BSG Urteil v. - B 6 KA 18/08 R

Leitsatz

Leitsatz:

1. Der an einer Aktion zum kollektiven Verzicht auf die Zulassung beteiligte Vertrags(zahn)arzt ist nicht berechtigt, den feststellenden Bescheid der Aufsichtsbehörde anzufechten, dass aufgrund der Kollektivverzichtsaktion die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung in einer Region nicht mehr sichergestellt sei.

2. Der feststellende Bescheid der Aufsichtsbehörde nach § 72a SGB 5 ist für das Wiederzulassungsverfahren des (Zahn-)Arztes bindend. Dort ist in Bezug auf das Eingreifen der Wiederzulassungssperre gesondert nur zu prüfen, ob ein Kollektivverzicht vorlag, an dem der (Zahn-)Arzt persönlich teilnahm.

Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen, L 3 KA 145/06 vom SG Hannover, S 43 KA 582/04 vom

Gründe

I

Streitig ist die Berechtigung einer Kieferorthopädin zur gerichtlichen Anfechtung einer aufsichtsbehördlichen Feststellung, dass die vertragszahnärztliche Versorgung in dem ihrer Praxis zugeordneten Planungsbereich nach einem kollektiven Verzicht von Kieferorthopäden auf ihre Zulassung bzw Ermächtigung nicht mehr sichergestellt sei.

Die Klägerin, eine Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, erhielt zum die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung am Praxissitz A. für die Gebietsbezeichnung Kieferorthopädie. Mit Schreiben vom verzichtete sie gegenüber dem Zulassungsausschuss zum auf ihre Zulassung, woraufhin dieser mit Beschluss vom feststellte, dass die Zulassung zu diesem Zeitpunkt ende. Anträge der Klägerin vom und vom , sie erneut zur vertragszahnärztlichen Versorgung zuzulassen, lehnten die Zulassungsgremien unter Hinweis auf die Wiederzulassungssperre gemäß § 95b Abs 2 SGB V ab (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom bzw sowie des beklagten Berufungsausschusses vom bzw ). Die Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidungen blieben ohne Erfolg (vgl hierzu das am heutigen Tag entschiedene Revisionsverfahren B 6 KA 16/08 R).

Das Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des beklagten Landes (im Folgenden kurz: Sozialministerium) hatte zuvor mit Bescheid vom festgestellt, dass in den drei niedersächsischen Planungsbereichen Landkreis Cuxhaven, Landkreis Hannover und Landkreis Hildesheim insgesamt 23 und jeweils mehr als 50 % aller dort niedergelassenen Vertragszahnärzte, die kieferorthopädische Leistungen erbringen, in einem mit anderen Zahnärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten zum auf ihre Zulassung verzichtet hätten und dadurch die vertragszahnärztliche kieferorthopädische Versorgung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr sichergestellt sei. Speziell im Landkreis Hildesheim hätten sich acht der elf kieferorthopädisch tätigen Vertragszahnärzte - darunter die namentlich bezeichnete Klägerin - an dem Zulassungsverzicht beteiligt; der örtliche Versorgungsgrad habe sich hierdurch von 60,11 % auf 16,39 % reduziert. Der Bescheid samt Anordnung seiner sofortigen Vollziehung war an die zu 1. beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) sowie an die zu 2. bis 8. beigeladenen (Landes-)Verbände der Krankenkassen gerichtet. Die Beigeladene zu 1. focht diesen Bescheid zunächst mit einer Klage an, nahm diese jedoch später zurück.

Die Klägerin hat am gegen den Bescheid des Sozialministeriums vom Klage erhoben; ihr gleichzeitig gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist ohne Erfolg geblieben (Beschlüsse des Sozialgerichts [SG] Hannover vom und des Landessozialgerichts [LSG] Niedersachsen-Bremen vom ). Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom ) und das LSG die hiergegen erhobene Berufung zurückgewiesen (Urteil vom - NZS 2008, 556). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsbehelf der Klägerin sei zulässig, weil es zumindest möglich erscheine, dass die von der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V durchzuführende Sach- und Rechtsprüfung ihre Rechte - insbesondere ihren Anspruch auf Wiederzulassung - berühre. Die Klage sei jedoch nicht begründet, denn die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Norm des § 72a Abs 1 SGB V gewähre der Klägerin keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Aus Wortlaut und systematischer Stellung dieser Vorschrift und aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergebe sich, dass es sich um eine organisationsrechtliche Norm handele, durch die keine subjektiven Rechte der Vertrags(zahn)ärzte begründet werden sollten. Dem stehe nicht entgegen, dass die in § 72a Abs 1 SGB V angesprochenen Fragen auch für einen Anspruch auf Wiederzulassung von vorentscheidender Bedeutung seien. § 95b Abs 2 SGB V setze nach seinem Wortlaut und nach der Konzeption des Gesetzes nur den Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 72a Abs 1 SGB V voraus, ohne dass es auf dessen Rechtmäßigkeit ankomme.

Grundrechte der Klägerin stünden einer Versagung der Anfechtungsberechtigung nicht entgegen. Zwar sei aufgrund der Wiederzulassungssperre die Berufsausübungsfreiheit der Kollektivverzichtler in einem Maße betroffen, das einer Regelung der Berufswahl nahe komme, doch sei dieser Eingriff durch das Ziel des § 72a Abs 1 SGB V gerechtfertigt, eine funktionierende und finanzierbare gesetzliche Krankenversicherung aufrechtzuerhalten; dies diene der Sicherung eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes. Zu berücksichtigen sei auch, dass Neubehandler, die unter dem Regime des von den Krankenkassen initiierten alternativen Versorgungssystems eine Praxis aufgebaut hätten, aufgrund des auch ihnen zukommenden Grundrechts aus Art 12 GG Schutz vor einer vorzeitigen Rückkehr der Kollektivverzichtler verdienten. Es sei nicht zu beanstanden, dass dem Grundrechtsschutz der sich rechtstreu verhaltenden Neubehandler der Vorrang eingeräumt werde. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass dem Bescheid des Sozialministeriums jedenfalls insoweit Feststellungswirkung zukomme, als sie darin namentlich als Kollektivverzichtlerin aufgeführt sei. Die Zulassungsgremien seien an dieses Element der Begründung des Bescheids nicht gebunden, denn eine verbindliche Feststellungsbefugnis stehe dem Sozialministerium insoweit nicht zu.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der Art 12 Abs 1, Art 14, Art 9 Abs 3 und Art 2 Abs 1 GG durch die Entscheidung des Berufungsgerichts. Entgegen der Auffassung des LSG entfalte die Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V als notwendiges Tatbestandsmerkmal des § 95b Abs 2 SGB V Feststellungswirkung für das Wiederzulassungsverfahren. Hieraus folge zwingend, dass subjektive Rechte desjenigen Vertragszahnarztes betroffen seien, welcher sich das Tatbestandsmerkmal entgegenhalten lassen müsse. Es sei mit Art 19 Abs 4 GG unvereinbar, wenn dieser nicht die Möglichkeit habe, die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Aufsichtsbehörde in einem spezifischen Verfahren gerichtlich überprüfen zu lassen.

Die Rechtswidrigkeit des Bescheids des Beklagten ergebe sich bereits daraus, dass die ihm zugrunde liegende Vorschrift des § 72a SGB V verfassungswidrig sei. Die Norm verstoße gegen Art 9 Abs 1 GG, indem sie Vereinigungen von Vertragszahnärzten sanktioniere. Sie greife auch in das Recht auf Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG ein, da sie ein Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung verhindern wolle und für die betroffenen Zahnärzte eine Zulassungssperre anordne. § 72a SGB V diene weder dem Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit noch dem Schutz der Behandler in einem alternativen Versorgungssystem. Diese seien in der Lage, jederzeit eine Zulassung zu erlangen, und könnten sich darüber hinaus Garantien durch die Krankenkassen erteilen lassen. § 72a SGB V sei mithin offensichtlich ungeeignet, das vertragszahnärztliche System am Leben zu erhalten und dessen Zwecke zu erreichen. Die Norm könne auch nicht dazu dienen, diesen Alternativbehandlern ein sicheres Auskommen zu gewährleisten, da das vertragsärztliche Honorierungssystem nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht kostendeckend sein müsse. Die Norm greife auch in das Grundrecht aus Art 14 GG ein, denn betroffene Zahnärzte seien aufgrund der Versagung der Zulassung nicht mehr in der Lage, ihre Praxis wirtschaftlich zu führen.

Darüber hinaus sei der Bescheid rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V ersichtlich nicht gegeben seien. Bei strenger Wortlautauslegung der Norm - "Vertragsärzte" - sei das Quorum von mehr als 50 % nicht erfüllt; dasselbe gelte, wenn die Gesamtzahl der Vertragszahnärzte - in Hildesheim etwa 200 - zugrunde gelegt werde. Unzulässig sei es, bei der Ermittlung des Quorums nur Fachzahnärzte für Kieferorthopädie einzubeziehen, da alle Zahnärzte berechtigt und verpflichtet seien, kieferorthopädische Leistungen zu erbringen. Es stelle sich auch die Frage, ob zwischen ermächtigten und zugelassenen Zahnärzten zu unterscheiden sei. Bei Zugrundelegung nur der Gruppe zugelassener Kieferorthopäden ergebe sich, dass im Landkreis Hildesheim mit der Klägerin und einer weiteren Fachzahnärztin für Kieferorthopädie lediglich 50 % auf ihre Zulassung verzichtet hätten. Zudem sei der Feststellungsbescheid, der schon aufgrund der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei, formell rechtswidrig, da er ohne die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen erlassen worden sei. Dieser Verfahrensfehler sei nach § 42 Satz 2 SGB X nicht heilbar.

§ 72a Abs 1 SGB V sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht lediglich eine organisationsrechtliche Norm mit der Funktion, den Aufbau eines alternativen Versorgungssystems abzusichern. Es sei allein Sache der Krankenkassenverbände, sich darum zu bemühen, neue Behandler zu gewinnen. Jede andere Betrachtungsweise habe zur Folge, dass ein weiteres Vergütungssystem installiert werde; das habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Die Vorschrift diene auch nicht dazu, den Geschäftsbetrieb der Alternativbehandler zu schützen, denn die Wahl des Behandlers liege allein in der Entscheidung des Patienten.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom und des Sozialgerichts Hannover vom sowie den Bescheid des Beklagten vom aufzuheben, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend, ist allerdings der Ansicht, dass der Klägerin bereits die Klagebefugnis fehle. Wenn bei jedem einzelnen an einem Kollektivverzicht beteiligten Vertrags(zahn)arzt die Befugnis zur Anfechtung des für die Sicherstellung der Versorgung erforderlichen und für die Statusrechte der beteiligten Körperschaften maßgeblichen Feststellungsbescheids anerkannt werde, habe dies zur Folge, dass die Etablierung des durch die Kollektivverzichtsaktion provozierten und zwingend erforderlichen parallelen Versorgungssystems praktisch unmöglich gemacht werde. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids sei lediglich inzident in einem Verfahren auf Wiederzulassung daraufhin zu überprüfen, ob der betroffene (Zahn-)Arzt an einem Kollektivverzicht teilgenommen habe. Ungeachtet dessen sei die im Bescheid vom getroffene Feststellung rechtmäßig.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Nach Ansicht der Beigeladenen zu 1. bestehen gewichtige Bedenken gegen die Verwaltungsaktqualität der angefochtenen Entscheidung und damit gegen die Zulässigkeit der Klage. Die Feststellung, dass die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr sichergestellt sei, enthalte keine Regelung, sondern sei reine Tatsachenfeststellung. § 72a Abs 1 SGB V sage zudem nichts darüber aus, gegenüber wem die Feststellung einer nicht mehr sichergestellten Versorgung erfolgen solle, sehe mithin keine Feststellung mit Außenwirkung vor. Gegen eine Verwaltungsaktqualität sprächen auch systematische Erwägungen. Dem Erlass eines Verwaltungsaktes müsse ein Verwaltungsverfahren unter Anhörung (§ 24 SGB X) der KZÄV und der Krankenkassenverbände vorausgehen. Mit der Anordnung dieser Anhörung bereits in § 72a Abs 1 SGB V habe der Gesetzgeber jedoch zu erkennen gegeben, dass er dieses Verfahren nicht als Verwaltungsverfahren ansehe. Sofern die Feststellung vom gleichwohl in der Gestalt eines Verwaltungsakts erlassen worden sein sollte, handele es sich nicht um eine Feststellung gemäß § 72a Abs 1 SGB V, da diese Vorschrift eine Feststellung mit Außenwirkung nicht vorsehe; in diesem Falle sei die Klägerin rechtlich von ihr nicht betroffen und es fehle ihr somit die Klagebefugnis.

Der zu 3. beigeladene Landesverband der Betriebskrankenkassen ist der Auffassung, der Feststellungsbescheid des Sozialministeriums enthalte einen konstitutiven (gestaltenden) Verwaltungsakt, durch den das bestehende Rechtsverhältnis "Sicherstellungsauftrag gemäß § 75 Abs 1 SGB V" aufgehoben und das Rechtsverhältnis "Sicherstellungsauftrag gemäß § 72a SGB V" begründet werde; dessen Adressaten seien die Beigeladenen. Dieser - im Übrigen rechtmäßige - Bescheid sei für die Beteiligten bindend; das gelte auch für die Beigeladene zu 1. Die aus der vertragszahnärztlichen Versorgung Ausgestiegenen könnten den Feststellungsbescheid weder direkt noch inzident gerichtlich überprüfen lassen, da ihnen insoweit keine subjektiven Rechte zustünden.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

II

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Feststellung des Sozialministeriums des beklagten Landes zu der ab im Landkreis Hildesheim nicht mehr gewährleisteten Sicherstellung der vertragszahnärztlichen kieferorthopädischen Versorgung gerichtlich anzufechten.

1. Zu Recht ist das LSG von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Klägerin stellt mit ihrem Begehren auf Aufhebung der Feststellung des Sozialministeriums vom eine isolierte Anfechtungsklage iS von § 54 Abs 1 Satz 1 Alternative 1 SGG zur gerichtlichen Entscheidung. Für die Zulässigkeit eines solchen Anfechtungsbegehrens ist insbesondere erforderlich, dass es sich (1) gegen einen Verwaltungsakt richtet, hinsichtlich dessen (2) die Klägerin anfechtungsbefugt ist (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG), dass außerdem (3) das für Anfechtungsklagen erforderliche Vorverfahren durchgeführt wurde oder aber im konkreten Fall entbehrlich ist (§ 78 Abs 1 Satz 1 und 2 SGG), und dass (4) die Klagefrist eingehalten wurde (§ 87 SGG). Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt.

(1) Die nach § 72a Abs 1 SGB V von der Aufsichtsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen zu treffende Feststellung, dass in einem Zulassungsbezirk oder regionalen Planungsbereich die vertragsärztliche - bzw gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V die vertragszahnärztliche - Versorgung aufgrund eines kollektiven Zulassungsverzichts hier bislang zugelassener Leistungserbringer nicht mehr sichergestellt ist, stellt einen Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X dar.

Eine derartige Entscheidung der Aufsichtsbehörde erschöpft sich nicht in der bloßen Feststellung von Tatsachen (so aber Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand , § 72a SGB V RdNr 7; ihm folgend Auktor in Kruse/Hänlein [Hrsg], Lehr- und Praxiskommentar SGB V, 3. Aufl 2009, § 72a RdNr 16). Nach der Konzeption des Gesetzes ist vielmehr der Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit Aktionen von Vertrags(zahn)ärzten zum kollektiven Zulassungsverzicht sowohl die Feststellung von Tatsachen zur Versorgungssituation in einer bestimmten Region als auch zu den Ursachen einer gegebenenfalls eingetretenen Unterversorgung in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung übertragen und vorbehalten. Gelangt die Aufsichtsbehörde nach Erhebung der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen und deren wertender Beurteilung zu dem Ergebnis, dass in einem Planungsbereich aufgrund kollektiven Zulassungsverzichts die vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Versorgung der Versicherten nicht mehr sichergestellt ist, führt die entsprechende "Feststellung" kraft Gesetzes automatisch dazu, dass die ausschließliche Berechtigung und Verpflichtung der K(Z)ÄV zur Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 SGB V) suspendiert wird und der Sicherstellungsauftrag für diesen Planungsbereich nunmehr auf die Krankenkassen und ihre Verbände übergeht.

Ein solcher Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die Krankenkassen und ihre Verbände hat allerdings nicht zur Folge, dass damit Zulassungen neuer Vertrags(zahn)ärzte zur Mitgliedschaft in der K(Z)ÄV durch die Zulassungsgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung ausgeschlossen wären. Vielmehr wirkt die K(Z)ÄV gemäß § 72a Abs 2 SGB V weiterhin an der Erfüllung des - übergegangenen - Sicherstellungsauftrags durch zugelassene oder ermächtigte Ärzte bzw Einrichtungen mit, und das reguläre Zulassungssystem wird in der betroffenen Region nicht beseitigt (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum Gesundheits-Strukturgesetz [GSG], BT-Drucks 12/3608 S 83 - Zu Nr 32 [§ 72a]). Die Zulassung neuer Behandler im Rahmen des herkömmlichen Zulassungssystems gemäß §§ 95, 96 SGB V kann dazu führen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt in einer Region mit nach § 72a Abs 1 SGB V auf die Krankenkassen übergegangenem Sicherstellungsauftrag die K(Z)ÄV erneut in der Lage ist, allein durch ihre Mitglieder (§ 77 Abs 3 SGB V) die Versorgung der Versicherten wieder sicherzustellen. Da aber der Sicherstellungsauftrag - ausnahmsweise - nur so lange auf die Krankenkassen und ihre Verbände übergehen soll, als die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung im regulären System nicht sichergestellt ist, ist die Aufsichtsbehörde gehalten, einer erneut erlangten Fähigkeit der K(Z)ÄV zur Sicherstellung aufgrund veränderter Umstände (insbesondere Neuzulassungen) Rechnung zu tragen. Sie hat in diesem Fall die Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben und auf diese Weise den Sicherstellungsauftrag in die alleinige Verantwortung der K(Z)ÄV zurück zu übertragen.

Demnach intendiert und bewirkt die in § 72a Abs 1 SGB V vorgesehene Feststellung des Vorliegens bestimmter Tatsachen durch die Aufsichtsbehörde ebenso wie eine spätere Aufhebung dieser Feststellung eine Änderung der bestehenden Rechtslage dahingehend, dass die für die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung verantwortliche Körperschaft neu bestimmt wird. Dabei bleibt die Feststellung gemäß § 72a Abs 1 SGB V, durch die der Sicherstellungsauftrag auf die Krankenkassen(verbände) übertragen wird, schon aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit für alle am vertrags(zahn)ärztlichen Beziehungsgeflecht Beteiligten (s hierzu BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 20) in zeitlicher Hinsicht so lange maßgeblich, wie diese förmliche Entscheidung Bestand hat (vgl § 39 Abs 2 SGB X). Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde enthält somit eine Regelung iS von § 31 Satz 1 SGB X, die hinsichtlich des Sicherstellungsauftrags in dem nach §§ 69 ff SGB V öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsverhältnis zwischen Krankenkassen und K(Z)ÄV unmittelbare und - aus der Perspektive der entscheidenden Aufsichtsbehörde - nach außen gerichtete rechtsgestaltende Wirkungen hervorruft. Sie geht sowohl über die bloße Feststellung von Tatsachen als Grundlage für eine spätere Regelung (zu solchen feststellenden Verwaltungsakten vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 31 RdNr 29) als auch über die lediglich deklaratorische Feststellung einer ohnehin bestehenden Rechtslage (vgl hierzu U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 35 RdNr 219) bzw des (Nicht-)Bestehens eines Rechtsverhältnisses (zB der Beendigung einer Zulassung gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte - s dazu BSGE 100, 43 = SozR 4-2500 § 95 Nr 14, jeweils RdNr 26) deutlich hinaus. Für die außenwirksame und rechtsgestaltende Entscheidung der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V ist mithin die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG die zutreffende Rechtsschutzform (ebenso Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2009, K § 72a RdNr 14; Sodan, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des § 95b Abs 2 und 3 Satz 3 und 4 SGB V, erstattet im Auftrag der KZÄV Niedersachsen, 2004, S 72 ff).

Das Vorbringen der Beigeladenen zu 1. rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Soweit diese anführt, es liege keine außenwirksame Regelung vor, weil in § 72a Abs 1 SGB V nicht ausdrücklich vorgegeben sei, gegenüber wem die Aufsichtsbehörde die Feststellung zu treffen habe, übersieht sie, dass die Adressaten der Regelung durch Auslegung der Norm ermittelt werden können. Zudem darf aus der Aufzählung der von der Aufsichtsbehörde vor einer Entscheidung anzuhörenden Körperschaften in § 72a Abs 1 SGB V nicht der Schluss gezogen werden, der Gesetzgeber habe damit die Anwendbarkeit des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts suspendiert und somit auch den Erlass eines Verwaltungsakts ausgeschlossen. Eine spezifische, von § 24 SGB X abweichende Regelung zum Kreis der vor einer Entscheidung Anzuhörenden lässt vielmehr die Geltung der sonstigen Bestimmungen des SGB X - insbesondere auch des § 31 SGB X - unberührt (vgl § 37 Satz 1 SGB I: "soweit" sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt).

(2) Die Klägerin ist als Zahnärztin auch befugt, den an die zu 1. beigeladene KZÄV und an die zu 2. bis 8. beigeladenen Krankenkassen(verbände) gerichteten Feststellungsbescheid vom gerichtlich anzufechten. Die für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis setzt gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG voraus, dass der Kläger schlüssig behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Dies bedeutet, dass nach dem Vorbringen des Klägers aufgrund des angefochtenen Verwaltungsakts eine Verletzung eigener materieller Rechtspositionen zumindest möglich erscheint und nicht von vornherein offensichtlich und eindeutig nach allen in Frage kommenden Betrachtungsweisen ausgeschlossen ist (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 14, 17; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 18; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17; s auch Stollmann, NZS 2009, 248, 249 f). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin hat vorgebracht, dass die an die KZÄV und die Krankenkassen(verbände) gerichtete Feststellung gemäß § 72a Abs 1 SGB V zum Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die Krankenkassen ua im Landkreis Hildesheim zugleich notwendiges Tatbestandsmerkmal der Regelung in § 95b Abs 2 SGB V zur Beschränkung des Anspruchs auf Wiederzulassung sog Kollektivverzichtler sei; sie müsse sich zudem im Rahmen ihres Wiederzulassungsbegehrens für den Planungsbereich Hildesheim diesen Bescheid, in dem sie als Kollektivverzichtlerin namentlich aufgeführt sei, entgegenhalten lassen. Dieses Vorbringen eröffnet für Vertrags(zahn)ärzte, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V auf ihre Zulassung verzichtet haben, die Klagebefugnis gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG gegenüber dem Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde. Das gilt jedenfalls solange, bis höchstrichterlich geklärt ist, ob dem an die Krankenkassen(verbände) und die KZÄV gerichteten Bescheid für das Wiederzulassungsbegehren des einzelnen (Zahn-)Arztes Tatbestands- bzw Feststellungswirkung zukommt und ob hieraus ein Anfechtungsrecht der betroffenen (Zahn-)Ärzte erwächst.

(3) Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht vorliegend - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren zur verwaltungsinternen Überprüfung von Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Bescheids vom stattfand. Eines solchen Vorverfahrens bedarf es gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGG nicht, wenn der angefochtene Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde erlassen wurde - es sei denn, eine Nachprüfung in einem Vorverfahren wäre gleichwohl ausdrücklich im Gesetz angeordnet. Da § 72a SGB V oder andere gesetzliche Vorschriften keine spezielle Anordnung zur Durchführung eines Vorverfahrens im Zusammenhang mit Feststellungsentscheidungen zum Übergang des Sicherstellungsauftrags nach Kollektivverzicht enthalten, verbleibt es hier bei dem Grundsatz, dass ein vom Sozialministerium des beklagten Landes als oberster Landesbehörde (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 78 RdNr 6) erlassener Bescheid unmittelbar durch Klage angefochten werden kann.

(4) Die Klage ist auch trotz des Verstreichens der einmonatigen Klagefrist gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGG zulässig. Allerdings hat die Klägerin ihren Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom erst am beim SG anhängig gemacht. Im Verhältnis zu ihr hatte eine Klagefrist jedoch überhaupt nicht zu laufen begonnen. Der Beginn des Laufs der Klagefrist setzt für den jeweiligen Kläger eine Bekanntgabe des Verwaltungsakts an ihn voraus (§ 87 Abs 1 Satz 1 SGG: "binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes"; s hierzu auch BSG SozR 1500 § 81 Nr 1 S 2 f). Eine solche Bekanntgabe erfordert gemäß § 37 Abs 1 Satz 1 SGB X, dass die Behörde dem Adressaten oder Betroffenen des Bescheids willentlich Kenntnis von dessen Inhalt verschafft (BSGE 101, 234 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, jeweils RdNr 24). Eine über Dritte vermittelte zufällige Kenntnisnahme des Betroffenen vom Inhalt des Verwaltungsakts genügt hierfür nicht; diese löst mithin auch nicht die Klagefrist aus (vgl Engelmann, aaO, § 37 RdNr 3, 7, 21). Nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat das Sozialministerium des Beklagten eine willentliche Bekanntgabe seines Bescheids vom an die darin namentlich aufgeführten Kollektivverzichtler nicht veranlasst; diesen kann somit die einmonatige Klagefrist nicht entgegengehalten werden. Anhaltspunkte, welche die Annahme einer Verwirkung des Klagerechts durch die Klägerin rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich, zumal nach Bescheiderlass bis zur Klageerhebung lediglich knapp fünf Monate verstrichen sind.

2. Die nach alledem zulässige Anfechtungsklage ist indessen nicht begründet. Der Feststellungsbescheid vom verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten; sie ist deshalb mangels Beschwer zu dessen Anfechtung nicht berechtigt (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG).

Eine Beschwer der Klägerin iS von § 54 Abs 2 Satz 1 SGG setzt voraus, dass der von ihr angegriffene Verwaltungsakt in eigene rechtlich anerkannte und geschützte Rechtspositionen eingreift. Die Beschwer ist bei Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts regelmäßig gegeben (zur Reichweite der sog Adressatentheorie vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 16); sie kann aber gleichfalls bei Personen vorliegen, an die der Verwaltungsakt nicht gerichtet ist, die vielmehr nur als Drittbetroffene von ihm berührt werden. Auch ein Drittbetroffener ist jedoch nur dann beschwert, wenn durch den Verwaltungsakt seine eigenen rechtlich geschützten Individualinteressen beeinträchtigt werden. Eine Beschwer in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt gegen eine Rechtsnorm verstößt, die zumindest auch den Schutz individueller Interessen des Klägers bezweckt. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht generell beantworten, sondern richtet sich nach den Grundprinzipien und Regelungen des jeweiligen Rechtsgebiets (grundlegend zum Vorstehenden: BSGE 70, 99, 101 f = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 S 37 f; s auch BSGE 89, 119, 120 f = SozR 3-3870 § 2 Nr 2 S 10 f; BSGE 95, 102 RdNr 23 f = SozR 4-3300 § 43 Nr 1 RdNr 28 f).

Nach diesen Maßstäben ist eine Beschwer der Klägerin aufgrund von Regelungen im Bescheid des Sozialministeriums des beklagten Landes vom ausgeschlossen.

(1) Die Klägerin ist nicht Adressatin der Regelungen des Bescheids vom . Dieser wendet sich ausschließlich an die Beigeladenen zu 1. bis 8. und ist auch nur ihnen iS des § 37 Abs 1 SGB X bekannt gegeben worden (s oben RdNr 26). Das Vorliegen einer gezielt gegen die verzichtenden Zahnärzte gerichteten Maßnahme in dem Feststellungsbescheid nach § 72a Abs 1 SGB V ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vertragszahnärzte nach der Konzeption des Gesetzgebers mit Hilfe der §§ 72a, 95b SGB V umfassend von einem kollektiven Zulassungsverzicht abgehalten werden sollten (so aber Sodan, aaO, S 74). Der Regelungsgehalt eines bestimmten Verwaltungsakts lässt sich nicht aus den Zielvorstellungen des Gesetzgebers bei der Beschlussfassung über eine Norm ableiten; er ist vielmehr durch Auslegung des in dem konkreten Bescheid erkennbar erklärten Willens der Behörde zu ermitteln (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB X; vgl dazu Roos in von Wulffen, aaO, § 39 RdNr 9). Dieser Wille ist ausweislich des Bescheids vom gemäß dessen Betreffzeile "Sicherstellung der kieferorthopädischen Versorgung in Niedersachsen" und des anschließenden Verfügungssatzes (auf Seite 2) darauf gerichtet, für drei Landkreise in Niedersachsen das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 72a Abs 1 SGB V festzustellen und damit zugleich den Übergang des Sicherstellungsauftrags für die kieferorthopädische Versorgung in diesen Planungsbereichen von der KZÄV auf die Krankenkassen zu bewirken (s auch BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 37). Über diese Regelung der Versorgungsverantwortung auf kollektivvertraglicher Ebene hinaus enthält der Bescheid keinerlei Aussagen oder Vorgaben zum künftigen Status oder zu den Rechten einzelner Vertragszahnärzte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin in der Begründung des Bescheids namentlich benannt ist als eine der Kieferorthopäden, die im Landkreis Hildesheim im Rahmen eines abgestimmten Verhaltens auf ihre Zulassung verzichtet haben. Eine unmittelbare Regelung ihrer Rechtsverhältnisse, welche auch ihr eine Anfechtungsberechtigung eröffnen würde, kann dem Bescheid mithin nicht entnommen werden; sie ist vielmehr lediglich Drittbetroffene des Bescheids.

(2) Eine Anfechtungsberechtigung der Klägerin als Drittbetroffener des Bescheids der Aufsichtsbehörde vom kann allerdings nicht allein deshalb verneint werden, weil das Aufsichtsrecht generell nicht dazu bestimmt sei, dem Individualinteresse Einzelner zu dienen, sondern vielmehr dem Allgemeinwohl und der Wahrung des Rechts diene (vgl BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, jeweils RdNr 13, mwN). Denn die Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V zum Übergang des Sicherstellungsauftrags ist trotz des Umstands, dass sie in die Zuständigkeit der "Aufsichtsbehörde" übertragen wurde, materiell keine Aufsichtsmaßnahme iS des Aufsichtsrechts (§ 78 SGB V iVm §§ 88, 89 SGB IV). Mit Hilfe der genannten Feststellung soll kein Verstoß der K(Z)ÄV gegen Gesetz und sonstiges Recht behoben werden. Diese erfolgt vielmehr völlig unabhängig vom Verhalten der Körperschaft K(Z)ÄV - dh ob diese die von einem Berufsverband ausgehende Kampagne zum Kollektivverzicht organisatorisch bzw inhaltlich unterstützt oder nach Kräften bekämpft hat - und zudem auch außerhalb des für Aufsichtsmaßnahmen vorgeschriebenen Verfahrens (s hierzu BSG SozR 4-2400 § 89 Nr 2 RdNr 13 ff). Die Anfechtungsberechtigung hinsichtlich dieser Maßnahme eigener Art (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand März 2009, K § 72a RdNr 14) muss deshalb eigenständig auf der Grundlage der bereits genannten Kriterien bestimmt werden.

(3) Bei Anwendung dieser Kriterien der sog Schutznormtheorie (dazu grundlegend BVerfGE 27, 297, 307) ergibt sich, dass der Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V als solcher nicht in rechtlich geschützte Individualinteressen einzelner Kieferorthopäden eingreift, sodass diesen keine Anfechtungsberechtigung zusteht.

(a) Die Regelung des § 72a SGB V dient nach der Konzeption des Gesetzes dazu, die Krankenkassen in die Lage zu versetzen, im Falle einer Gefährdung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung der Versicherten aufgrund kollektiven Zulassungsverzichts "die erforderlichen Maßnahmen zur ärztlichen Versorgung ihrer Versicherten zu ergreifen" (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum GSG, BT-Drucks 12/3608, S 83 - Zu Nr 32 [§ 72a]). In einer solchen Konstellation gestattet es Abs 1 dieser Vorschrift der Aufsichtsbehörde, mit Hilfe eines Feststellungsbescheids die eigentlich in § 75 SGB V generell der K(Z)ÄV übertragene Verantwortung für die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung regional umgrenzt und zeitlich solange als nötig auf die Krankenkassen überzuleiten. Hierzu erhalten die Krankenkassen in den weiteren Regelungen - Abs 2 bis 5 - des § 72a SGB V das erforderliche Instrumentarium, um ihrem Sicherstellungsauftrag nachkommen zu können. Die Vorschrift des § 72a SGB V befasst sich mithin ausschließlich mit der Zuständigkeit und dem zur Verfügung stehenden rechtlichen Rahmen zur Sicherstellung der Versorgung im Verhältnis zwischen Krankenkassen und K(Z)ÄV, trifft also Regelungen zur Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Körperschaften "Krankenkasse" und "K(Z)ÄV" auf kollektivrechtlicher Ebene und zur Organisation der Versorgung nach einer eingetretenen Gefährdung ihrer Sicherstellung. Anhaltspunkte dafür, dass § 72a SGB V zugleich auch den Status einzelner am Kollektivverzicht beteiligter Vertrags(zahn)ärzte regeln bzw deren Individualinteressen schützen sollte, lassen sich weder dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift noch den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens entnehmen. Solches anzunehmen liegt angesichts der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl hierzu näher BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 19; Riege, SGb 1993, 8; Saekel, BKK 1993, 93, 100 f; Klückmann in Hauck/Noftz, aaO, K § 72a RdNr 2 ff) und den zugleich andernorts für Kollektivverzichtler vorgesehenen Sanktionen (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs des GSG zu § 95b SGB V, BT-Drucks 12/3608 S 94 ff) auch eher fern, zumal diese mit ihrem kollektiven Zulassungsverzicht den akuten Regelungsbedarf zur Sicherstellung der Versorgung mit Hilfe außerordentlicher Maßnahmen überhaupt erst ausgelöst haben.

(b) Eine Anfechtungsberechtigung der Klägerin in Bezug auf den Feststellungsbescheid nach § 72a Abs 1 SGB V ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Erlass eines solchen Bescheids eine von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen für die in § 95b Abs 2 SGB V normierte besondere Zulassungsbeschränkung für solche (Zahn-)Ärzte darstellt, die sich zuvor an einem Kollektivverzicht beteiligt haben. Die Tatbestands- bzw Drittbindungswirkung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde für das Wiederzulassungsbegehren eines am Kollektivverzicht beteiligten (Zahn-)Arztes führt nicht dazu, dass diesem auf der Grundlage von Art 19 Abs 4 Satz 1 GG eine Anfechtungsberechtigung auch gegenüber dem Feststellungsbescheid eingeräumt werden muss.

(aa) § 95b Abs 2 SGB V legt fest, dass Vertrags(zahn)ärzte, die in einem mit anderen Vertrags(zahn)ärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung verzichtet und damit zugleich bewirkt haben, dass eine Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V zum Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die Krankenkassen getroffen wird, eine erneute Zulassung frühestens nach Ablauf von sechs Jahren nach Abgabe der Verzichtserklärung erhalten können (vgl BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 21). Die Vorschrift enthält für die hiervon betroffenen (Zahn-)Ärzte eine spezifische Beschränkung ihres ansonsten nach Maßgabe des § 95 Abs 2 SGB V bestehenden Rechtsanspruchs auf Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung. Sie betrifft alle (Zahn-)Ärzte, die sich an einer mit anderen (Zahn-)Ärzten abgestimmten kollektiven Verzichtsaktion beteiligt haben, sofern es aufgrund dieser konkreten Verzichtsaktion zu einer Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V gekommen ist. Dabei ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erforderlich, dass eine solche Feststellung zu der in einer bestimmten Region nicht mehr sichergestellten Versorgung gerade zu dem Planungsbereich getroffen worden sein muss, in dem der Wiederzulassungsbewerber vor seinem Verzicht vertrags(zahn)ärztlich tätig war und/oder in dem er erneut zugelassen werden will. Ausreichend ist vielmehr, dass es in ursächlichem Zusammenhang mit der konkreten Kollektivverzichtsaktion überhaupt - in mindestens einem Planungsbereich - zu der Feststellung gekommen ist.

Der Gesetzgeber hat bereits in § 95b Abs 1 SGB V die kollektive Absprache und Durchführung eines koordiniert erfolgenden Zulassungsverzichts unabhängig von dessen tatsächlichen Auswirkungen und dem "Erfolg" einer solchen Aktion als (gröbliche) Verletzung vertrags(zahn)ärztlicher Pflichten bewertet. Denn zu den Verpflichtungen eines Vertrags(zahn)arztes gehöre es, die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags zu fördern und alles zu unterlassen, was die Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung gefährden oder ausschließen könnte. Hingegen legten Vertrags(zahn)ärzte, die sich an einer gelenkten Aktion zum Kollektivverzicht beteiligten und zum gleichen Zeitpunkt in großer Zahl das vertrags(zahn)ärztliche System verließen, es gezielt auf die Zerstörung dieses Versorgungssystems an. Dies sei nicht nur wettbewerbswidrig, sondern auch rechtsmissbräuchlich, weil ein solcher Verzicht in der Erwartung erklärt werde, die gesetzliche Krankenversicherung könne auf Dauer ohne die verzichtenden (Zahn-)Ärzte nicht auskommen und diese würden deshalb weiterhin - dann allerdings zu den von ihnen gewünschten Bedingungen - in Anspruch genommen werden (s BT-Drucks 12/3608 S 95 - zu Nr 50 [§ 95b], zu Abs 1). Dementsprechend hängt die Bewertung eines Kollektivverzichts als pflichtwidrig nicht davon ab, dass dieser zu einer Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V führt; die Anwendung der besonderen Vergütungs- und Abrechnungsregelung in § 95b Abs 3 SGB V sowie des Kontrahierungsverbots gemäß § 72a Abs 3 Satz 3 SGB V setzt solches gleichfalls nicht voraus (BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 23). Hat jedoch eine bestimmte Kollektivverzichtsaktion - also eine pflichtwidrige und gelenkte Absprache einer Vielzahl von Vertrags(zahn)ärzten - so gravierende Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen, dass es in einer Region tatsächlich "aus diesem Grund" zur Feststellung der Aufsichtsbehörde gemäß § 72a Abs 1 SGB V kommt, die Versorgung sei nicht mehr sichergestellt, so ist der spezifische "Erfolg" dieser Aktion ebenfalls allen Vertrags(zahn)ärzten zuzurechnen, die an ihr beteiligt waren und mit ihrer Verzichtserklärung ein solches Ergebnis auch anstrebten. Sie alle trifft dann auch die "erfolgsqualifizierte" besondere Sanktion der Wiederzulassungssperre gemäß § 95b Abs 2 SGB V unabhängig von der individuellen Versorgungssituation im Planungsbereich ihrer bisherigen oder künftig erstrebten Zulassung (zur vergleichbaren Problematik der Verantwortlichkeit bei erfolgsqualifzierten Delikten im Strafrecht s § 18 Strafgesetzbuch). Soweit den Ausführungen im Urteil vom (BSGE 98, 294 = SozR 4-2500 § 95b Nr 1, jeweils RdNr 21: "... und damit bewirkt haben, dass der Sicherstellungsauftrag in ihrem Planungsbereich auf die Krankenkassen übergegangen ist, ...") möglicherweise etwas anderes entnommen werden könnte, wird dies hiermit präzisiert und klargestellt.

Entsprechend der Konzeption des Gesetzes, dass ein pflichtwidriger kollektiver Zulassungsverzicht im Falle der Herbeiführung einer konkreten Versorgungsgefährdung die zusätzliche "erfolgsqualifizierte" Sanktion einer Wiederzulassungssperre nach sich zieht, ist es für die Anwendung des § 95b Abs 2 SGB V zudem unerheblich, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Wiederzulassungsbegehren die Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V noch wirksam oder etwa zwischenzeitlich aufgrund veränderter Versorgungsverhältnisse aufgehoben worden ist (vgl oben RdNr 21). Mithin suspendiert die vom beklagten Land mitgeteilte Feststellung im Bescheid des Sozialministeriums vom , dass sich zwischenzeitlich ua im Planungsbereich Hildesheim die Versorgungslage vollständig normalisiert habe und deshalb ab der Sicherstellungsauftrag wieder volllumfänglich bei der zu 1. beigeladenen KZÄV liege, die sechsjährige Wiederzulassungssperre für die ursprünglich an der Kollektivverzichtsaktion beteiligten Kieferorthopäden nicht. Darüber hinaus ist die Wiederzulassungssperre als spezifische Sanktion für eine in ihren Auswirkungen besonders gravierende Verletzung vertrags(zahn)ärztlicher Pflichten bei Wiederzulassungsbegehren der beteiligten (Zahn-)Ärzte im gesamten Bundesgebiet zu beachten (vgl § 21 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte/Vertragszahnärzte) .

(bb) Auf der Grundlage dieser Rechtsfolgen der Wiederzulassungssperre gemäß § 95b Abs 2 SGB V ergibt sich, dass der Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V die über einen Wiederzulassungsantrag befindenden Zulassungsgremien (§§ 96, 97 SGB V) und die deren Entscheidungen überprüfenden Gerichte ohne Befugnis zu eigener Sachprüfung inhaltlich bindet (Tatbestands- bzw Drittbindungswirkung). Ob eine solche Drittbindungswirkung besteht, ist bereichsspezifisch durch Auslegung der einschlägigen Normen entsprechend ihrem Regelungszweck zu ermitteln; sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Behörde für den Erlass eines gestaltenden bzw konstitutiv-feststellenden Verwaltungsakts mit einem Regelungsmonopol ausgestattet worden ist (vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 6 f mwN; BSG SozR 3-2500 § 95c Nr 1 S 6 f; BSGE 95, 94 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 11; s auch Senatsurteil vom - B 6 KA 61/07 R - SozR 42500 § 118 Nr 1 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, sowie Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, aaO, § 43 RdNr 41 ff; zur Tatbestandswirkung im Unfallversicherungsrecht zB BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 11 RdNr 13, 16; bei Erstattungsstreitigkeiten zB BSG SozR 4-2600 § 116 Nr 1 RdNr 13 mwN). Dies ist hier der Fall.

Die Annahme einer Bindungswirkung des Feststellungsbescheids gemäß § 72a Abs 1 SGB V für ein Wiederzulassungsbegehren beteiligter Vertrags(zahn)ärzte liegt bereits nach dem Wortlaut von § 95b Abs 2 SGB V nahe. Dort sind zwei Voraussetzungen für den Eintritt der Wiederzulassungssperre beschrieben, nämlich (1) der Verzicht von Vertragsärzten in einem mit andere Vertragsärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung sowie (2) eine aus diesem Grund erfolgende Feststellung der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V. Dabei fällt auf, dass das erstgenannte Tatbestandsmerkmal erneut die (materiellen) Umstände eines kollektiven Zulassungsverzichts im Sinne des § 95b Abs 1 SGB V wiederholt, obwohl ein solcher zugleich auch Voraussetzung des Erlasses eines Feststellungsbescheids gemäß § 72a Abs 1 SGB V ist; nur auf dieses (formelle) Element - und nicht auf die weiteren (materiellen) Voraussetzungen der Feststellung nach § 72a Abs 1 SGB V - nimmt das zweite Tatbestandsmerkmal des § 95b Abs 2 SGB V Bezug. Diese Konstruktion des § 95b Abs 2 SGB V kann nur so verstanden werden, dass mit ihr zugleich die Prüfungstiefe der Zulassungsgremien bzw der Gerichte vorgegeben werden soll: Während das Vorliegen eines kollektiven Zulassungsverzichts iS des § 95b Abs 1 SGB V und die Beteiligung des um Wiederzulassung nachsuchenden (Zahn-)Arztes daran - also das individuelle "Handlungsunrecht" - im Rahmen des Wiederzulassungsbegehrens eigenständig zu prüfen sind, wird hinsichtlich der "erfolgsqualifizierenden" besonders schädlichen Folge einer solchen Verzichtsaktion auf der Versorgungsebene - also dass mehr als 50 % der betroffenen (Zahn-)Ärzte einer Region daran teilgenommen haben und dadurch die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung der Versicherten dort nicht mehr sichergestellt ist - nur auf das Ergehen eines Feststellungsbescheids nach § 72a Abs 1 SGB V abgestellt. Die "erfolgsqualifizierenden" Merkmale sind somit im Rahmen einer Wiederzulassung nicht mehr eigenständig zu untersuchen; insoweit ist es ausreichend, dass die Aufsichtsbehörde einen wirksamen - nicht nichtigen (§ 39 Abs 3 SGB X) oder gerichtlich auf Klage der hierzu berechtigten Institutionen hin mit Wirkung ex tunc aufgehobenen - Feststellungsbescheid erlassen hat. Liegt ein solcher Feststellungsbescheid vor, sind sowohl die Zulassungsgremien als auch die Gerichte im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle von deren Entscheidungen an die Beurteilung der Aufsichtsbehörde zu den Folgen eines Kollektivverzichts für die Patientenversorgung gebunden.

Die Zulassungsgremien haben mithin eigenständig nur zu beurteilen, ob eine kollektive Zulassungsverzichtsaktion iS von § 95b Abs 1 SGB V vorlag und ob der einzelne (Zahn-)Arzt daran teilnahm. Hierzu gehört vor allem, ob sich gerade auch der die Wiederzulassung begehrende Antragsteller pflichtwidrig an dem Kollektivverzicht beteiligte oder ob andere legitime Gründe - etwa nachvollziehbare private Umstände (zB Krankheit, Auslandsaufenthalt, Umzug zum Ehegatten) oder altersbedingtes Ausscheiden - hierfür maßgeblich waren. Diese die Rechtsposition des individuellen (Zahn-)Arztes betreffenden Fragen werden durch den Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde zur Versorgungssituation in einer Region nicht präjudiziert - und zwar auch dann nicht, wenn der einzelne (Zahn-)Arzt in diesem Bescheid als Teilnehmer an der Kollektivverzichtsaktion benannt ist. Denn für die Rechtmäßigkeit dieses Feststellungsbescheids ist nur von Bedeutung, ob in der Summe jedenfalls mehr als 50 % aller Ärzte der relevanten Vertragsarztgruppe eines Planungsbereichs in einem abgestimmten Verhalten auf die Zulassung verzichtet oder sich der weiteren Versorgung verweigert haben; die Verhältnisse und Motive eines einzelnen Arztes sind hierfür nicht entscheidungserheblich.

Hingegen haben die Zulassungsgremien bei Vorliegen eines bestandskräftigen oder zumindest sofort vollziehbaren Feststellungsbescheids der Aufsichtsbehörde gemäß § 72a Abs 1 SGB V nicht mehr zu prüfen, ob die über die Anforderungen des § 95b Abs 1 SGB V hinausgehenden versorgungsspezifischen Voraussetzungen dieser Norm bei Erlass des Feststellungsbescheids tatsächlich gegeben waren. Sie sind deshalb nicht zu einer Inzidentprüfung befugt, ob etwa die Quote von mehr als 50 % aller in einem Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte erreicht wurde. Eine eigenständige Bewertung dürfen die Zulassungsgremien auch nicht hinsichtlich der Frage vornehmen, ob in dem Planungsbereich die vertragsärztliche Versorgung gerade aufgrund eines Kollektivverzichts oder einer sonstigen Verweigerung nicht mehr sichergestellt war und deshalb der Sicherstellungsauftrag zu Recht auf die Krankenkassen übertragen wurde. Die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Aufsichtsbehörde zur Übertragung des Sicherstellungsauftrags auf kollektivrechtlicher Ebene im Verhältnis zwischen den Körperschaften Krankenkassen und K(Z)ÄV ist vielmehr nur auf Klage der hiervon in ihren Rechtspositionen betroffenen Krankenkassen bzw der K(Z)ÄV zu überprüfen.

(cc) Die Auslegung der §§ 72a, 95b SGB V im Sinne einer Drittbindungswirkung des Feststellungsbescheids der Aufsichtsbehörde für das Eingreifen der Wiederzulassungssperre gegenüber dem einzelnen (Zahn-)Arzt verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten aus Art 19 Abs 4 Satz 1 GG (Zugang zum Gericht und effektiver Rechtsschutz).

Ein Verstoß gegen dieses Verfahrensgrundrecht setzt eine im Interesse des Einzelnen von der Rechtsordnung eingeräumte Rechtsposition voraus, dh es gewährleistet nicht selbst den sachlichen Bestand oder den Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung (Bundesverfassungsgericht [BVerfG - Kammer], Beschluss vom - 1 BvR 1281/95, WM 2000, 246, 248 unter Bezugnahme ua auf BVerfGE 83, 182, 194 f = SozR 3-1100 Art 19 Nr 2 S 4 f; BVerfG [Kammer], Beschluss vom - 1 BvR 3424/08, WM 2009, 1485, 1486). Dem Gesetzgeber ist es dabei nicht verwehrt, Verwaltungsakten Tatbestandswirkung bzw Drittbindungswirkung beizulegen. Er darf allerdings auf diese Weise den Rechtsschutz nicht beliebig einschränken, und ebenso wenig dürfen die Gerichte durch ihre Auslegung des materiellen Rechts eine entsprechende Aushöhlung der Rechtsschutzgarantie herbeiführen (BVerfGE 83, 182, 198 = SozR 3-1100 Art 19 Nr 2 S 7). Deshalb ist bei einer solchen Auslegung darauf zu achten, dass das verfassungsrechtlich geprägte Verhältnis des Einzelnen zum Staat nicht verfehlt wird (vgl BVerfGE 27, 297, 307). Wenn jedoch gewichtige sachliche Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber an den Erlass eines Verwaltungsakts ohne Rücksicht auf dessen Rechtmäßigkeit Rechtsfolgen für Dritte knüpft, so ist es auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, dass die Gerichte diesen Dritten eine eigenständige Klagebefugnis gegen den Verwaltungsakt verneinen (BVerfGE 83, 182, 198 = SozR 3-1100 Art 19 Nr 2 S 7 f; BVerfG [Kammer] WM 2000, 246, 249).

In diesem Sinne hat die Rechtsprechung gebilligt, dass einem zum Versorgungsausgleich verpflichteten Ruhestandsbeamten eine Klagebefugnis gegen die zum Wegfall des sog "Pensionistenprivilegs" führende Rentenbewilligung an seine geschiedene Ehefrau versagt wird (BSGE 61, 27, 28 ff = SozR 1500 § 54 Nr 71 S 71 ff sowie hierzu BVerfGE 83, 182, 198 f = SozR 3-1100 Art 19 Nr 2 S 7 f). Außerdem hat das BSG die Drittbindungswirkung von Verwaltungsakten, mit denen Arbeitslosengeld II bewilligt wurde, gegenüber den Krankenkassen im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer freiwilligen Versicherung gemäß § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V vorliegen, angenommen (BSG SozR 4-2500 § 9 Nr 3 RdNr 15). Schließlich ist ein Anfechtungsrecht des Trägers der Kriegsopferversorgung in Bezug auf einen Feststellungsbescheid der Krankenkasse über das Nichtbestehen einer Mitgliedschaft einer schwerbeschädigten Person in der Krankenversicherung der Rentner trotz dessen Tatbestandswirkung verneint worden (BSGE 70, 99, 102 f = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 S 39 f).

Gewichtige sachliche Gründe, die eine Drittbindungswirkung des Feststellungsbescheids der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V im Wiederzulassungsverfahren unter Ausschluss einer eigenen Anfechtungsberechtigung der davon mittelbar betroffenen (Zahn-)Ärzte rechtfertigen, liegen in der hier zu beurteilenden Konstellation ebenfalls vor. Denn die Anerkennung einer Berechtigung des einzelnen (Zahn-)Arztes, den Feststellungsbescheid der Aufsichtsbehörde nach § 72a Abs 1 SGB V anzufechten oder wenigstens im Zulassungsverfahren inzident überprüfen zu lassen, wäre mit dem gesetzgeberischen Ziel und der sozialstaatlichen Verpflichtung, im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eine funktionsfähige und bedarfsgerechte Patientenversorgung zu gewährleisten (vgl ua - NJW 2009, 2033 RdNr 171), nicht vereinbar. Wenn eine Kollektivverzichtsaktion von (Zahn-)Ärzten durch das Wirksamwerden zahlreicher Zulassungsverzichtserklärungen zu demselben Zeitpunkt in die Tat umgesetzt wird, kann es zu Engpässen bei der Versorgung der Versicherten kommen, denen nach zutreffender Einschätzung des Gesetzgebers "alsbald abgeholfen" werden muss; diesem obersten Ziel dient die Regelung zur Übertragung des Sicherstellungsauftrags auf die Krankenkassen in § 72a SGB V (vgl Gesetzentwurf zum GSG, BT-Drucks 12/3608, S 83 - zu Nr 32 [§ 72a], 3. Abs). Das Erfordernis einer Einbeziehung aller an der Kollektivverzichtsaktion (möglicherweise) beteiligten (Zahn-)Ärzte in das Verwaltungsverfahren vor Erlass eines entsprechenden Feststellungsbescheids durch die Aufsichtsbehörde würde dieses Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit vereiteln. Aus diesem Grund ist in § 72a Abs 1 SGB V - abweichend von den allgemeinen Regeln zur Anhörung auch Drittbetroffener in § 12 Abs 2 Satz 2, Abs 1 Nr 4 iVm § 24 Abs 1 SGB X (vgl § 37 Satz 1 SGB I) - speziell geregelt, dass die Aufsichtsbehörde vor einer entsprechenden Entscheidung lediglich die Krankenkassen(verbände) und die K(Z)ÄV als die an der Sicherstellung beteiligten Kollektivvertragspartner (§ 72 SGB V) anzuhören hat. Ohne diese Sonderregelung bestünde die Notwendigkeit, ggf mehrere hundert (Zahn-)Ärzte individuell anzuschreiben, mit den erforderlichen Sachinformationen zu versehen, deren Reaktionen abzuwarten und diese in dem Bescheid zu verarbeiten; das alles würde eine zeitnahe Entscheidung der Aufsichtsbehörde praktisch nicht zulassen. Und sofern die Versorgung der Versicherten infolge einer Kollektivverzichtsaktion tatsächlich gefährdet ist, würde allein aufgrund des erhöhten Zeitbedarfs zur Abwicklung eines solchen Verwaltungsverfahrens die rasche Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgungslage verunmöglicht. Wenn der Gesetzgeber diesen Schwierigkeiten mit Hilfe eines Ausschlusses der Pflicht zur Anhörung der am Kollektivverzicht beteiligten (Zahn-)Ärzte vor Erlass des Feststellungsbescheids der Aufsichtsbehörde begegnet ist, so verdeutlicht das zugleich die Absicht, auch eine möglicherweise anschließende gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Feststellungsbescheids nach § 72a Abs 1 SGB V nur den unmittelbar betroffenen Kollektivvertragspartnern zu eröffnen.

Darüber hinaus stehen gewichtige Gründe auch einer Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids nach § 72a Abs 1 SGB V im späteren Wiederzulassungsverfahren einzelner am Kollektivverzicht beteiligter (Zahn-)Ärzte entgegen. Im Rahmen des Wiederzulassungsverfahrens berücksichtigt der für das Wirksamwerden der Wiederzulassungssperre gemäß § 95b Abs 2 SGB V bedeutsame Umstand, dass ein Feststellungsbescheid nach § 72a Abs 1 SGB V ergangen ist, kein individuelles Handlungsunrecht des einzelnen (Zahn-)Arztes. Vielmehr ist dieser Umstand nur zur Erfassung besonders schwerwiegender Auswirkungen einer Kollektivverzichtsaktion im Sinne einer "Erfolgsqualifizierung" von Bedeutung. Ob solche besonders systemgefährdende Folgen mit einer bestimmten Kollektivverzichtsaktion tatsächlich verbunden waren, muss aber schon aus Gründen der Praktikabilität für alle Teilnehmer dieser Verzichtsaktion einheitlich beurteilt werden. Die Entscheidung darüber ist deshalb der Aufsichtsbehörde übertragen und bei ihr konzentriert, zumal ihr die erforderliche demokratische Legitimation und sozialpolitische Verantwortung zukommt, eine solch gewichtige Entscheidung mit weitreichenden Folgen für die Ausgestaltung der Versorgung zu treffen. Die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer entsprechenden Feststellung der Aufsichtsbehörde erfolgt daher ebenfalls konzentriert nur auf Klage der Krankenkassen oder der K(Z)ÄV hin, die insoweit auch die Interessen ihrer durch Verzicht ausgeschiedenen ehemaligen Mitglieder wahren kann.

Würde hingegen eine Inzidentüberprüfung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde in jedem einzelnen auf Wiederzulassung gerichteten Verfahren des (Zahn-)Arztes ermöglicht, bestünde nicht nur die Gefahr divergierender Entscheidungen von Zulassungsgremien und Sozialgerichten in ganz Deutschland, die bei entsprechenden Zulassungsanträgen gegebenenfalls die Versorgungssituation in einem bestimmten - womöglich weit entfernten - Planungsbereich im Zusammenhang mit einer Kollektivverzichtsaktion im zeitlichen Abstand von mehreren Jahren aufklären müssten. Hinzu käme, dass jede inzident in einzelnen Wiederzulassungsverfahren vorgenommene und gegenüber der Bewertung im Rechtsstreit zwischen Krankenkassen, K(Z)ÄV und Aufsichtsbehörde abweichende Beurteilung des Feststellungsbescheids als rechtswidrig zugleich zwangsläufig ganz erhebliche Auswirkungen auf die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten in der betroffenen Region hätte. Denn dadurch würde zugleich auch die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich von den Krankenkassen etablierten neuen Versorgungsstrukturen (§ 72a Abs 3 bis 5 SGB V) nachträglich in Frage gestellt. Zum Schutz der Versicherten und aller sonstigen an der Leistungserbringung Beteiligten muss aber bereits vor Beginn einer jeden Behandlung feststehen, ob etwa von den Krankenkassen auf der Grundlage von § 72a Abs 3 SGB V vertraglich verpflichtete (Zahn-)Ärzte gemäß § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V als Behandler gewählt werden dürfen (vgl hierzu eingehend Senatsurteil vom - B 6 KA 15/08 R - Juris RdNr 15 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

Die Eröffnung einer Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids der Aufsichtsbehörde im Wiederzulassungsverfahren des einzelnen (Zahn-)Arztes ist auch unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) nicht geboten. Allerdings ist anerkannt, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit eine dem Grundrechtsschutz angemessene Verfahrensgestaltung erfordert (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 13 mwN) und dass eine - wenn auch nur zeitweise - Wiederzulassungssperre zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung im gesamten Bundesgebiet einen nicht unerheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit der betroffenen (Zahn-)Ärzte mit sich bringt. Dies schließt jedoch die Annahme einer Drittbindungswirkung der Entscheidung der Aufsichtsbehörde gemäß § 72a Abs 1 SGB V zu den Auswirkungen eines Kollektivverzichts auf der Ebene der Patientenversorgung für das Wiederzulassungsverfahren des einzelnen (Zahn-)Arztes nicht aus. Für eine auch im Lichte des Art 12 Abs 1 GG noch angemessene Verfahrensgestaltung genügt es, dass die den einzelnen (Zahn-)Arzt und sein Verhalten betreffenden persönlichen Voraussetzungen für das Wirksamwerden der Wiederzulassungssperre in dem erneuten Zulassungsverfahren vollumfänglich geprüft werden können. Zudem sind die Feststellungen zu den "erfolgsqualifizierenden Auswirkungen" des Kollektivverzichts auf der Ebene der Patientenversorgung, welche die Wiederzulassungssperre auslösen und die von der Aufsichtsbehörde als neutraler, zur Beachtung von Recht und Gesetz verpflichteter Institution festgestellt werden, nicht völlig einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Sie können vielmehr insbesondere auf Klage der K(Z)ÄV hin einer Rechtmäßigkeitskontrolle unterzogen werden, was hier auch - bis zur Rücknahme der entsprechenden Klage durch die Beigeladene zu 1. - geschehen ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschränkung der sechsjährigen Wiederzulassungssperre auf tatsächlich versorgungsgefährdende Kollektivverzichtsaktionen verfassungsrechtlich nicht geboten ist; die vom Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise getroffene Bewertung eines jeden Kollektivverzichts - unabhängig von den konkreten Auswirkungen - als gravierende vertrags(zahn)ärztliche Pflichtverletzung rechtfertigte auch einen völligen Verzicht auf dieses Merkmal. Wenn das Gesetz gleichwohl in einer für die beteiligten (Zahn-)ärzte schonenden Weise die sechsjährige Wiederzulassungssperre an ein erfolgsqualifizierendes Merkmal knüpft, ist es ihm unbenommen, diesbezüglich eine Bindung an die Feststellung der Aufsichtsbehörde vorzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese - soweit sie sich überhaupt am Revisionsverfahren beteiligt haben - keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO - vgl hierzu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16).

Fundstelle(n):
XAAAD-30948