Auslegung des § 2 BlnZwStG
Leitsatz
Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 Bln ZwStG gilt die Zweitwohnungsteuerpflicht u.a. nicht für die Innehabung einer Wohnung, die von einer verheirateten Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehepartner ist, aus beruflichen Gründen gehalten wird, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung ist und außerhalb des Landes Berlin liegt. Diese Vorschrift ist ohne weiteres dahin auszulegen, dass die Hauptwohnung die einzige gemeinsame Wohnung der Eheleute sein muss.
Wenn Eheleute, die gemeinsam eine Wohnung am Beschäftigungsort benutzen, gleichwohl eine weitere gemeinsame Wohnung außerhalb des Beschäftigungsorts bewohnen, ist dies typischerweise Ausdruck und Indikator einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, an die die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer anknüpft.
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, GG Art. 6 Abs. 1, GG Art. 105 Abs. 2a, BlnZwStG § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sowie seine Ehefrau sind mit Hauptwohnsitz in ihrem Einfamilienhaus im Land X gemeldet. Sie arbeiten beide in Berlin und wohnen dort unter der Woche in einem allein dem Kläger gehörenden und 1982 fertig gestellten Einfamilienhaus. In Berlin sind sie mit Nebenwohnsitz gemeldet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte gegen den Kläger mit geändertem Bescheid vom für die Jahre 2006 und 2007 —ausgehend vom Mittelwert des gültigen Mietspiegels und einfacher Wohnlage, Baujahr 1983/84— jeweils Zweitwohnungsteuer in Höhe von 326,27 € fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der Kläger hatte geltend gemacht, das Haus in Berlin werde lediglich wegen der dort gelegenen Arbeitsstätten der Eheleute gehalten, so dass eine doppelte Haushaltsführung vorliege. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Nebenwohnung in Berlin sei zweitwohnungsteuerrechtlich zu Recht ausschließlich und in voller Höhe dem Kläger zugerechnet worden, da er Alleineigentümer des Hauses sei. Die Nebenwohnung sei auch nicht gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 des Berliner Zweitwohnungsteuergesetzes (Bln ZwStG) von der Besteuerung ausgenommen, da es sich bei der Hauptwohnung im Land X nicht um die einzige gemeinsame Wohnung der Eheleute handele. Auch die Nebenwohnung in Berlin sei eine gemeinsame Wohnung. Die Gründe, weswegen das , 2627/03 (BVerfGE 114, 316) die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer bei einer aus beruflichen Gründen von einem Verheirateten gehaltenen Zweitwohnung für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gehalten habe, träfen im Streitfall nicht zu.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der folgenden Rechtsfrage zu:
„Scheidet die Anwendung der Vorschrift über die Befreiung von Zweitwohnungsteuer nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 Bln ZwStG in Fällen, in denen eine verheiratete und von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt lebende Person eine Wohnung aus beruflichen Gründen inne hat und deren gemeinsam mit dem Ehegatten genutzte Wohnung Hauptwohnung ist, die sich außerhalb Berlins befindet, deshalb aus, weil auch der Ehepartner des Steuerpflichtigen in der aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung mit einer Nebenwohnung gemeldet ist?”
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist ohne weiteres so zu beantworten, wie das FG es getan hat.
Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 Bln ZwStG gilt die Zweitwohnungsteuerpflicht u.a. nicht für die Innehabung einer Wohnung, die von einer verheirateten Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehepartner ist, aus beruflichen Gründen gehalten wird, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung ist und außerhalb des Landes Berlin liegt. Diese Vorschrift ist ohne weiteres dahin auszulegen, dass die Hauptwohnung die einzige gemeinsame Wohnung der Eheleute sein muss.
a) Die Ausnahme von der Steuerpflicht wurde nämlich nicht geschaffen, um Wohnungen, die aus beruflichen Gründen neben der Hauptwohnung gehalten werden, nicht zu belasten, sondern um zu verhindern, dass Ehegatten aus der melderechtlichen Sonderregelung für den ehelichen Wohnsitz einen steuerlichen Nachteil erleiden.
b) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) ist nämlich Hauptwohnung eines verheirateten Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seinem Ehegatten lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Eheleute. Damit ist ein Ehegatte, dessen vorwiegend benutzte Wohnung i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG bei ausschließlicher Betrachtung seiner Person diejenige am Beschäftigungsort ist, gezwungen, sich gleichwohl mit Hauptwohnsitz in der ehelichen Wohnung anzumelden. Angesichts dieser melderechtlichen Vorgaben hielt das BVerfG mit dem Beschluss in BVerfGE 114, 316 eine Belastung derartiger „Erwerbszweitwohnungen” mit Zweitwohnungsteuer für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 1 GG.
c) Benutzen aber die Eheleute gemeinsam beide Wohnungen, beantwortet sich die melderechtliche Frage, welche der Wohnungen die Hauptwohnung bzw. die Nebenwohnung ist, ausschließlich nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen. Daher besteht kein Grund mehr für eine Ausnahme von der Belastung mit Zweitwohnungsteuer. Wenn Eheleute, die gemeinsam eine Wohnung am Beschäftigungsort benutzen, gleichwohl eine weitere gemeinsame Wohnung außerhalb des Beschäftigungsorts bewohnen, ist dies typischerweise Ausdruck und Indikator einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, an die die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer anknüpft (Art. 105 Abs. 2a GG). Ob etwas anderes in solchen Fällen gilt, in denen die weitere Wohnung außerhalb des Beschäftigungsorts gemeinsam von den Eheleuten und weiteren Familienmitgliedern bewohnt wird, ist vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit nicht klärungsbedürftig.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 2014 Nr. 12
FAAAD-29973