Suchen Barrierefrei

Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
RL 2004/25/EG Artikel 18

Artikel 18 Ausschussverfahren

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 44 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission ,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Gewisse Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind, im Interesse der Gesellschafter und Dritter vorgeschrieben sind, bedürfen gemäß Artikel 44 Absatz 2 Buchstabe g) des Vertrags der Koordinierung, um sie gemeinschaftsweit gleichwertig zu gestalten.

(2) Wenn Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, Gegenstand eines Übernahmeangebots oder eines Kontrollwechsels sind und zumindest ein Teil der Wertpapiere dieser Gesellschaften zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind, ist es notwendig, die Interessen der Inhaber dieser Wertpapiere zu schützen.

(3) Es ist erforderlich, gemeinschaftsweit Klarheit und Transparenz in Bezug auf die Rechtsfragen zu schaffen, die bei Übernahmeangeboten zu regeln sind, und zu vermeiden, dass die Formen der Umstrukturierung von Unternehmen in der Gemeinschaft durch willkürliche Unterschiede in der Führungs- und Managementkultur verzerrt werden.

(4) Angesichts der Zwecke des öffentlichen Interesses, die die Zentralbanken der Mitgliedstaaten erfüllen, erscheint es nicht vorstellbar, dass sie Ziel von Übernahmeangeboten sein können. Da die Wertpapiere einiger dieser Zentralbanken aus historischen Gründen an geregelten Märkten der Mitgliedstaaten notiert werden, ist es erforderlich, diese ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszuschließen.

(5) Jeder Mitgliedstaat sollte eine oder mehrere Stellen bestimmen, die die in dieser Richtlinie geregelten Aspekte von Übernahmeangeboten überwachen und sicherstellen, dass die Parteien des Angebots den gemäß dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften nachkommen. Alle diese Stellen sollten zusammenarbeiten.

(6) Um effektiv zu sein, sollte die Übernahmeregelung flexibel sein und neu auftretende Umstände erfassen können und damit Ausnahmen und abweichende Regelungen erlauben. Bei der Anwendung von Regeln oder Ausnahmen bzw. beim Erlass von abweichenden Regelungen sollten die Aufsichtsstellen jedoch bestimmte allgemeine Grundsätze beachten.

(7) Stellen der freiwilligen Selbstkontrolle sollten die Aufsicht führen können.

(8) Im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts und insbesondere dem Anspruch auf rechtliches Gehör sollten die Entscheidungen einer Aufsichtsstelle gegebenenfalls von einem unabhängigen Gericht überprüft werden können. Die Entscheidung darüber, ob Rechte vorzusehen sind, die in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren gegen eine Aufsichtsstelle oder zwischen Parteien des Angebots geltend gemacht werden können, sollte jedoch den Mitgliedstaaten überlassen werden.

(9) Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Schritte unternehmen, um Wertpapierinhaber, insbesondere Wertpapierinhaber mit Minderheitsbeteiligungen, nach einem Kontrollwechsel in ihren Gesellschaften zu schützen. Diesen Schutz sollten die Mitgliedstaaten dadurch gewährleisten, dass die Person, die die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt hat, verpflichtet wird, allen Wertpapierinhabern dieser Gesellschaft zu einem angemessenen Preis, der einheitlich definiert ist, ein Angebot zur Übernahme aller ihrer Wertpapiere zu machen. Die Mitgliedstaaten müssen weitere Vorkehrungen zum Schutz der Interessen der Wertpapierinhaber vorsehen können, wie etwa die Verpflichtung, ein Teilangebot zu unterbreiten, wenn der Bieter nicht die Kontrolle über die Gesellschaft erwirbt, oder die Verpflichtung, zugleich mit dem Erwerb der Kontrolle über die Gesellschaft ein Angebot zu unterbreiten.

(10) Die Verpflichtung, allen Wertpapierinhabern ein Angebot zu unterbreiten, sollte nicht für diejenigen Kontrollbeteiligungen gelten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie bereits bestehen.

(11) Die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots sollte nicht für den Erwerb von Wertpapieren gelten, die kein Stimmrecht in der ordentlichen Hauptversammlung verleihen. Die Mitgliedstaaten sollten allerdings vorsehen können, dass die Verpflichtung, allen Wertpapierinhabern ein Angebot zu machen, nicht nur für Wertpapiere gilt, die Stimmrechte verleihen, sondern auch für Wertpapiere, die nur unter bestimmten Umständen Stimmrechte verleihen oder überhaupt nicht mit Stimmrechten ausgestattet sind.

(12) Um die Möglichkeiten für Insidergeschäfte zu verringern, sollte der Bieter verpflichtet werden, seinen Beschluss, ein Angebot zu unterbreiten, so früh wie möglich bekannt zu geben und die Aufsichtsstelle von dem Angebot zu unterrichten.

(13) Die Wertpapierinhaber sollten durch eine Angebotsunterlage angemessen über die Angebotskonditionen unterrichtet werden. Auch sollten die Arbeitnehmervertreter der Gesellschaft oder – in Ermangelung solcher Vertreter – die Arbeitnehmer selbst ebenfalls in angemessener Weise unterrichtet werden.

(14) Die Frist für die Annahme des Übernahmeangebots sollte geregelt werden.

(15) Zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollten die Aufsichtsstellen die Parteien des Angebots jederzeit zur Erteilung von Auskünften, die diese selbst betreffen, auffordern können und mit anderen Aufsichtsstellen, die die Kapitalmärkte beaufsichtigen, effizient zusammenarbeiten und ihnen unverzüglich Auskünfte erteilen.

(16) Um Handlungen vorzubeugen, durch die das Angebot vereitelt werden könnte, sollten die Befugnisse des Leitungs- bzw. des Verwaltungsorgans einer Zielgesellschaft zur Vornahme außergewöhnlicher Handlungen beschränkt werden, ohne dabei die Zielgesellschaft in ihrer normalen Geschäftstätigkeit unangemessen zu behindern.

(17) Das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan einer Zielgesellschaft sollte verpflichtet sein, zu dem Angebot eine schriftliche, mit Gründen versehene Stellungnahme zu veröffentlichen, in der unter anderem auf die Auswirkungen auf sämtliche Interessen der Gesellschaft, insbesondere auf die Beschäftigung, eingegangen wird.

(18) Um die geltenden Vorschriften über den freien Handel mit Wertpapieren der von dieser Richtlinie erfassten Gesellschaften und die freie Stimmrechtsausübung in ihrer Wirkung zu stärken, müssen die Abwehrstrukturen und -mechanismen dieser Gesellschaften offen gelegt und regelmäßig der Hauptversammlung in einem Bericht mitgeteilt werden.

(19) Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit jeder Bieter die Möglichkeit hat, Mehrheitsbeteiligungen an anderen Gesellschaften zu erwerben und die vollständige Kontrolle über diese auszuüben. Zu diesem Zweck sollten Beschränkungen der Übertragbarkeit von Wertpapieren, Stimmrechtsbeschränkungen, besondere Ernennungs- und Mehrfachstimmrechte während der Angebotsfrist, oder wenn die Hauptversammlung der Aktionäre eine Abwehrmaßnahme oder eine Änderung der Satzung oder die Abberufung oder Ernennung von Mitgliedern des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans in der ersten Hauptversammlung der Aktionäre nach Angebotsschluss beschließt, aufgehoben oder ausgesetzt werden. Für Verluste, die Wertpapierinhabern als Folge der Entziehung von Rechten entstehen, sollte eine angemessene Entschädigung gemäß den von den Mitgliedstaaten festgelegten technischen Modalitäten vorgesehen werden.

(20) Alle von den Mitgliedstaaten an Gesellschaften gehaltenen Sonderrechte sollten im Rahmen des freien Kapitalverkehrs und der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags betrachtet werden. Von den Mitgliedstaaten an Gesellschaften gehaltene Sonderrechte, die im einzelstaatlichen Privatrecht oder öffentlichen Recht vorgesehen sind, sollten von der Durchgriffsklausel ausgenommen werden, wenn sie mit dem Vertrag vereinbar sind.

(21) Angesichts der unterschiedlichen Mechanismen und Strukturen des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten sollten diese den Gesellschaften mit Sitz in ihrem Staatsgebiet nicht vorschreiben müssen, diejenigen Bestimmungen dieser Richtlinie, die die Befugnisse des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans einer Zielgesellschaft während der Angebotsfrist beschränken und diejenigen, die die in der Satzung oder in besonderen Vereinbarungen vorgesehenen Schranken unanwendbar machen, anzuwenden. In diesem Fall sollten die Mitgliedstaaten den Gesellschaften mit Sitz in ihrem Staatsgebiet zumindest die widerrufliche Wahlmöglichkeit einräumen, diese Bestimmungen anzuwenden. Unbeschadet internationaler Übereinkünfte, bei denen die Europäische Gemeinschaft Vertragspartei ist, sollten die Mitgliedstaaten den Gesellschaften, die diese Bestimmungen entsprechend den freiwilligen Regelungen anwenden, nicht vorschreiben müssen, diese auch anzuwenden, wenn sie Ziel eines Angebots von Gesellschaften werden, die ihrerseits die gleichen Bestimmungen als Folge des Einsatzes dieser freiwilligen Regelungen nicht anwenden.

(22) Die Mitgliedstaaten sollten regeln, wann ein Angebot hinfällig wird, unter welchen Voraussetzungen der Bieter sein Angebot ändern kann, wie mit konkurrierenden Angeboten zu verfahren ist und wie das Ergebnis des Angebots bekannt zu machen ist, und die Unwiderruflichkeit des Angebots sowie die zulässigen Bedingungen festschreiben.

(23) Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter der Bieter- sowie der Zielgesellschaft sollten durch einschlägige einzelstaatliche Bestimmungen geregelt werden, insbesondere durch die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen , der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen der Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer und der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft – Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zur Vertretung der Arbeitnehmer . Die Arbeitnehmer der betroffenen Gesellschaften oder ihre Vertreter sollten überdies die Möglichkeit erhalten, sich zu den voraussichtlichen Auswirkungen des Angebots auf die Beschäftigung zu äußern. Unbeschadet der Vorschriften der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) können die Mitgliedstaaten jederzeit nationale Bestimmungen über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter des Bieters vor Abgabe eines Übernahmeangebots anwenden oder einführen.

(24) Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um einem Bieter, der im Zuge eines Übernahmeangebots einen bestimmten Prozentsatz des stimmberechtigten Kapitals einer Gesellschaft erworben hat, die Möglichkeit zu geben, die Inhaber der übrigen Wertpapiere zum Verkauf ihrer Wertpapiere zu verpflichten. Dementsprechend sollten die Inhaber der übrigen Wertpapiere die Möglichkeit haben, den Bieter, der im Zuge eines Übernahmeangebots einen bestimmten Prozentsatz des stimmberechtigten Kapitals einer Gesellschaft erworben hat, zum Erwerb ihrer Wertpapiere zu verpflichten. Diese Ausschluss- und Andienungsverfahren sollten nur unter bestimmten Bedingungen im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten gelten. Die Mitgliedstaaten können unter anderen Umständen auf Ausschluss- und Andienungsverfahren weiterhin ihre nationalen Vorschriften anwenden.

(25) Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahmen, nämlich die Festlegung von Mindestvorgaben für die Abwicklung von Übernahmeangeboten und die Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes für Wertpapierinhaber in der gesamten Gemeinschaft wegen der Notwendigkeit der Transparenz und Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Übernahmen oder bei dem grenzüberschreitenden Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und sich daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreichen lassen, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(26) Eine Richtlinie ist hier das geeignete Instrument, um eine Rahmenregelung zu schaffen, die bestimmte allgemeine Grundsätze und eine begrenzte Zahl allgemeiner Vorschriften enthält, die von den Mitgliedstaaten in Form detaillierterer Bestimmungen im Einklang mit ihrer jeweiligen Rechtsordnung und ihrem kulturellen Umfeld umzusetzen sind.

(27) Die Mitgliedstaaten sollten jedoch Sanktionen vorsehen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind.

(28) Um neuen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen, kann es von Zeit zu Zeit erforderlich sein, technische Anleitung zu geben und Durchführungsmaßnahmen für die in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu erlassen. Für einige Bestimmungen sollte die Kommission entsprechend ermächtigt werden, nach Konsultation des durch den Beschluss 2001/528/EG der Kommission eingesetzten Europäischen Wertpapierausschusses Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, soweit diese Maßnahmen nicht die wesentlichen Elemente dieser Richtlinie verändern und die Kommission gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätzen handelt. Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse unter gebührender Berücksichtigung der Erklärung der Kommission vom 5. Februar 2002 vor dem Europäischen Parlament zur Durchführung der Rechtsvorschriften über Finanzdienstleistungen erlassen werden. Für die übrigen Bestimmungen sollte ein Kontaktausschuss mit der Aufgabe betraut werden, die Mitgliedstaaten und die Aufsichtsstellen bei der Anwendung dieser Richtlinie zu unterstützen und die Kommission, falls erforderlich, bei Ergänzungen oder Änderungen dieser Richtlinie zu beraten. Dabei kann der Kontaktausschuss die Informationen heranziehen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage dieser Richtlinie zu den Übernahmeangeboten zur Verfügung stellen, die in ihren geregelten Märkten stattgefunden haben.

(29) Die Kommission sollte den Prozess hin zu einer fairen und ausgewogenen Harmonisierung der Bestimmungen für Übernahmeangebote in der Europäischen Union erleichtern. Zu diesem Zweck sollte der Kommission die Möglichkeit eingeräumt werden, zu gegebener Zeit Vorschläge für eine Überarbeitung der vorliegenden Richtlinie vorzulegen –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: