BAG Urteil v. - 8 AZR 178/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 242; BGB § 613a

Instanzenzug: LAG Düsseldorf, 5 (10) Sa 1067/06 vom ArbG Solingen, 2 Ca 594/06 lev vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit dem bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Zuletzt war er im Bereich C I (CI) tätig und verdiente monatlich 4.929,29 Euro brutto.

Bei der Beklagten, die früher als "A mbH & C KG" firmierte, handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der früheren "A-G AG". Als sich diese entschloss, die Aktivitäten des Bereichs CI auf eine "A GmbH" zu übertragen, fasste die Beklagte einen entsprechenden Beschluss für ihre Vertriebsaktivitäten im Bereich CI. Diese sollten auf die "A Ge GmbH" übertragen werden. Darüber unterrichtete die Beklagte als Arbeitgeberin den Kläger mit Schreiben vom , das auszugsweise lautet:

"die A mbH & C KG plant, ihren Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum auf die A Ge GmbH zu übertragen.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

..."

Der Vertriebsbereich CI wurde sodann zum auf die A Ge GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese Gesellschaft zunächst nicht und arbeitete bei ihr weiter.

Für die A GmbH, auf die der Bereich CI - ohne die Vertriebsaktivitäten der Beklagten - übertragen worden war, wurde am Insolvenzantrag gestellt, das Insolvenzverfahren wurde am eröffnet. Im Oktober 2005 folgte der Insolvenzantrag sodann für die A Ge GmbH, bei der der Kläger arbeitete. Daraufhin wandte sich der Kläger mit Schreiben vom an die Beklagte, das auszugsweise lautet:

"Ich bin seit 1997 Mitarbeiter der A. Unter Datum vom habe ich ein Schreiben bekommen, in dem mir der Übergang meines Arbeitsverhältnisses von der A auf die A Ge zum angekündigt wurde.

...

Aufgrund der finanziellen Abhängigkeit unseres Unternehmens als angegliedertes Vertriebsunternehmen hat sich die wirtschaftliche Situation der A Ge durch die Insolvenz der A GmbH dramatisch verschlechtert. Dies führte zur Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober 2005.

Die Informationen, die mir von Seiten Ihrer Gesellschaft in dem Schreiben vom mitgeteilt worden sind, waren nachweislich unzutreffend. Marktrisiken sind zwar angesprochen, aber wegen des hohen Eigenkapitals und der guten Liquidität als abgesichert bezeichnet worden.

Die Frist für einen Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB beginnt erst zu laufen, wenn die schriftliche Information nach § 613a Abs. 5 BGB vollständig und wahrheitsgemäß ist.

Das Unterrichtungsschreiben vom entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen und löst deshalb den Lauf der Widerspruchsfrist nicht aus.

Ich erwarte von Seiten Ihrer Gesellschaft nunmehr eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für mich (§ 613a Abs. 5 Ziffer 3 BGB). Hierauf habe ich einen Rechtsanspruch.

Nach Eingang der vorstehend geforderten Informationen werde ich die Entscheidung treffen, ob ich nunmehr dem Betriebsübergang widerspreche.

..."

Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Nachdem über das Vermögen der A Ge GmbH am das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kündigte der Insolvenzverwalter unter dem das Arbeitsverhältnis zur A Ge GmbH mit Wirkung zum . Dagegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Solingen wurde ausgesetzt. Mit anwaltlichem Schreiben vom erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A Ge GmbH und bot der Beklagten seine Arbeitskraft an.

Er macht geltend, er habe im Januar 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses noch berechtigterweise widersprechen dürfen, weil er bis dahin nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang unterrichtet worden sei. Er rügt insbesondere eine falsche Information über die wirtschaftliche Situation der Betriebserwerberin und über die Haftungsverteilung zwischen der Beklagten und der A Ge GmbH. Sein Widerspruchsrecht habe er auch nicht verwirkt. Erst im Oktober 2005 habe er erfahren, dass die Beklagte über die wirtschaftliche Ausstattung der Erwerbergesellschaft getäuscht habe. Ein Umstandsmoment habe er ebenfalls nicht verwirklicht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsvertragsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie meint, mit ihrem Informationsschreiben vom ihre Unterrichtungspflicht ordnungsgemäß erfüllt zu haben. Der Widerspruch des Klägers vom sei deshalb verspätet. Jedenfalls habe er sein Recht zum Widerspruch verwirkt, da nicht nur das Zeitmoment, sondern mit der Verteidigung gegen die vom Insolenzverwalter der Betriebserwerberin ausgesprochenen Kündigung der Kläger auch ein Umstandsmoment verwirklicht habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war vor dem Landesarbeitsgericht erfolgreich. Mit der für sie zugelassenen Revision strebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Der Widerspruch des Klägers ist nicht verspätet, da die Information der Beklagten zum Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB fehlerhaft war und die Frist für die Ausübung des Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang setzte. Der Kläger hat sein Recht zur Ausübung des Widerspruchs auch nicht verwirkt.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Überlegungen gestützt: Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom genüge den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht. Die Beklagte habe den Kläger nicht über die kündigungsrechtliche Situation und die sich aus § 613a Abs. 4 BGB ergebenden Rechtsfolgen hingewiesen. Auch die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs seien nicht dargestellt worden. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung sei die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht in Lauf gesetzt worden. Der Widerspruch des Klägers vom sei auch nicht verwirkt. Das Zeitmoment sei nicht erfüllt, da davon auszugehen sei, dass die dafür relevante Frist erst mit Kenntnis des Klägers von den vorliegend bedeutsamen Tatsachen zu laufen begonnen habe. Erst mit dem Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen der A Ge GmbH habe der Kläger die unvollständigen und teilweise falschen Informationen im Schreiben vom erkennen können. Jedenfalls liege kein "Umstandsmoment" vor. Zeitnah zu dem Insolvenzantrag für die A Ge GmbH habe sich der Kläger mit seinem Schreiben vom an die Beklagte gewandt. In der Erhebung der Kündigungsschutzklage gegen die vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung sei kein Umstand zu sehen, der darauf hindeute, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Dadurch habe der Kläger auch nicht den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A Ge GmbH bestätigt.

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

I. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Unterrichtung des Klägers mit Schreiben vom über den beabsichtigten Betriebsübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hat und dadurch die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für den Kläger nicht in Gang gesetzt worden ist. Dies hat der Senat bereits in mehreren gleich gelagerten Fällen entschieden (vgl. zB - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347; - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552).

II. Begann infolge der fehlerhaften Unterrichtung des Klägers zum Betriebsübergang die Frist für die Ausübung seines Widerspruchsrechts nach § 613a BGB nicht zu laufen, so hatte der Kläger am sein Recht zum Widerspruch auch nicht verwirkt.

1. Der Senat hat mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann (vgl. zB - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist.

3. Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, denn jedes Recht kann nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

4. Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsüberganges ( - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechtes als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO.).

5. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben ( - DB 2007, 1034). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil aber darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird ( - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

b) Es kann dahinstehen, ob vorliegend das Zeitmoment erfüllt ist. Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten, abgestellt werden (Senat - 8 AZR 431/06 - Rn. 44, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64; - 8 AZR 382/05 - Rn. 33, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57 mwN).

Allerdings beginnt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der für das Zeitmoment maßgebliche Zeitraum nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen (Senat - 8 AZR 106/99 - zu II 3 a und b der Gründe) oder mit der Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung (vgl. Senat - 8 AZR 202/07 - Rn. 40; - 8 AZR 166/07 - Rn. 39).

Bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, muss eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, bei der das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind. Es ist demnach darauf abzustellen, ob der Verpflichtete auf Grund des Zeitablaufs, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch die Nichtkenntnis des Berechtigten von den für die Geltendmachung seines Rechts bedeutsamen Tatsachen gehören kann, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (Senat - 8 AZR 175/07 - Rn. 31, AP BGB § 613a Nr. 347). Zwar gibt der Arbeitgeber durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang in Textform zu erkennen, dass er mit diesem Schreiben die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und danach die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet. Gleichwohl begründet der Umstand, dass vorliegend zwischen dem - Ablauf der Monatsfrist nach Erhalt des Unterrichtungsschreibens vom - und der Erklärung des Widerspruchs durch Schreiben vom knapp 14 Monate lagen, nicht für sich den Verwirkungseinwand. Denn das zusätzlich erforderliche und damit in Relation zu sehende Umstandsmoment fehlt.

c) Durch die Weiterarbeit bei der A Ge GmbH bis zur Ausübung des Widerspruchsrechts hat der Kläger kein Umstandsmoment verwirklicht. Eine solche Weiterarbeit bei dem Betriebserwerber genügt für sich allein nicht, um das Umstandsmoment annehmen zu können, weil darin noch keine besondere vertrauensbegründende Verhaltensweise des Arbeitnehmers gesehen werden kann (Senat - 8 AZR 1016/06 - Rn. 41, NZA 2008, 1354; - 8 AZR 73/07 - Rn. 43; - 8 AZR 1020/06 - Rn. 41). Auch in der Weiterarbeit nach Beantragung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH, mit der enge wirtschaftliche Verflechtungen bestanden, ist kein zusätzlicher vertrauensbildender Umstand zu sehen. Aus der Tatsache der Insolvenzeröffnung bei einem Konzernunternehmen kann nicht zwingend auf eine unrichtige Unterrichtung über die wirtschaftliche Situation dieser Gesellschaft geschlossen werden, weil deren Zahlungsunfähigkeit auch auf späteren wirtschaftlichen Entwicklungen beruhen kann.

d) Auf den Insolvenzantrag für die Betriebserwerberin hat der Kläger zeitnah mit einem Schreiben an die Beklagte vom reagiert. In diesem Schreiben hat der Kläger erklärt, er halte sich für unzutreffend unterrichtet, und zum Ausdruck gebracht, dass sein Widerspruchsrecht noch bestehe. Er hat sich vorbehalten, dieses nach Eingang von geforderten Informationen noch auszuüben. Eine solche Stellungnahme wirkt weder allein verwirkungshemmend noch stellt es einen Umstand im Sinne der Verwirkung dar. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben nicht reagiert. Dass der Kläger mit der Ausübung seines Widerspruchsrechts dann noch zwei Monate zugewartet hat, bis er den Widerspruch ausgeübt hat, stellt noch kein Umstandsmoment dar. Erst dann, wenn auch für den Arbeitnehmer erkennbar mit keiner Reaktion seitens des Betriebsveräußerers mehr gerechnet werden konnte und er gleichwohl unverändert weiter und über einen erheblichen Zeitraum die Arbeitsleistung für den Betriebserwerber erbringt, kann der Schluss nach den äußeren Umständen zulässig werden, der Arbeitnehmer habe sich entschieden, von dem Widerspruchsrecht nicht Gebrauch zu machen. Ein solcher erheblicher Zeitraum der Weiterarbeit war bis zum Widerspruch des Klägers am noch nicht verstrichen.

e) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt sein kann, wenn ein Arbeitnehmer eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift ( - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347). Vorliegend hat aber der Kläger die von dem Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung vom mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Damit hat der Kläger einerseits zum Ausdruck gebracht, an seinem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen, andererseits aber kein berechtigtes Vertrauen begründet, er akzeptiere nunmehr die A Ge GmbH als neue Arbeitgeberin. Eine solche Aussage kann der Kündigungsschutzklage nicht unterlegt werden. Durch sie wahrte der Arbeitnehmer zunächst nur sein Interesse, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Regelung des § 7 KSchG geltend zu machen. Dass der Kläger die Kündigung des Insolvenzverwalters nicht akzeptierte, konnte weder von dem Insolvenzverwalter noch von der Beklagten dahin verstanden werden, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben und wolle nur bei der Betriebserwerberin in einem Arbeitsverhältnis verbleiben. Nur die Hinnahme einer ausgesprochenen Kündigung hätte zur Verwirklichung des Umstandsmoments im Sinne des Verwirkungstatbestandes führen können.

6. Der wirksame Widerspruch des Klägers führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs hinaus ununterbrochen fortbestand. Als Gestaltungsrecht in Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts bewirkt die wirksame Ausübung des Widerspruchs, dass die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge, der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, nicht eintritt, sondern stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiterbesteht.

Der Widerspruch wirkt nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück ( - 8 AZR 305/05 - Rn. 40 f., BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56; - 8 AZR 166/07 - Rn. 41 f. mwN). Damit geht die Kündigung des Insolvenzverwalters vom ins Leere, sie kann Rechtswirkungen weder zwischen dem Kläger und der Betriebserwerberin noch zwischen den Parteien entfalten. Den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) lässt sich nicht entnehmen, dass der Insolvenzverwalter nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im fremden Namen der Beklagten die Kündigungserklärung abgegeben hätte.

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2213 Nr. 41
ZIP 2009 S. 2307 Nr. 48
OAAAD-29247

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein