BSG Urteil v. - B 14 AS 45/08 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB II § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1

Instanzenzug: LSG Berlin-Brandenburg, L 19 AS 1116/06 vom SG Berlin, S 87 AS 1853/06 vom

Gründe

I

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen seiner Wohnung als Zuschuss.

Der im Jahre 1966 geborene Kläger wohnte seit Dezember 2003 in einer 42 m² großen Zweizimmerwohnung in Berlin. Zum damaligen Zeitpunkt und bis zum stand er im Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und Wohngeld. Seit bezieht er vom Beklagten Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Im November 2005 beantragte er bei dem Beklagten als Erstausstattung gemäß § 23 Abs 3 SGB II die folgenden Einrichtungsgegenstände: Küchenschränke, Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und neuer Matratze, Fußbodenbelag, ein Schuhschrank/Garderobe für den Flur. Zur Begründung des Antrags führte er aus, dass er seit dem Ende seines letzten Arbeitsverhältnisses im Jahre 2003 keine Arbeitsstelle mehr gehabt habe. Er habe noch Schulden abzuzahlen gehabt. Es sei ihm nicht möglich, die Grundausstattung der Wohnung mit eigenen Mitteln zu komplettieren.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom den Antrag auf Übernahme von Kosten der Erstausstattung der Wohnung ab. Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, die Kosten hierfür in vollem Umfang aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Hiergegen hat der Kläger im Februar 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Der Beklagte hat während des Gerichtsverfahrens nach Besichtigung der Wohnung des Klägers im Mai 2006 durch Bescheid vom dem Kläger gemäß § 23 Abs 1 SGB II die beantragten Leistungen als Darlehen in Höhe des Anschaffungswertes von einmalig 344 Euro bewilligt. In Ausführung dieses Bescheides hat der Beklagte zur Anschaffung der Matratze dem Kläger einen Betrag von 50 Euro überwiesen, für die restlichen Möbel - mit Ausnahme eines Schuhschranks und eines Bodenbelags - Gutscheine ausgestellt und die Aufrechnung des Darlehens gemäß § 23 Abs 1 Satz 3 SGB II ab dem in monatlichen Raten in Höhe von 34,50 Euro erklärt. Weiterhin ist ausgeführt, dass dieser Bescheid gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens werde. Der Kläger hat darüber hinaus geltend gemacht, er habe einen Rechtsanspruch auf einen Zuschuss zur Finanzierung der geltend gemachten Einrichtungsgegenstände. Er widerspreche sowohl der Erbringung der Leistung als Darlehen als auch der Höhe des gewährten Darlehens. Das SG Berlin hat durch Urteil vom die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt und weiterhin beantragt, ihm sei ein verlorener Zuschuss für die genannten Gegenstände in Höhe von mindestens 540 Euro zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Streitgegenstand sei ausschließlich der Bescheid des Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom . Der Bescheid über die Gewährung der Gegenstände als Darlehen nach § 23 Abs 1 SGB II vom sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Dem Kläger stünde gegen den Beklagten kein Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung als verlorener Zuschuss nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zu. Zwar sei der Begriff der Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Bei dem Kläger bestehe auch ein Bedarf für die Küchenschränke, den Wohnzimmerschrank sowie ein Bett mit Matratze. Diese seien für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Leben erforderlich und somit Einrichtungsgegenstände iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Diese Gegenstände seien auch nicht Bestandteil der Mietsache gewesen und nicht im Besitz des Klägers. Der vom Kläger begehrte Fußbodenbelag sei dagegen nicht Teil der Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, denn die Mietwohnung des Klägers sei mit einem hochwertigen Holzfußboden ausgestattet.

Bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles sei jedoch für die insoweit in Betracht kommenden Einrichtungsgegenstände (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett mit Matratze) der nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erforderliche atypische Bedarf im Bereich der Existenzsicherung iS einer Härtefallregelung nicht gegeben. Zwar sei der zeitliche Abstand zwischen dem Einzug in die Wohnung (Dezember 2003) und der Geltendmachung der Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung (November 2005) per se kein Grund für die Ablehnung des Anspruchs, denn der Begriff der Erstausstattung sei nicht zeitbezogen zu verstehen. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie Zielsetzung der Norm müsse im Sinne einer teleologischen Reduktion jedoch eine solche Fallkonstellation vom Anspruch ausgeschlossen werden, bei der der Leistungsempfänger bei Bestehen eines akuten Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II aus eigener freier Entscheidung die Anschaffung an sich erforderlicher haushaltstypischer Wohnungsgegenstände auf einen späteren Zeitpunkt verschoben habe, obgleich es ihm möglich gewesen wäre, mit den im Bedarfszeitpunkt zur Verfügung stehenden Mitteln die Gegenstände zu beschaffen. Der Kläger habe zu seiner Motivationslage vorgetragen, dass er damals davon ausgegangen sei, bald wieder Arbeit zu finden. Zudem habe er seine Schulden tilgen wollen. Diese eigenverantwortliche Entscheidung müsse auch bei der Beurteilung eines Bedarfs iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II berücksichtigt werden. Dabei spiele die Unkenntnis des Klägers über einen derartigen Anspruch keine Rolle, zumal das SGB II erst über ein Jahr nach dem Bezug der Wohnung im Dezember 2003 in Kraft getreten sei. Die Situation des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht mit der einer Person vergleichbar, die beispielsweise infolge einer Trennung oder nach einer Haft bzw Obdachlosigkeit erstmals wieder eine Wohnung ausstatten müsse. Die Nichtausstattung der Wohnung beruhe auf dem freien Willensentschluss des Klägers, zunächst nicht die für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Gegenstände zu beschaffen. Es sei sein Willensentschluss gewesen, auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu hoffen und Schulden der Gerichtskasse zu tilgen. Zur sofortigen Schuldentilgung sei der Kläger auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse nicht verpflichtet gewesen. Die Forderungen hätten nicht im Wege der Pfändung (§ 54 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]) durchgesetzt werden können, denn das Einkommen des Klägers zur damaligen Zeit habe unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) gelegen. Das zu sichernde Existenzminimum des Klägers werde nicht gefährdet, denn dem Kläger stünde nach § 23 Abs 1 SGB II ein Darlehen zu, was der Beklagte ihm auch bewilligt habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Es könne ihm nicht wegen der auch in der Gesetzesbegründung zum SGB II festgelegten und als Ausdruck des Sozialstaatsprinzips normierten Dispositionsfreiheit entgegengehalten werden, dass er die Mittel aus der Alhi im Jahr 2003 zur Schuldentilgung verwendet habe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der in der Regelleistung enthaltene Ansparbetrag, der dem Kläger ab bewilligt worden sei, in keiner Weise dafür ausreiche, die notwendigen Einrichtungsgegenstände zu beschaffen. Schließlich sei er auch bei der Beantragung der Leistungen vom zuständigen JobCenter nie über die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II belehrt worden. Als er von dieser Möglichkeit erfahren habe, habe er sofort den klagegegenständlichen Antrag gestellt. Er habe auch deshalb keine Darlehensleistungen entgegennehmen wollen, weil er keine weitere Reduzierung des Regelsatzes durch monatliche Abschläge hinnehmen könne. Insgesamt sei der um 10 % abgesenkte Regelsatz, der durch die Darlehenstilgung gemäß § 23 Abs 1 SGB II entstehe, verfassungsrechtlich bedenklich. Mit einer reduzierten Regelleistung könne er seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom und des Sozialgerichts Berlin vom aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom in der Fassung des Änderungsbescheids vom dem Kläger Leistungen für die Wohnungserstausstattung (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett und Matratze) als verlorenen Zuschuss in angemessener Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.

II

Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Urteile und Bescheide und Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinsichtlich Leistungsart und Höhe des dem Kläger zustehenden Anspruchs auf Erstausstattungen begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Zuschuss. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits im November 2003 die Wohnung bezogen und damals auf den Erwerb von Einrichtungsgegenständen verzichtet hat (s hierzu im Einzelnen unter 2.). Allerdings steht es im Ermessen des Beklagten, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung) und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt. Hierüber wird der Beklagte erst noch eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Beklagte darf dabei allerdings gemäß § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II eine Pauschalierung der Leistungen vornehmen. Ob die in dem Rundschreiben I Nr 38/2004 von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Senats von Berlin vom vorgesehenen Pauschbeträge den Kriterien des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genügen, kann hier offen bleiben (s unter 3.).

1. Streitgegenstand ist lediglich, ob dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zusteht. Es kann hierbei dahinstehen, ob die Antragstellung des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom September 2004 bereits einen entsprechenden Antrag auf Leistungen für Erstausstattungen mitumfasste. Da die Leistungen auf Erstausstattung einer Wohnung insoweit nicht strikt zeitgebunden sind bzw nicht nur innerhalb eines gewissen Zeitfensters geltend gemacht werden können, ist jedenfalls auf den Antrag des Klägers vom November 2005 hin über seinen Anspruch zu entscheiden. Insoweit kann auch dahinstehen, dass der Anspruch des Klägers bereits zum bestand, weil ihm dadurch keine höheren Beträge zustehen können.

Der Bescheid vom ist entgegen der Rechtsansicht des LSG gemäß § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Durch diesen Bescheid wurde der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ) geändert. Anstelle der vollständigen Ablehnung einer Erstausstattung als Zuschuss wurde nunmehr ein Darlehen gemäß § 23 Abs 1 SGB II als Minus bewilligt. Würde dieser Bescheid nicht in den Rechtsstreit einbezogen, so könnte sich der Beklagte weiterhin darauf berufen, es liege ein bestandskräftiger Bescheid vor, nach dem er lediglich zur Darlehensgewährung verpflichtet sei. Dies zeigt, dass der Bescheid vom denselben Streitgegenstand regelt wie der Bescheid vom (Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen für die Einrichtung seiner Wohnung).

2. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig. Dem Kläger steht ein Anspruch gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II auf Leistungen für Erstausstattung für seine Wohnung als Zuschuss zu. Der Kläger war nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG Berechtigter iS des § 7 Abs 1 SGB II.

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom - B 14 AS 64/07 R -, RdNr 19; vgl auch grundlegend Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 23 RdNr 97). Entscheidend ist mithin, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (vgl auch Behrend in juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 80; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2007, § 23 RdNr 332; vgl auch , RdNr 23). In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Dies hat der Beklagte im Übrigen im Mai 2006 selbst anerkannt. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II darf ein Darlehen nur dann erbracht werden, wenn im Einzelnen ein unabweisbarer Bedarf besteht. Auf Grund des Gesamtzusammenhangs der Feststellungen und des Prüfberichts des Beklagten vom Mai 2006 steht fest, dass die Wohnungseinrichtung des Klägers insgesamt nicht einem Standard genügte, der den herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung einfachster Verhältnisse entsprach.

Das LSG ist rechtsirriger Weise davon ausgegangen, dass den Kläger an dem Vorliegen dieses Bedarfs auf Erstausstattung ein den Anspruch ausschließendes zurechenbares Verschulden traf, weil er sich im Jahre 2003 bewusst dafür entschieden hat, zunächst seine Schulden zu bezahlen und keine Wohnungseinrichtung zu erwerben. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich aktuell besteht und auch aktuell vom Grundsicherungsträger zu befriedigen ist. Im November 2005 jedenfalls bestand jeweils der Bedarf und auch das LSG hat selbst zunächst eingeräumt, dass der Begriff der Erstausstattung bedarfsbezogen (und nicht zeitbezogen) zu bestimmen ist. Eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Hilfebedürftiger entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat. Für ein solches vorsätzliches oder grob fahrlässiges Herbeiführen des Bedarfs liegen beim Kläger keine Anhaltspunkte vor. Im Jahre 2003 war der Kläger Bezieher von Alhi. Nach dem Recht des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und der entsprechenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) gab es keine rechtliche Möglichkeit, von der Bundesagentur für Arbeit Erstausstattungen für die Wohnung zu beanspruchen. Dass der Kläger bereits im November 2003 im Hinblick auf ein noch zu schaffendes Regelwerk (das SGB II) eine Einrichtung seiner Wohnung unterlassen hätte, ist nicht ersichtlich oder dargetan. Insofern beruft sich der Kläger zu Recht auf seine Privatautonomie, nach der es ihm insbesondere als Empfänger von Alhi freistand, die ihm bewilligte Alhi zur Tilgung von Schulden zu verwenden. Dass das SGB II dem früheren Bezieher von Alhi einen insofern aus dem Sozialhilferecht herrührenden neuen Anspruch auf eine Erstausstattung einräumen werde, musste dem Kläger nicht bewusst sein. Auf Grund der vorliegenden Feststellungen steht zudem fest, dass der Anspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II bereits am bestand. Ob und inwiefern die Grundsicherungsträger jeweils Vorkehrungen zu treffen hätten, die Antragsteller zu einer möglichst weitgehenden Erklärung über ihre Verhältnisse (etwa auch im Hinblick auf Mehrbedarfe nach § 21 SGB II) zu veranlassen, kann hier dahinstehen. Denn auch wenn der Kläger im Januar 2005 seinen Anspruch geltend gemacht hätte, könnte ihm kein höherer Anspruch zustehen.

b) Ausgehend von dem rechtlichen Ansatzpunkt, dass nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem Hilfebedürftigen ermöglicht werden soll, eine Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erlangen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen, stand dem Kläger ein Anspruch auf Küchenschränke, Wohnzimmerschränke, ein Bett mit Lattenrost und eine neue Matratze zu. Der Beklagte und die Vorinstanzen haben allerdings bezüglich des Schuhschranks und für die Garderobe noch keine Entscheidung getroffen, obwohl das Fehlen des entsprechenden Schuhschranks bzw Garderobenschranks in dem Prüfbericht auf Grund des Hausbesuches ausdrücklich festgestellt ist. Hierüber wird ggf in dem weiteren Verwaltungsverfahren zu befinden sein.

Allerdings besteht keine Notwendigkeit, was auch das LSG zutreffend entschieden hat, dem Kläger als Erstausstattung die Kosten für einen Teppichboden zuzusprechen. Der Kläger hat insofern im Revisionsverfahren den Antrag begrenzt und die Kosten für den Teppichboden nicht mehr geltend gemacht. Dahinstehen kann daher auch, ob ein Teppichboden überhaupt als Erstausstattung geltend gemacht werden kann (generell ablehnend , RdNr 23).

3. Der Beklagte wird noch über die Form der Leistungsgewährung und die Höhe der Leistungen eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Der Senat folgt insoweit dem 4. Senat des BSG, der bereits entschieden hat, dass in Fällen der vorliegenden Art die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der sog "Verpflichtungsbescheidungsklage" (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die richtige Klageart ist (Urteil vom - B 4 AS 77/08 R - RdNr 10). Dem Beklagten steht mithin hinsichtlich des Anspruchs auf Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II kein Handlungsermessen zu. Der Anspruch ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie hier - die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Eine Darlehensgewährung kommt dann nach dem Regelungszusammenhang des § 23 SGB II nicht mehr in Betracht.

Allerdings räumt § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II dem Grundsicherungsträger ein Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letzteres auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann (hierzu im Einzelnen Hengelhaupt in Hauck/Voelzke, SGB II, K § 23 RdNr 431 ff, Stand X/07). Insofern hat der Leistungsempfänger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (vgl § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I), nicht aber einen Rechtsanspruch auf eine ganz bestimmte Art der Leistung, sofern nicht eine "Ermessensreduzierung auf Null" eingetreten ist. Der Beklagte kann mithin den Rechtsanspruch des Klägers auf Erstausstattung auch dadurch erfüllen, dass er selbst Einrichtungsgegenstände in einem Lager etc vorhält und diese "in natura" als Sachleistung ausgibt. Hierüber hat der Beklagte ersichtlich noch keine Entscheidung getroffen, weil er - rechtswidrigerweise - davon ausging, er könne die Leistung als Darlehen gewähren.

Wählt der Grundsicherungsträger die Leistungsart "Geldleistung", so kann diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden (§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II). Allerdings ist hierbei § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II zu beachten. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Insofern spricht der Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II dafür, dass den Grundsicherungsträgern bei der Festsetzung der Höhe der Pauschalen nur ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zusteht. Die Leistungsträger werden insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzunehmen haben, die auch einer richterlichen Kontrolle unterliegen. Eine solche Pauschalierung nach § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II ist jedem Verwaltungsträger nach eigenen Grundsätzen möglich, solange keine Verordnung gemäß § 27 Nr 3 SGB II vorliegt. Eine solche Verordnung ist jedenfalls nicht konstitutiv für eine Pauschalierung, die ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in § 23 Abs 3 Satz 5 und 6 SGB II findet (missverständlich insoweit Münder in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 24 und § 27 RdNr 2).

Ob die von dem Beklagten bei der Bemessung der Höhe des Darlehens zugrundegelegten Pauschalbeträge für Bett, Matratze etc den in § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen, kann hier nicht entschieden werden. Der Beklagte geht offenbar von den Werten in einem Rundschreiben der (Berliner) Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales vom (Rundschreiben I Nr 38/2004) aus. Bei einem solchen Rundschreiben, einer internen Verwaltungsrichtlinie, handelt es um nicht revisibles Recht (§ 162 SGG). Den erkennenden Senat bindende Feststellungen über den Inhalt dieses Rundschreibens gerade bezüglich der Erfahrungswerte und Ermittlungen der Berliner Senatsverwaltung, die der Bildung der Pauschalen zugrundelagen, liegen nicht vor. Insofern ist es dem Senat nicht möglich, abschließend darüber zu befinden, inwieweit die festgesetzten Pauschalen hinreichend empirisch abgesichert sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Fundstelle(n):
FAAAD-31550