Leitsatz
[1] Wird in einem Vergabeverfahren aufgrund öffentlicher Ausschreibung nach VOB/A der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die spätere Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben (Fortführung von , BauR 2009, 1131 = NZBau 2009, 370).
Diese Kalkulationsgrundlagen sind grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des später geschlossenen Vertrages.
Gesetze: GWB §§ 102 ff.; GWB § 125; VOB/B § 2 Nr. 5; VOB/B § 2 Nr. 5 Satz 1; BGB § 148; BGB § 242; VOB/A § 19 Nr. 3; VOB/A § 24 Nr. 3; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 a)
Instanzenzug: KG Berlin, 21 U 150/05 vom LG Berlin, 95 O 167/03 vom
Tatbestand
Die Klägerin betreibt die Sanierung und Rekultivierung ehemaliger Braunkohletagebauflächen. Die Beklagte, deren alleinige Gesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist, ist der bergrechtlich verantwortliche Projektträger für den Sanierungsbergbau. Die Parteien streiten um Restwerklohn betreffend das Vorhaben "Restloch K.-Abraumbandbetrieb".
Die Maßnahme wurde im Juli 2000 ausgeschrieben. Als Ausführungszeitraum war der bis vorgegeben, als Bindefrist für die Angebote und Zuschlagstermin der .
Die Klägerin gab am das günstigste Angebot ab. Wegen der von der Klägerin darin angegebenen Energiekosten führte die Beklagte mit der Klägerin und zwei weiteren Bietern am Aufklärungsgespräche. Der Berechnung der Klägerin lag ein sehr günstiges Angebot für den Bezug elektrischer Energie von der B. zugrunde, dessen Annahme bis zum Ablauf der Bindefrist am erfolgen konnte.
Am leitete ein Mitbewerber ein Vergabenachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB ein. Die Beklagte bat die Klägerin daher mit Schreiben vom um Verlängerung der Bindefrist. Mit Schreiben vom erklärte die Klägerin zunächst, sie stimme der Verlängerung nicht vorbehaltlos zu, weil sich die Angebote ihrer eigenen Lieferanten an der ursprünglichen Zuschlagsfrist orientierten. Mit Schreiben vom erklärte sich die Klägerin mit einer Fristverlängerung bis einverstanden, behielt sich aber Schadensersatzansprüche vor, weil ihr Angebotspreis vom Strompreis ihres Energielieferanten abhänge und ihr durch den verspäteten Zuschlag Nachteile entstehen könnten. Mit Schreiben vom wiederholte die Klägerin diesen Vorbehalt, verteidigte ihr Angebot jedoch gleichwohl als Bestgebot. Auf zwei weitere Nachfragen der Beklagten zur Verlängerung der Bindefrist stimmte die Klägerin dieser bis letztlich zu, wiederholte dabei jedoch jeweils ihren Vorbehalt für den Fall, dass die Energiekosten sich dadurch erhöhten, dass die Lieferantenbindung nicht verlängert werden könnte. Am erhielt die Klägerin den Zuschlag auf ihr Angebot vom zu einer Auftragssumme von 32.326.396 DM unter Einbeziehung der VOB/B.
Die Klägerin macht - soweit für die Revision noch von Bedeutung - eine Mehrvergütung in Höhe von 1.832.365,54 EUR wegen Mehrkosten beim Strombezug geltend. Diese seien wegen der Verzögerung des Zuschlags durch das Nachprüfungsverfahren dadurch eingetreten, dass die ihrer Kalkulation ursprünglich zugrunde liegenden Energiepreise nicht mehr zu erlangen gewesen seien. Der Stromlieferant habe sich nur bis zum an sein günstiges Angebot binden lassen. Sie habe sich deshalb auf dem Strommarkt anderweitig eindecken müssen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hält das Verlangen der Klägerin auf Erstattung der Mehrkosten wegen erhöhter Strombezugskosten für nicht gerechtfertigt.
Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus dem durch den Zuschlag vom zustande gekommenen Vertrag. Eine Nachforderungsmöglichkeit wegen erhöhter Strombezugspreise sei nicht Vertragsgegenstand geworden. Der Zuschlag sei auf das ursprüngliche Angebot vom erteilt worden, ein verändertes Angebot habe weder seitens der Klägerin noch der Beklagten vorgelegen. Die Bindefristverlängerungen enthielten keine dahingehenden Erklärungen.
Der durch unveränderten Zuschlag zustandegekommene Vertrag enthalte keine Regelung über eine Preisanpassung wegen der durch die Verzögerung des Zuschlags erhöhten Strompreise. Preisänderungen, die nicht am Markt insgesamt eingetreten seien, sondern nur einen Bieter individuell getroffen hätten, rechtfertigten keine Preisänderungen. Auch sei die vertragliche Ausführungsfrist unverändert geblieben. Die analoge Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B scheide aus, weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, die einer Analogie nicht zugänglich sei.
Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Die Erwartung der Klägerin, sie könne bei Vertragsschluss Strom noch zu den von ihr kalkulierten Preisen beziehen, sei nicht Geschäftsgrundlage geworden. Es sei schon zweifelhaft, ob der dahingehende Geschäftswille der Klägerin für die Beklagte hinreichend erkennbar geworden sei. Jedenfalls handele es sich nicht um eine Geschäftsgrundlage für beide Parteien, sondern allenfalls um eine einseitige Erwartung der Klägerin, zu der die Beklagte kein Einverständnis erklärt habe. Vielmehr habe sich ein Risiko verwirklicht, das allein die Klägerin als Bieterin zu tragen habe. Es würde auch dem System des Vergaberechts zuwiderlaufen, wenn ein Bieter die allein seinem Einfluss und Verhandlungsgeschick unterliegende Kalkulationsgrundlage ohne Anknüpfung an objektive Umstände wie die Verschiebung der vertraglichen Ausführungsfrist zur Geschäftsgrundlage machen könne. Denn er könne ohne Risiko auf niedrigstem Niveau anbieten, wenn er bei sich später herausstellender Unauskömmlichkeit des Angebots Mehrkosten im Wege der Vertragsanpassung verlangen könne. Das verzerre den Wettbewerb aller Bieter. Der Bieter sei nicht in seinem Vertrauen darauf geschützt, dass der Zuschlag zu einem bestimmten Zeitpunkt erteilt werde, er müsse vielmehr mit einem Nachprüfungsverfahren rechnen. Solange die vertraglichen Ausführungsfristen nicht verändert würden, sei er daher nicht schützenswert. Aus § 242 BGB und der Kooperationspflicht der Parteien ergebe sich nichts anderes.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass mit dem Zuschlagsschreiben der Beklagten der Vertrag mit dem Inhalt des Angebots der Klägerin vom , wie es wörtlich zu verstehen ist, zustande gekommen ist. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der Beklagten konnte das ohne ausdrückliche Ergänzungen oder Änderungen abgegebene Angebot der Klägerin nur so verstanden werden, dass es die Bedingungen der Ausschreibung akzeptierte. Der Ausschreibungstext enthält keine Regelung für den Fall einer verzögerten Vergabe. Er kann auch nicht über seinen Wortlaut hinaus dahin verstanden werden, dass im Fall einer verzögerten Vergabe Abweichungen oder ergänzende Regelungen gelten sollten.
Auch den Erklärungen der Klägerin, der Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei lediglich die Bedeutung zugemessen, dass das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot gemäß § 148 BGB, zugleich Bindefrist nach § 19 Nr. 3 VOB/A, verlängert werden sollte. Sie hat damit auch das Preisangebot aufrechterhalten, ohne damit einen Preisänderungsvorbehalt erklärt zu haben. Dass sie sich Schadensersatzansprüche vorbehalten und inhaltlich erklärt hat, sie wolle keine Nachteile aus der verzögerten Vergabe haben, ist ohne Belang. Denn mit dieser Erklärung hat sie die Vergabebedingungen nicht ändern wollen, sondern sich lediglich eventuelle Rechte aus dem nach den unveränderten Vergabebedingungen abzuschließenden Vertrag vorbehalten.
Auch die Auslegung des Zuschlagsschreibens durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden. Mit ihm hat die Beklagte das vorliegende Angebot der Klägerin unverändert angenommen, und zwar auch dann, wenn die Klägerin in ihre Erklärungen zur Bindefristverlängerung Vorbehalte betreffend Ansprüche auf verzögerungsbedingte Mehrkosten aufgenommen hätte.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom (VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131 = NZBau 2009, 370; zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) aufgestellt und ausführlich begründet hat. Hierauf wird Bezug genommen. Eine abweichende Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil die Klägerin ihren Anspruch nicht auf eine Veränderung der Ausführungszeit, sondern darauf stützt, dass der Zuschlag später erteilt worden ist.
2.
Eine Preisanpassung wegen erhöhter Stromkosten auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung, wie sie im Urteil vom entwickelt wurde, kommt nicht in Betracht.
a)
Die ergänzende Vertragsauslegung setzt eine zu füllende Regelungslücke im Vertrag voraus. Eine solche Lücke kann bestehen, wenn sich im Vertrag keine Regelung für den Fall findet, dass sich durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens die im Vertrag festgelegten Leistungspflichten ändern und es bei den vereinbarten Ausführungsfristen aus tatsächlichen Gründen nicht verbleiben kann (, aaO).
b)
Ändern sich die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters infolge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass dies zu einer Änderung der Ausführungsfristen führt, kommt eine Preisanpassung nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht. Ein solcher Vertrag enthält keine Regelungslücke. Der in der Ausschreibung vorgesehene Zeitpunkt des Zuschlags wird nicht Vertragsbestandteil. Die Revision kann sich auch nicht darauf berufen, dass nach den Ausführungen des Senats im Urteil vom (VII ZR 11/08, Rdn. 52) die Verzögerung des Vergabeverfahrens nicht zu Lasten des Bieters gehen darf, der sich im Wettbewerb durchgesetzt hat, und die Einrichtung des Vergaberechtsschutzes die Rechtsstellung des Auftraggebers stärken, nicht schwächen soll. Diese Erwägungen stehen im Zusammenhang mit der durch eine Veränderung der Bauzeit veranlassten ergänzenden Vertragsauslegung und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung. Sie enthalten keinen allgemeinen Grundsatz, dass die mit der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verbundenen Nachteile stets zu einer Vertragsanpassung führen müssten.
c)
Im vorliegenden Fall hat sich die vertraglich geschuldete Leistung nicht geändert. Die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungszeit vom bis ist unverändert geblieben. Die vertragliche Bauzeit musste daher den Umständen nicht angepasst werden. Insoweit unterscheidet sich der Fall von dem Sachverhalt der Entscheidung vom (VII ZR 11/08). Während dort die Klage mit der Verschiebung der Ausführungsfristen begründet wurde, ist die vorliegende Klage allein auf die Verschiebung des Zuschlagstermins gestützt.
3.
Eine Preisanpassung kann entgegen der Auffassung der Revision nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B abgeleitet werden. § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B ist eine Vertragsbestimmung, die eine Vereinbarung eines neuen Preises unter der Voraussetzung vorsieht, dass durch die Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Diese Regelung ist nur auf solche Änderungen des Bauentwurfs oder Anordnungen des Auftraggebers anwendbar, die den geschlossenen Vertrag abändern. Ihnen liegt zugrunde, dass das Äquivalenzverhältnis des geschlossenen Vertrages erhalten bleiben muss, wenn der Auftraggeber durch Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts den Leistungsinhalt ändert. Es liegt auf der Hand, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht den Fall regelt, dass der Auftraggeber eine Bindefristverlängerung erbittet. Denn in diesem Fall wird der Leistungsinhalt des Vertrages nicht berührt. Es ändern sich möglicherweise durch die Bindefristverlängerung des Bieters seine Kalkulationsgrundlagen. § 2 Nr. 5 VOB/B bietet keine Grundlage, deswegen eine Preisanpassung zu verlangen.
4.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) komme nicht in Betracht, begegnet keinen Bedenken.
a)
Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.: , BGHZ 121, 379; Urteil vom - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037; Urteil vom - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25, jeweils m.w.N.). Ob ein bestimmter Umstand Geschäftsgrundlage ist, unterliegt wie auch die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen der tatrichterlichen Beurteilung und ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Diese Bindung entfällt jedoch, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze durch das Tatgericht verletzt worden sind oder wesentliche Umstände des Sachverhalts unberücksichtigt geblieben sind.
b)
Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass die auf dem preiswerten Angebot des Stromlieferanten beruhende Kalkulation der Klägerin deshalb nicht Geschäftsgrundlage geworden ist, weil der Geschäftswille der Beklagten erkennbar nicht darauf aufbaute. Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrags kalkuliert. Er trägt allgemein das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation (, BGHZ 139, 177, 180 f.; Urteil vom - VII ZR 107/86, BauR 1987, 683, 684 = ZfBR 1987, 237, 238; Urteil vom - VII ZR 11/79, BauR 1980, 63, 65; Urteil vom - VII ZR 47/63, WM 1964, 1253, 1254). Die Kalkulation eines Unternehmers wird grundsätzlich nicht Geschäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Besteller offengelegt wird (, NJW 2002, 2312, 2313). Es müssen besondere Umstände hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, der Auftraggeber habe die Kalkulation in seinen Geschäftswillen ungeachtet dessen aufgenommen, dass es grundsätzlich Sache und Risiko des Unternehmers ist, wie er kalkuliert (vgl. , BauR 1986, 334 = ZfBR 1986, 128).
aa)
Solche Umstände will die Revision daraus ableiten, dass die Klägerin, für die Beklagte erkennbar, die Bindefrist nur deshalb verlängert hat, weil sie sonst aus dem Wettbewerb ausgeschieden wäre. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass dann, wenn eine Kalkulation darauf beruhe, dass ein Lieferant oder Nachunternehmer ein bis zum Zuschlagstermin befristetes Angebot abgegeben habe, das mit der Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist verbundene Risiko, der Lieferant oder Nachunternehmer werde sein Angebot nicht verlängern, dem Auftraggeber aufzuerlegen sei. Der Bieter dürfe nicht genötigt werden, aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden, indem er die Bindefrist nicht verlängere. Das würde den Wettbewerb verfälschen und dazu führen, dass der für den ursprünglich vorgesehenen Zuschlagszeitraum wirtschaftlichste Bieter von einem Konkurrenten durch die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens aus dem Wettbewerb gedrängt werden könne.
bb)
Dem kann so nicht gefolgt werden.
(1)
Richtig ist allerdings, dass der Bieter sein Angebot unter Berücksichtigung der Binde- und Zuschlagsfrist kalkulieren kann. Eine solche Kalkulation ist zunächst nicht riskant. Sie schafft relative Preissicherheit und erlegt dem Bieter nur die allgemeinen Risiken sich ändernder Preise auf. Diese Preisrisiken kann er durch die Einholung von Angeboten der Lieferanten und Nachunternehmer minimieren, die sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden halten. Dass der Bieter mögliche Änderungen der Zuschlagstermine nicht einkalkuliert, ist nicht zu beanstanden. Er ist dazu nicht verpflichtet und es kann ihm bei einer Vergabe auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er solche Änderungen nicht einkalkuliert hat (vgl. , BauR 2008, 1502 = NZBau 2008, 505 = ZfBR 2008, 614). Richtig ist auch, dass der Bieter in einem Vergabeverfahren, das nicht den Regelungen der VOB/A unterliegt, auf ein Ansinnen des Ausschreibenden, die Bindefrist zu verlängern, andere Möglichkeiten hat als in einem Vergabeverfahren mit einer öffentlichen Ausschreibung. Er kann in diesem Verfahren die Verlängerung der Bindefrist davon abhängig machen, dass seinem Verlangen auf Preisänderung zugestimmt wird. Auf diese Weise kann er auf die sich durch die Verlängerung der Bindefrist ergebenden Änderungen der Kalkulationsgrundlage reagieren. Diese Möglichkeit hat der Bieter nicht, wenn er einer Bitte auf Verlängerung der Bindefrist in einem durch öffentliche Ausschreibung eingeleiteten Vergabeverfahren nach der VOB/A zustimmt. Es ist ihm nicht gestattet, wegen durch die Verschiebung der Bindefrist veränderter Kalkulationsgrundlagen eine Änderung des angebotenen Preises zu verlangen. Das verstieße gegen das Nachverhandlungsverbot, § 24 Nr. 3 VOB/A. Würde er mit der Bindefristverlängerung ein neues Angebot vorlegen, müsste dies gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A ausgeschlossen werden. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter ausgerichtetes Vergabeverfahren ist nur zu gewährleisten, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden (, BauR 2008, 572 = NZBau 2008, 137; Urteil vom - X ZR 243/02, BauR 2005, 1620 = NZBau 2005, 594 = ZfBR 2005, 703; Beschluss vom - X ZB 7/04, BGHZ 159, 186, 192). Der Bieter kann also einer Bindefristverlängerung nur zustimmen, wenn er das ursprüngliche Angebot aufrechterhält. Ist er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das Angebot aufrechtzuerhalten, muss der Bieter die Bindefristverlängerung verweigern. Auf diese Weise macht er den Weg frei für andere Bieter, unter Umständen sogar solche, die das Nachprüfungsverfahren eingeleitet haben.
(2)
Diese Umstände allein vermögen jedoch nichts daran zu ändern, dass der Wille des Auftraggebers nicht dahin geht, die Kalkulationsgrundlagen des Auftragnehmers zur Geschäftsgrundlage des Vertrages zu machen. An der allgemeinen Risikozuordnung für Änderungen der Kalkulationsgrundlagen ändert sich nichts, wenn der Auftragnehmer einer Bindefristverlängerung zustimmt. Denn damit erklärt er, dass der angebotene Preis bis zum Ablauf der Bindefrist, die zugleich Zuschlagsfrist ist, gilt. Das Risiko etwaiger Unwägbarkeiten wegen der Kalkulationsgrundlagen ist ihm unverändert zuzuordnen.
Dem Auftraggeber ist zwar auch bekannt, dass der Bieter nur die Wahl hat, die Zustimmung zu erklären oder aus dem Verfahren auszuscheiden. Das rechtfertigt es jedoch nicht, dem Auftraggeber über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die damit verbundenen Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlagen zuzuweisen. Dem steht schon entgegen, dass damit elementare Grundsätze des Wettbewerbs im Vergabeverfahren verletzt würden. Es wäre mit den Grundsätzen des fairen, transparenten und dem Gleichbehandlungsgebot verpflichteten Wettbewerbs nicht zu vereinbaren, wenn der Bieter über eine Anpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einen neuen Preis für die unveränderte Leistung verlangen könnte. Denn auf diese Weise würde ohne eine Veränderung des Leistungsinhalts nachträglich allein der Preis verändert, mit dem er sich im Wettbewerb durchgesetzt hat. Das ginge nicht nur zu Lasten des Auftraggebers, sondern auch zu Lasten derjenigen Bieter, die auf der Grundlage ihrer Kalkulation einer Bindefristverlängerung ebenfalls zugestimmt und damit eine Bindung an ihren Preis erklärt haben. Dabei kann nicht Rücksicht darauf genommen werden, dass der zunächst günstigste Bieter im Einzelfall selbst dann noch der günstigste Bieter gewesen wäre, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, den Preis im Vergabeverfahren anzupassen. Diese Erwägung muss außer Betracht bleiben, weil das Vergabeverfahren eine Verhandlung über den Preis nicht zulässt und deshalb im maßgeblichen Zeitraum kein Raum für eine Überprüfung des Preises ist.
Hinzu kommt, dass der Auftraggeber die Kalkulationsgrundlagen regelmäßig nicht kennt und seinerseits ein unabwägbares Risiko eingehen würde, wenn der Auftragnehmer einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages hätte. Er hat deshalb keinen Anlass, die Kalkulationsgrundlagen in seinen Geschäftswillen aufzunehmen. Das ist auch nicht anders, wenn er vom Bieter auf ein Kalkulationsproblem aufmerksam gemacht wird, das darin besteht, dass nach Ablauf der ursprünglichen Zuschlagsfrist eine bis dahin sichere Bindung des Lieferanten nicht mehr besteht. Das ist für den Auftraggeber kein Anlass, das entsprechende Risiko zu übernehmen. Allein die Erklärung, der Auftragnehmer wolle durch die Bindefristverlängerung keine Nachteile durch die fehlende Bindung übernehmen und es würden Schadensersatzansprüche vorbehalten, vermag dem Auftraggeber dieses Risiko nicht zuzuweisen.
(3)
Ein Bieter kann sich nicht darauf berufen, der Wettbewerb würde durch die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Preises für die Dauer der verlängerten Bindefrist zu seinen Lasten verfälscht. Mit der Verlängerung der Bindefrist übernimmt er die Verantwortung dafür, dass sein Preis weiterhin unverändert angeboten wird. An diesem Preis muss er sich gerade zum Schutz des Wettbewerbs grundsätzlich festhalten lassen. Es ist das allgemeine Risiko eines öffentlichen Vergabeverfahrens, dass der Bieter ausscheiden muss, wenn er den Preis nicht halten kann. Derjenige, der an einem solchen Verfahren teilnimmt, kann sich nicht darauf berufen, die damit verbundenen Risiken seien unzumutbar und müssten deshalb vom Auftraggeber übernommen werden. Der Senat muss nicht entscheiden, inwieweit die Bitte um Verlängerung der Bindefrist angesichts dieser unbefriedigenden Lage für den Bieter vergabekonform ist. Verlängert der Bieter die Bindefrist ungeachtet eines eventuell bestehenden Vergabeverstoßes, kann er nicht geltend machen, der Preis müsse über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst werden.
(4)
Mit dem Festhalten am angebotenen Preis werden auch keine vergaberechtlichen Grundsätze verletzt. So kann der Bieter, der auf diese Weise mittelbar gezwungen wird, aus dem Verfahren auszuscheiden, nicht geltend machen, er sei zu schützen, weil er zunächst das wirtschaftlichste Angebot im Hinblick auf die ausgeschriebene Bindefrist abgegeben habe. Ihm müsse deshalb die Möglichkeit der Preisanpassung gewährt werden. Das würde, wie bereits dargelegt, den Wettbewerb verfälschen. Auch kann er nicht geltend machen, es sei ihm nicht zuzumuten, aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden und damit auf die Amortisierung seiner Angebotskosten zu verzichten. Ein Bieter, der an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnimmt, hat keine geschützte Rechtsposition dahin, dass sich seine Angebotskosten stets amortisieren. Zwar kommt bereits mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen zwischen Auftraggeber und Bieter ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande, das die Parteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Sorgfalt verpflichtet. Bei schuldhafter Verletzung dieses Vertrauensverhältnisses durch den Ausschreibenden können nach den Grundsätzen einer Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) Schadensersatzansprüche des Bieters entstehen, die grundsätzlich auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind (vgl. , BGHZ 139, 259, 261), also auch die Aufwendungen für das Angebot umfassen.
(5)
Grundsätzlich unmaßgeblich ist auch, ob der Bieter ausreichend Zeit hatte, über die Bitte auf Verlängerung der Bindefrist nachzudenken. Eine zu kurze Zeit kann vergaberechtlich bedenklich sein. Darauf kommt es jedoch im Zusammenhang mit der Frage, ob die Kalkulation Geschäftsgrundlage geworden ist, nicht an.
5.
Die Nachteile, die der Bieter durch die Verlängerung der Bindefrist erleidet, sind den Regelungen des Vergabeverfahrens zuzuordnen, die dafür Sorge tragen, dass alle Bieter gleich behandelt werden, die notwendige Transparenz erzielt wird und der wirtschaftlichste Bieter den Zuschlag erhält. Dass der wirtschaftlichste Bieter durch ein Nachprüfungsverfahren Nachteile erleiden könnte, ist vom Gesetzgeber gesehen worden. Er hat deshalb unter bestimmten Umständen eine Schadensersatzverpflichtung des Antragstellers oder Beschwerdeführers vorgesehen, wonach missbräuchliche Antragstellung auch zum Ersatz des den Beteiligten entstandenen Schadens verpflichtet, § 125 GWB. Dass die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruchs aus gutem Grund hoch sind, kann nicht zum Nachteil des Auftraggebers gehen. Mit dem Nachprüfungsverfahren verwirklicht sich ein Risiko, das dem Vergabeverfahren immanent ist und das jeder Bieter zu tragen hat. Kalkuliert er insoweit nicht bestandsfest im Hinblick auf einen späteren Zuschlag, hat er eine schwächere Wettbewerbsposition als diejenigen Bieter, die ihre Preise nicht im Hinblick auf die ursprünglich vorgesehene Zuschlagsfrist kalkulieren.
6.
Dahinstehen kann, inwieweit eine Preisanpassung möglich ist, wenn der Auftraggeber einen sog. "offenen" oder "externen" Kalkulationsirrtum ausnutzt (dazu vgl. , aaO; Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 5. Teil, Rdn. 109). Ein solcher "offener" Kalkulationsirrtum liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Die Klägerin hat zwar das Risiko einer nicht auskömmlichen Kalkulation offengelegt. Dieses Risiko war aber von ihr erkannt und bewusst eingegangen worden.
7.
Aus Vorstehendem ergibt sich, dass es auch nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht Ansprüche auf Preisanpassung aus § 242 BGB in Verbindung mit der Kooperationspflicht der Parteien eines Bauvertrages abgelehnt hat. Auch lässt sich kein Anspruch aus dem Rechtsgedanken des § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B derart herleiten, dass der Auftraggeber die Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlage zu übernehmen hätte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 519 Nr. 8
FAAAD-29934
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja