BGH Beschluss v. - V ZB 44/09

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 101 Abs. 1; ZPO § 568; ZVG § 83

Instanzenzug: LG Darmstadt, 23 T 184/08 vom AG Dieburg, 30 K 48/07 vom

Gründe

I.

Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom auf Antrag der Beteiligten zu 3 die Zwangsversteigerung des eingangs bezeichneten Grundstücks auf Grund der dieser zustehenden vollstreckbaren Grundschuld an Rangstelle III/19 an und ließ im weiteren Verlauf des Verfahrens die Beitritte mehrerer weiterer Gläubiger zu. Mit Beschluss vom bestimmte es Termin zur Versteigerung auf Montag, den . Mit ihrem am Freitag, dem , per Fax eingegangenen und am Versteigerungstag, dem folgenden Montag, im Original vorgelegten Antrag beantragte die Beteiligte zu 1 den Beitritt zu dem Verfahren. In dem Versteigerungstermin blieben die Beteiligten zu 4 und 5 mit einem Gebot von 185.500 EUR Meistbietende.

Mit am verkündetem Beschluss hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 4 und 5 den Zuschlag erteilt, ohne über den Beitritt der Rechtsbeschwerdeführerin zu entscheiden. Die Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht durch Beschluss der Einzelrichterin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beteiligten zu 4 und 5 beantragen.

II.

Das Beschwerdegericht hält die Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 1 für unbegründet. Der Zuschlag sei nicht zu versagen gewesen. Der Versteigerungstermin sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Der Beitritt der Beteiligten zu 1 zu dem Verfahren sei zwar möglich gewesen und habe auch beschieden werden müssen. Dass dies nicht geschehen sei, führe aber nicht zur Aufhebung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führe ein Verfahrensfehler nicht zur Aufhebung des Zuschlags, wenn sich die Beeinträchtigung der Verfahrensrechte der Beteiligten genau übersehen lasse und ausgeschlossen werden könne, dass durch den Verfahrensfehler Rechte des Schuldners verkürzt worden seien. So liege es hier. Eine Zulassung des Beitritts der Beteiligten zu 1 im Versteigerungstermin habe dessen Verlauf und Ergebnis nicht ändern können. Im Hinblick auf § 44 Abs. 2 ZVG habe die Beteiligte zu 1 nicht als betreibende Gläubigerin berücksichtigt werden können.

III.

Ob diese Erwägungen zutreffen, kann im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geprüft werden. Auf die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung unabhängig hiervon aufzuheben und an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz des gesetzlichen Richters ergangen ist.

1.

Die Einzelrichterin durfte nicht selber entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihr im Rahmen der Zulassung der Rechtsbeschwerde angenommenen Bedeutung der Sache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, also zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, zugelassen worden ist. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung in § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist im weitesten Sinne zu verstehen; der Kollegialspruchkörper ist auch dann zur Entscheidung berufen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (, NJW 2003, 3712; , FamRZ 2004, 363; Beschl. v. , II ZB 14/02, NJW 2004, 448, 449; Senat , Beschl. v. , V ZB 45/09, [...]).

2.

Der von Amts wegen zu beachtende Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG führt, wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, zur Aufhebung der Entscheidung des Einzelrichters und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (BGHZ 154, 200, 202 ; , Rpfleger 2003, 448; Beschl. v. , III ZB 66/05, NJW-RR 2006, 286, 287; Senat , Beschl. v. , V ZB 178/05, FamRZ 2006, 697). Das gilt unabhängig davon, ob ein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, tatsächlich gegeben war (vgl. , NJW-RR 2004, 1717).

IV.

Für die neue Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:

1.

Mit der in dem angefochtenen Beschluss zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich die Zurückweisung der Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten zu 1 nicht begründen. Danach können nach § 83 Nr. 6 ZVG relevante Verfahrensfehler zwar geheilt werden, wenn Rechte von Beteiligten nicht beeinträchtigt werden ( IXa ZB 285/03, NJW-RR 2004, 1366, 1367 = MDR 2004, 774; Beschl. v. , IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200, 201; Senat , Beschl. v. , V ZB 114/07, NJW-RR 2008, 1018, 1019 f.). Hier geht es aber nicht um einen Verfahrensfehler nach § 83 Nr. 6 ZVG. Zudem ist über den Beitritt der Beteiligten zu 1 bislang nicht entschieden worden.

2.

Das war rechtsfehlerhaft. Der Beitrittsantrag war statthaft. Er konnte im Versteigerungstermin, jedenfalls aber vor der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses beschieden werden. Ein Grund, davon abzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Bescheidung des Beitrittsantrags ist auch jetzt noch möglich. Ein Gläubiger kann einem Zwangsversteigerungsverfahren nämlich beitreten, solange noch nicht rechtskräftig über den Zuschlag entschieden worden ist (OLG Stuttgart Rpfleger 1970, 102; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/ Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 27 Rdn. 6; Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 16; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 27 Rdn. 2.5). Diese Entscheidung wird deshalb jetzt zunächst herbeizuführen sein.

3.

Der Verfahrensfehler des Amtsgerichts führt aber nicht zur Aufhebung des Zuschlags, weil er sich nicht ausgewirkt hat. Die Zuschlagsbeschwerde kann nach § 100 Abs. 1 ZVG nur auf eine Verletzung der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85 ZVG oder darauf gestützt werden, dass der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt worden ist. Ein solcher Fehler liegt in dem Versäumnis des Amtsgerichts nicht.

a)

Der Beitritt eines Gläubigers führt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht ohne weiteres dazu, dass ein anberaumter Versteigerungstermin aufzuheben wäre. Das kommt vielmehr nur in Betracht, wenn der beitretende Gläubiger dem Gläubiger, dessen Forderung die Festlegung des geringsten Gebots und damit die Versteigerungsbedingungen bestimmt, im Rang vorgeht. So ist es hier nicht. Das geringste Gebot und damit die Versteigerungsbedingungen werden von der Forderung der Beteiligten zu 3 bestimmt. Diese Forderung ist durch eine Grundschuld an der Rangstelle 19 im Grundbuch des versteigerten Grundstücks gesichert und geht damit der Forderung der Beteiligten zu 1, die mit einer Zwangssicherungshypothek an der Rangstelle 30 gesichert ist, vor. Angesichts dieses Rangverhältnisses konnte der Beitritt der Beteiligten zu 1 auf die Festlegung des geringsten Gebots und die Versteigerungsbedingungen keinen Einfluss haben. Die Versteigerung hätte deshalb zu den gleichen Bedingungen erfolgen müssen, wenn das Amtsgericht den Beitritt der Beteiligten zu 1 noch vor der Versteigerung zugelassen hätte.

b)

Daran ändert entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch § 43 Abs. 2 ZVG nichts.

aa)

Danach ist der Termin zur Versteigerung aufzuheben, wenn nicht vier Wochen vor dem Termin dem Schuldner ein Beschluss, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, zugestellt ist, es sei denn, dass dieser das Verfahren genehmigt. Das bedeutet aber nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, dass dem Schuldner in dieser Frist sämtliche Beschlüsse zugestellt werden müssten, auf Grund derer die Versteigerung erfolgen könnte. Der erstbetreibende und die später beigetretenen Gläubiger haben nach § 27 Abs. 2 ZVG dieselben Rechte. Das bedeutet, dass jeder Gläubiger für sich das Zwangsversteigerungsverfahren weiterbetreiben und die Durchführung der Zwangsversteigerung erreichen kann, wenn bei ihm die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (Senat , Beschl. v. , V ZB 48/08, NJW 2009, 81, 82; RGZ 125, 24, 30). Deshalb kommt es nach § 43 Abs. 2 ZVG darauf an, ob dem Schuldner die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Zulassung des Beitritts in dem Einzelverfahren des im Termin bestrangig betreibenden Gläubigers und den bei Erlass dieser Anordnung am Verfahren Beteiligten die Terminsnachricht rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin zugestellt worden ist (Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 43 Rdn. 4 und 6.1).

bb)

Das war hier der Fall. Die Zwangsversteigerung konnte auf Grund der Beschlüsse des Amtsgerichts über die Anordnung der Zwangsversteigerung vom sowie über die Beitritte dreier weiterer Gläubiger vom , und erfolgen. Diese Beschlüsse sind dem Schuldner am , , und am und damit deutlich vor Beginn der Frist des § 43 Abs. 2 ZVG zugestellt worden. Vor Beginn dieser Frist, nämlich in dem Zeitraum vom 1. bis , ist in diesen Verfahren den schon bei Anberaumung des Versteigerungstermins mit Beschluss vom bekannten Beteiligten auch die Terminsnachricht zugestellt worden. Zu diesen Beteiligten gehörte die Beteiligte zu 1 nicht, weil ihre Zwangssicherungshypothek erst am in das Grundbuch eingetragen und das Amtsgericht erst zu diesem Zeitpunkt über die Eintragung unterrichtet wurde.

4.

Eine Kostenentscheidung wird im neuen Beschwerdeverfahren nicht veranlasst sein, da sich die Beteiligten bei einer Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne des §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 Rdn. 7).

V.

Der Gegenstandswert ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen; er entspricht dem Meistgebot der Ersteher (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Fundstelle(n):
KAAAD-29928

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein