gestützt auf den Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf
Artikel 308,
auf der Grundlage des
geänderten Vorschlags der Kommission
,
nach Stellungnahme des
Europäischen Parlaments
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) Zur Erreichung der
Ziele des Vertrags wird mit der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates
das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) festgelegt.
(2) Mit jener Verordnung
soll ein einheitlicher rechtlicher Rahmen geschaffen werden, innerhalb dessen
Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten in der Lage sein sollten, die
Neuorganisation ihres Geschäftsbetriebs gemeinschaftsweit zu planen und
durchzuführen.
(3) Um die Ziele der
Gemeinschaft im sozialen Bereich zu fördern, müssen besondere
Bestimmungen – insbesondere auf dem Gebiet der Beteiligung der
Arbeitnehmer – festgelegt werden, mit denen gewährleistet
werden soll, dass die Gründung einer SE nicht zur Beseitigung oder zur
Einschränkung der Gepflogenheiten der Arbeitnehmerbeteiligung führt,
die in den an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaften herrschen.
Dieses Ziel sollte durch die Einführung von Regeln in diesen Bereich
verfolgt werden, mit denen die Bestimmungen der Verordnung ergänzt
werden.
(4) Da die Ziele der
vorgeschlagenen Maßnahme – wie oben
ausgeführt – nicht hinreichend von den Mitgliedstaaten erreicht
werden können, weil es darum geht, eine Reihe von für die SE
geltenden Regeln für die Beteiligung der Arbeitnehmer zu erlassen, und da
die Ziele daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen
Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann
die Gemeinschaft im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach
Artikel 5 des Vertrags Maßnahmen ergreifen. Im Einklang mit dem
Verhältnismäßigkeitsprinzip nach jenem Artikel geht diese
Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele
erforderliche Maß hinaus.
(5) Angesichts der in den
Mitgliedstaaten bestehenden Vielfalt an Regelungen und Gepflogenheiten für
die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter an der Beschlussfassung in
Gesellschaften ist es nicht ratsam, ein auf die SE anwendbares einheitliches
europäisches Modell der Arbeitnehmerbeteiligung vorzusehen.
(6) In allen Fällen
der Gründung einer SE sollten jedoch Unterrichtungs- und
Anhörungsverfahren auf grenzüberschreitender Ebene gewährleistet
sein.
(7) Sofern und soweit es
in einer oder in mehreren der an der Gründung einer SE beteiligten
Gesellschaften Mitbestimmungsrechte gibt, sollten sie durch Übertragung an
die SE nach deren Gründung erhalten bleiben, es sei denn, dass die
Parteien etwas anderes beschließen.
(8) Die konkreten
Verfahren der grenzüberschreitenden Unterrichtung und Anhörung der
Arbeitnehmer sowie gegebenenfalls der Mitbestimmung, die für die einzelnen
SE gelten, sollten vorrangig durch eine Vereinbarung zwischen den betroffenen
Parteien oder – in Ermangelung einer derartigen
Vereinbarung – durch die Anwendung einer Reihe von subsidiären
Regeln festgelegt werden.
(9) Angesicht der
unterschiedlichen Gegebenheiten bei den nationalen Systemen der Mitbestimmung
sollte den Mitgliedstaaten die Anwendung der Auffangregelungen für die
Mitbestimmung im Falle einer Fusion freigestellt werden. In diesem Fall ist die
Beibehaltung der bestehenden Mitbestimmungssysteme und -praktiken, die
gegebenenfalls auf der Ebene der teilnehmenden Gesellschaften bestehen, durch
eine Anpassung der Vorschriften für die Registrierung zu
gewährleisten.
(10) Die Abstimmungsregeln
in dem besonderen Gremium, das die Arbeitnehmer zu Verhandlungszwecken
vertritt, sollten – insbesondere wenn Vereinbarungen getroffen
werden, die ein geringeres Maß an Mitbestimmung vorsehen, als es in einer
oder mehreren der sich beteiligenden Gesellschaften gegeben ist – in
einem angemessenen Verhältnis zur Gefahr der Beseitigung oder der
Einschränkung der bestehenden Mitbestimmungssysteme und -praktiken stehen.
Wenn eine SE im Wege der Umwandlung oder Verschmelzung gegründet wird, ist
diese Gefahr größer, als wenn die Gründung im Wege der
Errichtung einer Holdinggesellschaft oder einer gemeinsamen Tochtergesellschaft
erfolgt.
(11) Führen die
Verhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeitnehmer und dem jeweils
zuständigen Organ der beteiligten Gesellschaften nicht zu einer
Vereinbarung, so sollten für die SE von ihrer Gründung an bestimmte
Standardanforderungen gelten. Diese Standardanforderungen sollten eine
effiziente Praxis der grenzüberschreitenden Unterrichtung und
Anhörung der Arbeitnehmer sowie deren Mitbestimmung in dem
einschlägigen Organ der SE gewährleisten, sofern und soweit es eine
derartige Mitbestimmung vor der Errichtung der SE in einer der beteiligten
Gesellschaften gegeben hat.
(12) Es sollte vorgesehen
werden, dass die Vertreter der Arbeitnehmer, die im Rahmen der Richtlinie
handeln, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben einen ähnlichen Schutz und
ähnliche Garantien genießen, wie sie die Vertreter der Arbeitnehmer
nach den Rechtsvorschriften und/oder den Gepflogenheiten des Landes ihrer
Beschäftigung haben. Sie sollten keiner Diskriminierung infolge der
rechtmäßigen Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegen und
einen angemessenen Schutz vor Kündigung und anderen Sanktionen
genießen.
(13) Die Vertraulichkeit
sensibler Informationen sollte auch nach Ablauf der Amtszeit der
Arbeitnehmervertreter gewährleistet sein; dem zuständigen Organ der
SE sollte es gestattet werden, Informationen zurückzuhalten, die im Falle
einer Bekanntgabe an die Öffentlichkeit den Betrieb der SE ernsthaft
stören würden.
(14) Unterliegen eine SE
sowie ihre Tochtergesellschaften und Niederlassungen der
Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die
Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines
Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in
gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen
, so sollten die Bestimmungen
jener Richtlinie und die Bestimmungen zu ihrer Umsetzung in einzelstaatliches
Recht weder auf die SE noch auf ihre Tochtergesellschaften und Niederlassungen
anwendbar sein, es sei denn, das besondere Verhandlungsgremium
beschließt, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits eröffnete
Verhandlungen zu beenden.
(15) Die Regeln dieser
Richtlinie sollten andere bestehende Beteiligungsrechte nicht berühren und
haben nicht notwendigerweise Auswirkungen auf andere bestehende
Vertretungsstrukturen aufgrund gemeinschaftlicher oder einzelstaatlicher
Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten.
(16) Die Mitgliedstaaten
sollten geeignete Maßnahmen für den Fall vorsehen, dass die in
dieser Richtlinie festgelegten Pflichten nicht eingehalten werden.
(17) Der Vertrag
enthält Befugnisse für die Annahme dieser Richtlinie nur in
Artikel 308.
(18) Die Sicherung
erworbener Rechte der Arbeitnehmer über ihre Beteiligung an
Unternehmensentscheidungen ist fundamentaler Grundsatz und erklärtes Ziel
dieser Richtlinie. Die vor der Gründung von SE bestehenden Rechte der
Arbeitnehmer sollten deshalb Ausgangspunkt auch für die Gestaltung ihrer
Beteiligungsrechte in der SE (Vorher-Nachher-Prinzip) sein. Dieser Ansatz
sollte folgerichtig nicht nur für die Neugründung einer SE, sondern
auch für strukturelle Veränderungen einer bereits gegründeten SE
und für die von den strukturellen Änderungsprozessen betroffenen
Gesellschaften gelten.
(19) Die Mitgliedstaaten
sollten vorsehen können, dass Vertreter von Gewerkschaften Mitglied eines
besonderen Verhandlungsgremiums sein können, unabhängig davon, ob sie
Arbeitnehmer einer an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaft sind
oder nicht. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten dieses Recht
insbesondere in den Fällen vorsehen können, in denen
Gewerkschaftsvertreter nach ihrem einzelstaatlichen Recht stimmberechtigte
Mitglieder des Aufsichts- oder des Leitungsorgans sein dürfen.
(20) In mehreren
Mitgliedstaaten werden die Beteiligung der Arbeitnehmer sowie andere Bereiche
der Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beziehungen sowohl durch einzelstaatliche
Rechtsvorschriften als auch durch Gepflogenheiten geregelt, wobei die
Gepflogenheiten im vorliegenden Zusammenhang in der Weise zu verstehen sind,
dass sie auch Tarifverträge auf verschiedenen Ebenen
– national, sektoral oder
unternehmensbezogen – umfassen –