BVerwG Urteil v. - 3 C 15.08

Leitsatz

Ein offensichtlicher Irrtum im Sinne von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 liegt vor, wenn sich die Unrichtigkeit der Angabe im Antrag auf Flächenzahlungen aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei ihrer Abgabe auch für jeden Dritten ohne weiteres zweifelsfrei ergibt und wenn der Antragsteller in gutem Glauben gehandelt hat.

Gesetze: Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 Art. 5b; Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 Art. 12

Instanzenzug: OVG Niedersachen, 10 LB 156/07 vom VG Lüneburg, 2 A 62/04 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

I

Der Kläger ist Landwirt. Am stellte er einen Antrag auf Flächenzahlungen für das Jahr 2002, unter anderem für Getreide auf einer Fläche von insgesamt 37,7888 ha, darunter auch für den Anbau von Winterweizen - später geändert in Körnermais - auf dem Schlag 2, den er als Flurstück 10/2 der Flur 2 der Gemarkung M. identifizierte und dessen Größe er mit 1,0800 ha angab. Eine satellitengestützte Fernerkundung vom sowie eine Vorortkontrolle vom ergaben, dass das Flurstück 10/2 als Bahngelände genutzt wurde; der Mais war auf dem nördlich angrenzenden, durch einen Feldweg getrennten Flurstück 10/4 derselben Flur angebaut, das 0,9718 ha groß ist. In seinem Bescheid vom über die Bewilligung von Flächenzahlungen für das Jahr 2002 erkannte das Amt für Agrarstruktur daraufhin unter anderem den Schlag 2 nicht an. Die anerkannte Gesamtanbaufläche für Getreide von 36,1785 ha wurde zudem im Wege der Sanktion auf 32,9579 ha gekürzt.

Der Kläger hatte schon in den Vorjahren Flächenzahlungen für dieselbe Parzelle (teilweise beziffert als Schlag 3; im Folgenden durchgängig Schlag 2 genannt) erhalten. Mit Bescheid vom änderte das Amt für Agrarstruktur die diesbezüglichen Bewilligungsbescheide, indem es die Bewilligung von Flächenzahlungen für dieses Flurstück zurücknahm und die Zahlungen für die restlichen Flächen im Wege der Sanktion entsprechend kürzte. Zugleich forderte es die überzahlten Beträge zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz - ab über dem Basiszinssatz - seit der Auszahlung zurück.

Gegen den Bewilligungsbescheid vom , soweit darin der Schlag 2 nicht anerkannt worden war, und gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Bei seinen Flächenzahlungsanträgen seit 1993 habe er die - fast gleich großen, gleich geschnittenen und benachbarten - Flurstücke 10/2 und 10/4 verwechselt. Grund hierfür seien ungenaue Unterlagen gewesen, die ihm das Katasteramt am erstellt und die er dem Amt für Agrarstruktur zusammen mit seinem Flächenzahlungsantrag für 1993 eingereicht habe. Diese Unterlagen bestanden aus Auszügen aus der Liegenschaftskarte und aus dem Liegenschaftskataster. Auf der Karte waren die Flurstücke 10/2 und 10/4 sowie das beide trennende Wegegrundstück 10/3 insgesamt gelb umrandet; im südlichen Teil war als Flurstücksnummer "10/2" angegeben, während entsprechende Angaben im Wegegrundstück und im nördlichen Teil fehlten. Das Kataster wies die Größe des Flurstücks 10/2 mit 10 893 m2 aus und gab als Eigentümer die Deutsche Bahn AG und als tatsächliche Nutzung "Bahngelände" an. Der Kläger wies ergänzend darauf hin, dass die Deutsche Bahn AG auch Eigentümerin des Flurstücks 10/4 sei, das sie ihm seit geraumer Zeit verpachtet habe. Er fügte eine Bescheinigung des Katasteramts vom bei, derzufolge die Liegenschaftsauskunft vom fehlerhaft gewesen sei; der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass auch die nördlich der Straße gelegene Fläche zum Flurstück 10/2 der Flur 2 gehörte, da diese Fläche fälschlicherweise insgesamt gelb eingerahmt gewesen sei.

Mit Bescheiden vom und vom änderte das Amt für Agrarstruktur daraufhin seinen Bewilligungsbescheid vom und seinen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom und half den Widersprüchen damit teilweise ab. Zwar blieb es bei der Versagung einer Flächenzahlung für den Schlag 2 für das Jahr 2002 sowie bei der Rücknahme der Bewilligung von Flächenzahlungen für diesen Schlag für die Jahre 1994 bis 2001 und bei der Rückforderung ausgezahlter Beihilfen nebst Zinsen, jedoch verzichtete die Behörde auf eine weitere Kürzung der Flächenzahlungen im Wege der Sanktion. Zur Begründung hieß es, der Kläger habe die Verwechslung der Flurstücke nicht zu vertreten.

Mit Widerspruchsbescheid vom , ergänzt um eine Zinsfestsetzung vom , hob die Bezirksregierung die Änderungsbescheide des Amtes für Agrarstruktur vom und vom auf, wies die Widersprüche gegen die beiden Ausgangsbescheide zurück und setzte den Rückforderungsbetrag auf insgesamt 12 368,46 EUR zuzüglich Zinsen fest. Seit 1993 setze die Gewährung von Flächenbeihilfen voraus, dass der Antragsteller die beantragten Flächen mit Angabe der Flurstücksnummer und der Größe zweifelsfrei identifiziere. Der Kläger habe aber für den beantragten Schlag 2 eine falsche Flurstücksnummer und eine unzutreffende Größe angegeben. Es handele sich auch nicht um einen offensichtlichen Fehler, der jederzeit korrigiert werden könne. Eine Flächenzahlung für 2002 könne für den Schlag 2 daher nicht bewilligt werden; die Bewilligung für die Vorjahre sei insoweit rechtswidrig gewesen. Da die Falschangabe eine Unregelmäßigkeit darstelle, müssten auch die Sanktionsvorschriften angewendet werden. Hiervon könne entgegen der Ansicht der Ausgangsbehörde nicht abgesehen werden; denn der Kläger habe zumindest fahrlässig gehandelt. Er hätte die Ungenauigkeiten der Liegenschaftsauskunft erkennen und zum Anlass für Rückfragen nehmen müssen.

Mit seiner Klage erstrebt der Kläger die Aufhebung der Rücknahme- und Rückforderungsbescheide für die Jahre 1994 bis 2001 sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung einer weiteren Flächenzahlung für den Schlag 2 für das Jahr 2002. Dem gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom mit der Maßgabe statt, dass die Flächenzahlungen seit 1994 - ohne Strafabzug - der tatsächlichen Größe des Flurstücks 10/4 anzupassen seien. Indem er die Flurstücke zweier benachbarter Grundstücke verwechselt habe, sei dem Kläger ein offensichtlicher Fehler unterlaufen, der bei jeder Vorortkontrolle unter Abgleich mit den Katasterunterlagen sofort hätte aufgedeckt werden können und müssen. Der Kläger habe auch ohne Betrugsabsicht gehandelt, da die beiden Flurstücke annähernd gleich groß seien und er die gemeinte Fläche tatsächlich wie in den Anträgen angegeben bewirtschaftet habe. Ihn treffe auch keine relevante Fahrlässigkeit; vielmehr habe er auf die unzutreffenden Angaben des Katasteramts vertrauen dürfen. Offensichtliche Fehler könnten aber jederzeit - auch nach Jahren noch - berichtigt werden; sie könnten daher auch nicht Grund für eine Beihilfenkürzung im Wege der Sanktion sein.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger ergänzend vorgetragen, er habe seit etwa 1971 ein Grundstück mit einer Fläche von rund 2 ha hinzugepachtet. Der Eigentümer habe das Grundstück später an die Bundesbahn - die nachmalige Deutsche Bahn AG - veräußert, die etwa die Hälfte der Fläche für den Ausbau des Rangierbahnhofs M. in Anspruch genommen habe. Das Pachtverhältnis sei deshalb nur für die verbleibende - nördliche - Hälfte des Grundstücks fortgesetzt worden. Ihm sei klar gewesen, dass die von ihm bebaute Fläche nur noch etwa 1 ha umfasst habe. Um die neue Flurstücksnummer und die genaue Größe zu erfahren, habe er Unterlagen des Katasteramts angefordert und erhalten. Aus diesen habe er entnehmen müssen, dass das Grundstück die Flurstücksnummer 10/2 habe und dass das Flurstück 10/2 eine Größe von 1,0893 ha gehabt habe. Diese Angaben habe er in seine Flächenzahlungsanträge übernommen; zugleich habe er die Katasterunterlagen dem Amt für Agrarstruktur eingereicht. Dass im Kataster die tatsächliche Nutzung des Flurstücks 10/2 mit "Bahngelände" angegeben sei, habe ihm nicht auffallen müssen; unrichtige Nutzungsangaben seien bei nicht bodengeschätzten Flächen - zumal solchen, die der Bahn gehörten - häufig. Im Übrigen sei dem Amt für Agrarstruktur die Verwechslung selbst bei mehreren Vorortkontrollen nicht aufgefallen, obwohl hierbei jeweils Kartenmaterial und auch die Liegenschaftsauskunft vom vorgelegen hätten.

Mit Urteil vom hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert, den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des Amtes für Agrarwirtschaft vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom aufgehoben, soweit darin Zinsen auf den Rückforderungsbetrag für die Zeit vor dem festgesetzt wurden, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe für das Antragsjahr 2002 keinen Anspruch auf weitere Flächenzahlungen. Er habe das Flurstück 10/4 bewirtschaftet, für dieses aber keinen Antrag gestellt. Das beantragte Flurstück 10/2 hingegen habe er nicht bewirtschaftet; dieses sei Bahngelände und damit nicht beihilfefähig. Die Falschangabe könne nicht als offensichtlicher Irrtum berichtigt werden. Nach den Bewertungsmaßstäben der Generaldirektion VI der Europäischen Kommission in den Arbeitsunterlagen vom , denen das Gericht im Ansatz folge, ohne an sie gebunden zu sein, sei Voraussetzung für einen offensichtlichen Fehler, dass der Betriebsleiter gutgläubig gehandelt habe und dass keinerlei Risiko einer Betrugshandlung seinerseits bestehe. Ein Fehler sei offensichtlich, wenn er bei einer Bearbeitung des Flächenzahlungsantrags ohne Weiteres klar erkennbar sei und sich einem aufmerksamen und verständigen, mit den Umständen des Falles vertrauten Durchschnittsbetrachter ohne Weiteres aufdränge. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Zwar sei der Fehler einem objektiven Durchschnittsbetrachter ohne Weiteres erkennbar. Er beruhe aber nicht auf einem Versehen des Klägers; denn dieser habe nicht nur eine falsche Flurstücksnummer, sondern auch eine unrichtige Flurstücksgröße angegeben. Ferner habe der Kläger nicht schuldlos gehandelt, sondern im Zuge der Antragstellung seine Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten verletzt. Die Ungenauigkeiten der Liegenschaftsauskunft vom hätten ihm auffallen müssen. Die Beklagte habe deshalb eine Flächenbeihilfe für das Flurstück 10/4 für das Jahr 2002 mit Recht versagt. Sie habe auch die Beihilfe für die beihilfefähigen Flächen im Wege der Sanktion mit Recht gekürzt. Hiervon hätte sie nur absehen müssen, wenn den Kläger an der Falschangabe keine Schuld treffe, wovon nach dem Vorstehenden nicht ausgegangen werden könne. Was für 2002 gelte, gelte auch für die Vorjahre, weshalb auch der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid im Wesentlichen rechtmäßig sei. Vertrauensschutz hindere die Rücknahme nicht. Der Rücknahme stehe auch keine Verjährung entgegen. Schließlich könne sich der Kläger gegen die Rückforderung der überzahlten Beträge nicht auf Entreicherung berufen. Die Klage müsse nach allem überwiegend abgewiesen werden. Erfolg habe sie nur, soweit die Beklagte Zinsen auch für die Zeit vor der Übermittlung des Rückforderungsbescheides geltend mache. Dies lasse das neuere Gemeinschaftsrecht nicht mehr zu. Auf das strengere ältere Recht könne nicht mehr abgestellt werden, weil die Rückforderung einschließlich der Zinsforderung eine Sanktion für eine Unregelmäßigkeit darstelle und für derartige Sanktionsregeln die dem Betroffenen günstigere Regelung angewendet werden müsse.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit es der Klage wegen der Zinsen für die Zeit vor der Übermittlung des Rückforderungsbescheides stattgegeben hat. Die Beklagte hat Revision eingelegt, mit der sie vollständige Klageabweisung begehrt.

Der Kläger ist dem entgegengetreten; insoweit verteidigt er das Berufungsurteil.

Soweit das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, hat der Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin die Revision zugelassen. Insoweit beanstandet der Kläger, dass das Berufungsgericht die Bestimmungen über die Unbeachtlichkeit offensichtlicher Fehler bzw. eines offensichtlichen Irrtums bei der Antragstellung nicht angewendet hat. Unter anderem sei fehlerhaft, zwar ihm - dem Kläger - Fahrlässigkeit anzulasten, die eigene Fahrlässigkeit der Beklagten jedoch außer Betracht zu lassen. Diese habe schon 1993 und wiederholt in den Folgejahren Vorortkontrollen vorgenommen und dabei die Antrags- und Katasterunterlagen geprüft, ebenfalls ohne den Fehler zu bemerken.

Die Beklagte tritt der Revision des Klägers entgegen. Sie verteidigt insofern das angefochtene Berufungsurteil und macht ergänzend geltend, die Agrarsubventionen stellten ein Massenverfahren dar, das deshalb besonders auf die eigene Sorgfalt des jeweiligen Antragstellers vertrauen müsse. Damit sei die Betonung behördlicher Amtsermittlungspflichten im Einzelfall nicht zu vereinbaren.

II

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Auch die Revision der Beklagten erweist sich insoweit als begründet, als das Berufungsgericht in geringem Umfang über ihre Berufungsanträge hinausgegangen ist; im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Recht zur Bewilligung einer weiteren Flächenzahlung für das Jahr 2002 in Ansehung des Flurstücks 10/4 verpflichtet.

a)

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl EG Nr. 1 160 S. 1), die im Wirtschaftsjahr 2002 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1038/2001 des Rates vom (ABl EG Nr. 1 145 S. 16) anzuwenden war - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 -. Die verwaltungsmäßige Durchführung dieser und anderer Beihilferegelungen richtet sich nach der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl EG Nr. 1 355 S. 1), die im Wirtschaftsjahr 2002 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 495/2001 der Kommission vom (ABl EG Nr. 1 72 S. 6) galt - im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 -, sowie nach der aufgrund der Ermächtigung in Art. 12 dieser Verordnung ergangenen Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl EG Nr. 1 327 S. 11) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 -. Nationale Durchführungsbestimmungen enthält die auf der Grundlage des Marktorganisationengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 1146) - MOG - ergangene Flächenzahlungsverordnung vom (BGBl. I S. 15) - FZV -.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 wird die Flächenzahlung für eine Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut ist oder nach Art. 6 stillgelegt wurde und die eine regionale Grundfläche nicht übersteigt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung und § 4 Abs. 1 Satz 2 FZV sind anspruchsberechtigt nur Erzeuger, die bis zu dem der Ernte vorausgehenden 15. Mai einen Antrag gestellt haben. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 und § 4 Abs. 1 Satz 6, Abs. 6 Satz 1 FZV muss jeder Beihilfeantrag alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlich genutzten Parzellen des Betriebs, ihre Fläche, ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, sowie ihre Lage und Nutzung.

b)

Der Kläger hat seinen Flächenzahlungsantrag für das Wirtschaftsjahr 2002 am gestellt und am geändert; das war rechtzeitig. Der Antrag sollte nach seinem Willen auch das Flurstück 10/4 umfassen. Das steht nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts außer Zweifel: Der Kläger hat dieses Flurstück tatsächlich bebaut, und zwar mit den im Antrag genannten Kulturpflanzen; die nachträgliche Änderung vom (von Weizen auf Mais) bezog sich sogar gerade auf dieses Flurstück und vollzog eine witterungsbedingte Änderung des tatsächlichen Anbaus nach. Dagegen wollte der Kläger keinen Antrag für das andere Flurstück 10/2 stellen. Auch dies steht nach den tatsächlichen Feststellungen außer Frage; nichts deutet darauf hin, dass der Kläger Flächenzahlungen für Bahngelände hätte beantragen wollen.

Allerdings hat der Kläger das Flurstück 10/4 falsch, nämlich mit der Flurstücksnummer 10/2 bezeichnet und seine Größe unzutreffend mit 1,08 statt mit 0,98 ha angegeben. Darin liegt aber ein offensichtlicher Irrtum im Sinne von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, der jederzeit berichtigt werden kann.

aa)

Nach dieser Vorschrift kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt. Dabei steht es nicht im Belieben der zuständigen Behörde, ob sie einen offensichtlichen Irrtum anerkennt oder nicht. Ob ein offensichtlicher Irrtum vorliegt, unterliegt im Streitfall der abschließenden Beurteilung des Gerichts; anderes wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren. Liegt aber ein offensichtlicher Irrtum vor, so muss die Behörde ihn anerkennen und die Berichtigung des Beihilfeantrags gestatten oder sogar selbst von Amts wegen vornehmen; ein irgendwie geartetes Ermessen steht ihr nicht zu. Das entspricht Sinn und Zweck der Regelung und wird von den Beteiligten im Übrigen auch nicht in Zweifel gezogen (einhellige Rspr; OVG Lüneburg, Urteile vom - 10 LB 27/03 - RdL 2003, 329 = AUR 2004, 228 und vom - 10 LB 179/07 - RdL 2008, 346 = AUR 2009, 31; - AUR 2006, 402).

Nach Auffassung des Berufungsgerichts setzt die Annahme eines offensichtlichen Irrtums voraus, dass der Fehler für jeden mit der Sache vertrauten Betrachter ohne Weiteres erkennbar ist. Dem ist im Grundsatz zuzustimmen. Nach allgemeinem deutschem Rechtsverständnis unterliegen offensichtliche Unrichtigkeiten im Verwaltungs- oder im gerichtlichen Verfahren der jederzeitigen Berichtigung, wobei eine Unrichtigkeit dann offenbar ist, wenn sie sich aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei ihrer Abgabe auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei ergibt (stRspr; vgl. zu § 118 VwGO nur BVerwG 6 C 1.66 - BVerwGE 30, 146 = Buchholz 310 § 118 VwGO Nr. 1; zu § 319 ZPO etwa - NJW 2005, 156). Dieses Verständnis liegt auch dem Gemeinschaftsrecht und damit auch Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 zugrunde, wie die einschlägigen Auslegungshinweise der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission vom (VI/7103/98 Rev.2-DE) und aus dem Jahre 2002 (AGR 49533/2002-DE) belegen.

In subjektiver Hinsicht hat das Berufungsgericht angenommen, die Annahme eines offensichtlichen Irrtums scheide aus, wenn der Antragsteller auch nur leicht fahrlässig gehandelt habe. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht zugestimmt werden. Allerdings beziehen die Überlegungen des Berufungsgerichts, die insofern Ergebnis einer längeren Rechtsprechung dieses Gerichts sind (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom a.a.O., Beschluss vom - 10 LA 37/06 - AUR 2008, 26 und Urteil vom a.a.O.) und im Wesentlichen Gefolgschaft bei den Verwaltungsgerichten der ersten Instanz gefunden haben (vgl. a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom - 3 K 34/07 - RdL 2008, 352; - [...]; VG Gelsenkirchen, Urteil vom - 7 K 2186/07 - [...]), einen zutreffenden Ausgangspunkt. Es gilt nämlich, den Tatbestand des offensichtlichen Irrtums von dem Tatbestand der Unregelmäßigkeit abzugrenzen. Unregelmäßigkeiten begründen den Verdacht eines Betruges oder einer Unredlichkeit; sie ziehen, wenn dieser Verdacht sich nicht ausräumen lässt, im Regelfalle Sanktionen nach sich (vgl. Art. 32 f. der Verordnung <EG> Nr. 2419/2001). Schon nach dem Wortsinn muss deshalb für die Annahme eines Irrtums feststehen, dass der Betriebsleiter gutgläubig gehandelt hat. Dies bestätigen die bereits erwähnten Auslegungshinweise der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission und ergänzen, dass keinerlei Risiko eines Betruges oder einer Unredlichkeit besteht. In diesem Zusammenhang erlangen subjektive Umstände Bedeutung. Das kann aber über diesen Zusammenhang hinaus nicht verselbstständigt werden. Es würde darauf hinauslaufen, den Tatbestand des offensichtlichen Irrtums auf unvermeidbare Irrtümer zu reduzieren. Eine derartige Einschränkung seines Anwendungsbereichs entspräche aber nicht dem Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts. Dass die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts zu weit geht, ist im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 234 Abs. 3 EG (Urteil vom - Rs. 283/81 - Slg. 1982, 3415, CILFIT) zweifelsfrei, so dass Anlass für die Einholung einer Vorabentscheidung hierzu nicht besteht.

Ob der Antragsteller in gutem Glauben gehandelt hat, unterliegt der Würdigung im Einzelfall. Zwingende Beweisregeln bestehen insoweit nicht. Auch die Europäische Kommission nimmt derartige Regeln nicht mehr an. Anders als noch in früheren Auslegungshinweisen wird in den Auslegungshinweisen von 2002 (AGR 49533/2002-DE) betont, dass der Annahme von gutem Glauben weder entgegensteht, dass der Irrtum nicht von dem Betriebsinhaber selbst, sondern im Rahmen einer Vorortkontrolle aufgedeckt worden ist, noch dass durch ihn eine höhere Zahlung erfolgt ist oder erfolgt wäre. Derartige Umstände sind vielmehr - wenngleich möglicherweise zum Nachteil des Betriebsinhabers - wie alle anderen Umstände im Einzelfall zu würdigen. Das steht mit dem Grundsatz der freien, das heißt nicht durch Beweisregeln beschränkten Beweiswürdigung des deutschen Rechts im Einklang (vgl. § 286 ZPO).

bb)

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Bezeichnung des Flurstücks mit einer falschen Flurstücksnummer in objektiver Hinsicht die Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums erfüllt. Dagegen lässt sich nichts einwenden. Der Irrtum ist zwar nicht aus dem Antrag selbst, wohl aber aus den Umständen der Antragstellung ersichtlich und auch für jeden Dritten ohne Weiteres zweifelsfrei erkennbar, wobei in Rechnung zu stellen ist, dass für die Umstände der Antragstellung auf das Wirtschaftsjahr 1993 zurückgegangen werden muss (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Verordnung <EWG> Nr. 3508/92). Insofern werden von den Beteiligten Einwände auch nicht erhoben.

Das Verwaltungsgericht hatte angenommen, dass der Kläger bei der Falschbezeichnung seines Flurstücks gutgläubig gehandelt hat. Das Berufungsgericht hat hierzu - von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - eigene Feststellungen nicht getroffen, es hat die Feststellung des Verwaltungsgerichts aber auch nicht in Zweifel gezogen. Akteninhalt und Prozessgeschichte bieten hierfür auch keinerlei Anhaltspunkt. Die Annahme liegt fern, der Kläger habe sich Flächenzahlungen für ein nicht von ihm bewirtschaftetes Bahngelände erschleichen, gleichzeitig aber auf Flächenzahlungen für ein von ihm bewirtschaftetes Grundstück verzichten wollen. Ebenso wenig besteht Anlass für die Annahme, der Kläger habe die Flurstücksnummern nur zu dem Zweck vertauscht, dem von ihm bewirtschafteten 0,9718 ha großen Flurstück eine geringfügig, nämlich um 0,1082 ha größere Fläche zuschreiben zu können. Die von ihm schon 1991 vorgelegten und seither von allen Beteiligten zugrunde gelegten Liegenschaftsunterlagen belegen, dass er nach der Teilung des ursprünglich von ihm angepachteten, etwa 2 ha großen Grundstücks das Katasteramt nach der aktuellen Flurstücksnummer der von ihm bewirtschafteten Restfläche gefragt und dem ihm in Antwort übersandten Auszug der Liegenschaftskarte - wenn auch fehlerhaft - die Flurstücksnummer 10/2 entnommen und in seine nachfolgenden Flächenzahlungsanträge unverändert übernommen hat. Das mag fahrlässig gewesen sein; einen Anhaltspunkt, an seinem guten Glauben zu zweifeln, bietet es nicht. Selbst die Beklagte zieht den guten Glauben des Klägers nicht in Zweifel.

cc)

Auch dass der Kläger die Größe des Grundstücks mit 1,0800 ha angegeben hat, stellt einen offensichtlichen Irrtum im Sinne von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 dar.

Dass es sich insofern nicht um eine falsche Bezeichnung, sondern um eine falsche Qualifizierung handelt, schließt einen offensichtlichen Irrtum nicht aus. Zwar besteht Anlass zu größter Zurückhaltung, weil eine unzutreffende Größenangabe stets dazu führen kann, dass eine höhere oder niedrigere Beihilfe gewährt wird; im Zweifel werden deshalb die Regeln über Unregelmäßigkeiten anzuwenden sein. Gleichwohl gehen die Auslegungshinweise der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission - anders als in früheren Fassungen - nunmehr davon aus, dass die Anwendung der Regeln über den offensichtlichen Irrtum auch dann, wenn die Falschangabe zu einer höheren Beihilfe führt, nicht generell ausgeschlossen ist.

Im vorliegenden Fall kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass es sich um einen Folgefehler der Angabe der falschen Flurstücksnummer handelt. Der Kläger hat die Flurstücksgröße den Katasterunterlagen für ein anderes Flurstück entnommen, das diejenige Flurstücksnummer 10/2 trägt, die er irrtümlich seinem Grundstück zuordnete. Dieser Folgefehler ist ebenso wie der ursächliche Fehler der Verwechslung der Flurstücksnummern für jeden sachkundigen Dritten aus den Umständen der Antragstellung ohne Weiteres ersichtlich und in diesem Sinne offenkundig. Der Kläger handelte auch insofern gutgläubig. Er wusste, dass das ursprünglich von ihm bewirtschaftete Grundstück etwa 2 ha groß gewesen und alsdann etwa hälftig geteilt worden war. Die Auskunft des Katasteramts, das Restgrundstück weise eine genaue Größe von 1,0893 ha auf, bewegte sich im Rahmen dessen, was er erwarten konnte, zumal die Abweichung gegenüber der tatsächlichen Größe des von ihm bewirtschafteten Grundstücks gering ist.

Offensichtlich ist zunächst allerdings nur, dass die angegebene Größe sich auf ein anderes Flurstück bezieht; die richtige Größe des Flurstücks lässt sich nicht ohne Weiteres, das heißt nicht ohne zusätzliche Ermittlungen angeben. Dieser Umstand steht der Anwendung von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 jedoch nicht entgegen. Vielmehr eröffnet die Vorschrift dem Antragsteller die Möglichkeit, die fehlerhafte Angabe nach Aufdeckung des Irrtums noch zu berichtigen und die hierzu nötigen Erkundigungen erst jetzt einzuholen. Das entspricht ersichtlich auch der Auffassung der Generaldirektion Landwirtschaft der Europäischen Kommission. In ihren bereits mehrfach zitierten Auslegungshinweisen bildet sie nämlich eine (erste) Fallgruppe für offensichtliche Irrtümer, wenn bestimmte Angaben im Antrag vollständig fehlen; auch hier ist nur das Fehlen als solches offensichtlich, nicht aber die zutreffende Angabe.

2.

Der Berufung der Beklagten musste auch der Erfolg versagt bleiben, soweit das Verwaltungsgericht den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom aufgehoben hat, welche die Bewilligungsbescheide für die Wirtschaftsjahre 1994 bis 2001 teilweise zurücknehmen sowie die sich hieraus ergebenden Überzahlungen zuzüglich Zinsen zurückfordern.

a)

Über die Rückforderung zu Unrecht gewährter Beihilfen ist nach nationalem Recht zu entscheiden, soweit es an einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung fehlt ( BVerwG 3 C 46.86 - BVerwGE 88, 278 <282 f.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 65 S. 16 f., vom - BVerwG 3 C 32.92 - BVerwGE 95, 213 <222> = Buchholz 451.90 Europ. Wirtschaftsrecht Nr. 127 S. 9 und vom - BVerwG 3 C 18.94 - Buchholz 451.511 § 10 MOG Nr. 2 S. 3). Die gemeinschaftsrechtliche Regelung des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems enthält zwar seit der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1678/98 der Kommission vom (ABl EG Nr. 1 212 S. 23) in Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl EG Nr. 1 391 S. 36) genauere Bestimmungen über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge, die weitgehend unverändert in Art. 49 der Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 2419/2001 übernommen worden sind. Dies führt dazu, dass einige wichtige Teilaspekte wie etwa der Vertrauensschutz seither gemeinschaftsrechtlich geregelt sind (vgl. BVerwG 3 B 117.04 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 112 = AUR 2005, 301). Die gemeinschaftsrechtliche Regelung ist aber unverändert nicht abschließend. So begründen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 und Art. 49 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 zwar die materiell-rechtliche Pflicht des Betriebsinhabers zur Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Beträge, enthalten aber nicht zugleich auch die verfahrensrechtliche Ermächtigung der nationalen Behörden zur Aufhebung von Zuwendungsbescheiden und zum Erlass von Rückforderungsbescheiden (vgl. BVerwG 3 C 22.02 - Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 44 S. 14 f. = NVwZ-RR 2004, 413). Insoweit ist deshalb weiterhin auf nationales Recht zurückzugreifen.

Die Ermächtigungsgrundlage zur Rücknahme von Bewilligungsbescheiden findet sich demzufolge unverändert im nationalen Recht. Anwendbar ist insoweit § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 MOG in der im März 2004 geltenden Fassung der Verordnung vom (BGBl. I S. 2304). Hiernach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen. Zu den Fällen des § 6 MOG zählen auch flächenbezogene Beihilfen auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage (Nr. 7).

b)

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die dort im Betreff aufgeführten Bewilligungsbescheide für die Wirtschaftsjahre 1994 bis 2001 teilweise zurückgenommen, weil die Bewilligung für den Schlag 2 zu Unrecht erfolgt sei und die Flächenzahlungen im Wege der Sanktion zusätzlich zu kürzen seien. Das war nur im Umfang der Differenz zwischen der angegebenen und der tatsächlichen Größe des Flurstücks 10/4 rechtmäßig, im Übrigen aber rechtswidrig.

Die Flächenzahlungen für die Jahre 1994 bis 1999 beruhten auf der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl EG Nr. 1 181 S. 12) in der jeweiligen Fassung, diejenige für die Jahre 2000 und 2001 auf der Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 1251/1999. Für die verwaltungsmäßige Durchführung galt für alle hier in Rede stehenden Jahre die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der jeweiligen Fassung; die Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 2419/2001 findet nach ihrem Art. 54 Abs. 2 erst ab dem Wirtschaftsjahr 2002 Anwendung. Nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 wird, wenn festgestellt wird, dass die in einem Beihilfeantrag "Flächen" angegebene Fläche über der ermittelten, d.h. der tatsächlich beihilfefähigen Fläche liegt (sog. Übererklärung), der Beihilfeantrag auf der Grundlage der bei der Kontrolle tatsächlich ermittelten Fläche berechnet; außer in Fällen höherer Gewalt wird die tatsächlich ermittelte Fläche zusätzlich gekürzt.

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf der Annahme, dass der Kläger hinsichtlich des Schlages 2 auch in den Jahren 1994 bis 2001 eine Übererklärung vorgenommen habe. Den Anträgen des Klägers liegt jedoch dasselbe Versehen zugrunde wie im Jahr 2002. Im diesem Jahr erfüllte das Versehen den Tatbestand des offensichtlichen Irrtums im Sinne des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, der jederzeit berichtigt werden kann (vgl. oben zu 1.). Für die Vorjahre gilt nichts anderes. Zwar galt hier noch die Vorgängerverordnung (EWG) Nr. 3887/92. Diese enthielt seit dem zunächst in Art. 5a (vgl. Art. 1 Nr. 2 der Änderungsverordnung <EG> Nr. 229/95 der Kommission vom , ABl EG Nr. 1 27 S. 3) und seit dem in Art. 5b (vgl. Art. 1 Nr. 5 der Änderungsverordnung <EG> Nr. 2801/1999 der Kommission vom , ABl EG Nr. 1 340 S. 29) eine entsprechende Regelung. Hiernach kann ein Beihilfeantrag jederzeit angepasst werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Fehler anerkennt. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der "offensichtliche Fehler" im Sinne dieser Vorschriften dem "offensichtlichen Irrtum" im Sinne des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 gleichzustellen ist. Vor dem enthielt die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 eine vergleichbare ausdrückliche Regelung noch nicht. Art. 5a der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 sollte aber ersichtlich auch schon für frühere Wirtschaftsjahre und damit auch für das Jahr 1994 gelten. Zum einen positiviert die Vorschrift einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch ungeschrieben Anwendung findet. Zum anderen enthält die Änderungsverordnung (EG) Nr. 229/95, durch welche Art. 5a eingefügt worden ist, keinen Hinweis, dass sie erst ab einem bestimmten Wirtschaftsjahr Anwendung finde. Dieser Hinweis ist im Gemeinschaftsrecht üblich, wenn eine neue Bestimmung nur für einen bestimmten Zeitraum - etwa nur für die Zukunft - gelten soll. Das lässt den Rückschluss zu, dass die Neuregelung allgemein und damit auch für zurückliegende Wirtschaftsjahre anwendbar sein soll. Die Änderungsverordnung (EG) Nr. 229/95 enthält demzufolge auch nur in diesem Sinne allgemeine Bestimmungen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger deshalb zu Recht nachgelassen, die unrichtige Bezeichnung des Schlages 2 mit "Flurstück Nr. 10/2" statt "Flurstück Nr. 10/4" und die unrichtige Angabe seiner Größe mit "1,08 ha" statt mit "0,97" (bzw. "0,9718 ha") noch heute ("jederzeit") zu ändern. Daher liegt in keinem Wirtschaftsjahr eine Übererklärung vor. Anlass für eine Kürzung im Wege der Sanktion bestand nicht. Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass die Behörde gleichwohl in jedem Wirtschaftsjahr für 0,11 ha (bzw. 0,1082 ha) zuviel, nämlich mehr Flächenzahlungen für den Schlag 2 geleistet hat als (nunmehr infolge der Berichtigung) beantragt. In diesem Umfang sind ihre Bewilligungsbescheide rechtswidrig. Sie waren insoweit grundsätzlich rücknehmbar.

c)

Ob dieser Teilrücknahme Vertrauensschutz, der Einwand der Entreicherung oder Verjährung entgegensteht, kann offen bleiben. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen die Rücknahme- und Rückforderungsbescheide der Sache nach insoweit abgewiesen, als diese jährliche Überzahlungen für das Flurstück 10/4 wegen der Differenz zu dessen tatsächlicher Größe von 0,9718 ha betrafen; insoweit hat es lediglich die zusätzliche Kürzung im Wege der Sanktion für unzulässig erklärt. Da der Kläger keine Berufung eingelegt hat, steht die Rechtmäßigkeit der Rücknahme und Rückforderung in diesem Umfang nicht mehr im Streit.

Das gilt auch in Ansehung der diesbezüglichen Zinsen: Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Rückforderungsbescheid auch insoweit abgewiesen, als für die Überzahlung für das Flurstück 10/4 Zinsen in bestimmter Höhe für die Zeit seit der jeweiligen Auszahlung der jährlichen Beihilfebeträge festgesetzt wurden. Auch insoweit hat das Urteil allein den Kläger beschwert, der aber keine Berufung eingelegt und sich der Berufung der Beklagten auch nicht angeschlossen hat.

Allerdings hat das Berufungsgericht den Rückforderungsbescheid wegen der Zinsforderung für die vor Erlass des Bescheides liegende Zeit aufgehoben. Damit hat es die Zinsfestsetzung in Ansehung der Zeit zwischen der jeweiligen Auszahlung der jährlichen Beihilfen und dem Erlass des Rückforderungsbescheides insgesamt beseitigt, also auch hinsichtlich der Zinsen für die Überzahlung, die allein auf die Größendifferenz des Flurstücks 10/4 entfällt. Auch insoweit muss das erstinstanzliche Urteil aber wiederhergestellt werden; in diesem - geringen - Umfang hat die Revision der Beklagten Erfolg. Hierzu bedarf es nicht der Prüfung, ob das Berufungsgericht die Zinsforderung der Beklagten materiell-rechtlich mit Recht reduziert hat. Dass das erstinstanzliche Urteil auch insoweit wiederherzustellen ist, ergibt sich schon daraus, dass das Berufungsgericht insoweit über die Berufungsanträge der Beklagten hinausgegangen ist und diese schlechter gestellt hat, als sie aufgrund des erstinstanzlichen Urteils stünde. Das verletzt § 128 Satz 1 VwGO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Fundstelle(n):
WAAAD-29603