BGH Beschluss v. - II ZR 250/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 543 Abs. 2

Instanzenzug: OLG München, 23 U 5786/06 vom LG München II, 4 HK O 5725/05 vom

Gründe

1.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig.

Zwar hat die Klägerin nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert zum Beschwerdewert, der gem. § 26 Nr. 8 ZPO 20.000,00 EUR übersteigen muss, vorgetragen (vgl. zu diesem Erfordernis , WM 2002, 2431, 2432; v. - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180; v. - XI ZR 434/02, BGHR EGZPO § 26 Nr. 8 Wertgrenze 4; v. - V ZR 64/07, [...] Tz. 6; v. - V ZR 121/08, [...] Tz. 6; v. - XII ZR 92/02, NJW-RR 2005, 1011; vgl. auch Sen. Beschl. v. - II ZR 313/05, DStR 2006, 1900; Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 544 Rdn. 6; MünchKommZPO/Wenzel ZPO 3. Aufl. § 544 Rdn. 12; Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. § 26 EGZPO Rdn. 14 b; Baumbach/Hartmann, ZPO 67. Aufl. § 544 Rdn. 5). Dies steht im vorliegenden Fall jedoch der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen: Die Klägerin konnte, nachdem das Berufungsgericht den Beschwerdewert - wenn auch ohne Begründung - auf 2 Mio. EUR festgesetzt hat, nicht ohne Hinweis davon ausgehen, dass der Senat den Beschwerdewert nicht für erreicht halten würde. Da die Begründung der Beschwerde drei Wochen vor Fristablauf einging, hätte ein Hinweis noch ergänzenden Sachvortrag in laufender Begründungsfrist bewirken können (vgl. , [...] Tz. 6).

2.

Die Beschwerde ist aber unbegründet. Es liegt keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vor, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.

a)

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt nicht der Zulassungsgrund der Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Variante ZPO) vor, weil das Berufungsgericht die Ansicht vertreten hat, dass die Aktionärsvereinbarung als (Innen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung wird in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von der Feststellung getragen, dass der vorrangige Zweck der Aktionärsvereinbarung darin bestanden habe, die Gesellschafter insbesondere durch die Vinkulierung von Namensaktien weiterhin an die Beklagte zu 1 zu binden. Der mit der streitigen Vereinbarung der Prozessparteien verfolgte Zweck, das mittelbare Eindringen unerwünschter Dritter in den Aktionärskreis der Beklagten zu 1 zu verhindern, kann als ein gemeinsamer Gesellschaftszweck im Sinne einer Innen-GbR angesehen werden (vergleichbar einer "Schutzgemeinschaft"; vgl. dazu BGHZ 126, 226 ).

b)

Auch kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu, ob auf eine solche Innengesellschaft die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft anzuwenden sind, wenn die Aktionärsvereinbarung durch eine nicht wirksam zustande gekommene Zusatzvereinbarung geändert wird, mit der einerseits weitere natürliche und juristische Personen, die Aktien erwerben wollen, der Aktionärsvereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung eines Aktienerwerbs beitreten und diese andererseits dahin geändert wird, dass auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Aktionäre, die keine natürlichen Personen sind, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats der Gesellschaft zulässig sein soll. Abgesehen davon, dass die aufgeworfene Frage nicht verallgemeinerungsfähig ist, sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft - insbesondere auch auf Innengesellschaften - in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. nurSen. Urt. v. - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 755 sowie Goette, DStR 1996, 266, 269 , jeweils m.w.Nachw.).

c)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die an anderer Stelle formulierte Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf Innengesellschaften unter Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft anwendbar seien, die über kein Gesamthandsvermögen verfügen und deren Gegenstand im Wesentlichen darin bestehe, den beteiligten Gesellschaftern schuldrechtliche Beschränkungen für den Fall der Übertragung von Gesellschaftsanteilen aufzuerlegen. Auch diese Frage ist nicht verallgemeinerungsfähig, geklärt ist zudem, dass die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen voraussetzt (vgl.BGHZ 126, 226, 234 ; Sen.Urt. v. aaO).

d)

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt auch nicht der Zulassungsgrund der Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Variante ZPO) vor, soweit das Berufungsgericht die Ansicht vertreten hat, die Zweite Zusatzvereinbarung sei mit dem Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 durch mehrere Beitrittsinteressenten und deren Beitritt zur Aktionärsvereinbarung vollzogen worden. Die Begründung des Berufungsgerichts begegnet zwar rechtlichen Bedenken; der Rechtsfehler ist indessen nicht so beschaffen, dass er die Zulassung der Revision geböte:

Das Berufungsgericht nimmt im Ergebnis unzutreffend an, dass die fehlerhafte Innen-GbR durch den Beitritt weiterer Interessenten zu der Aktionärsvereinbarung vollzogen worden sei. Der Beitritt weiterer Personen zu einem unwirksamen, bisher nicht vollzogenen Gesellschaftsvertrag vollzieht diesen ebenso wenig wie dessen ursprünglicher Abschluss.

Dass dieser Rechtsfehler ohne korrigierendes Eingreifen des Revisionsgerichts die Gefahr einer Wiederholung oder einer Nachahmung besorgen lässt (BGHZ 151, 42; 159, 135) oder das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung als Ganzes eine Ergebniskorrektur erfordert (BGHZ 154, 288, 296) , ist nicht ersichtlich. Ein grundlegendes Missverständnis besteht nicht (vgl. , NJW 2005, 154, 155). Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft den Vollzug der Gesellschaft, d.h. von den Parteien geschaffene Rechtstatsachen voraussetzt, an denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann (Sen. Urt. v. - II ZR 212/90, ZIP 1992, 247, 249). Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass der Beitritt weiterer Gesellschafter zur Gesellschaft gem. § 1 der Zweiten Zusatzvereinbarung noch nicht die Ausübung der dort in § 2 Abs. 2 vereinbarten Regelungen bedeutete. Es hat den Vollzug damit begründet, dass § 1 und § 2 Abs. 2 der Zweiten Zusatzvereinbarung in einem einheitlichen Regelungszusammenhang gestanden hätten, so dass sie nur einheitlich in Vollzug gesetzt werden konnten. Dies überzeugt nicht, ist aber weder willkürlich noch Ausdruck einer über den Einzelfall hinausreichenden ständigen Fehlerpraxis. Genauso wenig lässt sich die rechtliche Begründung verallgemeinern und auf eine nicht unerhebliche Anzahl künftiger Sachverhalte übertragen.

3.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
AG 2009 S. 870 Nr. 23
DStR 2009 S. 2382 Nr. 46
NJW 2010 S. 1208 Nr. 17
ZIP 2009 S. 2155 Nr. 45
WAAAD-30970

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein