BVerwG Urteil v. - 4 C 12.07

Leitsatz

1. Eine Stellungnahme der Kommission gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL ist nicht bereits dann einzuholen, wenn in einem FFH-Gebiet ein prioritärer Lebensraumtyp lediglich vorhanden ist.

2. Die Gewichtung des öffentlichen Interesses muss den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL berücksichtigen. Nicht jedem Vorhaben, das das Erfordernis der Planrechtfertigung erfüllt, kommt ein besonderes Gewicht zu.

3. Kohärenzsicherungsmaßnahmen können das Gewicht des Integritätsinteresses mindern. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sie einen Beitrag auch zur Erhaltung der Integrität des FFH-Gebiets leisten.

Gesetze: FFH-RL Art. 6 Abs. 4; FFH-RL Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2

Instanzenzug: OVG Nordrhein-Westfalen, 20 D 80/05 AK vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverband, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom in der Fassung vom , der die Verlängerung der Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens Münster/Osnabrück von 2 170 m auf 3 600 m zum Gegenstand hat.

Der von der Beigeladenen betriebene Flughafen entwickelte sich aus einem in den 1950er Jahren angelegten Verkehrslandeplatz. In den 1970er Jahren wurde die Start- und Landebahn auf die heutige Länge von 2 170 m ausgebaut. Auf dem Flughafen werden derzeit Linienflüge im innerdeutschen und europäischen Verkehr sowie Charterflüge mit Zielen vorwiegend im Mittelmeerraum durchgeführt. Östlich des Flughafengeländes verlaufen der Dortmund-Ems-Kanal und die Bundesautobahn A 1. Nach Westen hin wird das Gelände von dem von Süden nach Norden fließenden Eltingmühlenbach sowie einer Kreisstraße, die eingezogen werden soll, begrenzt. Der Eltingmühlenbach gehört zum Gewässersystem der Ems. Das Gebiet wurde mit Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom in die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region aufgenommen. Die Entscheidung wurde der Bundesregierung am bekannt gemacht und im Amtsblatt vom veröffentlicht (ABl Nr. 1 387 S. 1). Das Gebiet weist Bestände des nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen - FFH-RL -) als prioritär eingestuften Lebensraumtyps *91E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior), des nicht prioritären Lebensraumtyps 3260 (Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion) sowie verschiedene Tierarten nach Anhang II der FFH-RL, unter anderem das Bachneunauge (Lampetra planeri) auf. Die Verlängerung der Start- und Landebahn auf 3 600 m macht die Querung des Eltingmühlenbachs notwendig; er soll verschwenkt und über eine Länge von 390 m übertunnelt werden. In dem Bereich, der nicht durch Rollbahnen versiegelt wird, sind Lichtschächte vorgesehen. Die von der Beigeladenen vorgelegte FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom Februar 1999 kommt zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des (damals potentiellen) FFH-Gebiets mit Blick auf den Lebensraumtyp 3260 und die Art "Bachneunauge" in Betracht komme. Der prioritäre Lebensraumtyp *91E0 (Auenwald) sei nicht betroffen. Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hat der Beklagte Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz angeordnet. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen ist ein Monitoring-Programm unter Beachtung der FFH-relevanten Arten zu entwickeln und über einen Zeitraum von 10 Jahren durchzuführen. Des Weiteren enthält der Planfeststellungsbeschluss einen Auflagenvorbehalt, sollten die Maßnahmen nicht oder nur unzureichend greifen.

Mit Urteil vom hat das Oberverwaltungsgericht die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets in Bezug auf den prioritären Lebensraumtyp *91E0 sei auch im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkt des Zerschneidungseffekts zu verneinen. Eine erhebliche Beeinträchtigung komme aber mit Blick auf den nicht prioritären Lebensraumtyp 3260 und die nicht prioritäre Art "Bachneunauge" in Betracht. Weitergehende Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets seien nicht zu erkennen, insbesondere werde keine Fledermausart von den Erhaltungszielen erfasst. Im Hinblick auf die vom Kläger angesprochenen Fledermäuse ergäben sich auch keine weitergehenden Einschränkungen aus dem Artenschutz, da es keine Anhaltspunkte für ein bedeutsames Vorkommen im Eingriffsbereich gebe. Weitere Untersuchungen seien nicht veranlasst; insofern treffe den Kläger eine besondere Darlegungslast. Die Voraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung seien gegeben. Das Ziel, den Flughafen für den Interkontinentalverkehr auszubauen, stelle ungeachtet der Prognoseunsicherheiten einen zwingenden Grund des öffentlichen Interesses dar. Es spreche Gewichtiges und Erhebliches für die Ausbaumaßnahme. Demgegenüber trete die Bedeutung der betroffenen Erhaltungsziele im FFH-Gebiet angesichts des gegebenen Zustandes des Eingriffsbereiches, der Minimierungsmaßnahmen und der Möglichkeit der Aufwertung der Landschaft durch Kompensationsmaßnahmen zurück. Zumutbare Alternativen, den mit dem Vorhaben verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, seien nicht gegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 und 2 FFH-RL sowie des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte und die Beigeladene verteidigen das angefochtene Urteil.

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil wird den rechtlichen Anforderungen, die im Fall einer erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets an eine Zulassung im Wege der Abweichungsentscheidung gestellt werden, nicht in jeder Hinsicht gerecht und verletzt insoweit Bundesrecht. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts lassen im Revisionsverfahren keine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

1.

In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit des Vorhabens an den landesrechtlichen Vorschriften gemessen, mit denen Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL umgesetzt wird, und nicht auf die verschärften Anforderungen nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL abgestellt. Indem sich das Oberverwaltungsgericht bei der Anwendung des § 48 d LG NRW durch das Europäische Gemeinschaftsrecht zu einer bestimmten Auslegung verpflichtet sieht, bringt es Bundesrecht zur Anwendung mit der Folge, dass die revisionsgerichtliche Prüfungsbefugnis eröffnet ist (vgl. nur BVerwG 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 13 und vom - BVerwG 4 C 13.07 - BVerwGE 130, 223 Rn. 9).

Nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL können, wenn das betreffende Gebiet ein Gebiet ist, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden (benannte Abweichungsgründe). Sonstige unbenannte Gründe können gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Stellungnahme der EU-Kommission eingeholt hat.

1.1

Eine Stellungnahme der Kommission gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL ist nicht bereits dann einzuholen, wenn in einem FFH-Gebiet - wie hier - ein prioritärer Lebensraumtyp lediglich vorhanden ist; nur wenn sich nach dem Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht ausschließen lässt, dass das Vorhaben gerade einen prioritären Lebensraumtyp oder eine prioritäre Art beeinträchtigt, dürfen andere als die benannten Gründe für eine Abweichung nur geltend gemacht werden, wenn die Kommission zu den Voraussetzungen für eine Abweichung Stellung genommen hat. Nach seinem Wortlauf gebietet Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL im Fall sonstiger Abweichungsgründe zwar die Einholung einer Stellungnahme der Kommission, wenn das Gebiet einen prioritären Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art "einschließt". Ähnlich ist die Formulierung in § 34 Abs. 4 BNatSchG und § 48 d Abs. 6 LG NRW; dort wird darauf abgestellt, ob sich in dem betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten "befinden". Eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung wird aber dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerecht. Die verfahrensrechtliche Einbeziehung der Kommission dient dem besonderen Schutz prioritärer Lebensräume und Arten. Die Kommission soll für den Fall, dass eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu dem Ergebnis kommt, das Vorhaben könne ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen (Art. 6 Abs. 3 FFH-RL), ihrerseits eine Bewertung der möglicherweise beeinträchtigten ökologischen Werte vornehmen können. Wie bereits die Interpretationshilfe der Kommission "Natura 2000-Gebietsmanagement, Die Vorgaben des Artikel 6 der ,Habitat-Richtlinie' 92/43/EWG" aus dem Jahr 2000 hervorhebt (im Folgenden: Auslegungsleitfaden 2000), soll der Umstand, dass ein Projekt, welches einen prioritären Lebensraum und/oder eine prioritäre Art in keiner Weise beeinträchtigt, keine Rechtfertigung dafür sein, dass ein Gebiet unter das schärfere Regime des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL fällt (Auslegungsleitfaden 2000, S. 53). Die Kommission hat diese Auffassung im aktuellen Auslegungsleitfaden von Januar 2007 (im Folgenden: Auslegungsleitfaden 2007) bestätigt. Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL sei so zu verstehen, dass er für alle Gebiete Anwendung findet, sobald prioritäre Lebensräume und/oder Arten in Mitleidenschaft gezogen werden (Auslegungsleitfaden 2007, S. 25). Dementsprechend hat auch die Generaldirektion Umwelt - wie das von der Beigeladenen vorgelegte Schreiben vom in einem insoweit vergleichbaren Verfahren belegt - es ausdrücklich abgelehnt, eine Stellungnahme der Kommission zu veranlassen, wenn sich aus den eingereichten Unterlagen zur FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ergibt, dass ein prioritärer Lebensraum zwar im FFH-Gebiet vorhanden ist, aber nicht beeinträchtigt wird.

Der von dem Kläger angeregten Vorlage des Verfahrens an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EG bedarf es nicht, weil keine vernünftigen Zweifel an der dargelegten Auslegung des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL bestehen. Aus dem Hinweis des 9. Senats in dem vom Kläger in Bezug genommenen BVerwG 9 A 20.05 - (BVerwGE 128, 1 Rn. 117), in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs finde sich bislang keine Aussage, dass der Anwendungsbereich der Norm entsprechend ihrem Schutzzweck einzuschränken wäre, folgt keine Pflicht zur Vorlage. Der Umstand, dass sich der Europäische Gerichtshof bislang nicht mit einer Frage befasst hat, bedeutet nicht, dass Anlass zu vernünftigen Zweifeln i.S.d. acte-clair-Doktrin ( - Slg. 1982, 3415 Rn. 16) besteht. Im Übrigen hat der 9. Senat zwischenzeitlich klargestellt, dass die verschärften materiellrechtlichen Anforderungen an Abweichungsgründe gemäß Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL nur zu stellen sind, wenn zumindest die Möglichkeit der Beeinträchtigung prioritärer Elemente im Gebiet besteht ( BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 152). Dass in verfahrensrechtlicher Hinsicht etwas anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Die Frage, ob prioritäre Lebensraumtypen oder Arten erheblich beeinträchtigt werden, prüfen die Mitgliedstaaten auch im Rahmen der Verträglichkeitsuntersuchung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, ohne die Kommission beteiligen zu müssen. Schon die Verträglichkeitsprüfung kann, wenn ihr Ergebnis positiv ist, zur Zulassung eines Projekts führen.

1.2

Die Abweichungsprüfung richtet sich nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL, da nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), eine erhebliche Beeinträchtigung des Lebensraumtyps *91E0 auch im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Zerschneidungseffekt ausgeschlossen ist. Für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung eines in einem geschützten Gebiet vorhandenen, jedoch nicht im Eingriffsbereich liegenden Lebensraumtyps genügt es nicht, dass charakteristische Arten, die typisch für den in seinen Erhaltungszielen geschützten Lebensraumtyp sind, im Eingriffsbereich vorkommen. Maßgeblich ist, ob die außerhalb des Lebensraums befindlichen, aber für den Lebensraumtyp charakteristischen Pflanzen- und Tierarten eine für die Erhaltung des Lebensraumtyps notwendige Funktion erfüllen.

Die gegen die Feststellung, dass eine mittelbare Beeinträchtigung durch Zerschneidung auch in Ansehung der im Eingriffsbereich vorhandenen, für den prioritären Lebensraumtyp *91E0 charakteristischen Arten zu verneinen sei, erhobene Aufklärungsrüge hat keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beweisantrag zu 3) des Klägers, zum Beweis dafür, dass der Lebensraumtyp *91E0 erheblich beeinträchtigt werde, wobei insbesondere auch die Zerschneidungswirkung für die im Gebiet vorhandenen Flächen dieses Lebensraumtyps zu berücksichtigen sei, ein Sachverständigengutachten einzuholen, unter Berufung auf die vorgelegten Gutachten zu Recht abgelehnt; eine weitere Sachverhaltsaufklärung musste sich ihm auch nicht aufdrängen. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass im Eingriffsbereich Pflanzen- und Tierarten i.S.d. Art. 1 Buchst. e FFH-RL vorhanden sein könnten, die typisch für den in seinen Erhaltungszielen geschützten Lebensraumtyp *91E0 seien. Es hat daher auch die Möglichkeit einer mittelbaren Beeinträchtigung durch Zerschneidung in den Blick genommen. Auf der Grundlage der vorgelegten Gutachten, insbesondere der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Eingriffsbereich weder in unmittelbarem noch in Ansehung des Bachverlaufs in mittelbarem Kontakt mit den Auenwaldbeständen stehe; dem Überbauungsbereich könne keine besondere, gerade auf jene Bestände bezogene Verbindungsfunktion beigemessen werden. Liegen methodisch verwertbare FFH-Gutachten vor, die zu dem Ergebnis kommen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen erscheint, ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nur dann veranlasst, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die außerhalb des Lebensraums befindlichen Arten eine besondere, gerade auf die geschützten Bestände des Lebensraumtyps bezogene Verbindungsfunktion haben. Allein das Vorkommen charakteristischer Arten eines Lebensraumtyps im Eingriffsbereich genügt nicht. Soweit der Kläger geltend macht, jedem Biologen dränge sich angesichts des Bachlaufs auf, dass die im Eingriffsbereich vorhandenen Arten eine Verbindungsfunktion für die geschützten Bestände des Lebensraumtyps *91E0 hätten, muss er sich entgegenhalten lassen, dass das Oberverwaltungsgericht methodische Mängel der zugrunde gelegten Untersuchungen nicht festgestellt und er seinerseits solche Mängel auch nicht geltend gemacht hat. Den Beweisantrag hat er lediglich damit begründet, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung wahrscheinlich, jedenfalls gut möglich erscheine. Mit dem Einwand im Revisionsverfahren, er habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht methodische Mängel der Gutachten geltend gemacht, dringt der Kläger nicht durch. Es genügt nicht, auf die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht zu verweisen. Maßgeblich ist der Beweisantrag. Mit einem Beweisantrag, der auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zielt, muss nicht nur das Beweisthema benannt werden, vielmehr müssen auch Angaben gemacht werden zur fehlenden Eignung der vorliegenden Gutachten. Gutachten und sachverständige Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (vgl. nur BVerwG 9 B 28.08 - NVwZ 2009, 320 Rn. 4). Solche Mängel sind mit dem Beweisantrag zu 3) nicht vorgetragen worden. Ebenso wenig genügt es, im Revisionsverfahren Gutachten zur Frage der Verbindungswirkung vorzulegen. Abgesehen davon, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ist, hätte der Kläger vielmehr mit dem Beweisantrag substanziiert - über das bloße Vorkommen der Arten hinaus - Tatsachen zum Funktionsbezug der Arten und deren besondere, gerade auf die geschützten Bestände des Lebensraumtyps bezogene Verbindungsfunktion benennen und konkret darlegen müssen, aus welchen in der mündlichen Verhandlung erörterten Umständen sich der behauptete Aufklärungsbedarf ergab. Das gilt umso mehr als sich das Oberverwaltungsgericht mit dem vom Kläger vorgelegten Gutachten von Dr. H. auseinander gesetzt und den Gutachter in der mündlichen Verhandlung gehört hat.

2.

Die Zulassung eines Vorhabens trotz negativen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung setzt voraus, dass das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (§ 48d Abs. 5 Nr. 1 LG NRW, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL). Das Oberverwaltungsgericht ist bei der Prüfung, ob hier Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gegeben sind, zwar im Ansatz von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Es hat die öffentlichen Interessen jedoch in einer mit dem Ausnahmecharakter dieser Vorschrift nicht vereinbarenden Weise gewichtet (2.1). Bei der Gewichtung der FFH-Belange hat es die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Kohärenzsicherungsmaßnahmen mindernd berücksichtigt, ohne festzustellen, inwieweit diese Maßnahmen einen Beitrag zur Erhaltung der Integrität des Gebiets leisten (2.2). Beides ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

2.1

Als Abweichungsgründe kommen für Vorhaben, die nur nicht prioritäre Lebensraumtypen und/oder Arten erheblich beeinträchtigen, neben solchen sozialer oder wirtschaftlicher Art sowie den benannten Abweichungsgründen des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL auch vielfältige andere Gründe in Betracht. Inhaltliche Beschränkungen, die über die Ausrichtung auf ein öffentliches Interesse hinausgehen, sind Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL nicht zu entnehmen. Damit sich die Gründe gegenüber dem Belang des Gebietsschutzes durchsetzen können, müssen keine Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann; Art. 6 Abs. 4 FFH-RL setzt lediglich ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln voraus ( BVerwG 4 C 2.99 - BVerwGE 110, 302 <314 f.> und vom a.a.O. Rn. 153). Erforderlich ist eine Abwägung: Das Gewicht der für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange muss auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalls nachvollziehbar bewertet und mit den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes abgewogen worden sein (Urteil vom a.a.O. Rn. 131). Dabei handelt es sich nicht um eine fachplanerische, sondern um eine bipolare, den spezifischen Regeln des FFH-Rechts folgende Abwägung (vgl. BVerwG 9 C 1.06 - BVerwGE 128, 76 Rn. 22 zur naturschutzrechtlichen Abwägung).

Voraussetzung der Abwägung ist zunächst, dass die Vorhabensziele, die als Abweichungsgründe bezeichnet werden, ihrer Art nach berücksichtigungs- und tragfähig sind (Urteil vom a.a.O. Rn. 158, 160). Entspricht ein Vorhaben den Vorgaben der fachplanerischen Planrechtfertigung, liegen berücksichtigungsfähige Abweichungsgründe vor. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein Vorhaben, das im Sinne der Planrechtfertigung den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes entspricht und Zwecken der Zivilluftfahrt dient, im öffentlichen Interesse liegt und damit grundsätzlich auch geeignet ist, entgegenstehende FFH-Belange zu überwinden; ob das öffentliche Interesse die FFH-Belange überwiegt, hängt aber von dem Ergebnis der im Weiteren erforderlichen konkreten Abwägung ab (UA S. 40).

Die berücksichtigungsfähigen Abweichungsgründe sind sodann zu gewichten. Im Grundsatz überlässt das Gemeinschaftsrecht die Definition öffentlicher Interessen und deren Gewichtung allerdings den Mitgliedstaaten. Die FFH-Richtlinie enthält differenzierte Vorgaben für die Bewertung des Integritätsinteresses, nicht aber für die Gewichtung der öffentlichen Interessen. Der Spielraum der Mitgliedstaaten ist jedoch nicht unbegrenzt. Sie dürfen ihre öffentlichen Interessen nicht in einer Weise definieren und bewerten, die praktisch jedem Vorhaben, das das Erfordernis der Planrechtfertigung erfüllt und nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar ist, von vornherein ein hohes Gewicht beimisst mit der Folge, dass es allenfalls bei schweren Beeinträchtigungen der Schutzziele hinter dem Interesse an der Integrität des FFH-Gebiets zurücktreten müsste. Die Gewichtung des öffentlichen Interesses muss vielmehr den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL berücksichtigen. Aufgrund seines Ausnahmecharakters begründet Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot, das zu Lasten des Integritätsinteresses des durch Art. 4 FFH-RL festgelegten kohärenten Systems nicht bereits durchbrochen werden darf, wenn dies nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar erscheint, sondern nur beiseite geschoben werden darf, soweit dies mit der Konzeption größtmöglicher Schonung der durch die Habitat-Richtlinie geschützten Rechtsgüter vereinbar ist (Urteile vom a.a.O. S. 310 und vom - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <263> ). Diese zur Alternativenprüfung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Prüfung zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist als Ausnahme von dem in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL festgelegten Genehmigungskriterium eng auszulegen ( - Slg. 2007, I-7495 Rn. 83 und vom - Rs. C-239/04 - Slg. 2006, I-10183 Rn. 35). Nicht jedem Vorhaben, das das Erfordernis der Planrechtfertigung erfüllt, kommt ein besonderes Gewicht zu. Der Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung verbietet es, den Zielen eines solchen Vorhabens "bereits für sich" ein erhebliches Gewicht beizumessen. Woraus sich das erhebliche Gewicht ergibt, muss vielmehr im Einzelnen begründet werden.

Welche Faktoren für das Gewicht des öffentlichen Interesses an einem Vorhaben maßgebend sind, lässt sich nicht abschließend bestimmen. Zu berücksichtigen ist in jedem Fall der im Planfeststellungsverfahren prognostizierte Verkehrsbedarf. Maßgebend ist aber auch, ob die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele normativ oder politisch vorgegeben sind und wie konkret die jeweiligen Zielvorgaben sind. Dabei entfalten gesetzliche Vorgaben - wie etwa im Fall der gesetzlichen Bedarfsfeststellung - ein höheres Gewicht als politisch wirkende Planungsdirektiven, die in der Regel von eher allgemein gehaltenen Bedarfsvorstellungen geleitet sind.

Die Dringlichkeit eines Infrastrukturprojekts bemisst sich in erster Linie nach der verkehrlichen Bedeutung des Vorhabens. Zur verkehrlichen Bedeutung eines Ausbauvorhabens gehört der tatsächlich zu erwartende Bedarf, wie er sich auf der Grundlage der Gutachten zum prognostizierten Verkehrsbedarf darstellt. Die Planung eines Vorhabens, das eine noch nicht vorhandene Nachfrage erst "stimulieren" soll, kann fachplanerisch zulässig sein. Der Bedarf für einen Flughafen kann sich nicht nur aus einer tatsächlichen, aktuell feststellbaren Nachfrage ergeben, sondern auch aus der Vorausschau künftiger Entwicklungen ( BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <271 f.> ; vom - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 282 und vom - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 50). Ein Vorhabensträger ist nicht darauf beschränkt, nur den absolut sicher zu erwartenden Bedarf abzudecken. Solange weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene eine verbindliche verkehrspolitische Gesamtkonzeption für den Ausbau von Flughäfen existiert und deshalb die Anbieter von Flughafenleistungen in einem globalen Wettbewerb stehen, kann es ihnen nicht verwehrt werden, sich für einen prognostizierten allgemeinen Anstieg der Nachfrage "zu rüsten" (Urteil vom a.a.O. S. 272). Dass ein solches Vorhaben die Hürde der Planrechtfertigung nimmt und damit ein Abweichungsgrund vorliegt, sagt indes noch nichts über das Gewicht aus, mit dem der Abweichungsgrund in die Abwägung einzustellen ist. Bei der Gewichtung der Abweichungsgründe sind daher auch die mit der Planung verbundenen Prognoseunsicherheiten zu bewerten. Reichen die Prognoseunsicherheiten weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens angeordnet ist. Mit welchem Gewicht Prognoseunsicherheiten zu Buche schlagen, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Als Faustregel lässt sich lediglich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und verbindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Das vom Oberverwaltungsgericht festgestellte Ziel, den Flughafen als internationalen Flughafen für den direkten interkontinentalen Flugverkehr unter gleichzeitiger besserer Positionierung in Bezug auf eine restriktionsfreiere Nutzung im Bereich des langen Mittelstreckenverkehrs zu ertüchtigen, stellt allerdings einen tragfähigen Abweichungsgrund dar. Der bedarfsgerechte Bau und Ausbau von Verkehrsflughäfen liegt im öffentlichen Interesse, weil diese dem Bedarf des allgemeinen Verkehrs i.S.d. § 6 Abs. 3 LuftVG und § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO dienen ( BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <119 f.> ).

Neben die an den Verkehrsbedarf gekoppelten luftverkehrsrechtlichen Belange tritt nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts das allgemeine strukturpolitische Ziel, die Dezentralisation des Luftverkehrs zu fördern und eine Wettbewerbsstärkung der Region zu erreichen. Auch das stellt einen tragfähigen Abweichungsgrund dar. Der Gesichtspunkt der Strukturförderung vermag als wirtschaftlicher Grund ein öffentliches Interesse zu begründen. Bei der Entscheidung über den Standort eines Flughafens kann eine Rolle spielen, welche wirtschaftlichen Impulse von dem Flughafen für die Region zu erwarten sind (Urteil vom a.a.O. Rn. 128 ff.). Das gilt nicht nur für einen Neubau, sondern auch für den Ausbau eines Flughafens. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur gehören zwar nicht zu den Zielen des Luftverkehrsgesetzes ( BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 52). Es handelt sich aber um für das Vorhaben sprechende öffentliche Belange, die bei einer Abweichungsentscheidung berücksichtigungsfähig sind. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des Klägers, das Oberverwaltungsgericht berücksichtige Gründe, die im Planfeststellungsbeschluss nicht angeführt worden seien, geht fehl. Der Planfeststellungsbeschluss nimmt zu den regionalwirtschaftlichen Effekten eines Flughafens Stellung und betont die besondere Standortgunst (PFB S. 64 ff., 118). Das Oberverwaltungsgericht knüpft hieran an und verweist auf "positive regionalwirtschaftliche Effekte" und "Arbeitsplatzeffekte" (UA S. 46).

Bei der Gewichtung der Abweichungsgründe hat das Oberverwaltungsgericht den Zielen des Vorhabens jedoch ein von der Wahrscheinlichkeit ihrer Realisierung unabhängiges Eigengewicht und damit eine Durchschlagskraft gegenüber dem Interesse an der Integrität des FFH-Gebiets beigemessen, die dem Ausnahmecharakter des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nicht gerecht wird.

Das Oberverwaltungsgericht hat zwar erkannt, dass im vorliegenden Fall die Prognoseunsicherheiten, soweit es um den interkontinentalen Flugverkehr am Flughafen Münster/Osnabrück geht, "weiter reichen als in anderen Fällen" (UA S. 52), es hat aber gemeint, dass das Gewicht der Gründe für das Vorhaben angesichts der geringen Eingriffsintensität dadurch nicht entscheidend gemindert werde und den Abweichungsgründen "bereits für sich" ein erhebliches Gewicht beigemessen (UA S. 47). Das Oberverwaltungsgericht misst damit dem Vorhaben von vornherein ein Eigengewicht bei, ohne hierfür - gemessen an Art. 6 Abs. 4 FFH-RL - hinreichende Gründe anzugeben.

Das Oberverwaltungsgericht hat zunächst darauf abgestellt, dass das Vorhaben landesplanerisch vorgesehen und zugleich raumordnungsrechtlich abgesichert sei (UA S. 44). Das vermittelt einem Vorhaben indessen nicht schon an sich einen besonderen Stellenwert. Ziele der Raumordnung enthalten zwar verbindliche, abschließend abgewogene Vorgaben, die öffentliche Stellen bei der Entscheidung über planfeststellungsbedürftige Vorhaben zu beachten haben (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 3 ROG 2008). Mit einer gesetzlichen Bedarfsfeststellung, die dem Vorhaben einen besonderen Stellenwert verleiht ( BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 135 und vom - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 159; vgl. auch BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <148 f.> ), ist die zielförmige Festlegung eines Flughafenausbaus jedoch nicht zu vergleichen. Bei der gesetzlichen Bedarfsfeststellung ist die der Bedarfsermittlung zugrunde liegende Prognosebasis grundsätzlich einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Diese Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung allerdings nicht in jeder Hinsicht; in diesem Zusammenhang ist vielmehr zusätzlich zu fragen, ob den für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelangen ein derartiges Gewicht zukommt, dass sie sich gegenüber den widerstreitenden Belangen des Habitatschutzes durchsetzen (Urteil vom a.a.O. Rn. 134). Dagegen umfasst bereits das luftverkehrsrechtliche Abwägungsgebot die Ermächtigung, die raumordnerischen Gründe, die die Zielfestlegung tragen, zugunsten höher gewichteter gegenläufiger Belange zurückzustellen ( BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 79). Anders als bei der Zielbindung in der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) besteht kein striktes Anpassungsgebot. In diesem Sinne können zielförmige Standortentscheidungen der Landesplanung nicht nur aus spezifisch fachplanerischen Erwägungen "überwunden" werden, sondern auch bei der abwägenden Beurteilung i.S.d. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL an Gewicht verlieren. Die zielförmigen Vorgaben der Landesplanung verpflichten zwar normativ, das beschriebene Vorhaben planerisch weiter zu verfolgen, sie müssen jedoch keine abgesicherte Bedarfsfeststellung enthalten. Je nach dem Umsetzungsspielraum, den das Ziel belässt, kann für Zielfestlegungen eine relativ grobe Bedarfsabschätzung genügen. Welches Gewicht sich mit einer zielförmigen Festlegung verbindet, hängt daher davon ab, ob die Vorgaben konkrete Aussagen etwa zum zeitlichen Rahmen der Umsetzung oder auch beispielsweise zur Vernetzung mit anderen Infrastrukturprojekten enthalten, aus denen sich die Dringlichkeit des Vorhabens ergibt. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, legt der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen vom unter D.I.3.2.6 fest, dass der internationale Verkehrsflughafen Münster/Osnabrück langfristig zu einem Verkehrsflughafen für den interkontinentalen Verkehr zu entwickeln ist. Dem Gebietsentwicklungsplan ist zu entnehmen, dass der Flughafen bedarfs- und funktionsgerecht der wachsenden Bedeutung des Flugverkehrs anzupassen ist. Beschränken sich die landesplanerischen und raumordnungsrechtlichen Vorgaben - wie im vorliegenden Fall - auf die Aussage, dass ein Flughafen langfristig bedarfsgerecht auszubauen ist, kommt der aus Anlass des Vorhabens erstellten Bedarfsprognose besondere Bedeutung bei der Gewichtung der Abweichungsgründe zu. Die Unsicherheiten der Bedarfsprognose sind hierbei zu berücksichtigen.

Das gilt auch, soweit das Oberverwaltungsgericht auf das NRW-Luftverkehrskonzept 2010 abstellt. Ein Flughafenkonzept - wie es auf Bundesebene auch die Bundesregierung beschlossen hat - kann eine rechtsverbindliche Flughafennetz- und -bedarfsplanung, die weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene existiert ( BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <272> ), nicht ersetzen. Es kann allerdings Prioritäten setzen, indem es ein Vorhaben - wie im Flughafenkonzept der Bundesregierung von August 2000 für den Flughafen Münster/Osnabrück geschehen - als "besonders dringlich" einstuft. Derartige Aussagen zur Dringlichkeit von Vorhaben an bestimmten Standorten können von Bedeutung für das Gewicht des Vorhabens im Verhältnis zu anderen Vorhaben sein. In diesem Sinne mag ein nationales Flughafenkonzept den Ansatz einer Verbindlichkeit in sich tragen. Als politisch wirkendes Konzept steht es aber unter dem Vorbehalt, dass die auf der weiteren Planungsstufe im Planfeststellungsverfahren vorgelegten Bedarfsprognosen die dem Konzept zugrunde liegende Bewertung bestätigen. Gleiches gilt für die Stellung eines Flughafens im transeuropäischen Flughafennetz. Der Flughafen Münster/Osnabrück ist zwar Teil des transeuropäischen Flughafennetzes, aber weder ein internationaler noch ein Gemeinschaftsnetzpunkt, sondern lediglich ein regionaler Netzpunkt (Art. 13 Abs. 2 i.V.m. der Übersichtskarte 6.1 der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABl EG L Nr. 228 S. 1).

Schließlich stellt das Oberverwaltungsgericht auf das allgemeine politische Ziel ab, den Luftverkehr zu dezentralisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Standortregionen zu stärken. Auch dieses Ziel ist nicht geeignet, den Planungszielen "an sich" ein erhebliches Gewicht zu verleihen. Den genannten Zielen fehlt nicht nur die rechtliche Verbindlichkeit, sondern, weil sie allgemein, d.h. für den gesamten Zuständigkeitsbereich gelten, auch der Bezug zum konkreten Vorhaben. Ob und inwieweit das in Rede stehende Vorhaben geeignet ist, den internationalen Luftverkehr zu dezentralisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Region Münster zu stärken, hängt maßgebend davon ab, ob sich der prognostizierte Verkehrsbedarf auch tatsächlich einstellen wird.

Entscheidend für das Gewicht des Vorhabens ist mithin, wie die Wahrscheinlichkeit zu bewerten ist, dass die erwartete Nachfrage nach Interkontintenalverbindungen auf dem Flughafen Münster/Osnabrück tatsächlich entsteht. Da nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ein Unterschied besteht zwischen der Bedarfsprognose für den Mittelstreckenverkehr, dessen Entwicklung nach den Gutachten als solide und günstig beurteilt wird, und den Aussichten für den Interkontinentalverkehr, dem nach den Gutachten nur eine realistische Entwicklungschance eingeräumt wird, bedarf es auch der Gewichtung dieses Unterschieds. Es genügt nicht, darauf hinzuweisen, dass sich die verbleibenden Prognoseunsicherheiten im Bereich des Interkontinentalverkehrs im Rahmen dessen hielten, was im Grunde jeder langfristigen Verkehrsprognose mehr oder weniger immanent sei, wenn zugleich festgestellt wird, dass die Unsicherheiten hier weiter reichten als in anderen Fällen. Das Oberverwaltungsgericht hat sich für eine differenzierte Betrachtung bei der Gewichtung gleichsam den Blick verstellt, wenn es davon ausgeht, dass den Vorhabenszielen bereits für sich ein erhebliches Gewicht zukomme. Es ist Aufgabe des Tatsachengerichts, die grundsätzlich tragfähigen Abweichungsgründe mit Blick auf den Ausnahmecharakter des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL im Lichte der Bedarfsprognosen erneut und konkret zu gewichten.

2.2

Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens ist abzuwägen gegen das Interesse an der Integrität des betroffenen FFH-Gebiets. Das Gewicht, mit dem das Integritätsinteresse in die Abwägung einzustellen ist, hängt entscheidend vom Ausmaß der Beeinträchtigungen ab (Urteil vom a.a.O. Rn. 154). Erforderlich ist eine Beurteilung der Beeinträchtigung in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Maßgeblich ist eine differenzierte Betrachtung, bei der die Bedeutung des FFH-Gebiets für das Schutznetz Natura 2000 im europäischen, nationalen und regionalen Maßstab in den Blick zu nehmen ist (Urteil vom a.a.O. Rn. 164). Die Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets kann unterschiedlich gewichtig sein, etwa wenn die Erheblichkeitsschwelle nur geringfügig überschritten wird, Vorschäden das Gebiet belasten, das Vorhaben nur einen relativ geringen Teil des Gebiets beansprucht oder sich nur in einem Bereich auswirkt, der für die Vernetzung des kohärenten Systems Natura 2000 von untergeordneter Bedeutung ist. Entscheidend sind neben dem Ausmaß der Beeinträchtigung u.a. die Bedeutung des betroffenen Vorkommens und sein Erhaltungszustand, der Grad der Gefährdung des betroffenen Lebensraumtyps oder der Art und ihre Entwicklungsdynamik (vgl. dazu Urteil vom a.a.O. Rn. 165). Grundlage der Bewertung ist die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung. Diese gibt Auskunft über Art und Umfang der festgestellten erheblichen Beeinträchtigung und die Belastung des Gebiets durch Vorschäden.

Maßgebend für die Abwägung ist das Interesse an der Integrität des betroffenen FFH-Gebiets (Urteil vom a.a.O. Rn. 154), nicht das bloße Interesse an der Kohärenz von Natura 2000. Nach dem Regelungssystem der FFH-Richtlinie sind Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets nach Möglichkeit zu verhindern; das geschieht vorzugsweise durch Schadensminderungs- und Schadensvermeidungsmaßnahmen (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04 - Slg. 2006, I-10183 Rn. 35). Sind nach dem Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung trotz dieser Maßnahmen erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets zu besorgen, so ist das Projekt vorbehaltlich der Abweichungsprüfung unzulässig (Urteil vom a.a.O. Rn. 67). Erst wenn das Integritätsinteresse aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses und mangels zumutbarer Alternativen zurücktreten muss, soll jedenfalls die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt werden (Auslegungsleitfaden 2007, S. 12). Ausgleichsmaßnahmen schützen nicht die Integrität, sondern die Kohärenz von Natura 2000; sie stellen nur einen "letzten Ausweg" (Auslegungsleitfaden a.a.O.) dar.

Auch Kohärenzsicherungsmaßnahmen können jedoch das Gewicht des Integritätsinteresses mindern. Voraussetzung hierfür ist, dass sie einen Beitrag auch zur Erhaltung der Integrität des FFH-Gebiets leisten. Kohärenzsicherungsmaßnahmen können eine erhebliche Beeinträchtigung zwar nicht ausschließen. Insoweit unterscheiden sie sich von Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind und für die der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. An Kohärenzsicherungsmaßnahmen sind dagegen weniger strenge Anforderungen zu stellen. Für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme genügt es, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung verfügt die zuständige Behörde bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative (Urteil vom a.a.O. Rn. 202). Gleichwohl muss sich die Wirkung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen nicht darin erschöpfen, durch Ausgleich etwa an anderer Stelle einen funktionalen Beitrag zur Sicherung der Kohärenz von Natura 2000 zu leisten. Sie können im Einzelfall auch zur Minderung der Beeinträchtigung beitragen. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die Beeinträchtigung eingriffs- und zeitnah und mit hoher Erfolgsaussicht ausgeglichen werden kann. Eine solche Beeinträchtigung wiegt weniger schwer als eine Beeinträchtigung, bei der ein Ausgleich nur eingriffsfern, langfristig und mit relativ ungewissem Erfolg möglich ist (vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04 a.a.O. Rn. 54). Ob Kohärenzsicherungsmaßnahmen in diesem Sinne einen Beitrag zur Wahrung der Integrität des FFH-Gebiets leisten, beurteilt sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls. Zur Eingriffs- und Zeitnähe der Maßnahmen sowie der Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit geben die naturschutzfachlichen Gutachten Auskunft. Sollen Kohärenzsicherungsmaßnahmen bei der Gewichtung des Integritätsinteresses eingestellt werden, muss anhand der Gutachten nachvollziehbar dargelegt werden, welcher Effekt von den angeordneten Maßnahmen ausgeht. Von Bedeutung kann dabei auch sein, ob die Maßnahmen vor Eingriffsbeginn abzuschließen sind. Ebenso kann eine Rolle spielen, ob der Ausgleich unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung oder nur durch Anlegung und Entwicklung eines Lebensraums oder Habitats an anderer Stelle erfolgt. Unzulässig ist es jedenfalls, das Gewicht des Integritätsinteresses pauschal mit dem Hinweis zu relativieren, dass geeignete Kohärenzsicherungsmaßnahmen angeordnet worden sind.

Auch diesen Vorgaben wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Zutreffend unterscheidet das Oberverwaltungsgericht zwischen Maßnahmen, die den konkreten Eingriff mindern, und Maßnahmen, die den Eingriff ausgleichen oder kompensieren. Als projektbezogene Minimierungs- und Minderungsmaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit darauf abzielten, den mit dem Vorhaben möglicherweise verbundenen nachteiligen Folgen zu begegnen, sieht es im Wesentlichen nur die vorgesehenen Lichtschächte im Tunnel sowie die besondere naturnahe Ausgestaltung des verlegten Bachbettes an. Die im Maßnahmenkonzept aufgeführten "Gewässer-Kompensationsflächen" hinsichtlich des Lebensraumtyps 3260 wie auch die auf die Art "Bachneunauge" bezogene "Gewässer-Kompensation zur Verbesserung der Durchgängigkeit" zielten dagegen allein auf einen Ausgleich, der die Auswirkungen der Einschränkung der Durchgängigkeit des Baches im Bereich der Überbauung andernorts kompensieren soll. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verringern die mit dem Planfeststellungsbeschluss verfügten Kohärenzmaßnahmen die Gefahr des Verlustes auf ein vertretbares Maß; auch die die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ergänzende Stellungnahme vom lasse allein den Schluss zu, dass erst die Kohärenzsicherungsmaßnahmen die Gefahr des Verlustes auf ein vertretbares Maß verringerten. Aus der Stellungnahme ergebe sich, dass die angeordneten Kohärenzsicherungsmaßnahmen einen funktionalen Ausgleich des Eingriffs schafften, der einen Gesamtausfall der Population des Bachneunauges unwahrscheinlich mache. Die Überbauung mit den Lichtschächten biete zudem zumindest eine Chance, charakteristische Elemente des Fließgewässers in spürbarem Umfange aufrecht zu erhalten und in Verbindung mit den Kompensationsmaßnahmen einen vertretbaren Zustand des FFH-Gebiets in seiner Gesamtheit zu belassen. Schließlich würden mit den Ausgleichmaßnahmen zur Entwicklung von Auenwald zugleich nicht betroffene Erhaltungsziele gefördert.

Diese Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts lassen indes nicht erkennen, welchen Beitrag die jeweiligen Ausgleichsmaßnahmen zum jeweils betroffenen Integritätsinteresse des Lebensraumtyps 3260 einerseits und der Art "Bachneunauge" andererseits leisten können. Dazu bedarf es - wie ausgeführt - differenzierter Aussagen auf der Grundlage der Gutachten etwa zur Verbreitung des betroffenen Lebensraumtyps 3260 und der betroffenen Art "Bachneunauge" in dem FFH-Gebiet und zu deren Erhaltungszustand sowie dazu, ob die Beeinträchtigungen eingriffs- und zeitnah nach der naturschutzfachlichen Prognose mit hoher Erfolgsaussicht ausgeglichen werden können. Das Oberverwaltungsgericht hat sich dagegen lediglich auf eine pauschale Beurteilung der möglichen Wirkung der angeordneten Kohärenzsicherungsmaßnahmen beschränkt und auf den vertretbaren Zustand des FFH-Gebiets in seiner Gesamtheit abgestellt. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht auch die Ausgleichsmaßnahmen zur Entwicklung von Auenwald berücksichtigt, die für das Gewicht der Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps 3260 und der Art "Bachneunauge" ersichtlich keine Bedeutung entfalten können, sondern, wie das Oberverwaltungsgericht selbst anmerkt, nicht betroffene Erhaltungsziele fördern. Ob und mit welchem Gewicht die angeordneten Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu Lasten des Integritätsinteresses zu berücksichtigen sind, wird das Oberverwaltungsgericht erneut zu prüfen haben, weil sich nicht feststellen lässt, dass die tatrichterliche Würdigung der Beeinträchtigung als "eher gering" allein darauf beruht, dass das Gebiet - wie das Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt hat - Vorschäden aufweist und daher aus diesem Grund richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO).

Die Berücksichtigung von Vorschäden bei der Gewichtung des Integritätsinteresses ist dagegen nicht zu beanstanden. Vorschäden können das Ausmaß der Beeinträchtigung relativieren und zu Lasten des Integritätsinteresses gewichtet werden. Anknüpfungspunkt ist die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vorgenommene Einzel- und Gesamtbewertung des günstigen Erhaltungszustands für natürliche Lebensräume nach Maßgabe des Art. 1 Buchst. e FFH-RL und für Arten nach Art. 1 Buchst. i FFH-RL. Dass die vom Oberverwaltungsgericht angeführten früheren Baumaßnahmen, die ehemalige Nutzung des Bereichs nordwestlich der Kreisstraße als Deponie, die nachhaltige Unterbrechung der Ufervegetation infolge länger zurückliegender Eingriffe sowie das Fehlen eines natürlichen Bachverlaufs im Eingriffsbereich berücksichtigungsfähige Vorschäden darstellen, steht nicht in Frage. Insbesondere der Hinweis auf frühere Baumaßnahmen und länger zurückliegende Eingriffe macht deutlich, dass das Oberverwaltungsgericht dabei auch nicht auf die vom Kläger vorgetragene Abholzung im Februar 2005, sondern auf einen Zustand des Eingriffsbereichs vor der Gebietsmeldung abgestellt hat. Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge des Klägers geht ins Leere.

3.

In Übereinstimmung mit Bundesrecht ist das Oberverwaltungsgericht bei der Alternativenprüfung davon ausgegangen, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Weder ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht darauf verzichtet hat, zu prüfen, ob und unter welchen baulichen Voraussetzungen das vom Beklagten ebenfalls zur Rechtfertigung herangezogene Ziel des uneingeschränkten Mittelstreckenverkehrs eine Ausführungsalternative zum Ausbau des Flughafens mit einer Bahnlänge von 3 600 m für den Interkontinentalverkehr darstellen könnte, noch war das Oberverwaltungsgericht gehalten - wie vom Kläger geltend gemacht - zu prüfen, ob es Ausbauvarianten durch Verkürzung der projektierten Start- und Landebahn auf eine Länge unter 3 600 m gibt, auf der sich Interkontinentalverkehr abwickeln ließe. Den hierauf gerichteten Beweisantrag zu 8) des Klägers konnte das Oberverwaltungsgericht daher verfahrensfehlerfrei ablehnen.

Der Begriff der Alternative des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist aus der Funktion des durch Art. 4 FFH-RL begründeten Schutzregimes zu verstehen. Er steht in engem Zusammenhang mit den Planungszielen, die mit einem Vorhaben verfolgt werden. Lässt sich das Planungsziel an einem nach dem Schutzkonzept der Habitat-Richtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen, so muss der Projektträger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Ein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum wird ihm nicht eingeräumt. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die FFH-rechtliche Alternativenprüfung nicht Teil einer planerischen Abwägung. Der Behörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt. Wie bereits ausgeführt begründet Art. 6 Abs. 4 FFH-RL aufgrund seines Ausnahmecharakters ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot, das zu Lasten des Integritätsinteresses des durch Art. 4 FFH-RL festgelegten kohärenten Systems nicht bereits durchbrochen werden darf, wenn dies nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar erscheint, sondern nur beiseite geschoben werden darf, soweit dies mit der Konzeption größtmöglicher Schonung der durch die Habitat-Richtlinie geschützten Rechtsgüter vereinbar ist. Die Anforderungen an den Ausschluss von Alternativen steigen in dem Maß, in dem sie geeignet sind, die Ziele des Vorhabens zu verwirklichen, ohne zu offensichtlichen - ohne vernünftigen Zweifel - unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen zu führen. Entscheidend ist daher, ob zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses die Verwirklichung gerade dieser Alternative verlangen oder ob ihnen auch durch eine andere Alternative genügt werden kann (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04 a.a.O. Rn. 43, 46). Eine Ausführungsalternative ist vorzugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen ( BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 170 und vom - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <262> ). Inwieweit Abstriche von einem Planungsziel hinzunehmen sind, hängt maßgebend von seinem Gewicht und dem Grad seiner Erreichbarkeit im jeweiligen Einzelfall ab ( BVerwG 4 B 61.08 - [...] Rn. 62). Auch bei einem standortgebundenen Vorhaben, wie dem Ausbau eines vorhandenen Flughafens, ist zu prüfen, ob sich an anderer Stelle eine Alternativlösung anbietet oder gar aufdrängt. Als Alternative sind allerdings nur solche Änderungen anzusehen, die nicht die Identität des Vorhabens berühren. Von einer Alternative kann dann nicht mehr die Rede sein, wenn sie auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten. Zumutbar ist es nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen. Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht dagegen nicht berücksichtigt zu werden ( BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 67 , vom - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 143 und vom - BVerwG 4 A 11.02 - BVerwGE 120, 1 <11>; BVerwG 4 B 71.06 - [...] Rn. 42).

3.1

Gemessen an diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht in einer Beschränkung des Vorhabens auf Schaffung verbesserter Voraussetzungen für den Mittelstreckenverkehr ein "anderes" Projekt gesehen und daher darauf verzichtet hat, zu prüfen, ob und unter welchen baulichen Voraussetzungen das vom Beklagten ebenfalls zur Rechtfertigung herangezogene Ziel des uneingeschränkten Mittelstreckenverkehrs eine Ausführungsalternative zum Ausbau des Flughafens mit einer Bahnlänge von 3 600 m für den Interkontinentalverkehr darstellen könnte. Auf Alternativen, die zu prüfen wären, wenn nur das Ziel "Mittelstreckenverkehr" zur Entscheidung stünde, kommt es nicht an. Ein lediglich diesem Verkehr genügender kürzerer Ausbau der Start- und Landebahn stellt keine zumutbare Alternative dar.

Maßgeblich für die Prüfung von Alternativen sind die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zielt das Vorhaben darauf, den Flughafen dem Charakter eines internationalen Verkehrsflughafens entsprechend herzurichten. Die volle Funktion reicht dabei bis hin zum Interkontinentalverkehr. Das schließt eine Beschränkung des Vorhabens auf einen Ausbau, der lediglich verbesserte Voraussetzungen für den langen Mittelstreckenverkehr schafft, aus. Dass ein Flughafen, der darauf ausgerichtet ist, direkten Interkontinentalverkehr mit Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu bedienen, in seiner baulichen, sicherheitstechnischen und betrieblichen Ausstattung ein anderes "Gesicht" hat als ein Flughafen, auf dem Mittelstreckenverkehr abgewickelt wird, liegt auf der Hand. Beim Bau wie auch beim Ausbau eines Flughafens bilden die unterschiedlichen Verkehre, die auf dem Flughafen abgewickelt werden, zwar in tatsächlicher Hinsicht unterscheidbare Teilziele des Gesamtprojekts. Dass bedeutet aber nicht, dass die einzelnen Verkehre ihrerseits auf zumutbare Ausführungsalternativen hinsichtlich der notwendigen Länge der Start- und Landebahn führen. Maßgeblich ist - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - die Gesamtgestaltung des Vorhabens. Ausführungsalternativen haben sich daher auf bauliche Änderungen zu beschränken, die das Grundkonzept des Flughafens als internationalen Flughafen für den Interkontinentalverkehr unberührt lassen. Der Umstand, dass der Beklagte der Schaffung eines "restriktionsfreien" Mittelstreckenverkehrs besonderes Gewicht beigemessen hat, ändert nichts daran, dass ein Flughafen, auf dem nur Mittelstreckenverkehr abgewickelt wird, von seinen baulichen und sonstigen Anforderungen her ein anderes Vorhaben darstellt. Auch die vom Kläger vorgeschlagene Verlegung des Baches führt auf eine unzumutbare Beschränkung, weil dies in jedem Fall mit einer nachhaltig verkürzten Bahnlänge verbunden wäre. Aus diesem Grund ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht den Beweisantrag zu 6) abgelehnt hat. Dass eine Verlegung des Baches bei einer Bahnlänge von 3 600 m eine Alternative darstellt, behauptet auch der Kläger nicht.

3.2

In Übereinstimmung mit Bundesrecht ist das Oberverwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der Start- und Landebahn von 2 170 m auf nur 2 400 m bzw. 2 800 m statt 3 600 m keine zumutbare Ausbauvariante zur Ermöglichung von Interkontinentalverkehr darstellt. Die vom Kläger mit dem Beweisantrag zu 8) vorgestellte "Minimalbetrachtung" einer verkürzten Bahn, auf der sich unter bestimmten, noch zu klärenden Bedingungen gleichwohl Interkontinentalverkehr abwickeln ließe, entspricht nicht dem Standard vergleichbarer internationaler Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland und würde eine wesentliche Änderung des Grundkonzepts des Flughafens als einem gleichrangigen Flughafen unter den internationalen Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland bewirken. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts lässt sich Interkontinentalverkehr auf einer Bahn von bis zu 2 800 m statt 3 600 m nicht ohne Einschränkungen und in gleichem Umfang wie an anderen internationalen Flughäfen in Deutschland, die Bahnen zwischen 3 000 m und 3 800 m haben, abwickeln. Wesentliches Vorhabensziel ist jedoch der Ausbau des Flughafens zu einem mit diesen Flughäfen vergleichbaren internationalen Flughafen und damit zu einem Flughafen, der keinen Einschränkungen unterliegt. Der Flughafen soll in seiner Ausstattung vor allem auch mit Blick auf den Passagierverkehr grundsätzlich mit den beiden weiteren im Lande Nordrhein-Westfalen vorhandenen internationalen Verkehrsflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn vergleichbar sein und die entsprechenden Aufgaben für Westfalen übernehmen, insbesondere soll er voll funktionsfähig für jedes Fluggerät sein. Maßgeblich für den Alternativenvergleich ist damit der herkömmliche Ausbaustandard internationaler Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Flughafen, der sich nicht im Rahmen des herkömmlichen Ausbaustandards eines solchen internationalen Flughafens hält und nicht mit jedem Fluggerät und ohne sonstige Einschränkungen Interkontinentalverkehr bedienen kann, entspricht nicht dem Vorhabensziel, sondern läuft auf ein anderes Vorhaben hinaus.

3.3

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht in der Abwicklung des Flugverkehrs auf anderen Flughäfen keine Standortalternative gesehen hat. Eine Standortalternative durch Ausbau eines anderen Flughafens an anderer Stelle ist nur dann anzunehmen, wenn die in Betracht kommenden anderen Flughäfen im Wesentlichen denselben Verkehrsbedarf decken würden (Urteil vom a.a.O.). Der Verkehrsbedarf bestimmt sich nach dem räumlichen Einzugsbereich und dem Nutzerkreis des Flughafens. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erhält das Vorhaben sein besonderes Gewicht gerade mit Blick auf die damit verbundene Erwartung einer weiteren Dezentralisierung und einer Wettbewerbsstärkung. Es dient dazu, das Nachfragepotenzial "vor Ort" abzuschöpfen (vgl. auch BVerwG 4 B 71.06 - [...] Rn. 43). Danach fehlt es im westfälischen Landesteil an einem anderen Flughafen, der den Nutzerkreis, auf den das Vorhaben ausgerichtet ist, bedienen könnte. Das zulässige und tragfähige Vorhabensziel der Stärkung des Luftverkehrsstandortes in Westfalen und der Stärkung der dortigen Wirtschaftskraft kann in dieser Region nicht erreicht werden, wenn der Luftverkehr auf andere Flughäfen außerhalb dieser Region "umgeleitet" wird.

4.

Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage der eingeführten Gutachten und Untersuchungen das Vorliegen artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Betroffenheit von Fledermausarten verneint. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beklagten auch zu Recht nicht verpflichtet gesehen, weitere Untersuchungen zum möglichen Vorkommen von Fledermausarten vorzunehmen und durfte den Kläger darauf verweisen, dass ihn insoweit eine besondere Darlegungslast trifft. Einer weiteren Aufklärung hätte es nur bedurft, wenn es sachlich fundierte Hinweise auf ein artenschutzrechtlich relevantes Vorkommen von Fledermausarten gegeben hätte und daher die bisherigen Untersuchungsergebnisse in Frage zu stellen gewesen wären.

Bei den vom Kläger genannten Fledermausarten handelt es sich um streng geschützte Arten (§ 10 Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG), auf die die Schutzinstrumente des zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses geltenden § 42 BNatSchG a.F. anwendbar sind. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht erkannt, dass § 43 Abs. 4 BNatSchG a.F., der unter den dort genannten Voraussetzungen ein Zurücktreten der artenschutzrechtlichen Verbote im Fall eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs vorsah, nicht anwendbar ist, wenn das Vorhaben einen gemeinschaftsrechtlichen Verbotstatbestand erfüllt. Es hat daher im Anschluss an die Prüfung der Eingriffsregelung gemäß § 4a Abs. 4 Satz 2 LG NRW bzw. § 19 Abs. 3 BNatSchG geprüft, ob Verbotstatbestände gemäß § 42 Abs. 1 BNatSchG a.F. erfüllt sein könnten. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass Fledermäuse im Eingriffsbereich vorhanden sind, weil nach den vorgelegten Untersuchungen jagende Fledermausarten im Eingriffsbereich beobachtet und nachgewiesen wurden.

4.1

In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Zugriffsverbots gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. und des Störungsverbots gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. verneint. § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. schützt nicht den Lebensraum einer besonders geschützten Art insgesamt, sondern nur selektiv die bezeichneten Lebensstätten, die durch bestimmte Funktionen geprägt sind. Zum Schutzobjekt gehört daher nicht das gesamte Jagdhabitat einer Art. Nahrungs- und Jagdreviere sind nicht geschützt ( BVerwG 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321 <325 f.> ; BVerwG 9 B 19.06 - NVwZ 2007, 708 Rn. 8). Ebenso wenig fallen potentielle Lebensstätten unter den Verbotstatbestand, weil es insoweit an dem Individuenbezug fehlt (Urteil vom a.a.O. Rn. 222). Als Störhandlungen, vor denen § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. schützt, kommen zwar auch die Verkleinerung der Jagdhabitate, die Unterbrechung von Flugrouten sowie Irritationen der lärmempfindlichen Art durch ein Vorhaben in Betracht. Störungen dieser Art müssen aber einen spezifischen Bezug zu den durch das Störungsverbot geschützten Lebensstätten aufweisen (Urteil vom a.a.O. Rn. 230). Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das Teilgutachten vom November 2005 zwar eine mögliche Betroffenheit von Lebensstätten von Fledermäusen im Bereich des vom Planfeststellungsbeschluss nicht erfassten Vorhabens "AirportPark" unterstellt. Es fehle aber an Anhaltspunkten dafür, dass eine signifikante Anzahl von Exemplaren durch die Verlängerung der Start- und Landebahn betroffen wäre, weil der Bereich des "AirportPark" von anderer Beschaffenheit sei als der Eingriffsbereich. Für eine Gefährdung von Fortpflanzungsgemeinschaften fehlten konkrete Hinweise. Im Ausbaubereich seien zwar Baumbestände mit als Quartierstandorte geeigneten Höhlen und Spalten nicht auszuschließen. Es fehlten aber Hinweise, dass die Baumbestände tatsächlich als Quartierstandorte genutzt würden. Weder aus der einschlägigen Literatur noch aus Hinweisen der Fachkreise ergäben sich Indizien für bedeutsame Fledermausvorkommen im Ausbaubereich. Fehlen Erkenntnisse, dass im Eingriffsbereich geschützte Lebensstätten i.S.d. § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. vorhanden sein könnten, gibt es auch keine Anhaltspunkte für eine entsprechende artenschutzrechtliche Beeinträchtigung. Der Schutz der Verbotstatbestände gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BNatSchG a.F. und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. bezieht sich nicht auf Beeinträchtigungen, die sich erst nach Besiedlung eines derzeit bloß potentiellen Quartier- und Fortpflanzungsreviers einstellen könnten.

4.2

Einen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Störungsverbot nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL, das jede absichtliche Störung der geschützten Arten verbietet und damit im Hinblick auf Störhandlungen umfassenden Schutz gewährt, hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zu Recht verneint. Zu den "ähnlichen Handlungen", durch die die dem Störungstatbestand unterfallenden Arten gestört werden, gehören zwar auch bau- und betriebsbedingte Störungen in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen ( BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 34). An einer Störung i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL fehlt es jedoch, weil diese Vorschrift anders als § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. nicht die Störung einzelner Exemplare der geschützten Art genügen lässt, sondern eine Störung der Art erfordert (Urteil vom a.a.O. Rn. 237) und sich die Störung erheblich auswirken muss ( BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 104 und vom a.a.O. Rn. 44). Solche Auswirkungen sind nicht geben, wenn der aktuelle Erhaltungszustand der Art sichergestellt ist (Urteil vom a.a.O.). Erheblich kann eine Störung nur sein, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ausgeführt, dass zwar einzelne Exemplare beobachtet, Anhaltspunkte für eine signifikante Anzahl von Exemplaren jedoch nicht festgestellt worden seien. Selbst bei Meldung des FFH-Gebiets sei die Nennung von Fledermausarten des Anhangs II der FFH-RL nicht diskutiert worden. Damit fehlt es bereits am Vorhandensein einer lokalen Population. Schon aus diesem Grund scheidet eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL aus.

4.3

Soweit das Oberverwaltungsgericht Anhaltspunkte für die vom Kläger angeführte Gefahr des Fledermausschlages und damit die Voraussetzungen des Tötungsverbots gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG a.F. verneint hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen. Dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht (Urteile vom a.a.O. Rn. 219 und vom a.a.O. Rn. 91). Gemeint ist damit eine "deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Fledermäuse angetroffen worden sind. Erforderlich wären vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko eines Fledermausschlages durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht. Daran fehlt es hier.

4.4

Hat das Tatsachengericht unter Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs festgestellt, dass auf der Grundlage der bisherigen Untersuchungen kein Anhalt für ein mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Verbotstatbestände "relevantes" Vorkommen besteht, bedarf es auch keiner weiteren Untersuchungen. Einer weiteren Aufklärung hätte es nur bedurft, wenn es sachlich begründete naturschutzfachliche Hinweise aus Fachkreisen oder Literatur gegeben hätte, aufgrund derer die bisherigen Untersuchungsergebnisse in Frage zu stellen gewesen wären. Die bisherigen Untersuchungen sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht defizitär. Das vom Kläger mit dem Beweisantrag zu 4) beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass - ein Vorhandensein einzeln aufgeführter Fledermausarten unterstellt - eine Störung der jeweiligen Arten im Plangebiet i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Buchst. b oder d FFH-RL durch die Umsetzung der Planungen erfolgen kann und dass sich diese Störung auf den Erhaltungszustand der angesprochenen Arten negativ auswirken kann, brauchte das Oberverwaltungsgericht daher nicht einzuholen; das gilt auch dann, wenn der Kläger mit seinem Antrag nicht nur die Störung, sondern auch das Vorhandensein der genannten Fledermausarten unter Beweis stellen wollte.

Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen ( BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 33 Rn. 31). Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Nur in Kenntnis dieser Fakten kann die Planfeststellungsbehörde beurteilen, ob Verbotstatbestände erfüllt sind. Diese Daten verschafft sich die Behörde in der Regel durch Bestandsaufnahmen vor Ort und Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse aus Fachkreisen oder Literatur. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde ein lückenloses Arteninventar zu erstellen hätte. Die Untersuchungstiefe hängt vielmehr maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab (Urteil vom a.a.O. Rn. 54; BVerwG 9 VR 13.06 - [...] Rn. 20). Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Dass sich - wie der Kläger zum Standard fledermauskundlicher Erhebungen geltend macht - bestimmte naturschutzfachliche Ermittlungsmethoden herausgebildet haben, bedeutet nicht, dass bei einer Bestandsaufnahme nur nach Maßgabe dieser Erhebungsmethoden vorzugehen ist. Wie viele Begehungen zur Erfassung welcher Tierarten zu welchen Jahres- und Tageszeiten erforderlich sind und nach welchen Methoden die Erfassung stattzufinden hat, lässt sich nicht für alle Fälle abstrakt bestimmen, sondern hängt von vielen Faktoren ab (Urteil vom a.a.O. Rn. 60). Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung auch nicht bereits deshalb überlegen, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung und Methode als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom a.a.O. Rn. 66). Sind Begehungen durchgeführt worden und ergibt auch die Auswertung vorhandener sonstiger Erkenntnisse und Literatur - wie vom Oberverwaltungsgericht festgestellt - keinen Anhaltspunkt für ein artenschutzrechtlich relevantes Vorkommen, besteht kein Anlass für weitere Untersuchungen: Sind von Untersuchungen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen quasi "ins Blaue hinein" sind nicht veranlasst (Urteil vom a.a.O. Rn. 54; Beschluss vom a.a.O. Rn. 33).

Entgegen der Ansicht des Klägers besteht bei den Anforderungen an die Ermittlungstiefe einer Bestandsaufnahme ein Unterschied zwischen Habitat- und Artenschutz ( BVerwG 9 B 38.07 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 37). Art und Umfang der artenschutzrechtlichen Bestandsaufnahme werden zwar auch durch die Vorgaben der Habitat-Richtlinie gesteuert. Das strenge Schutzregime gilt sowohl für den Habitatschutz (Art. 3 bis 11 FFH-RL), d.h. für die besonderen Schutzgebiete des kohärenten europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 (Art. 1 Buchst. l, Art. 3 FFH-RL), als auch für den allgemeinen Artenschutz (Art. 12 bis 16 FFH-RL). Die für den Habitatschutz geltenden Anforderungen können jedoch nicht unbesehen und unterschiedslos auf den allgemeinen Artenschutz übertragen werden (Beschluss vom a.a.O.; Urteil vom a.a.O. Rn. 57 ff.). Das verkennt der Kläger mit seinem Einwand, im Artenschutz dürften keine schwächeren Maßstäbe gelten als im Habitat-Recht. Ein den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL vergleichbares formalisiertes Prüfungsverfahren kennt der allgemeine Artenschutz nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (Urteil vom a.a.O. Rn. 57). Die zuständige Behörde muss sich gerade nicht Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Eine auf der Grundlage einer Bestandserfassung vor Ort und der Auswertung vorhandener Erkenntnisse und Literatur gewonnene Bestandsaufnahme der naturräumlichen Gegebenheiten wird der Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen können. Dabei ist hinsichtlich der Bestandsaufnahme vor Ort auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Erhebung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem aufgrund vielfältiger Einflüsse ständigem Wechsel unterliegenden Naturraum handelt. Bestandsaufnahmen vor Ort, so umfassend sie auch angelegt sein mögen, stellen letztlich nur eine Momentaufnahme und aktuelle Abschätzung der Situation von Fauna und Flora im Plangebiet dar. Sie werden den "wahren" Bestand nie vollständig abbilden können (Urteil vom a.a.O. Rn. 62).

Unter diesen Umständen hätte es dem Kläger oblegen, Tatsachen oder nachvollziehbare Indizien vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass im Eingriffsbereich Fledermäuse in artenschutzrechtlich relevantem Umfang vorkommen. Dem Kläger wird damit keine unzumutbare Darlegungslast auferlegt (vgl. auch Urteile vom a.a.O. Rn. 229 und vom - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 insoweit nicht abgedruckt <zum Habitat-Recht>). Es handelt sich um eine Obliegenheit, die aus dem Recht des Klägers zur Mitwirkung folgt. Der Gesetzgeber hat den anerkannten Vereinen (§ 59 BNatSchG) ihre besonderen Mitwirkungsbefugnisse wegen ihrer besonderen Fachkunde eingeräumt. Durch ihre Beteiligung im Verwaltungsverfahren soll Vollzugsdefiziten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegengewirkt werden ( BVerwG 11 A 49.96 - BVerwGE 105, 348 <350> ). Erwünscht und gefordert ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten ( BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 27). Aus dem Umstand, dass sich ein Naturschutzverband der Präklusionswirkung des § 61 Abs. 3 BNatSchG nicht ausgesetzt sieht, folgt lediglich, dass er klagebefugt ist. Will er mit dem Einwand der mangelnden Aufklärung Erfolg haben, genügt es nicht, auf die Möglichkeit einer Beeinträchtigung hinzuweisen, sondern er muss naturschutzfachlich nachvollziehbar und damit substanziiert darlegen, aus welchen Gründen die bisherigen Erhebungen und Erkenntnisse unzureichend sind und daher Anlass zu weiteren Untersuchungen besteht. Dazu ist er auch in der Lage, weil er nach seinem Vereinszweck über naturschutzfachliche Sachkunde verfügt. Der durch die Stellungnahme des Büros E. von Juni 2006 untermauerte Vortrag, das Vorkommen von Fledermausarten im Einwirkungsbereich des Vorhabens sei "gut möglich", genügte hierfür nicht. Der Kläger beschränkt sich auf den Hinweis, dass weitergehende Untersuchungen, die ein sicheres Ausschließen einer Betroffenheit erlauben würden, nicht vorgenommen worden seien. Auf die im Revisionsverfahren vorgelegte Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Biotopkartierung kann sich der Kläger zur Untermauerung seines Vortrags nicht berufen, da es sich um neuen Tatsachenvortrag handelt.

5.

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts lässt sich nicht feststellen, dass sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat ausdrücklich und zu Recht offen gelassen, ob - wie der Beklagte angenommen hat - eine Übertunnelung des Baches auch dann erforderlich ist, wenn die Start- und Landebahn auf weniger als 3 600 m verlängert würde. Selbst wenn ein auf den restriktionsfreien Mittelstreckenverkehr ausgerichteter Ausbau als hinreichend gewichtiger Abweichungsgrund anzusehen wäre, bedürfte es - wie das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat - der Prüfung, ob es zumutbare Alternativen zur Übertunnelung des Baches gibt. Hierzu fehlen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.

Ob die Abweichungsprüfung, die die Planfeststellungsbehörde hilfsweise vorgenommen hat (PFB S. 117 - 121), rechtmäßig oder rechtswidrig ist, kann das Revisionsgericht nicht selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Ob die Planfeststellungsbehörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Verlängerung der Bahn auf 3 600 m das Integritätsinteresse überwiegt, hängt - wie dargelegt - maßgebend davon ab, wie auf der einen Seite die Wahrscheinlichkeit zu bewerten ist, dass die erwartete Nachfrage nach Interkontinentalverbindungen tatsächlich entsteht, und welches Gewicht auf der anderen Seite dem Integritätsinteresse unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Ausgleichsmaßnahmen und ihrer Wirkungsweise zukommt. Beides erfordert tatrichterliche Würdigungen, die das Oberverwaltungsgericht ausgehend von den dargelegten rechtlichen Maßstäben neu vorzunehmen hat.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren wird auf 30 000 EUR festgesetzt.

Fundstelle(n):
PAAAD-29893