Kapitel II: Vorschriften für Unternehmen
mit Sitz in der Gemeinschaft
Abschnitt A: Bedingungen für die Aufnahme der
Versicherungstätigkeit
Artikel 9
DER RAT DER EUROPÄISCHEN
GEMEINSCHAFTEN –
gestützt auf den Vertrag
zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere
auf Artikel 57 Absatz 2,
gestützt auf das
Allgemeine Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der
Niederlassungsfreiheit
,
insbesondere auf Abschnitt IV Buchstabe C,
auf Vorschlag der
Kommission,
nach Stellungnahme des
Europäischen Parlaments
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
Nach dem vorgenannten
Allgemeinen Programm ist für Direktversicherungsunternehmen die Aufhebung
der Beschränkungen für die Gründung von Agenturen und
Zweigniederlassungen von der Koordinierung der Bedingungen für die
Aufnahme und Ausübung der betreffenden Tätigkeit abhängig, diese
Koordinierung ist zunächst bei den Direktversicherungsunternehmen, mit
Ausnahme der Lebensversicherung, vorzunehmen.
Um die Aufnahme und
Ausübung dieser Versicherungstätigkeit zu erleichtern, ist es
notwendig, gewisse Unterschiede zwischen den Aufsichtsrechten der
Mitgliedstaaten zu beseitigen, wobei ein angemessener Schutz der Versicherten
und der Dritten in allen Mitgliedstaaten gewahrt bleiben muß; zu diesem
Zweck sind insbesondere die Vorschriften über die von den
Versicherungsunternehmen geforderten finanziellen Garantien zu
koordinieren.
Eine Einteilung der Risiken
nach Versicherungszweigen ist insbesondere erforderlich, um die
Tätigkeiten, die Gegenstand der vorgeschriebenen Zulassung sind, um die
Höhe des Mindestgarantiefonds, die sich nach dem jeweils betriebenen
Versicherungszweig richtet, zu bestimmen.
Es empfiehlt sich, einige
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die auf Grund ihrer rechtlichen
Verfassung besondere Sicherheitsvoraussetzungen erfüllen und besondere
finanzielle Garantien bieten, vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen;
ebenso ist es angezeigt, bestimmte Anstalten einiger Mitgliedstaaten
auszuschließen, deren Geschäftstätigkeit sich nur auf einen
sehr engen Bereich erstreckt und auch durch Gesetz oder Satzung auf ein
bestimmtes Gebiet oder einen bestimmten Personenkreis beschränkt
wird.
Die Frage, ob es zulässig
ist, daß Krankenversicherung, Kredit- und Kautionsversicherung sowie
Rechtsschutzversicherung nebeneinander oder gleichzeitig mit anderen
Versicherungszweigen betrieben werden, ist in den Rechtsvorschriften der
einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt; bei Fortbestehen dieser
Unterschiede nach der Aufhebung der Beschränkungen der
Niederlassungsfreiheit in den Versicherungszweigen außer der
Lebensversicherung würden Behinderungen der Niederlassungsfreiheit
bestehen bleiben; eine Lösung dieses Problems muß im Rahmen einer
späteren Koordinierung, die in verhältnismäßig naher
Zukunft vorzunehmen ist, vorgesehen werden.
In jedem Mitgliedstaat
müssen sämtliche unter diese Richtlinie fallenden Versicherungszweige
der Aufsicht unterworfen werden; diese Aufsicht ist nur durchführbar, wenn
die Versicherungstätigkeit von einer behördlichen Zulassung
abhängig gemacht wird; die Voraussetzungen für Erteilung und Widerruf
dieser Zulassung bedürfen daher einer näheren Regelung; ferner ist
die Schaffung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen ablehnende Entscheidungen
oder Widerrufsentscheidungen unumgänglich.
Die sogenannten
Transportversicherungszweige unter Buchstabe A Nummern 4, 5, 6, 7 und 12
des Anhangs sowie die Kreditversicherungszweige unter Buchstabe A
Nummern 14 und 15 des Anhangs bedürfen angesichts der ständigen
Veränderungen im Waren- und Kreditverkehr einer elastischeren
Regelung.
Nach einer gemeinsamen Methode
zur Berechnung der technischen Reserven wird zur Zeit auf gemeinschaftlicher
Ebene gesucht; deshalb erscheint es zweckmäßig, die Koordinierung
dieser Fragen sowie der mit der Bestimmung der Anlagearten und der Bewertung
der Aktiva zusammenhängenden Fragen späteren Richtlinien zu
überlassen.
Die Versicherungsunternehmen
müssen neben technischen Reserven, die zur Erfüllung der
vertraglichen Verpflichtungen ausreichen, auch über eine zusätzliche
Reserve, d. h. eine durch freies Vermögen gedeckte sogenannte
Solvabilitätsspanne verfügen, um für alle Wechselfälle des
Geschäftsbetriebes gerüstet zu sein; um sicherzustellen, daß
sich die diesbezüglichen Vorschriften auf objektive Kriterien
stützen, die für gleich große Versicherungsunternehmen gleiche
Wettbewerbsbedingungen gewährleisten, ist vorzusehen, daß diese
Spanne im Verhältnis zu dem gesamten Geschäftsumfang des Unternehmens
steht und nach zwei Sicherheitsindizes bestimmt wird, nämlich nach dem
Beitragsaufkommen und der Schadensbelastung.
Es muß ferner ein
Mindestgarantiefonds vorgeschrieben werden, dessen Höhe sich nach dem
Risiko in den einzelnen betriebenen Zweigen richtet, und zwar sowohl um
sicherzustellen, daß die Unternehmen bereits bei ihrer Gründung
über ausreichende Mittel verfügen, als auch um zu verhindern,
daß die Solvabilitätsspanne im Laufe der
Geschäftstätigkeit jemals unter eine Mindestsicherheitsgrenze
absinkt.
Es sind Maßnahmen
für den Fall vorzusehen, daß sich die finanzielle Lage des
Unternehmens so entwickeln sollte, daß es ihm schwerfallen könnte,
seine Verpflichtungen zu erfüllen.
Die koordinierten Vorschriften
für die Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung innerhalb
der Gemeinschaft müssen grundsätzlich für sämtliche auf dem
Markt tätigen Unternehmen gelten, also auch für Agenturen und
Zweigniederlassungen von Unternehmen mit Sitz außerhalb der Gemeinschaft;
hinsichtlich der Aufsicht sind für diese Agenturen und
Zweigniederlassungen jedoch Sondervorschriften vorzusehen, weil sich das
Vermögen der Muttergesellschaften außerhalb der Gemeinschaft
befindet.
Gleichwohl empfiehlt es sich,
eine Lockerung dieser Sondervorschriften zu ermöglichen, wobei jedoch der
Grundsatz gewahrt bleiben muß, daß Agenturen und
Zweigniederlassungen solcher Versicherungsunternehmen keine günstigere
Behandlung gewährt werden darf als den in der Gemeinschaft ansässigen
Unternehmen.
Gewisse
Übergangsmaßnahmen sind erforderlich, um insbesondere den
bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen die Anpassung an die Vorschriften
zu ermöglichen, die von den Mitgliedstaaten auf Grund dieser Richtlinie
erlassen werden, wobei Artikel 53 des Vertrages zu beachten ist.
Es ist erforderlich, eine
einheitliche Anwendung der koordinierten Bestimmungen sicherzustellen und zu
diesem Zweck eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den
Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet vorzusehen –
HAT FOLGENDE RICHTLINIE
ERLASSEN:
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