BGH Beschluss v. - IX ZB 284/08

Leitsatz

[1] Im Regelinsolvenzverfahren kommt eine Versagung der Restschuldbefreiung regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Schuldner unrichtige Angaben korrigiert, bevor der betroffene Gläubiger dies beanstandet.

Gesetze: InsO § 290 Abs. 1

Instanzenzug: LG Hanau, 3 T 293/08 vom AG Hanau vom , 70 IN 257/

Gründe

I.

Auf den mit einem Restschuldbefreiungsgesuch verbundenen Eigenantrag wurde am das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und Rechtsanwalt R. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Das von der Schuldnerin gefertigte, dem Eröffnungsantrag beigefügte Gläubiger- und Forderungsverzeichnis wies die F. G. mbH (nachfolgend: F. GmbH) als Inhaberin einer durch ein Versäumnisurteil titulierten Forderung über 9.904,34 EUR aus. Mit Schreiben vom setzte die Schuldnerin den Insolvenzverwalter durch Übermittlung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses davon in Kenntnis, dass der Beteiligte zu 1 und nicht die F. GmbH Inhaber der vorbezeichneten Forderung ist. Der Beteiligte zu 1 berief sich gegenüber dem Amtsgericht durch Schreiben vom auf seine Gläubigerstellung. Außerdem beantragte er mit Schreiben vom , der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Das Amtsgericht ordnete am das schriftliche Verfahren an und setzte für die Stellung von Anträgen auf Versagung der Restschuldbefreiung eine Frist bis zum .

Auf den Antrag vom hat das Amtsgericht der Schuldnerin die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.

II.

Das Landgericht hat ausgeführt, es liege der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor, weil die Schuldnerin als Gläubiger einer Forderung eine Person bezeichnet habe, der die Forderung tatsächlich nicht zustehe. Die Schuldnerin habe mindestens grob fahrlässig gehandelt, weil ihr die wahre Gläubigerstellung erkennbar gewesen sei. Die Schuldnerin habe überdies Zahlungsaufforderungen des wahren Gläubigers nicht zum Anlass genommen, das Amtsgericht über die tatsächlichen Verhältnisse zu unterrichten.

III.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.

1.

Eine Versagung der Restschuldbefreiung scheidet aus, weil es bereits an dem zulässigen Antrag eines Gläubigers fehlt.

a)

Gemäß § 290 Abs. 1 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn einer der in dieser Vorschrift genannten Versagungsgründe vorliegt und die Versagung von einem Insolvenzgläubiger im Schlusstermin beantragt worden ist. Die Entscheidung über den Antrag auf Restschuldbefreiung soll nach der Gesetzesbegründung deshalb erst nach Anhörung der Insolvenzgläubiger und des Insolvenzverwalters im Schlusstermin erfolgen, damit für die gesamte Verfahrensdauer festgestellt werden kann, ob der Schuldner seinen Auskunftsund Mitwirkungspflichten genügt hat. Beantragt ein Gläubiger vorher die Versagung der Restschuldbefreiung, so handelt es sich lediglich um die Ankündigung eines Antrages nach § 290 Abs. 1 InsO, der noch nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung führen kann (, ZInsO 2003, 413, 414 m.w.N.). Wird anstelle des Schlusstermins das schriftliche Verfahren angeordnet und eine Frist zur Stellung von Anträgen auf Versagung der Restschuldbefreiung gesetzt, so muss der Antrag innerhalb der Frist gestellt werden (, ZInsO 2008, 1272 Rn. 9).

b)

Im Streitfall fehlt es - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - am Erfordernis eines innerhalb der von dem Amtsgericht gesetzten Frist gestellten Versagungsantrags. Der Gläubiger hat seinen bereits am gestellten Versagungsantrag nicht innerhalb der durch Beschluss vom bis zum bestimmten Frist erneuert. Bei dieser Sachlage fehlt es bereits an einem wirksamen Antrag als Voraussetzung für die Versagung der Restschuldbefreiung.

2.

Überdies haben die Vordergerichte nicht beachtet, dass infolge der von der Schuldnerin vorgenommenen Berichtigung mit Rücksicht auf den Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (vgl. aaO) eine die Versagung der Restschuldbefreiung tragende Pflichtverletzung (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO) nicht anzunehmen ist.

a)

Es bestehen bereits Bedenken, ob der Verstoß als grob fahrlässig zu bewerten ist, weil die F. GmbH tatsächlich von dem Beteiligten zu 1 in der Vergangenheit mit der Beitreibung von Mietforderungen betraut worden war und der Irrtum der Schuldnerin vor diesem Hintergrund schwerlich auf einer auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung (vgl. , WM 2006, 1438 Rn. 10; v. - IX ZB 243/06, NZI 2007, 733, 734 Rn. 9; Beschl. v. - IX ZB 212/08, ZInsO 2009, 786, 787 Rn. 7) beruht.

b)

Dieser Verstoß wiegt jedenfalls gering. Denn die Schuldnerin hat im Streitfall nicht etwa die Forderung eines Gläubigers verschwiegen (vgl. , ZInsO 2008, 1278), sondern die Forderung tatsächlich angegeben, aber lediglich einer falschen Person zugeordnet. Schließlich hat die Schuldnerin bereits am und somit lange, bevor am der unzulässige Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt wurde, ihre Angaben korrigiert und den wahren Gläubiger benannt (vgl. aaO; v. - IX ZB 183/07,ZInsO 2008, 920, 921 Rn. 13). Damit konnte dem Beteiligten zu 1 aus der fehlerhaften Gläubigerbezeichnung ein Nachteil nicht erwachsen. Bei dieser Sachlage scheidet eine die Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertigende Pflichtverletzung aus.

3.

Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
DStR 2010 S. 121 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2009 S. 3248
StuB-Bilanzreport Nr. 24/2009 S. 933
WM 2009 S. 1984 Nr. 42
DAAAD-29913

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja