Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 91; ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1; RVG § 15; RVG § 15a; RVG § 15a Abs. 2
Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main, 18 W 361/08 vom LG Frankfurt am Main, 3 O 17/07 vom
Gründe
I.
Die Parteien haben einen Rechtsstreit über Ansprüche aus einer Rahmenvereinbarung über die Abwicklung des Geschäftsreiseaufkommens der Klägerin zwischen den Parteien geführt. Die Klage ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts auf Kosten der Klägerin abgewiesen worden. Bereits vorprozessual hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit der Klägerin korrespondiert und die später rechtshängig gemachten Ansprüche für die Beklagte zurückgewiesen. Auf Antrag der Beklagten hat das Landgericht gegen die Klägerin eine 1,3-Verfahrensgebühr sowie eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3100, 3104 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) festgesetzt. Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen den vollen Ansatz einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr.
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
II.
Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die nach Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz; nachfolgend: VV RVG) entstandene 1,3-fache Verfahrensgebühr sei in voller Höhe angefallen, denn eine - grundsätzlich gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr anrechenbare - 1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 bis 2303 VV RVG sei wegen der zwischen der Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten getroffenen Vergütungsvereinbarung nicht entstanden. Die Vergütung, die der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für seine vorgerichtliche Tätigkeit beanspruchen könne, finde ihre Rechtsgrundlage in dieser Vergütungsvereinbarung und nicht in den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, weswegen eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nicht stattfinde.
2.
Das hält der rechtlichen Überprüfung stand. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG tritt eine hälftige Verminderung der 1,3-Verfahrensgebühr ein, wenn wegen des verfahrensgegenständlichen Streits eine Geschäftsgebühr nach den Nr. 2300 bis 2303 VV RVG entstanden ist (, NJW 2008, 1323, m.w.N.; Beschl. v. - I ZB 103/07, RVGreport 2008, 436; Beschl. v. - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095, m.w.N.).
Eine - anrechenbare - Geschäftsgebühr entsteht nicht, wenn die obsiegende Partei mit ihrem Prozessbevollmächtigten für dessen vorgerichtliche Tätigkeit eine nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zulässige Vergütungsvereinbarung getroffen hat. Die Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG erfasst nach ihrem Wortlaut nur den Anfall einer Geschäftsgebühr gemäß der gesetzlichen Regelung in Nr. 2300 VV RVG und ist damit auf eine vorgerichtliche Tätigkeit mit Vereinbarung eines Pauschalhonorars nicht anwendbar; es verbleibt mithin bei dem Ansatz der vollen Verfahrensgebühr (so auch OLG Frankfurt am Main AnwBl. 2009, 310; OLG Stuttgart AGS 2009, 214 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung; OLG Celle, Beschl. v. - 2 W 240/09).
Die Rechtsbeschwerde hält demgegenüber eine entsprechende Anwendung der gesetzlichen Anrechungsmöglichkeit auf eine Vergütungsvereinbarung für geboten, weil die unterlegene Partei bei dieser Regelung mehr als die gesetzlichen Gebühren erstatten müsse. Gegen sie werde die volle Verfahrensgebühr festgesetzt, obwohl sie nach dem für die Kostenfestsetzung maßgeblichen gesetzlichen Gebührenrecht nur die halbe Verfahrensgebühr zu erstatten habe. Sie lässt dabei unberücksichtigt, dass § 91 ZPO nicht regelt, welche (gerichtlichen und) außergerichtlichen Kosten anfallen, sondern nur, wem die Kosten aufzuerlegen sind. Welches die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei im Sinn des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind, die als im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig anzusehen sind, ergibt sich für den Rechtsanwalt aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 91 Rdn. 41). Ist eine Vergütungsvereinbarung für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts getroffen worden, entsteht nicht die für diese Tätigkeit gesetzlich vorgesehene Geschäftsgebühr, sondern der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts beruht auf dieser vertraglichen Vereinbarung. Wenn auch die Vergütungsvereinbarung für außergerichtliche Tätigkeit in der Praxis an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen Geschäftsgebühr tritt, rechtfertigt dies nicht, die vereinbarte Vergütung entgegen dem klaren Wortlaut der Bestimmung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG gebührenrechtlich wie eine Geschäftsgebühr zu behandeln und in die Anrechnungsmöglichkeit einzubeziehen. Der Umstand, dass das für die außergerichtliche Tätigkeit vereinbarte Honorar wie die Geschäftsgebühr nicht zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gehört, gleichwohl aber letztere vom Gesetzgeber als verfahrensgebührenmindernd angesehen worden ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Im Rahmen der prozessualen Kostenerstattung kann umso weniger etwas anderes gelten, als der Gesetzgeber durch § 15a Abs. 2 RVG die Berufung eines Dritten auf eine gebührenrechtlich vorgesehene Anrechung mit Wirkung zum ohnehin grundsätzlich ausgeschlossen hat. Daher kann dahinstehen, ob § 15a RVG rückwirkend auch auf Altfälle (so ; Hansens, RVGreport 2009, 306) oder nur auf nach dem Inkrafttreten dieser Regelung erteilte Aufträge zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG anzuwenden ist (so OLG Frankfurt, Beschl. v. - 12 W 91/09; ; OLG Celle, Beschl. v. - 2 W 240/09).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 359 Nr. 5
JAAAD-31232
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein