teilt der Senat jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht.
Richtig ist allerdings, dass die Vollstreckungsgerichte bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765 a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen haben. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletzen und dazu führen, dass die Vollstreckung für einen gewissen, auch längeren Zeitraum einzustellen ist. Das gilt insbesondere dann, wenn ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG konkret zu besorgen ist (BVerfGBVerfGE 52, 214, 219 f.; NJW 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NJW 2007, 2910; , BGHZ 163, 66, 72; Beschluss vom - V ZB 57/08, NJW 2009, 1283, 1284).
Die durch die Pfändung und Einziehung des Auseinandersetzungsguthabens bedingte Gefährdung seiner Wohnungsnutzungsrechte stellt keinen derart schwerwiegenden Eingriff in grundrechtlich geschützte Belange des Schuldners dar, der in Abwägung mit dem ebenfalls grundrechtlich in Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Vollstreckungsinteresse der Gläubigerin eine Einstellung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen könnte.
(1)
Nach der auf die Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens gestützten Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin und der mit Rücksicht auf das anwaltliche Ankündigungsschreiben der Drittschuldnerin vom zu unterstellenden Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens an die Gläubigerin ist gemäß § 12 Abs. 2 a der Satzung der Drittschuldnerin das Recht des Schuldners auf eine wohnliche Versorgung durch Nutzung einer Genossenschaftswohnung entfallen. Allein der Verlust dieser - im Übrigen mit Mitteln der Sozialhilfe erworbenen - Rechtsposition ist keine Härte, die hinzunehmen dem Schuldner nicht zugemutet werden könnte. Er führt lediglich dazu, dass der Schuldner keinen Rechtsanspruch auf eine Genossenschaftswohnung mehr hat. Ihm steht es indes frei, diesen Rechtsanspruch durch Einzahlung mindestens eines Genossenschaftsanteils von 250,00 EUR erneut zu begründen. Soweit er hierzu finanziell nicht in der Lage ist und er insoweit auch keine staatliche Zuwendung beanspruchen kann, treffen ihn keine weitergehenden Nachteile, als sie jeder Schuldner hinnehmen muss, der infolge seiner Zahlungsunfähigkeit einen rechtsgeschäftlich begründeten Leistungsanspruch verliert. Darin liegt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieser Leistungsanspruch auf die Zurverfügungstellung von Wohnraum gerichtet ist, kein Eingriff in grundrechtlich geschützte Belange des Schuldners, hinter denen das Vollstreckungsinteresse der Gläubigerin zurücktreten müsste.
Anderes folgt entgegen der Auffassung des Schuldners auch nicht daraus, dass ihm durch den Verlust des Wohnrechts zugleich die Möglichkeit genommen ist, eine Altenbetreuung in einer Genossenschaftswohnung in Anspruch zu nehmen. Mit Recht weist die Gläubigerin darauf hin, dass der Schuldner durch die Mitgliedschaft bei der Drittschuldnerin keinen Anspruch auf eine Altenbetreuung erworben hat. Vielmehr wird er auch für den Fall der Inanspruchnahme einer Genossenschaftswohnung eine altersgerechte Betreuung und Pflege bei Bedarf selbst organisieren und bezahlen müssen. Allein der Umstand, dass die Drittschuldnerin ihre Bereitschaft erklärt hat, ihm gegebenenfalls eine hierfür geeignete, alters- und pflegegerechte Wohnung zur Verfügung zu stellen, rechtfertigt es auch unter Berücksichtigung der verhältnismäßig geringen Höhe der beizutreibenden Forderung nicht, der Gläubigerin den rechtsstaatlich legitimierten Zugriff auf das dem Schuldner zustehende Auseinandersetzungsguthaben zu versagen oder aufzuschieben.
Eine Beendigung des Nutzungsverhältnisses über die von ihm innegehaltene Wohnung ist durch die pfändungsbedingte Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin nicht eingetreten. Voraussetzung hierfür ist vielmehr die Kündigung des Nutzungsvertrages, welche die Drittschuldnerin - soweit aus dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten ersichtlich - bisher nicht erklärt hat.
Durch die der Drittschuldnerin als mittelbare Folge der Pfändung eröffnete Möglichkeit der Kündigung des Nutzungsvertrages steht der Schuldner nicht schlechter als beispielsweise derjenige Mieter, der sich durch fortgesetzte Nichtzahlung des geschuldeten Mietzinses der berechtigten Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter gegenübersieht. Hier wie dort mag die Vollziehung der Kündigung durch Räumung der Wohnung je nach den Umständen des Einzelfalles eine unzumutbare Härte für den Wohnungsinhaber bedeuten, die er dem Gläubiger im Rahmen der Räumungsvollstreckung gemäß § 765 a ZPO entgegenhalten kann. Darum geht es hier allerdings nicht, weil die Gläubigerin nicht die Räumung der Wohnung des Schuldners betreibt. Ob er Vollstreckungsschutz beanspruchen kann, wenn die Drittschuldnerin den Nutzungsvertrag gekündigt hat und Räumung verlangt, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
(2)
Ohne Erfolg beruft sich der Schuldner darauf, die Pfändung und Einziehung seines Auseinandersetzungsguthabens bei der Drittschuldnerin stelle wegen einer drohenden Verschlechterung seines ohnehin angegriffenen Gesundheitszustandes und damit einhergehender Suizidgefahr einen unzumutbaren Eingriff in sein Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Zu Recht hat bereits das Beschwerdegericht dem Vorbringen des Schuldners keine Tatsachen entnommen, nach denen die in Rede stehende Vollstreckungsmaßnahme zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung mit möglicherweise suizidalen Folgen führen könnte. Der hiergegen vom Schuldner vorgebrachte Einwand, das Beschwerdegericht habe ihm keine ausreichende Gelegenheit für ergänzenden Sachvortrag gegeben und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG), greift nicht, weil er auch mit der Rechtsbeschwerde keine tatsächlichen Umstände aufzeigt, die er in der Beschwerdeinstanz noch hätte vortragen wollen und aus denen sich eine auf die in Rede stehende Vollstreckungsmaßnahme zurückzuführende, erhebliche Gesundheits- und Suizidgefahr ergeben könnte.
Der Schuldner macht geltend, durch den Verlust seiner Wohnung und seines häuslichen Umfeldes werde eine deutliche Verschlechterung seiner Diabetes- und Bluthochdruckerkrankung eintreten. Eine ohnehin vorhandene Depression werde sich bei einer dann erforderlichen Unterbringung in fremder Umgebung oder gar in einem Obdachlosenheim bis zu einer Suizidgefahr verstärken können. Daraus folgt indes nicht, dass sich bereits durch die Pfändung seines Auseinandersetzungsguthabens, die dadurch bedingte Kündigung seiner Mitgliedschaft bei der Drittschuldnerin und/oder den damit schließlich einhergehenden Verlust seines genossenschaftlichen Wohnrechts eine nicht hinnehmbare Gefahr für Leib und Leben ergibt. Sie wäre nach dem Vorbringen des Schuldners möglicherweise für den Fall einer etwaigen Räumungsvollstreckung zu besorgen. Für die Entscheidung maßgebend ist allerdings, ob sie bereits wegen der hier in Rede stehenden Pfändungsmaßnahme besteht (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2910, 2911; , NJW 2009, 80, 81 - beide für die Zuschlagserteilung im Zwangsvollstreckungsverfahren). Das ist nicht erkennbar der Fall. Denn von dem Verlust seiner Rechtsposition als Genossenschaftsmitglied geht naturgemäß kein so gewichtiger Einschnitt in die Lebensführung des Schuldners aus, wie dies bei dem bevorstehenden Verlust der Wohnung der Fall ist (vgl. BVerfG, aaO). Dass bereits diese mittelbare Folge der Forderungsvollstreckung zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung geführt hat, ist deshalb eher unwahrscheinlich und durch keinerlei nachprüfbaren Tatsachenvortrag belegt. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Gefahr einer Selbsttötung, die der Schuldner selbst mit dem drohenden Verlust seiner Wohnung und den sich hieraus ergebenden Folgen begründet. Lediglich im Schreiben vom hat er geltend gemacht, seine Gedanken würden suizidal, wenn er sein Wohnrecht und die Aussicht auf eine altersgerechte Betreuung und Pflege verlieren sollte. Diese, mit der Rechtsbeschwerde nicht aufgegriffene und auch sonst nicht näher begründete Behauptung ist in Erwägung der soeben erörterten Zusammenhänge nicht geeignet, einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu begründen. Ihr sind keine konkreten Tatsachen zu entnehmen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Schuldner schon wegen der beanstandeten Pfändungsvollstreckung suizidgefährdet ist. Solche Umstände hätte er deutlich machen müssen (vgl. BVerfG, aaO; BGH, aaO). Weil er auch mit Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt hat, dass er solche Umstände hätte vortragen wollen, dringt er mit dem Einwand unzureichender Sachaufklärung durch das Beschwerdegericht nicht durch.
b)
Aus § 54 Abs. 2 SGB I kann der Schuldner nichts zu seinen Gunsten herleiten. Die Gläubigerin hat keine Ansprüche des Schuldners auf einmalige Geldleistungen eines Sozialhilfeträgers gepfändet. Daran vermag auch der vom Schuldner in diesem Zusammenhang angeführte Umstand nichts zu ändern, dass das Sozialamt die für die Begründung der Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin erforderlichen Geschäftsanteile gezahlt hat. Die sich aus der Beteiligung des Schuldners an der Genossenschaft satzungsmäßig ergebenden Zahlungsansprüche werden nicht dadurch zu einmaligen Geldleistungen des Sozialhilfeträgers, dass er die Geldmittel für den Erwerb der Mitgliedschaft bei der Drittschuldnerin bereitgestellt hat.
Die beanstandete Vollstreckungsmaßnahme führt entgegen der Auffassung des Schuldners auch nicht mittelbar zu einer Pfändung von Sozialleistungen, für die dem Schuldner Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO zuzubilligen wäre. Die von ihm in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen des Senats vom (VII ZB 15/07, NJW 2007, 2703) und (VII ZB 32/07, NJW 2008, 1678) betreffen Fallkonstellationen, in denen der Gläubiger durch Pfändung eines Auszahlungsanspruchs des Schuldners gegen den Drittschuldner Zugriff auf nicht der Pfändung unterliegende Geldleistungen nimmt, die der Drittschuldner für den Schuldner in Empfang genommen hat. Um solche Leistungen geht es hier nicht. Die von der Pfändung umfassten Ansprüche des Schuldners gegen die Genossenschaft ersetzen keine der Pfändung nicht oder nur beschränkt unterliegenden Sozialleistungen. Sie sind Ausfluss der Beteiligung des Schuldners am Genossenschaftsvermögen. Dass er diese Beteiligung mit Mitteln der Sozialhilfe erworben hat, gebietet es nicht, ihn gemäß § 765 a ZPO vor dem Verlust der in den gepfändeten Zahlungsansprüchen repräsentierten Vermögenswerte zu schützen. Nichts anderes gilt aus den bereits dargelegten Gründen für den mittelbar infolge der Pfändung und Beitreibung seines Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens eingetretenen Verlust seines genossenschaftlichen Wohnrechts.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 157 Nr. 3
WM 2009 S. 2280 Nr. 48
NAAAD-31838
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja