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BGH Beschluss v. - XII ZB 176/06

Leitsatz

[1] a) Bei der zeitratierlichen Ermittlung des Ehezeitanteils eines betrieblichen Anrechts beeinflusst eine Teilzeitbeschäftigung des Versorgungsberechtigten die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit grundsätzlich nicht (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom - XII ZB 160/07 - zur Veröffentlichung bestimmt).

b) Eine zum nach § 75 VBL-Satzung ermittelte Besitzstandsrente ist auf ein vor diesem Stichtag liegendes Ehezeitende zurückzurechnen. Die Rückrechnung ist grundsätzlich anhand des Verhältnisses des gesamtversorgungsfähigen Entgelts zum zum gesamtversorgungsfähigen Entgelt bei Ehezeitende durchzuführen. Hat der Anspruchsinhaber aber bereits bei Ehezeitende eine Versorgungsrente nach § 40 VBL-Satzung a.F. bezogen, kann die Rückrechnung anhand der Steigerungsraten der (Bundes-)Beamtenversorgung im Zeitraum Ehezeitende bis erfolgen (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312).

Gesetze: VBLS § 39; VBLS § 40; VBLS § 75 Abs. 1; BGB § 1587a Abs. 2; BeamtVG § 6 Abs. 1; BetrAVG § 2 Abs. 1

Instanzenzug: OLG Oldenburg, 11 UF 106/99 vom AG Oldenburg, 52 F 3034/98 vom

Gründe

I.

Die Parteien haben am geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am ) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am ) am zugestellt worden. Bereits bei Ehezeitende () erhielten beide Parteien jeweils laufende Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Versorgungsrenten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 2).

Das Amtsgericht - Familiengericht - hatte die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es durch Splitting nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Oldenburg-Bremen (weitere Beteiligte zu 1; im Folgenden: DRV Oldenburg-Bremen) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der DRV Oldenburg-Bremen Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 8,31 DM (4,25 EUR), bezogen auf den , übertragen hat. Zudem hatte es durch analoges Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der DRV Oldenburg-Bremen Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 116,96 DM (59,62 EUR) begründet, wiederum bezogen auf das Ehezeitende.

Auf die Beschwerde der VBL hatte das der in FamRZ 2001, 484 veröffentlicht ist, das angeordnete Rentensplitting bestätigt und im Übrigen die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - dahin abgeändert, dass der durch analoges Quasi-Splitting zu Gunsten der Ehefrau zu begründende monatliche Ausgleichsbetrag nur 95,80 DM (48,98 EUR) beträgt (bezogen auf den ).

Auf die zugelassene weitere Beschwerde der VBL, mit der sie das bei ihr bestehende Anrecht des Antragsgegners unter Anwendung der sog. VBL-Methode bewertet wissen wollte, hatte der Senat durch Beschluss vom (- XII ZB 211/00 - FamRZ 2005, 1664 ff.) die Entscheidung des Oberlandesgerichts insgesamt aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, weil die erhobenen Auskünfte der VBL den zum durchgeführten Systemwechsel in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes noch nicht berücksichtigten.

Das Oberlandesgericht hat darauf neue Auskünfte der beteiligten Versicherungsträger eingeholt. Danach haben beide Parteien während der Ehezeit ( bis , § 1587 Abs. 2 BGB) gesetzliche Rentenanwartschaften bei der DRV Oldenburg-Bremen erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von 1.478,67 DM (756,03 EUR) und der Ehemann in Höhe von 1.208,53 DM (617,91 EUR), jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit. Die von den Parteien bezogenen Versorgungsrenten i.S.v. § 40 Abs. 1 VBL-Satzung a.F. werden seit dem Systemwechsel in der Zusatzversicherung des öffentlichen Dienstes als Besitzstandsrenten weitergezahlt (§ 75 Abs. 2 VBL-Satzung) und sind von der VBL zum Stichtag mit 49,05 DM (Ehefrau) und 1.107,67 DM (Ehemann) ermittelt worden.

Die von den Parteien seit dem bezogenen Besitzstandsrenten hat das Beschwerdegericht zunächst auf das Ehezeitende () entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes auf (49,05 x 47,44 [aRW am ] : 49,51 [aRW am ] =) 47,00 DM (Ehefrau) und (1.107,67 x 47,44 : 49,51 =) 1.061,36 DM (Ehemann) zurückgerechnet und diese Beträge anschließend mit dem sich aus dem Verhältnis der in der Ehezeit zurückgelegten zur gesamten gesamtversorgungsfähigen Zeit ergebenden Quotienten multipliziert. Es hat danach das VBL-Anrecht der Ehefrau mit 47,00 DM x (142 : 241 x 100 = 58,92 % x 0,95 Gesamtbeschäftigungsquotient in der Ehezeit : 0,96 Gesamtbeschäftigungsquotient gesamte Zeit =) 58,30 % = 27,40 DM (14,01 EUR) und das Anrecht des Ehemannes mit 1.061,36 DM x (269 : 376,5 x 100 =) 71,44 % = 758,24 DM (387,68 EUR) bewertet.

Die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - zum Versorgungsausgleich hat das Oberlandesgericht dahin abgeändert, dass der Wertausgleich insgesamt durch analoges Quasi-Splitting zu erfolgen hat, indem zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der DRV Oldenburg-Bremen Rentenanwartschaften in Höhe von 117,78 EUR (230,36 DM), bezogen auf den , begründet werden.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der VBL, mit der sie die Rückrechnung des Ehezeitanteils der zum ermittelten Besitzstandsrente auf das Ehezeitende () anhand der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes beanstandet.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

1.

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung, die in FamRZ 2007, 562 f. veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet: Für die Ermittlung der Ehezeitanteile der VBL-Anrechte sei wegen der faktisch zum erfolgten Schließung des Gesamtversorgungssystems die sog. VBL-Methode nicht mehr anwendbar, auch wenn das Ehezeitende vor diesem Zeitpunkt liege. Das nach altem Satzungsrecht bestehende Gesamtversorgungssystem sei zwar gemäß § 75 Abs. 1 VBL-Satzung Grundlage für die Feststellung der Besitzstandsrenten der Parteien zum Stichtag gewesen. Diese Feststellungen seien aber bestandskräftig geworden und deshalb Ausgangspunkt für die weiteren Anpassungen ab , die nach § 39 VBL-Satzung unabhängig von der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1 % jährlich erfolgten. Es sei deshalb folgerichtig, die zum Stichtag festgestellten Besitzstandsrenten der Parteien einer zeitratierlichen Berechnung der Ehezeitanteile anhand des Verhältnisses der in der Ehezeit zurückgelegten zur gesamten gesamtversorgungsfähigen Zeit zugrunde zu legen. Vorliegend könnten die Ehezeitanteile allerdings nicht unmittelbar nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB aus den Besitzstandsrenten bestimmt werden. Denn der Stichtag für die Ermittlung der Besitzstandsrenten () weiche vom Ehezeitende () ab. Für den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich sei jedoch grundsätzlich der Wert eines Anrechts für das Ehezeitende festzustellen. Vorliegend sei dem Stichtagsprinzip zu genügen, indem eine Rückrechnung der Besitzstandsrenten auf das Ehezeitende entsprechend dem Verhältnis der aktuellen Rentenwerte zum und zum Ehezeitende erfolge. Dieser Rechenweg sei jederzeit einfach durch Einsetzen allgemein zugänglicher Rentenwerte und ohne zusätzliche einzelfallbezogene Angaben des Versorgungsträgers durchzuführen. Hingegen sei eine gesonderte, auf die Bemessungsgrundlagen bei Ehezeitende bezogene Feststellung des Wertes der Besitzstandsrenten nicht zulässig, weil die VBL-Satzung ausschließlich eine Berechnung für den Stichtag vorsehe.

Wegen des bereits vor Ehezeitende eingetretenen Leistungsfalls seien die im Leistungsstadium volldynamischen VBL-Anrechte der Parteien ohne Umrechnung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Der Antragsgegner sei deshalb in Höhe von [(617,91 EUR + 389,68 EUR =) 1.005,59 EUR ./. (756,03 EUR + 14,01 EUR =) 770,04 EUR = 235,55 EUR : 2 =] 117,78 EUR ausgleichspflichtig; nach § 1 Abs. 3 VAHRG habe der Ausgleich insgesamt durch analoges Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der VBL zu erfolgen (§ 1 Abs. 3 VAHRG). Einer entsprechenden Neuregelung des Versorgungsausgleichs stehe nicht entgegen, dass die VBL die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - zum Rentensplitting nicht angegriffen habe. Wegen der sachlichen Verknüpfung der gesetzlichen Rentenanrechte mit den bei der VBL begründeten Anrechten im Rahmen des früheren Gesamtversorgungssystems, aber auch wegen ihrer Bedeutung im Rahmen der Feststellung der (auf dem Gesamtversorgungssystem beruhenden) Besitzstandsrenten, handele es sich bei der Entscheidung zum Rentensplitting nicht um eine von der Entscheidung über die sonstigen Versorgungsanrechte unabhängige Teilentscheidung.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

2.

Im Ansatz zu Recht geht das Oberlandesgericht davon aus, dass für den Versorgungsausgleich die zum festgestellten Besitzstandsrenten der Parteien maßgeblich sind und sich deren Ehezeitanteile jeweils rein zeitratierlich bestimmen.

a)

Mit Wirkung ab wurde die Satzung der VBL grundlegend geändert und anstelle des bisherigen endgehaltsbezogenen, an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten ein so genanntes Punktemodell eingeführt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 213 ff.; Wick FamRZ 2008, 1223, 1226). Gemäß § 35 ff. VBL-Satzung bestimmen sich die Versorgungsanrechte in der Anwartschaftsphase jetzt grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000,-- EUR, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich dann gemäß § 35 Abs. 1 VBL-Satzung im Wege der Multiplikation mit einem Messbetrag von 4,-- EUR. Für die vor der Satzungsänderung zum erworbenen Anrechte (vgl. zur Rechtslage vor der Strukturreform Wick FamRZ 2008, 1223 ff.) enthält die VBL-Satzung in den §§ 75 ff. differenzierende Übergangsregelungen. In den Fällen, in denen der Versicherte - wie hier beide Ehegatten - vor dem Systemwechsel bereits eine im Rahmen der Gesamtversorgung bewilligte Versorgungsrente nach § 40 Abs. 1 VBL-Satzung a.F. bezogen hat, wird die gezahlte Versorgungsrente nach § 75 Abs. 1 VBL-Satzung zum Stichtag festgestellt und als - von der gesetzlichen Rentenversicherung abgekoppelte - Besitzstandsrente neuen Rechts weitergezahlt; diese wird nachfolgend entsprechend § 39 VBL-Satzung jeweils zum 1. Juli eines Jahres um 1 % erhöht (§ 75 Abs. 2 VBL-Satzung).

b)

Die nach Ehezeitende in Kraft getretenen Änderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlagen einer Versorgung, die Einfluss auf die Höhe und die Qualität eines Anrechts haben, sind bei der Entscheidung zum Versorgungsausgleich grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312, 1314). Hat deshalb ein Ehegatte bislang eine Versorgungsrente nach § 40 VBL-Satzung a.F. bezogen, errechnet sich nach dem Systemwechsel in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes der Ehezeitanteil der nun von einem Gesamtversorgungssystem unabhängigen Besitzstandsrente nicht mehr nach der die Höhe der sog. Grundversorgung berücksichtigenden VBL-Methode (vgl. zu deren Anwendung bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 211/00 - FamRZ 2005, 1664 ff. und vom - XII ZB 38/94 - FamRZ 1996, 93, 94 ff.), sondern gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 lit. b BGB rein zeitratierlich anhand des Verhältnisses der in der Ehezeit zurückgelegten zur gesamten gesamtversorgungsfähigen Zeit im Sinne des § 42 VBL-Satzung a.F. (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 24/07 -FamRZ 2009, 1312, 1314 und vom - XII ZB 74/08 - FamRZ 2009, 586, 589; zur Erforderlichkeit einer zweistufigen Berechnung, wenn nach dem weitere Anwartschaften erworben wurden, vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084, 1085).

3.

Das Oberlandesgericht hat jedoch bei der zeitratierlichen Bestimmung des Ehezeitanteils der Versorgungsrente der Ehefrau deren phasenweise Teilzeitbeschäftigung - entsprechend der Auskunft der VBL (VA 106) - unzutreffend dadurch berücksichtigt, dass es die gesamtversorgungsfähige Zeit in der Ehe bis Ende 2001 um einen "Gesamtbeschäftigungsquotienten Ehezeit" (0,95) und die gesamte gesamtversorgungsfähige Zeit bis Ende 2001 um einen "Gesamtbeschäftigungsquotienten insgesamt" (0,96) prozentual gekürzt hat. Diese Berechnungsmethode ist der Bewertung beamtenrechtlicher Versorgungsanrechte nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB entlehnt, wonach sich der Ehezeitanteil eines solchen Anrechts nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden "ruhegehaltfähigen Dienstzeit" zu der "Gesamtzeit" bemisst. Dabei sind nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG zu berücksichtigende Dienstzeiten mit Teilzeitbeschäftigung nur zu dem Teil "ruhegehaltfähig", der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Die Bewertungsregel in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB ermöglicht es deshalb durch die Verwendung des Begriffs "ruhegehaltfähige Dienstzeit" und die darin liegende Bezugnahme auf das Beamtenversorgungsrecht, ein in der Ehezeit bestehendes Teilzeitbeschäftigungsverhältnis im Verhältnis zur sonstigen Beschäftigungszeit anders zu gewichten (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 160/07- zur Veröffentlichung bestimmt).

Dieser Rechenweg lässt sich indessen auf die zeitratierliche Ermittlung des Ehezeitanteils einer nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB zu bewertenden Betriebsrente nicht übertragen. Die sich an § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierende Bewertungsregel knüpft ausschließlich an die Zeiten der Betriebszugehörigkeit bzw. mit diesen gleichgestellten Zeiten an (bei den Startgutschriften in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes somit an die gesamtversorgungsfähige Zeit). Für die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist aber bereits begrifflich nur auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses abzustellen; Art und Umfang der Tätigkeit für das Unternehmen sind für ihre Bemessung unerheblich (Blomeyer/Otto Betriebsrentengesetz 4. Aufl. Rdn. 276). Deshalb ist bei der zeitratierlichen Bewertung betrieblicher Anrechte auch keine Differenzierung nach Zeiten des Erwerbs größerer oder geringerer Anteile der Versorgung möglich; auch ein Teilzeitbeschäftigter steht mit dem betreffenden Unternehmen in einem Beschäftigungsverhältnis. Eine Teilzeitbeschäftigung kann damit keine Kürzung der Zeit der Betriebszugehörigkeit bewirken (Senatsbeschluss vom - XII ZB 160/07 - zur Veröffentlichung bestimmt m.w.N.).

4.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht die zum ermittelten Besitzstandsrenten der Parteien auf deren Wert bei Ehezeitende () zurückgerechnet. Sofern - wie hier - das Ehezeitende vor dem Stichtag für die Ermittlung der Besitzstandsrenten liegt, beinhalten die Anrechte nämlich auch nacheheliche Wertentwicklungen. Die Rückrechnung auf das Ehezeitende gewährleistet es dabei, dass in die nach § 1587 a Abs. 1 BGB zu bildende Gesamtausgleichsbilanz miteinander vergleichbare Rechenwerte eingestellt werden (Senatsbeschluss vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312, 1314 f.).

a)

Die Rückrechnung einer Besitzstandsrente auf das Ehezeitende darf indessen nicht durch eine fiktive Berechnung der Anrechte erfolgen, die sich auf die im Zeitpunkt des vor der Strukturreform liegenden Ehezeitendes geltenden Bemessungsgrundlagen stützt. Die Neufassung der VBL-Satzung sieht die Ermittlung von Besitzstandsrenten auf der Grundlage des bisherigen Satzungsrechts nur für den Stichtag vor (§ 75 Abs. 1 VBL-Satzung). Es fehlt deshalb an einer rechtlichen Grundlage für die Wertermittlung eines VBL-Anrechts für einen vor dem Systemwechsel liegenden Zeitpunkt (Senatsbeschluss vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312, 1315).

Selbst wenn der Versorgungsberechtigte - wie hier beide Ehegatten - im Zeitpunkt des vor dem liegenden Ehezeitendes bereits eine laufende Versorgungsrente i.S. des § 40 VBL-Satzung a.F. bezogen hat, darf dem Wertausgleich nicht der bei Ehezeitende maßgebliche Nominalbetrag zugrunde gelegt werden. Dieser ist auf der Grundlage des alten, außer Kraft getretenen Satzungsrechts bemessen, das im Versorgungsausgleich grundsätzlich keine Anwendung mehr findet. Auch ist die nach § 75 Abs. 1 VBL-Satzung festgestellte Besitzstandsrente gegenüber der vor dem im Rahmen der Gesamtversorgung gezahlten Versorgungsrente ein Anrecht anderer Qualität, weil ihre Höhe nicht mehr von der gesetzlichen Rente des jeweiligen Versorgungsberechtigten abhängt.

b)

Der Senat hat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - bereits entschieden, dass die Rückrechnung einer zum ermittelten Besitzstandsrente auf ein vor diesem Stichtag liegendes Ehezeitende grundsätzlich anhand des Verhältnisses des gesamtversorgungsfähigen Entgelts des Versicherten zum zu dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt des Versicherten bei Ehezeitende zu erfolgen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312, 1315 und vom - XII ZB 74/08 - FamRZ 2009, 586, 589).

Grundlage für die Ermittlung der Besitzstandsrente eines am bereits Versorgungsrentenberechtigten ist nach § 75 Abs. 1 VBL-Satzung die nach altem Satzungsrecht bemessene Versorgungsrente, die sich zu diesem Zeitpunkt ohne Berücksichtigung von Nichtzahlungs- und Ruhensregelungen ergibt. Nach dem bis zum Systemwechsel geltenden Satzungsrecht bestimmte sich die Versorgungsrente i.S.v. § 40 VBL-Satzung a.F. aus der dem Berechtigten zustehenden Gesamtversorgung (§ 41 VBL-Satzung a.F.) abzüglich seiner gesetzlichen Rentenanrechte. Dabei errechnete sich die Höhe der Gesamtversorgung unter Zugrundelegung der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§ 42 VBL-Satzung a.F.) und des gesamtversorgungsfähigen Entgelts (§ 43 VBL-Satzung a.F.), wobei der sich aus der gesamtversorgungsfähigen Zeit ergebende Versorgungssatz mit dem auf der Grundlage des gesamtversorgungsfähigen Entgelts bestimmten fiktiven Nettoarbeitsentgelt multipliziert wurde (Langenbrink/Mühlstädt Betriebsrente der Beschäftigten im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Rdn. 124 ff.). Ermittelt wurde das gesamtversorgungsfähige Entgelt wiederum aus dem durchschnittlichen monatlichen zusatzversorgungspflichtigen Entgelt der letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr, in dem der Versicherungsfall eingetreten war (Langenbrink/ Mühlstädt aaO Rdn. 125); in der Leistungsphase wurde es dann regelmäßig entsprechend den Bezügen der Versorgungsempfänger des Bundes erhöht (§ 56 Abs. 1 VBL-Satzung a.F.). Ausgehend von dem angepassten gesamtversorgungsfähigen Entgelt wurde dann die Versorgungsrente unter Beibehaltung der bisherigen gesamtversorgungsfähigen Zeit und der bisher zu berücksichtigenden Bezüge neu errechnet (Senatsbeschluss vom - XII ZB 89/89 - FamRZ 1990, 984, 985). Deshalb spiegelt die Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts, das für die Berechnung der zum bestehenden Versorgungsrenten und damit auch für die Feststellung der Besitzstandsrenten nach § 75 Abs. 1 VBL-Satzung maßgeblich ist, die individuelle Wertsteigerung eines VBL-Anrechts vom Ehezeitende bis zum Systemwechsel in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes wieder, die im Versorgungsausgleich hinsichtlich der nach Ehezeitende liegenden Zeit außer Betracht zu bleiben hat (Senatsbeschluss vom - XII ZB 24/07 - FamRZ 2009, 1312, 1315).

c)

Hat allerdings der Inhaber einer Besitzstandsrente - wie hier beide Parteien - bei Ehezeitende bereits eine Versorgungsrente nach altem Satzungsrecht bezogen, entsprechen die bis zum erfolgten Anpassungen des der laufenden Versorgungsrente zugrunde liegenden gesamtversorgungsfähigen Entgelts nach §§ 56, 43 Abs. 1 Satz 2 VBL-Satzung a.F. den Anpassungen der (Bundes-)Beamtenversorgung. Die Rückrechnung einer Besitzstandsrente vom auf das frühere Ehezeitende kann deshalb in diesen Fällen regelmäßig entsprechend der im maßgeblichen Zeitraum erfolgten Steigerungsraten der Beamtenversorgung erfolgen. Für den formalisierten Wertausgleich kann dabei im Interesse einer vereinfachten Handhabung die Entwicklung des Bemessungsfaktors für eine jährliche Sonderzuwendung außer Betracht bleiben, die seit der zum in Kraft getretenen 37. Satzungsänderung nach §§ 56 i.V.m. 43 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 VBL-Satzung a.F. bei der Bestimmung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts zu berücksichtigen war.

5.

Die Ehezeitanteile der Besitzstandsrenten der Parteien sind für den Wertausgleich nicht unter Anwendung der Barwert-Verordnung in volldynamische Anrechte umzurechnen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Versorgungsanrechte der VBL nach Änderung der für sie geltenden Satzung ab im Anwartschaftsstadium statisch, im Leistungsstadium jedoch volldynamisch (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 160, 41, 42 ff. = FamRZ 2004, 1474 ff.). Leistungsdynamisch sind auch die nach § 75 Abs. 1 VBL-Satzung ermittelten Besitzstandsrenten, die wie die nach neuem Satzungsrecht gewährten Betriebsrenten jährlich zum 1. Juli um 1 % erhöht werden (§ 75 Abs. 2 i.V.m. § 39 VBL-Satzung). Vorliegend sind die laufenden VBL-Renten der Ehegatten auch für die Zeit vor dem als leistungsdynamisch zu behandeln, weil das der laufenden Versorgungsrente zugrunde liegende gesamtversorgungsfähige Entgelt nach §§ 56, 43 Abs. 1 Satz 2 VBL-Satzung a.F. regelmäßig entsprechend den Anpassungen der (Bundes-)Beamtenversorgung erhöht wurde (vgl. zur Leistungsdynamik der Versorgungsrente Senatsbeschluss vom - XII ZB 38/94 - FamRZ 1996, 93, 94) . Der Ehezeitanteil einer Versorgung kann aber dann mit seinem Nennbetrag und ohne Umrechnung in der Ausgleichsbilanz berücksichtigt werden, wenn - wie hier - das als leistungsdynamisch zu behandelnde Anrecht schon zum Ende der Ehezeit bezogen wurde (Senatsbeschlüsse BGHZ 172, 177, 186 = FamRZ 2007, 1238, 1240 f. m.w.N.).

6.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden:

a)

Nach den Auskünften der VBL wurden die Besitzstandsrenten der Parteien zum mit 1.107,67 DM (Antragsgegner) und 49,05 DM (Antragstellerin) festgestellt. Der Ehezeitanteil ist im Zeit-Zeit-Verhältnis auf der Grundlage voller Monate zu ermitteln (so im Ergebnis Senatsbeschluss vom - XII ZB 67/99 - FamRZ 2001, 284, 286 ; ausdrücklich OLG Hamm FamRZ 1999, 923 ; Palandt/Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1587 a Rdn. 44; Erman/Wellenhofer BGB 12. Aufl. § 1587 a Rdn. 52). Er beträgt beim Antragsgegner (269 [gesamtversorgungsfähige Zeit in der Ehezeit bis ] : 377 [gesamte gesamtversorgungsfähige Zeit bis ] x 100 = 71,35 % x 1.107,67 DM =) 790,32 DM (nicht 791,31) und bei der Antragstellerin (142 : 241 x 100 = 58,92 % [ohne Kürzung durch einen Beschäftigungsquotienten] x 49,05 DM =) 28,90 DM (nicht 28,59).

Zwischen dem Ehezeitende und dem Stichtag für die Feststellung der Besitzstandsrenten () ist die Beamtenversorgung um 2,8 % (1999) und 1,7 % (2001) erhöht worden (vgl. Gutdeutsch FamRZ 2005, 257; die Anpassung der Beamtenversorgung in Höhe von 1,5 % im Jahr 1998 ist bereits mit Wirkung zum 1. Januar in Kraft getreten, vgl. Art. 14 BBVAnpG 1998, BGBl. I 2026). Die Besitzstandsrente des Antragsgegners ist deshalb, bezogen auf das Ehezeitende, mit 755,94 DM (386,51 EUR) in der Wertausgleichsbilanz zu berücksichtigen, die der Antragstellerin mit 27,65 DM (14,14 EUR).

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rentenanwartschaften der Parteien ist der Antragsgegner in Höhe von [(617,91 EUR + 386,51 EUR =) 1.004,42 EUR ./. (756,03 EUR + 14,14 EUR) =] 770,17 EUR = 234,25 EUR : 2 = 117,13 EUR ausgleichspflichtig.

b)

Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts war entsprechend abzuändern und der Versorgungsausgleich insgesamt in Höhe von 117,13 EUR durch analoges Quasi-Splitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG) zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der VBL durchzuführen.

Dem steht mit der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht die Rechtskraft des vom Amtsgericht - Familiengericht - angeordneten und vom bestätigten Rentensplittings (§ 1587 b Abs. 1 BGB) entgegen. Zwar hat sich die VBL mit ihrer Beschwerde nur gegen das analoge Quasi-Splitting gewandt. Indessen kommt im Verfahren über den Versorgungsausgleich eine wirksame Teilanfechtung nur in Bezug auf solche Regelungen in Betracht, die der Richter in erster Instanz in Form einer Teilentscheidung hätte treffen können (Senatsbeschlüsse BGHZ 92, 5, 10 f. = FamRZ 1984, 990, 991 und vom - IVb ZB 126/84 - FamRZ 1988, 49, 51). Voraussetzung dafür ist die Teilbarkeit des Verfahrensgegenstandes. Sie muss bis zur Schlussentscheidung nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht gegeben sein. Die Teilbarkeit fehlt, wenn der nicht angegriffene Teil des Verfahrensgegenstandes mit dem angegriffenen untrennbar zusammenhängt und der Letztere einer gesonderten Entscheidung nicht zugänglich ist (Senatsbeschlüsse BGHZ 92, 5, 10 = FamRZ 1984, 990, 991 und vom - IVb ZB 126/84 - FamRZ 1988, 49, 51). So liegt der Fall aber hier.

Nach den vom Oberlandesgericht zuletzt erhobenen Auskünften stehen der Antragstellerin geringfügig mehr ehezeitlich erworbene gesetzliche Rentenanrechte zu als dem ausgleichspflichtigen Antragsgegner. Ein Rentensplitting findet nicht statt, weil der Antragsgegner die weitaus höheren Anrechte auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben hat. Die gesetzlichen Rentenanrechte der Antragstellerin sind aber zusammen mit deren VBL-Anrecht gegen die Anrechte des Ehemannes zu saldieren und beeinflussen somit die Höhe des im Wege des analogen Quasi-Splittings durchzuführenden Wertausgleichs. Deshalb war die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - über das analoge Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners einer vom (zu Unrecht) angeordneten Rentensplitting unabhängigen Teilanfechtung nicht zugänglich. Dem Oberlandesgericht war durch die Beschwerde der VBL vielmehr die gesamte Entscheidung über den Versorgungsausgleich angefallen.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 433 Nr. 7
IAAAD-31241

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja