EuGH Urteil v. - C-287/05

Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer

Leitsatz

[1] 1. Eine Leistung wie die nach dem Gesetz über die Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit für junge Behinderte (Wet arbeidsongeschiktheidsvoorziening jonggehandicapten) vom 24. April 1997 ist als beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Art. 4 Abs. 2a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1223/98 des Rates vom , anzusehen, so dass auf Personen in der Lage des Klägers des Ausgangsverfahrens ausschließlich die Koordinierungsregelung des Art. 10a dieser Verordnung anzuwenden ist und die Beschränkung der Auszahlung dieser Leistung auf die Personen, die im Gebiet des diese Leistung gewährenden Mitgliedstaats wohnen, zulässig ist. Der Umstand, dass der Betroffene zuvor eine Leistung für junge Behinderte erhielt, die exportierbar war, hat keine Auswirkung auf die Anwendung dieser Bestimmungen.

2. Die Art. 39 EG und 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften, mit denen die Art. 4 Abs. 2a und 10a der Verordnung Nr. 1408/71 in ihrer durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 1223/98, angewandt werden und die vorsehen, dass eine beitragsunabhängige Sonderleistung, die in Anhang IIa dieser Verordnung aufgeführt ist, nur Personen gewährt werden kann, die ihren Wohnsitz im Inland haben, nicht entgegenstehen. Die Umsetzung dieser Rechtsvorschriften darf jedoch die Rechte einer Person, die sich in einer Situation wie der des Klägers des Ausgangsverfahrens befindet, nicht in einem Maße beeinträchtigen, das über das hinausgeht, was zur Erreichung des von dem nationalen Gesetz verfolgten legitimen Zieles erforderlich ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, das dem nationalen Gesetz so weit wie möglich eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung geben muss, u. a. zu berücksichtigen, dass der betreffende Arbeitnehmer alle seine wirtschaftlichen und sozialen Bindungen im Herkunftsmitgliedstaat beibehalten hat.

Gesetze: EG Art. 12; EG Art. 17; EG Art. 18; EG Art. 39; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 4 Abs. 2a; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 10a; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Anhang IIa; Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 Art. 7 Abs. 1

Gründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 2a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1223/98 des Rates vom (ABl. L 168, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie der Art. 12 EG, 18 EG, 39 EG und 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Hendrix und dem Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen (Vorstand des Instituts für die Durchführung der Arbeitnehmer-Sozialversicherungen, im Folgenden: UWV). Der Kläger des Ausgangsverfahrens ficht dessen Entscheidung an, ihm eine Leistung nach dem Gesetz über die Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit für junge Behinderte (Wet arbeidsongeschiktheidsvoorziening jonggehandicapten) vom 24. April 1997 (Stb. 1997, Nr. 177, im Folgenden: Wajong) mit der Begründung zu verweigern, dass er nicht in den Niederlanden wohne.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Art. 2 der Verordnung Nr. 1408/71 definiert den persönlichen Geltungsbereich dieser Verordnung und bestimmt in seinem Abs. 1:

"Diese Verordnung gilt für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind ..., sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene."

4 Art. 4 der Verordnung Nr. 1408/71 mit der Überschrift "Sachlicher Geltungsbereich" lautet:

"(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

a) Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft,

b) Leistungen bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind,

...

(2a) Diese Verordnung gilt auch für beitragsunabhängige Sonderleistungen, die unter andere als die in Absatz 1 erfassten oder die nach Absatz 4 ausgeschlossenen Rechtsvorschriften oder Systeme fallen, sofern sie

a) entweder in Versicherungsfällen, die den in Absatz 1 Buchstaben a) bis h) aufgeführten Zweigen entsprechen, ersatzweise, ergänzend oder zusätzlich gewährt werden

b) oder allein zum besonderen Schutz der Behinderten bestimmt sind.

...

(4) Diese Verordnung ist ... [nicht] auf die Sozialhilfe ... anzuwenden."

5 Für beitragsunabhängige Sonderleistungen nach Art. 4 Abs. 2a der Verordnung Nr. 1408/71 sieht Art. 10a Abs. 1 der Verordnung vor:

"Ungeachtet der Bestimmungen in Artikel 10 und Titel III erhalten die Personen, für die diese Verordnung gilt, die in Artikel 4 Absatz 2a aufgeführten beitragsunabhängigen Sonderleistungen in bar ausschließlich in dem Wohnmitgliedsstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften, sofern diese Leistungen in Anhang IIa aufgeführt sind. Diese Leistungen werden vom Träger des Wohnorts zu seinen Lasten gewährt."

6 In Anhang IIa Buchst. J der Verordnung Nr. 1408/71 werden die Leistungen, die in den Niederlanden nach der Wajong gewährt werden, als beitragsunabhängige Sonderleistungen qualifiziert.

7 Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68, die zur Anwendung der Vorschriften des EG-Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer erlassen wurde, bestimmt:

"(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.

... "

Nationales Recht

8 Nach dem Gesetz über die Versicherung wegen Arbeitsunfähigkeit (Wet op de arbeidsongeschiktheidsverzekering) vom 18. Februar 1966, (Stb. 1966, Nr. 84, im Folgenden: WAO) sind Arbeitnehmer gegen das Risiko des Lohnausfalls als Folge von Arbeitsunfähigkeit versichert. Diese Versicherung wird durch Beiträge finanziert, die die Arbeitgeber nach Maßgabe des Lohnes, den sie ihren Arbeitnehmern zahlen, abzuführen haben. Für eine Leistung nach der WAO kommt in Betracht, wer zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit versichert war.

9 Bis 1998 bestand aufgrund des Allgemeinen Gesetzes über die Arbeitsunfähigkeit (Algemene Arbeidsongeschiktheidswet) vom 11. Dezember 1975 (Stb. 1975, Nr. 674, im Folgenden: AAW) für die gesamte Bevölkerung eine Pflichtversicherung gegen die finanziellen Folgen einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit.

10 Die AAW wurde durch das Gesetz über die Arbeitsunfähigkeitsversicherung für Selbständige (Wet arbeidsongeschiktheids-verzekering zelfstandigen) vom (Stb. 1997, Nr. 176) und durch die Wajong ersetzt, die junge Behinderte gegen die finanziellen Folgen einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit schützen soll.

11 Die Wajong sieht die Zahlung einer Mindestleistung an junge Menschen vor, die bereits vor ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt ganz oder teilweise lang andauernd arbeitsunfähig geworden sind. Als junge Behinderte gelten die Einwohner, die bereits an ihrem 17. Geburtstag arbeitsunfähig waren oder die danach arbeitsunfähig geworden sind und die in dem Jahr, das dem Tag des Eintritts ihrer Arbeitsunfähigkeit unmittelbar vorausging, mindestens sechs Monate lang studiert hatten. Die Leistung kann nicht vor dem 18. Geburtstag ausgezahlt werden.

12 Die Höhe der nach der Wajong gezahlten Leistung hängt vom Grad der Arbeitsunfähigkeit ab - der mindestens 25 % betragen muss - und entspricht bei voller Arbeitsunfähigkeit 70 % des gesetzlichen Mindestlohns. Der Anspruch auf diese Leistung setzt weder die Zahlung einer Prämie oder eines Beitrags voraus, noch hängt er davon ab, ob eigene Mittel vorhanden sind oder nicht. Die Leistung kann jedoch gekürzt werden, wenn der Begünstigte Einkünfte aus Arbeit erzielt oder wenn diese Leistung mit bestimmten anderen Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit zusammentrifft.

13 Die Leistung nach der Wajong wird vom Arbeidsongeschiktheidsfonds jonggehandicapten (Fonds für arbeitsunfähige junge Behinderte) ausgezahlt und von der Staatskasse finanziert (Art. 64 Buchst. a Wajong).

14 Anders als bei der AAW, die insoweit keinerlei Beschränkung vorsah, kann die nach der Wajong gewährte Leistung nicht ausgezahlt werden, wenn der Begünstigte nicht in den Niederlanden wohnt. Art. 17 Abs. 1 Wajong bestimmt nämlich, dass "der Anspruch auf die Leistung bei Arbeitsunfähigkeit ... am ersten Tag des Monats [erlischt], der auf den Monat folgt, in dem der junge Behinderte seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat".

15 Eine Ausnahme von dieser Regel ist jedoch möglich, wenn das Erlöschen des Anspruchs auf die Leistung zu einer "erheblichen Unbilligkeit" führt (Art. 17 Abs. 7 Wajong).

16 Mit Beschluss vom präzisierte der UWV, dass eine "erhebliche Unbilligkeit" vorliegt, wenn der junge Behinderte seinen Wohnsitz aus schwerwiegenden Gründen ins Ausland verlegt und davon auszugehen ist, dass eine Einstellung der Zahlung der Leistung einen erheblichen Nachteil für den Behinderten zur Folge hätte. Um schwerwiegende Gründe handelt es sich u. a., wenn sich der junge Behinderte einer medizinischen Behandlung von gewisser Dauer unterzieht, eine Arbeit aufnimmt, die eine Wiedereingliederungsperspektive bietet, oder Personen folgt, von denen er für seine Versorgung abhängig ist, falls diese gezwungen sind, außerhalb der Niederlande zu wohnen.

Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen

17 Herr Hendrix wurde am geboren und besitzt die niederländische Staatsangehörigkeit. Er hat eine leichte geistige Behinderung. Mit Wirkung vom wurde ihm eine Leistung nach der AAW zuerkannt, die zum in eine Leistung aufgrund der Wajong umgewandelt wurde. Herr Hendrix galt immer als zu 80 % bis 100 % arbeitsunfähig, weil es für ihn auf dem freien Arbeitsmarkt nicht genügend Stellen gibt, die, objektiv betrachtet, seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen.

18 Herr Hendrix war seit in einer angepassten Funktion beim Formido Bouwmarkt in Maastricht (Niederlande) abhängig beschäftigt. Er wurde für diese Tätigkeit entlohnt, erhielt aber weiterhin die unter Berücksichtigung seines Lohnes verminderte Leistung nach der Wajong. Er übte keine berufliche Tätigkeit außerhalb der Niederlande aus.

19 Am zog Herr Hendrix nach Belgien um, arbeitete jedoch weiterhin in den Niederlanden. Mit Bescheid vom beschloss der UWV daher, die an Herrn Hendrix gezahlte Leistung nach der Wajong zum 1. Juli 1999 einzustellen, und wandte damit Art. 17 Abs. 1 Buchst. c Wajong an, wonach die Leistung ab dem ersten Tag des Monats nicht mehr gezahlt wird, der auf den Monat folgt, in dem der junge Behinderte seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat.

20 Mit seinem Bescheid vom erklärte der UWV den Widerspruch von Herrn Hendrix gegen den Bescheid vom für unbegründet.

21 Die Rechtbank Amsterdam erklärte dessen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom mit Urteil vom für unbegründet. Herr Hendrix legte gegen dieses Urteil Berufung beim Centrale Raad van Beroep ein.

22 Da der Centrale Raad van Beroep für die Entscheidung des Rechtsstreits eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts für erforderlich hält, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist eine Leistung nach der Wajong, die in Anhang IIa der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufgeführt ist, als beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Art. 4 Abs. 2a der Verordnung Nr. 1408/71 anzusehen, so dass auf Personen wie den Berufungskläger des Ausgangsverfahrens ausschließlich die durch Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 eingeführte Koordinierungsregelung anzuwenden ist? Macht es für die Beantwortung dieser Frage einen Unterschied, ob der Betroffene ursprünglich eine (aus Beiträgen finanzierte) AAW-Leistung für junge Behinderte erhielt, die zum kraft Gesetzes in eine Leistung nach der Wajong umgewandelt wurde?

2. Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Kann sich ein Arbeitnehmer auf Art. 39 EG in seiner Ausprägung in Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 gegenüber dem Mitgliedstaat berufen, dessen Staatsangehöriger er ist, wenn er ausschließlich in diesem Mitgliedstaat gearbeitet hat, jedoch im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt?

3. Für den Fall, dass die erste und die zweite Frage bejaht werden: Ist Art. 39 EG in seiner Ausprägung in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 so zu verstehen, dass mit ihm eine gesetzliche Bestimmung stets vereinbar ist, die die Gewährung oder Fortsetzung einer Leistung davon abhängig macht, dass der Betroffene seinen Wohnort im Gebiet des Mitgliedstaats hat, dessen gesetzliche Regelung gilt, wenn diese gesetzliche Regelung eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Art. 4 Abs. 2a der Verordnung Nr. 1408/71 vorsieht und in Anhang IIa dieser Verordnung aufgeführt ist?

4. Für den Fall, dass die erste und die zweite Frage bejaht werden und die dritte Frage verneint wird: Ist das Gemeinschaftsrecht (insbesondere die Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 und 39 EG sowie die Art. 12 EG und 18 EG) so auszulegen, dass im Wesen der Wajong eine hinreichende Rechtfertigung dafür gefunden werden kann, einem Unionsbürger, der in den Niederlanden eine Vollzeitbeschäftigung ausübt und insoweit ausschließlich den niederländischen Rechtsvorschriften unterliegt, die Wohnortvoraussetzung entgegenzuhalten?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

23 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die nach der Wajong gezahlte Leistung eine beitragsunabhängige Sonderleistung ist, die Art. 4 Abs. 2a in Verbindung mit Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 unterliegt, woraus sich ergeben würde, dass ihre Zahlung zulässigerweise von einer Wohnortvoraussetzung abhängig gemacht werden könnte. Es fragt außerdem danach, ob es nützlich ist, die frühere Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens zu berücksichtigen.

Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen

24 Der Kläger des Ausgangsverfahrens macht erstens geltend, dass nur die Leistungen, die nicht unter von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 erfasste Rechtsvorschriften fielen, als beitragsunabhängige Sonderleistungen angesehen werden könnten.

25 Zweitens trägt er vor, eine aufgrund von Bedürftigkeit gewährte Leistung stelle eine Sonderleistung dar. So solle die in der Wajong vorgesehene Leistung eine Minderung des Einkommens auffangen, die sich aus der Verwirklichung eines der in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 genannten Risiken ergebe.

26 Außerdem habe diese Leistung eine andere nach der AAW gezahlte Leistung, die exportierbar gewesen sei, ersetzt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens leitet daraus ab, dass er sich auf die Übergangsbestimmungen des Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. L 136, S. 1) berufen und daher den Export der Leistung beanspruchen könne.

27 Der Beklagte des Ausgangsverfahrens ist der Auffassung, dass die in der Wajong vorgesehene Leistung eine Sonderleistung sei, da sie keinen echten Einkommensverlust ausgleiche (in diesem Fall würde es sich um eine Leistung der sozialen Sicherheit handeln), sondern einen vermuteten Einkommensverlust, denn junge Behinderte seien Arbeitnehmern nicht gleichgestellt.

28 Nach Ansicht der niederländischen Regierung ist die fragliche Leistung eine Ersatzleistung, die für Personen bestimmt sei, die nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllten, um eine normale Leistung wegen Invalidität zu erhalten.

29 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist der Auffassung, dass die in der Wajong vorgesehene Leistung eine gemischte Leistung sei, die sowohl der sozialen Sicherheit als auch der Sozialhilfe zuzuordnen sei.

30 So stelle die besagte Leistung eine Sonderleistung dar, da sie trotz Abdeckung desselben Risikos Personen betreffe, die, da sie keine berufliche Vergangenheit hätten, niemals nach der WAO oder dem Gesetz über die Arbeitsunfähigkeitsversicherung für Selbständige vom versichert gewesen seien und im Übrigen auch nicht hätten versichert sein können.

31 Der Beklagte des Ausgangsverfahrens, die niederländische Regierung und die Kommission meinen schließlich, dass der Umstand, dass Herr Hendrix vor der Einführung der Leistung nach der Wajong eine ähnliche auf ein anderes Gesetz gestützte Leistung bezogen habe, nicht relevant sei.

32 Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist der Auffassung, dass die Leistung nach der Wajong, um als beitragsunabhängige Sonderleistung qualifiziert werden zu können, die materiellen Bedingungen, die sie zu einer Sonderleistung und zugleich zu einer beitragsunabhängigen Leistung machten, erfüllen und in Anhang IIa der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführt sein müsse.

33 Die Leistung nach der Wajong weise das Merkmal der Beitragsunabhängigkeit auf, weil sie aus öffentlichen Geldern finanziert werde.

34 Hinsichtlich des zweiten Teils der Frage ist die Regierung des Vereinigten Königreichs der Auffassung, es mache keinen Unterschied, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens ursprünglich eine andere, aber vergleichbare Leistung bezogen habe, da diese Sachlage den Inhalt der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage nicht verändere.

Anwort des Gerichtshofs

- Zum ersten Teil der Frage

35 Im Urteil vom , Kersbergen-Lap und Dams-Schipper (C-154/05, Slg. 2006, I-6249), hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass es sich bei einer Leistung nach der Wajong um eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Art. 4 Abs. 2a der Verordnung Nr. 1408/71 handelt.

- Zum zweiten Teil der Frage

36 Im Urteil Kersbergen-Lap und Dams-Schipper (Randnr. 43) hat der Gerichtshof entschieden, dass sich eine Person in der Lage des Klägers des Ausgangsverfahrens nicht auf einen Anspruch auf Wahrung der vor Erlass der Wajong nach der AAW erworbenen Vergünstigungen berufen kann. Die sich aus der Begründung des Wohnsitzes im Ausland ergebenden Rechtsfolgen (Exportierbarkeit oder Nichtexportierbarkeit der Leistung nach der Wajong) sind daher anhand der Regelungen, die zum Zeitpunkt der Begründung dieses neuen Wohnsitzes galten, d. h. anhand der neuen Bestimmungen, zu prüfen.

37 Was darüber hinaus das auf Art. 2 der Verordnung Nr. 1247/92 gestützte Vorbringen des Klägers des Ausgangsverfahrens angeht, so konnten sich zwar die Personen, die vor dem , dem Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung, die Leistung nach der AAW erhielten oder die Voraussetzungen für ihre Gewährung erfüllten, gemäß Art. 2 der Verordnung weiterhin auf den in Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Grundsatz der Aufhebung der Wohnortklauseln berufen; jedoch bestimmt sich die Rechtslage der Personen, die, wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, diese Voraussetzungen erst seit dem erfüllen, demgegenüber nach Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Partridge, C-297/96, Slg. 1998, I-3467, Randnr. 39).

38 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht daher zu antworten, dass eine Leistung wie die Leistung nach der Wajong als beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Art. 4 Abs. 2a der Verordnung Nr. 1408/71 anzusehen ist, so dass auf Personen in der Lage des Klägers des Ausgangsverfahrens ausschließlich die Koordinierungsregelung des Art. 10a dieser Verordnung anzuwenden ist und die Auszahlung dieser Leistung zulässigerweise auf die Personen, die im Gebiet des diese Leistung gewährenden Staates wohnen, beschränkt werden kann. Der Umstand, dass der Betroffene zuvor eine Leistung für junge Behinderte erhielt, die exportierbar war, hat keine Auswirkung auf die Anwendung dieser Bestimmungen.

Zur zweiten und zur dritten Frage

39 Mit der zweiten und der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Kern wissen, ob sich der Kläger des Ausgangsverfahrens auf Art. 39 EG in seiner Ausprägung in Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68 berufen kann und ob in diesem Fall die genannten Vorschriften dem entgegenstehen, dass die Auszahlung der Leistung nach der Wajong mit der Begründung eingestellt wird, dass er seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt habe.

Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen

40 Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist der Auffassung, dass er als Arbeitnehmer anzusehen sei, der von seinem Recht auf Freizügigkeit im Sinne des Gemeinschaftsrechts Gebrauch gemacht habe. Er stützt sich u. a. auf die Rechtssache Terhoeve (Urteil vom , C-18/95, Slg. 1999, I-345), in der der Gerichtshof entschieden habe, dass jeder Gemeinschaftsangehörige, der von seinem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch mache und in einem anderen Mitgliedstaat eine Berufstätigkeit ausübe, unabhängig von seinem Wohnort und seiner Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1612/68 falle. Außerdem habe der Gerichtshof in der Rechtssache Meints (Urteil vom , C-57/96, Slg. 1997, I-6689) entschieden, dass die Verordnung Nr. 1612/68 es nicht gestatte, die Gewährung einer sozialen Vergünstigung von der Voraussetzung abhängig zu machen, dass der Begünstigte seinen Wohnsitz in dem Mitgliedstaat habe, der ihm diese zu leisten habe.

41 Der Beklagte des Ausgangsverfahrens räumt ein, dass sich ein Einzelner auch gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger er sei, auf Art. 39 EG berufen könne, sofern er von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe (vgl. u. a. Urteil Terhoeve, Randnrn. 27 und 28). Die Ausübung dieses Rechts müsse jedoch mit dem Umzug in einen anderen Mitgliedstaat zu dem Zweck, eine wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen oder weiterhin auszuüben, im Zusammenhang stehen oder zumindest einen Bezug zu einer - zukünftigen oder gegenwärtigen - beruflichen Tätigkeit aufweisen.

42 Dies sei jedoch nicht die Situation von Herrn Hendrix. Dieser habe seinen Herkunftsmitgliedstaat zwar verlassen, jedoch nur, um in einem anderen Mitgliedstaat zu wohnen, und nicht, um dort eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Da er niemals außerhalb der Niederlande gearbeitet habe, habe er zu keinem Zeitpunkt von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht. Nach Auffassung des Beklagten des Ausgangsverfahrens sind auf Art. 39 EG die Erwägungen des Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit im Urteil vom , Werner (C-112/91, Slg. 1993, I-429), zu übertragen. In diesem Urteil habe der Gerichtshof entschieden, dass allein die Tatsache, dass jemand seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat habe, ohne sich dort niederzulassen, kein über den nationalen Rahmen hinausweisender Aspekt sei, der ausreichend sei, um Art. 43 EG geltend machen zu können.

43 Die niederländische Regierung und die Kommission tragen im Wesentlichen dieselben Argumente vor wie der Beklagte des Ausgangsverfahrens.

44 Die Regierung des Vereinigten Königreichs weist ebenfalls darauf hin, dass das Urteil Terhoeve auf die vorliegende Rechtssache nicht übertragbar sei. Sie ist der Auffassung, dass Herr Hendrix nicht als Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe, angesehen werden könne, und führt neben dem Urteil Werner die Nrn. 93 bis 97 der Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Hoever und Zachow (Urteil vom , C-245/94 und C-312/94, Slg. 1996, I-4895) an. Nach dessen Auffassung finde die Verordnung Nr. 1612/68 ausschließlich auf die Arbeitnehmer Anwendung, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats seien, jedoch in einem anderen Mitgliedstaat arbeiteten. Herr Hendrix sei in Anbetracht seiner Situation daher nicht als Arbeitnehmer anzusehen, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe und aus diesem Grund die Vorschriften der Verordnung Nr. 1612/68 in Anspruch nehmen könne.

Antwort des Gerichtshofs

45 Nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens war Herr Hendrix seit in einem Baumarkt in den Niederlanden beschäftigt. Am zog er nach Belgien um, behielt jedoch seine Stelle in den Niederlanden, zunächst in demselben Geschäft, wo er eine unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegende Vergütung erhielt. Diese Vergütung wurde durch die Wajong-Leistung ergänzt. Da der UWV mit Bescheid vom 28. Juni 1999 die Zahlung der Leistungen nach der Wajong einstellte und der Arbeitgeber eine Lohnerhöhung ablehnte, wurde dieses Arbeitsverhältnis beendet. Ab war Herr Hendrix in einem anderen Baumarkt beschäftigt, wo er den gesetzlichen Mindestlohn erhielt. Im Jahr 2001 zog er wieder in die Niederlande zurück.

46 Dem Ausgangsverfahren liegt damit ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine Person ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat, dabei aber eine abhängige Beschäftigung in ihrem Herkunftsstaat behalten und später eine andere abhängige Beschäftigung in ihrem Herkunftsstaat gefunden hat. Der Umstand, dass Herr Hendrix, nachdem er seinen Wohnsitz in Belgien genommen hatte, weiterhin in den Niederlanden arbeitete und dann seinen Arbeitgeber in diesem Staat wechselte, verleiht ihm die Eigenschaft eines Wanderarbeitnehmers und unterstellt ihn für die gesamte im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeit, also von Juni 1999 bis 2001, dem Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts und insbesondere dem Anwendungsbereich seiner Bestimmungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Urteile vom , Ritter-Coulais, C-152/03, Slg. 2006, I-1711, Randnrn. 31 und 32, und vom , Hartmann, C-212/05, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 17).

47 Nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1612/68 genießt ein Wanderarbeitnehmer die gleichen sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Nach ständiger Rechtsprechung erfasst der Begriff "Arbeitnehmer" in dieser Bestimmung Grenzgänger, die sich darauf ebenso wie die anderen von dieser Bestimmung erfassten Arbeitnehmer berufen können (vgl. in diesem Sinne Urteile Meints, Randnr. 50, vom , Meeusen, C-337/97, Slg. 1999, I-3289, Randnr. 21, und Hartmann, Randnr. 24).

48 Der Begriff "soziale Vergünstigung", auf den Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 verweist, deckt alle Vergünstigungen, die - ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht - den inländischen Arbeitnehmern hauptsächlich wegen ihrer Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland gewährt werden und deren Ausdehnung auf Wanderarbeitnehmer deshalb als geeignet erscheint, deren Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern (Urteile vom , Hoeckx, 249/83, Slg. 1985, 973, Randnr. 20, und vom , Martínez Sala, C-85/96, Slg. 1998, I-2691, Randnr. 25).

49 Die Leistung nach der Wajong ist eine Vergünstigung, die Arbeitnehmern gewährt wird, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, durch Arbeit das zu verdienen, was gesunde Personen mit vergleichbarer Ausbildung und Erfahrung durch Arbeit üblicherweise verdienen. Wie das vorlegende Gericht meint, stellt die betreffende Leistung daher eine Vergünstigung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 dar.

50 Der Gerichtshof hat entschieden, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung einer sozialen Vergünstigung im Sinne des genannten Art. 7 nicht davon abhängig machen kann, dass der Begünstigte seinen Wohnsitz in diesem Staat hat (Urteile Meints, Randnr. 51, und Meeusen, Randnr. 21).

51 Zwar gehört die Leistung nach der Wajong zu den beitragsunabhängigen Sonderleistungen gemäß Art. 4a in Verbindung mit Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71, deren Gewährung gesetzlich auf die Personen beschränkt werden kann, die ihren Wohnsitz im Gebiet des Mitgliedstaats haben, dessen Rechtsvorschriften eine solche Leistung vorsehen, und außerdem berührt nach Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 "[d]iese Verordnung ... nicht die gemäß Art. 51 des Vertrags [nach Änderung jetzt Art. 42 EG] erlassenen Bestimmungen", zu denen eine Koordinierungsregelung wie die Verordnung Nr. 1408/71 gehört.

52 Wie der Gerichtshof aber in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, sind die aufgrund von Art. 42 EG ergangenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 im Licht des Zweckes dieses Artikels auszulegen, der in der Herstellung einer größtmöglichen Freizügigkeit für die Wanderarbeitnehmer besteht (Urteil vom , Jauch, C-215/99, Slg. 2001, I-1901, Randnr. 20).

53 Insoweit ist Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1612/68 eine besondere Ausprägung des in Art. 39 Abs. 2 EG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf dem spezifischen Gebiet der Gewährung sozialer Vergünstigungen und daher ebenso auszulegen wie Art. 39 Abs. 2 EG (vgl. Urteil vom , Kommission/Spanien, C-205/04, in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlicht, Randnr. 15).

54 Folglich kann die Voraussetzung des Wohnorts für die Gewährung der Leistung nach der Wajong einer Person in der Lage von Herrn Hendrix nur dann entgegengehalten werden, wenn sie objektiv gerechtfertigt und im Hinblick auf das verfolgte Ziel angemessen ist.

55 Wie der Gerichtshof in Randnr. 33 des Urteils Kersbergen-Lap und Dams-Schipper ausgeführt hat, ist die Leistung nach der Wajong eng mit dem sozialen und wirtschaftlichen Kontext des betreffenden Mitgliedstaats verbunden, da sie vom Mindestlohn und dem Lebensstandard in den Niederlanden abhängt. Außerdem gehört diese Leistung zu den beitragsunabhängigen Sonderleistungen nach Art. 4 Abs. 2a in Verbindung mit Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71, in deren Genuss die Personen, für die diese Verordnung gilt, ausschließlich im Gebiet des Wohnmitgliedstaats gemäß den Rechtsvorschriften dieses Staates kommen. Demnach ist die in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene Wohnortvoraussetzung als solche objektiv gerechtfertigt.

56 Allerdings darf die Umsetzung dieser Voraussetzung die Rechte, die eine Person in der Situation von Herrn Hendrix aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit innehat, nicht in einem Maße beeinträchtigen, das über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit dem nationalen Gesetz verfolgten legitimen Zieles erforderlich ist.

57 In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass die nationalen Rechtsvorschriften, wie in Randnr. 15 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, ausdrücklich vorsehen, dass eine Ausnahme vom Wohnsitzerfordernis möglich ist, wenn dieses zu einer "erheblichen Unbilligkeit" führt. Nach gefestigter Rechtsprechung ist es Sache der nationalen Gerichte, das innerstaatliche Recht so weit wie möglich so auszulegen, dass es mit den Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist (Urteile vom , Marleasing, C-106/89, Slg. 1990, I-4135, Randnr. 8, und vom , Pfeiffer u. a., C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835, Randnr. 113). Das vorlegende Gericht muss sich also vergewissern, dass die Voraussetzung des Wohnorts im Hoheitsgebiet unter den Umständen des vorliegenden Falles und unter Berücksichtigung dessen, dass Herr Hendrix von seinem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht und seine wirtschaftlichen und sozialen Bindungen zu den Niederlanden beibehalten hat, nicht zu einer solchen Unbilligkeit führt.

58 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht daher zu antworten, dass die Art. 39 EG und 7 der Verordnung Nr. 1612/68 dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften, mit denen die Art. 4 Abs. 2a und 10a der Verordnung Nr. 1408/71 angewandt werden und die vorsehen, dass eine beitragsunabhängige Sonderleistung, die in Anhang IIa dieser Verordnung aufgeführt ist, nur Personen gewährt werden kann, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet haben, nicht entgegenstehen. Die Umsetzung dieser Rechtsvorschriften darf jedoch die Rechte einer Person, die sich in einer Situation wie der des Klägers des Ausgangsverfahrens befindet, nicht in einem Maße beeinträchtigen, das über das hinausgeht, was zur Erreichung des von dem nationalen Gesetz verfolgten legitimen Zieles erforderlich ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, das dem nationalen Gesetz so weit wie möglich eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung geben muss, u. a. zu berücksichtigen, dass der betreffende Arbeitnehmer alle seine wirtschaftlichen und sozialen Bindungen im Herkunftsmitgliedstaat beibehalten hat.

Zur vierten Frage

59 Im Rahmen dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob insbesondere die Vorschriften über die Unionsbürgerschaft geeignet sind, die Regel, dass eine beitragsunabhängige Sonderleistung wie die Leistung nach der Wajong nicht exportierbar ist, in Frage zu stellen.

60 Wie bei den Antworten auf die vorangegangenen Fragen ausgeführt wurde, fällt ein Staatsbürger eines Mitgliedstaats in der Lage von Herrn Hendrix in den Geltungsbereich der Bestimmungen des Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.

61 Nach ständiger Rechtsprechung findet Art. 18 EG, in dem das Recht eines jeden Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, in allgemeiner Form niedergelegt ist, in Art. 39 EG einen besonderen Ausdruck in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (vgl. Urteile vom 26. November 2002, Oteiza Olazabal, C-100/01, Slg. 2002, I-10981, Randnr. 26, und vom , Alevizos, C-392/05, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 66).

62 Da das Ausgangsverfahren unter diese letztere Bestimmung fällt, ist demnach eine Auslegung von Art. 18 EG nicht erforderlich (vgl. Urteile Oteiza Olazabal, Randnr. 26, und Alevizos, Randnr. 80), und die vierte Frage ist deshalb nicht zu beantworten.

Kostenentscheidung:

Kosten

63 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
RAAAD-30509

1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg