BGH Beschluss v. - KVR 34/08

Leitsatz

[1] a) Eine Beiladung zum Kartellverwaltungsverfahren nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Beiladungsantrag vor Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens gestellt worden ist.

b) In einem Verfahren, das darauf gerichtet ist, mehreren Wettbewerbern, die gemeinsam eine Dienstleistung anbieten, im Hinblick auf Art. 81 EG, § 1 GWB die weitere Durchführung der Kooperation zu untersagen und ihnen aufzugeben, die mit Abnehmern geschlossenen Verträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen und nicht zu erneuern, sind die Abnehmer keine notwendigen Beigeladenen nach § 65 Abs. 2 VwGO, § 71 Abs. 1 Satz 4 GWB.

Gesetze: GWB § 1; GWB § 54 Abs. 2; GWB § 61; GWB § 67 Abs. 1

Instanzenzug: OLG Düsseldorf, VI Kart 16/07 V vom

Gründe

I.

Die Antragstellerin gehört neben der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft Aktiengesellschaft, der PwC Deutsche Revision AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu den fünf führenden deutschen Gesellschaften für Wirtschaftsprüfung sowie steuer- und wirtschaftsrechtliche Beratung. Sie unterhält mehrere Versicherungsverträge mit der Beteiligten zu 1, einer auf Dauer angelegten Versicherergemeinschaft, in der sich die Beteiligten zu 2 bis 5 zu dem Zweck zusammengeschlossen haben, um die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für im In- und Ausland tätige Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sowie Steuerberater, Steuerberatungsgesellschaften, Steuerbevollmächtigte und genossenschaftliche Prüfungsverbände in der Form der Mitversicherung gemeinschaftlich zu betreiben.

Wegen der Zusammenarbeit der Beteiligten zu 2 bis 5 in der Versicherergemeinschaft leitete das Bundeskartellamt Anfang des Jahres 2005 ein Verfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen Art. 81 EG und § 1 GWB ein und führte umfangreiche Marktermittlungen durch. Zu diesem Verfahren sind auf ihren Antrag die Wirtschaftsprüferkammer Körperschaft des öffentlichen Rechts und das IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. beigeladen worden. Die Wirtschaftsprüferkammer ist die Berufsorganisation aller Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer in Deutschland. Zu ihren Aufgaben gehört es u.a., den Berufsstand in der Öffentlichkeit zu vertreten und ihre Mitglieder zu beraten und zu belehren. Das Institut der Wirtschaftsprüfer vereint über 11.500 Wirtschaftsprüfer (87,21% aller Wirtschaftsprüfer) und 1.005 Wirtschaftsprüfergesellschaften auf freiwilliger Basis.

Mit Beschluss vom stellte das Bundeskartellamt fest, dass die Zusammenarbeit der Beteiligten zu 2 bis 5 in Ansehung der Tätigkeit der Versicherergemeinschaft für die Versicherung von Vermögensschadenhaftpflichtrisiken für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer gegen Art. 81 EG bzw. § 1 GWB verstößt, und untersagte den Beteiligten zu 2 bis 5, diese Tätigkeit mit Ausnahme der gemeinsamen Versicherung der international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Ernst & Young, KPMG, PwC, und Deloitte & Touche ("Big 4") nach dem weiter zu betreiben. Darüber hinaus gab das Bundeskartellamt der Versicherergemeinschaft auf, die von der Untersagung erfassten Verträge spätestens zum zu kündigen und nicht zu erneuern. Den Beteiligten zu 2 bis 5 untersagte es, ab dem im Rahmen ihrer Zusammenarbeit in der Versicherergemeinschaft Mehrjahresverträge und ab dem Neuverträge abzuschließen (BKartA WuW/E DE-V 1459).

Am hat die Antragstellerin - die nach dem Beschluss des Bundeskartellamts als einzige der fünf bisher versicherten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht mehr von der Versicherergemeinschaft betreut werden darf - ihre Beiladung zu dem Verfahren beantragt. Das Bundeskartellamt hat diesen Antrag am aus verfahrensökonomischen Gründen zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 2283). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Beiladungsantrag weiter.

Sie beantragt,

das Bundeskartellamt zu verpflichten, sie beizuladen,

hilfsweise

das Bundeskartellamt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, über den Beiladungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,

höchst hilfsweise

den Rechtsstreit an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Das Bundeskartellamt beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Die in der Sache ergangene Entscheidung des Bundeskartellamts vom hat das auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 5 aufgehoben (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 2540), ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Über die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde und zulassungsfreie Rechtsbeschwerde (§ 74 Abs. 4 Nr. 3 GWB) hatte der Senat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung in dieser Sache noch nicht entschieden (KVR 57/08). Gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts hat auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, die das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen hat. Auch insofern hat es die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Über die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin ist ebenfalls noch nicht entschieden (KVZ 40/08).

II.

Das Beschwerdegericht hat den Beiladungsantrag der Antragstellerin für unzulässig gehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Nach ständiger Rechtsprechung könne ein Beiladungsantrag rechtzeitig nur bis zum Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens, vorliegend also bis zum Erlass der das Verfahren abschließenden Entscheidung (§ 61 GWB), gestellt werden. Die (einfache) Beiladung im Kartellverwaltungsverfahren diene in erster Linie nicht den individuellen Interessen des Beiladungspetenten, sondern der Sachaufklärung durch die Kartellbehörde. Nach Abschluss des Verfahrens könne der Beiladungspetent keinen Beitrag mehr zur Förderung des Verfahrens leisten. Zwar könne die Beiladung auch noch nach Erlass der Verfügung bis zur Einlegung der Beschwerde angeordnet werden. Dies setze aber eine rechtzeitige Antragstellung vor Verfahrensabschluss voraus. Der Beiladungspetent habe in diesem Fall alles seinerseits Erforderliche getan, um an dem Verfahren beteiligt zu werden; es dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn die Kartellbehörde aus von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen erst nach Abschluss des Verfahrens über den Beiladungsantrag entscheide. Das Erfordernis rechtzeitiger Antragstellung vor Verfahrensabschluss gelte auch für die notwendige Beiladung. Die Besonderheit bei der notwendigen Beiladung bestehe nur darin, dass der notwendig Beizuladende auch ohne Beiladung beschwerdebefugt sei, wenn er einen Beiladungsantrag mangels der erforderlichen Benachrichtigung von dem Verfahren nicht habe stellen können.

III.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde bleiben ohne Erfolg. Eine Beiladung nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB kam im Streitfall nicht in Betracht, weil die Antragstellerin den Beiladungsantrag erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens gestellt hat. Der Fall einer notwendigen Beiladung liegt nicht vor.

1.

Auf einen Beiladungsantrag, den der Beiladungspetent erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens stellt, kann eine Beiladung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 GWB nicht gestützt werden.

a)

Nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB können auf ihren Antrag Personen und Personenvereinigungen zu einem kartellbehördlichen Verfahren beigeladen werden, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden. Diese Beiladung dient in erster Linie der Sachaufklärung im Verfahren vor der Kartellbehörde. Durch die Beteiligung Dritter, die in ihren wirtschaftlichen Interessen durch die das Verfahren abschließende Verfügung betroffen werden, soll es der Kartellbehörde ermöglicht werden, ihre Entscheidung auf eine breitere, den Interessen der anderen Marktbeteiligten Rechnung tragende Grundlage zu stellen (BGHZ 169, 370 Tz. 12 - pepcom). Ist das kartellbehördliche Verfahren bereits abgeschlossen, wenn die Beiladung beantragt wird, kann eine Beteiligung diesen Zweck nicht mehr erfüllen.

b)

Eine Beiladung aufgrund eines erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens gestellten Beiladungsantrags kann nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass die Beteiligteneigenschaft des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 GWB) ebenfalls zur Sachaufklärung beitragen kann. Anders als für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (§ 65 Abs. 1 VwGO) sieht das Gesetz für das kartellgerichtliche Verfahren keine eigenständige Beiladung vor. Eine entsprechende Bestimmung war zwar ursprünglich im Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehen (§ 53 RegE, BT-Drucks. II/1158, S. 14 f.), ist jedoch nicht in das Gesetz aufgenommen worden (vgl. Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, BT-Drucks. II/3644, S. 44). Der Umstand, dass die Beteiligung eines Beigeladenen möglicherweise auch das gerichtliche Verfahren fördern kann, stellt danach lediglich einen Reflex der Stellung des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren dar, der sich allein daraus ergibt, dass jeder, der am Kartellverwaltungsverfahren beteiligt war, auch am Beschwerdeverfahren beteiligt ist (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 GWB; vgl. K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 67 Rdn. 5).

c)

Eine Beiladung aufgrund eines verspäteten Beiladungsantrags hätte unter diesen Umständen allein die Funktion, dem Beiladungspetenten nachträglich eine Beschwerdebefugnis zu verschaffen (§ 63 Abs. 2 i.V. mit § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB). Nachdem der Senat entschieden hat, dass das Beschwerderecht nicht nur dem Beigeladenen, sondern auch demjenigen zusteht, der zwar die subjektiven Voraussetzungen der Beiladung erfüllt, dessen Antrag aber aus verfahrensökonomischen Gründen abgelehnt worden ist (BGHZ 169, 370 - pepcom), kommt diesem Gesichtspunkt verstärkt Bedeutung zu. Dennoch rechtfertigt es dieser Zweck nicht, Beiladungsanträge auch noch nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zuzulassen (a.A. Bien, WuW 2009, 166, 170). Denn der Beiladungspetent hat während des kartellbehördlichen Verfahrens hinreichend Gelegenheit, seine Beiladung zu beantragen. Ließe man nachträglich gestellte Beiladungsanträge zu, könnten sich durch die Entscheidung der Kartellbehörde wirtschaftlich betroffene Dritte auf diese Weise nachträglich ein Beschwerderecht verschaffen, ohne dass es für ein solches, die Bestandskraft der behördlichen Entscheidung hinauszögerndes Recht ein schutzwürdiges Interesse gäbe.

Auf die vor der pepcom-Entscheidung ergangene Rechtsprechung des Senats (, WuW/E 2077, 2078 - Coop-Supermagazin; , WuW/E DE-R 1544 - Zeiss/ Leica) und des Kammergerichts (KG WuW/E OLG 2970, 2971; WuW/E DE-R 4363, 4364) kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen. Zum einen bezieht sich die zitierte Senatsrechtsprechung allein auf eine noch nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens zu treffende Entscheidung über einen Beiladungsantrag, ohne dazu Stellung zu nehmen, ob dies auch für Fälle gelten soll, in denen der Beiladungsantrag erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens gestellt worden ist. Zum anderen hatte es - solange nur die erfolgte Beiladung die Beschwerdebefugnis vermittelte - die Kartellbehörde durch die - nach Abschluss des behördlichen Verfahrens regelmäßig ermessensfehlerfreie - Ablehnung einer nachträglichen Beiladung in der Hand, Dritte von der Beschwerdebefugnis auszuschließen. Aufgrund der pepcom-Rechtsprechung müsste hingegen jedem, der durch die bereits ergangene kartellbehördliche Entscheidung in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen unmittelbar und individuell betroffen ist, nachträglich ein Beschwerderecht eingeräumt werden, auch wenn er die Beiladung erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens beantragt hat.

Aufgrund der pepcom-Rechtsprechung kommt dem Erfordernis des (rechtzeitigen) Beiladungsantrags mithin die Funktion zu, den Kreis der Beschwerdeberechtigten zu bestimmen (vgl. , WuW/E-DE-R 2138, 2141 Tz. 20 - Anteilsveräußerung; ferner Begründung des Entwurfs eines GWB, BT-Drucks. II/1151, S. 51 zu § 49). Die Beschränkung auf die vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens gestellten Beiladungsanträge ermöglicht darüber hinaus eine Zustellung der Verfügung an die abgelehnten Beiladungspetenten bzw. an die Beiladungspetenten, über deren Beiladungsantrag die Kartellbehörde noch nicht entschieden hat. Auf diese Weise wird die formelle Bestandskraft der kartellbehördlichen Entscheidung nicht hinausgezögert (BGHZ 169, 370 Tz. 22 - pepcom).

d)

Eine Ausnahme von dem Erfordernis des rechtzeitigen Beiladungsantrags gilt nur, wenn der Drittbetroffene den Beiladungsantrag deshalb nicht stellen konnte, weil die Behörde den Bescheid erlassen hat, ohne dass das Verfahren in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (vgl. , WuW/E DE-R 2535 Tz. 16 - citiworks, zu § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

2.

Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO), die auch nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erfolgen kann und nach (scheinbarer) Bestandskraft der ergangenen Entscheidung noch ein Beschwerderecht eröffnet (BGH WuW/E DE-R 1544, 1545 - Zeiss/Leica, m.w.N.), liegen im Streitfall entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht vor.

a)

Die Rechtsbeschwerde meint, durch die Anordnung der Kündigung des Versicherungsvertrages sei die Antragstellerin in ihrer Vertragsfreiheit verletzt worden. Die Verfügung des Kartellamts wirke ihr gegenüber wie eine Bezugssperre, die sie im Verhältnis zu ihren unmittelbaren Wettbewerbern benachteilige. Denn die von der Verfügung ausgenommenen "Big 4" könnten weiterhin den bekannten und bewährten Service der Versicherergemeinschaft in Anspruch nehmen, während die Antragstellerin der Ungewissheit ausgesetzt sei, ob künftig überhaupt adäquater Versicherungsschutz für das von ihr getragene Haftungsrisiko zu erhalten sei.

b)

Dem kann nicht gefolgt werden.

aa)

Notwendig ist eine Beiladung, wenn an dem fraglichen Rechtsverhältnis Dritte in der Weise beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 65 Abs. 2 VwGO; vgl. auch § 71 Abs. 1 Satz 4 GWB). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Dritte durch die zu treffende Entscheidung in eigenen Rechten verletzt werden kann (BGHZ 163, 296, 301 - Arealnetz; BGH WuW/E DE-R 1544, 1545 - Zeiss/Leica; K. Schmidt in Immenga/ Mestmäcker aaO § 54 Rdn. 46; Kiecker in Langen/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 54 GWB Rdn. 34). Das kommt etwa bei einem privatrechtsgestaltenden oder bei einem Verwaltungsakt mit "Doppelwirkung" in Betracht (vgl. für den insoweit gleichliegenden Fall der Kündigungsanordnung an den Vermieter öffentlich geförderten Wohnraums , NJW 1995, 2866; anders für eine kartellbehördliche Untersagung der Erfüllung einer Vertriebsvereinbarung KG WuW/E OLG 2193, 2194 - Basalt-Union). Demgegenüber ist - auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (, MMR 2003, 241, 242 m.w.N) - bei Verwaltungsakten, die nicht unmittelbar regelnd in die bestehende Privatrechtslage eingreifen, sondern noch der privatrechtlichen Umsetzung durch den Adressaten bedürfen, trotz der absehbaren Auswirkungen des Verwaltungsakts auf die Vertragspartner der Adressaten deren mögliche Verletzung in eigenen Rechten und damit deren Klagebefugnis zu verneinen. Für das Kartellverwaltungsrecht ist keine andere Beurteilung angezeigt.

bb)

Eine solche Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin steht im Streitfall nicht in Rede. Die Rechtsverletzung kann insbesondere nicht mit den Auswirkungen begründet werden, die die Verfügung des Bundeskartellamts vom auf das Versicherungsverhältnis der Antragstellerin mit der Versicherergemeinschaft hat. Die Auflage, das mit der Antragstellerin bestehende Versicherungsverhältnis zu kündigen und nicht zu erneuern, richtet sich ausschließlich an die Versicherergemeinschaft bzw. an die Beteiligten zu 2 bis 5. Gegenüber der Antragstellerin entfaltet diese Anordnung keine unmittelbare Regelungswirkung; sie greift nicht - wie es für eine notwendige Beiladung Voraussetzung wäre (vgl. , WuW/E 2875, 2876 - Herstellerleasing) - unmittelbar rechtsgestaltend in das bestehende Versicherungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Versicherergemeinschaft ein.

Dies gilt auch für die vom Bundeskartellamt ausgesprochene Feststellung, dass die Zusammenarbeit der Beteiligten zu 2 bis 5 gegen Art. 81 EG und § 1 GWB verstößt. Diese Feststellung hat keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf das zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und der Antragstellerin bestehende Vertragsverhältnis. Das Bundeskartellamt hat nicht angenommen, dass die sich aus der Kartellrechtswidrigkeit ergebende Nichtigkeit (Art. 81 Abs. 2 EG, § 134 BGB) über das Vertragsverhältnis der an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligten Versicherungsunternehmen hinaus auch die Verträge erfasst, die das Gemeinschaftsunternehmen mit der Marktgegenseite, also mit den Versicherungsnehmern wie der Antragstellerin, geschlossen hat. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass der Bestand dieser Verträge durch die Verfügung des Bundeskartellamts unmittelbar berührt worden wäre. Vielmehr respektiert die Verfügung des Bundeskartellamts die geschlossenen Verträge und verpflichtet die Beteiligte zu 1 sowie die Beteiligte zu 2 als führendes Mitglied der Mitversicherungsgemeinschaft lediglich dazu, die Verträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen und nicht zu erneuern.

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass der Beteiligten zu 1 gestattet wurde, ihre Geschäftstätigkeit mit bestimmten Wettbewerbern der Antragstellerin, nämlich den "Big 4" unter den Wirtschaftsprüfungsunternehmen, fortzusetzen. Die Antragstellerin hat kein subjektives Recht darauf, dass das Bundeskartellamt seine Verfügung auch auf die Versicherungstätigkeit der Versicherergemeinschaft für die "Big 4" erstreckt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2209 Nr. 41
NJW-RR 2010 S. 51 Nr. 1
TAAAD-29617

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja