Unternehmereigenschaft einer von Krankenkassen gebildeten Genossenschaft; entgeltliche Leistungen an Mitglieder; gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung nicht bei Wettbewerbsverzerrung; Anwendungsbereich von § 4 Nr. 15 UStG 1999
Leitsatz
Schließen sich Krankenkassen zu einer Genossenschaft zusammen, die an ihre Mitglieder entgeltliche Leistungen erbringt, sind diese Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG nur steuerfrei, wenn es hierdurch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.
Gesetze: UStG 1999 § 4 Nr. 15UStG 1999 § 2 Abs. 1Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. fSGB X § 80
Instanzenzug: (EFG 2007, 1379) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Bei der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) handelt es sich nach § 1 ihrer Satzung um eine Genossenschaft und Arbeitsgemeinschaft i.S. von § 219 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung bezweckt die Klägerin die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Betreuung ihrer Mitglieder mit Datenverarbeitungs- und Organisationsdienstleistungen im Umfeld der von den Mitgliedern eingesetzten Datenverarbeitungssysteme sowie die Beratung der Mitglieder in betriebswirtschaftlichen Fragen. Mitglieder der Klägerin waren im Streitjahr entsprechend § 3 Abs. 1 der Satzung Betriebskrankenkassen und andere Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerin erbrachte gegenüber ihren Mitgliedern Leistungen zur EDV-technischen Abwicklung von Krankenkassentätigkeiten. Dabei erfolgten die Eingaben zunächst vor Ort bei den einzelnen Mitgliedern (Krankenkassen), während die Klägerin die eingegebenen Daten eigenverantwortlich bearbeitete. Im Einzelnen ging es um folgende Bereiche:
- Produktion: Abrechnung der Arztrechnungen und Krankenhausrechnungen, Führen von Beitragskonten und Arbeitgeberkonten, Stammdatenverwaltung der Kassenmitglieder, Erstellung von EDV-Auswertungen;
- Beleglesung: Einscannen der Belege (AU-, DÜF- und BN-Meldungen) der Krankenkassen;
- Kontenklärungen: Zusammenführung der Beitragsnachweise der Arbeitgeber und der Zahlungseingänge, Abstimmung der Beitragsnachweise;
- Verwaltungsvollstreckung: Eintreiben ausstehender Kassenbeiträge, Abwicklung des Mahnwesens und Beitreibung nach der ersten Mahnung sowie
- Fachberatung: Bearbeitung von Anfragen der Krankenkassen in rechtlicher oder technischer Hinsicht, Mitgliederschulungen.
Die Tätigkeit wurde der Klägerin von den Mitgliedern vergütet.
Einen Antrag der Klägerin auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Steuerfreiheit der von ihr gegen Entgelt erbrachten Leistungen lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) mit Schreiben vom ab.
Gegen die am beim FA eingegangene Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr 2000, aus der sich eine Zahllast ergab, legte die Klägerin mit Schreiben vom Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zwar seien die Leistungen der Klägerin nicht nach § 4 Nr. 15 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfrei. Die Klägerin gehöre nicht zu den nach dieser Vorschrift begünstigten Einrichtungen, da diese Vorschrift nur für die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und damit für die Umsätze der Krankenkassen gelte. Auch wenn die Organisationsform der Klägerin gesetzlich (§ 219 SGB V) vorgesehen sei, sei die Klägerin als solche nicht gesetzlicher Träger der Sozialversicherung. Die Klägerin könne sich aber unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Nach der ersten Alternative dieser Bestimmung seien Dienstleistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen steuerfrei, wenn die in ihnen zusammengeschlossenen Personen Tätigkeiten ausübten, die von der Steuer befreit seien. Diese Voraussetzungen seien bis auf das Tatbestandsmerkmal „Wettbewerbsverzerrung” unstreitig gegeben. Bei der Klägerin handele es sich um einen selbständigen Zusammenschluss. Die in der Klägerin zusammengeschlossenen Krankenkassen übten steuerbefreite Tätigkeiten aus. Die Klägerin erbringe ihre Leistungen ausschließlich an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke dieser Tätigkeiten. Weiter erhalte die Klägerin von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten. Entgegen der Auffassung des FA führe die Befreiung auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-8/01 Taksatorringen (Slg. 2003, I-13711, BFH/NV Beilage 2004, 122) sei die Gewährung der Befreiung nur abzulehnen, wenn eine reale Gefahr bestehe, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Der EuGH habe ausgeführt, dass das Vorliegen einer realen Gefahr auch vor dem Hintergrund der gebotenen engen Auslegung der Befreiungsvorschrift erforderlich sei, weil es nicht Ziel der Auslegung sei, die Befreiungsvorschrift praktisch unanwendbar zu machen. Danach sei eine reale Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nicht feststellbar. Das FA habe eingeräumt, dass keine privaten Unternehmer bekannt seien, die im von der Klägerin abgedeckten Marktsegment vergleichbare Leistungen anbieten würden oder könnten. Die Klägerin erbringe ihre Leistungen ausschließlich an ihre Mitglieder. Mit den fehlenden Wettbewerbern auf der Anbieterseite korrespondiere im Streitfall die fehlende Nachfrage seitens der Krankenkassen nach externen privaten Unternehmern, die diese Leistungen anböten. Die konkrete Tätigkeit der Klägerin betreffe weitgehend die originär und in eigener Verantwortung von den Krankenkassen wahrzunehmenden Aufgaben. Die Tätigkeiten der Klägerin setzten den uneingeschränkten Zugriff auf alle Sozialdaten der Mitglieder voraus. Dieser sei aber durch § 80 Abs. 5 SGB X für nicht-öffentliche Stellen ausgeschlossen. Danach sei die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen nur zulässig, wenn unter anderem der überwiegende Teil der Speicherung des gesamten Datenbestandes beim Auftraggeber verbleibe. Schon aus diesem Grunde scheide eine Vergabe der in Rede stehenden Tätigkeiten an externe Dienstleister aus. Insgesamt lasse sich deshalb weder von der Anbieter- noch von der Nachfrageseite eine unmittelbare oder auch nur zukünftige Wettbewerbssituation feststellen.
Das Urteil des FG ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2007, 1379 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts und der Sachaufklärungspflicht. Die Voraussetzungen von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG lägen nicht vor. Es bestehe die reale Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. Insoweit komme es nur darauf an, dass auch andere Firmen die Dienstleistungen der Klägerin anbieten könnten und somit durch eine Steuerfreistellung der Klägerin benachteiligt wären. Entgegen der Auffassung des FG könnten andere Datenverarbeitungsunternehmen die gleichen Leistungen erbringen. Wie dem FA erst nachträglich bekannt geworden sei, seien Firmen am Markt tätig, die die gleichen Dienstleistungen wie die Klägerin anböten. § 80 SGB X stehe der Datenverarbeitung nicht entgegen. Eine Weitergabe sei nur ausgeschlossen, wenn der Auftrag die Speicherung des gesamten Datenbestandes umfasse. Darüber hinaus habe das FG den Sachverhalt hinsichtlich des Erfordernisses der genauen Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten nur ungenügend aufgeklärt. Die Klägerin habe in den Jahren 2000 bis 2004 Jahresüberschüsse von bis zu ... € sowie in 2006 einen Jahresüberschuss in Höhe von ... € erzielt. Darüber hinaus habe die Klägerin über die von ihr erbrachten Leistungen auch Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt, so dass die Klägerin bereits aus diesem Grund Steuerschuldnerin sei.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen lägen vor. Im Übrigen könne der Steuerausweis problemlos berichtigt werden. Eine Gefährdung des Steueraufkommens bestehe nicht, da die Rechnungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien. Weiter sei die Möglichkeit, die von ihr übernommenen Aufgaben von einem fremden Dritten ausführen zu lassen, theoretischer Natur. Die Jahresüberschüsse 2000 bis 2004 hätten erwirtschaftet werden müssen, um kostenintensive Investitionen tätigen zu können. Auf lange Sicht seien die Überschüsse ausgeglichen. Die Umsatzsteuerbefreiung diene dazu, den Kostendruck in Grenzen zu halten.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Leistungen der Klägerin steuerfrei sind.
1. Die Klägerin ist Unternehmerin nach § 2 Abs. 1 UStG, da sie nachhaltig und selbständig Leistungen gegen Entgelt erbrachte. Als eingetragene Genossenschaft ist sie juristische Person des Privatrechts (vgl. § 17 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften —GenG—) und Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs (§ 17 Abs. 2 GenG). Es handelt sich bei ihr daher nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, für deren Unternehmerstellung § 2 Abs. 3 UStG zu berücksichtigen wäre.
Unerheblich ist insoweit auch, dass es sich bei der Klägerin um eine Arbeitsgemeinschaft i.S. des § 219 SGB V handelt. Nach § 219 Abs. 1 SGB V in seiner im Streitjahr geltenden Fassung konnten die Krankenkassen und ihre Verbände insbesondere zur gegenseitigen Unterrichtung, Abstimmung, Koordinierung und Förderung der engen Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben Arbeitsgemeinschaften bilden. Die Klägerin unterlag dabei nach § 219 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 94 Abs. 2 SGB X der staatlichen Aufsicht und galt nach § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X in seiner im Streitjahr geltenden Fassung als öffentliche Stelle.
Diese Vorschrift hatte folgenden Wortlaut: „Verbände und Arbeitsgemeinschaften der in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände gelten, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen und an ihnen Stellen des Bundes beteiligt sind, unbeschadet ihrer Rechtsform als öffentliche Stellen des Bundes, wenn sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden, anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder. ...”
Stelle i.S. von § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X waren die Leistungsträger nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB I und damit die Krankenkassen i.S. von § 21 Abs. 2 SGB I, zu denen die Mitglieder der Klägerin gehörten.
2. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 15 UStG steuerfrei.
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 15 UStG die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge untereinander. Gesetzliche Träger der Sozialversicherung i.S. von § 4 Nr. 15 UStG sind die nach § 29 Abs. 1 SGB IV rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143, unter II.2.a). Die Klägerin gehört nicht zu den in der Vorschrift bezeichneten Unternehmern. Es handelt sich bei ihr auch nicht um einen Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge oder um eine Verwaltungsbehörde oder sonstige Stelle der Kriegsopferversorgung. Auf andere Unternehmer ist die Vorschrift nicht anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143, unter II.2.a). Dies gilt auch für Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V.
3. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin für ihre Leistungen die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beanspruchen kann. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.
a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG sind von der Steuer befreit „die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist, oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt”. Die Steuerbefreiung soll vermeiden, „dass jemand, der bestimmte Dienstleistungen anbietet, Mehrwertsteuer entrichten muss, wenn er genötigt ist, mit anderen Berufsausübenden im Rahmen einer gemeinsamen Struktur zusammenzuarbeiten, die Tätigkeiten übernimmt, die zur Erbringung dieser Dienstleistungen erforderlich sind” ( Stichting Centraal Begeleidingsorgaan voor de Intercollegiale Toetsing, BFH/NV 2009, 337, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2009, 52, Rdnr. 37).
b) Die Mitglieder der Klägerin sind entgegen der Auffassung des FG keine Personen, die steuerfreie Leistungen erbringen, sondern Nichtunternehmer. Für die Klägerin kommt deshalb zwar nicht die Befreiung nach der ersten Alternative, sondern nur die Befreiung nach der zweiten Alternative des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht, weil es sich um einen selbständigen Zusammenschluss von Personen handelt, die eine Tätigkeit ausüben, für die sie nicht Steuerpflichtige (d.h. Nichtunternehmer) sind.
Bei den Mitgliedern handelt es sich um Betriebskrankenkassen und um andere Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung und damit nach § 4 Abs. 1 und 2 SGB V um Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese Krankenkassen unterliegen § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG und handeln im Anwendungsbereich dieser Regelungen nicht als Unternehmer (, BFH/NV 2007, 2365, unter II.1.c), so dass insoweit nichtunternehmerisch erbrachte Leistungen, nicht aber nach § 4 Nr. 15 UStG steuerfreie Umsätze gesetzlicher Sozialversicherungsträger vorliegen (Weymüller, in Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 15 Rz 15).
c) Die Klägerin erbringt nach den Feststellungen des FG ihre Leistungen ausschließlich an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke dieser Tätigkeiten. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
d) Die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung zur Frage, ob die Steuerfreiheit der von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Das FG geht davon aus, die Steuerfreiheit der von der Klägerin erbrachten Leistungen führe nicht zu Wettbewerbsverzerrungen und hat dies auf § 80 Abs. 5 SGB X gestützt.
aa) § 80 Abs. 5 SGB X hatte im Streitjahr folgenden Wortlaut:
„Die Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen ist nur zulässig, wenn
1. beim Auftraggeber sonst Störungen im Betriebsablauf auftreten können oder
2. die übertragenen Arbeiten beim Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers umfasst. Der überwiegende Teil der Speicherung des gesamten Datenbestandes muss beim Auftraggeber oder beim Auftragnehmer, der eine öffentliche Stelle ist, und die Daten zur weiteren Datenverarbeitung im Auftrag an nicht-öffentliche Auftragnehmer weitergibt, verbleiben.”
Die Klägerin unterlag den nach § 80 Abs. 5 SGB X zu beachtenden Beschränkungen nicht, da es sich bei ihr um eine öffentliche Stelle nach § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X handelte (s. oben II.1.). Nach § 80 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 SGB X ist die Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen aber (nur) zulässig, wenn die übertragenen Arbeiten beim Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers umfasst.
bb) Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass bei einer Auftragsvergabe an nicht-öffentliche Stellen —anders als bei einer Auftragsvergabe an die Klägerin— die Beschränkungen des § 80 Abs. 5 SGB X einzuhalten waren. Dies reicht aber entgegen dem FG-Urteil nicht aus, um eine Wettbewerbssituation zwischen der Klägerin und anderen (möglichen) Leistungsanbietern, bei denen es sich nicht um öffentliche Stellen handelt, zu verneinen.
Das FG stützt seine Rechtsauffassung darauf, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen die originär und in eigener Verantwortung von den Krankenkassen wahrzunehmenden Aufgaben betreffen und diese Tätigkeit der Klägerin einen uneingeschränkten Zugriff auf alle Sozialdaten der Mitgliedskassen voraussetze, der für nicht-öffentliche Stellen nach § 80 Abs. 5 SGB X ausgeschlossen sei. § 80 Abs. 5 SGB X enthält aber kein Verbot einer Auftragsvergabe an nicht-öffentliche Stellen, sondern knüpft die Vergabe eines Auftrages im Zusammenhang mit der Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten, die einen Zugriff auf Sozialdaten voraussetzt, nur an bestimmte Voraussetzungen. So können auch nicht-öffentliche Stellen nach § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X Sozialdaten verarbeiten, wenn die übertragenen Arbeiten beim Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden können und der Auftrag „nicht die Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers umfasst”.
Insoweit ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass die Klägerin Leistungen in den Bereichen Produktion, Beleglesung, Kontenklärung, Verwaltungsvollstreckung und Fachberatung erbrachte. Ob die auftragsgemäße Tätigkeit auch eine Kontenspeicherung beinhaltet und ob die Klägerin auch die Speicherung des gesamten Datenbestandes übernommen hat, was nach § 80 Abs. 5 Satz 1 SGB X nicht Leistungsgegenstand bei einer Auftragserteilung an eine nicht-öffentliche Stelle sein könnte, hat das FG nicht festgestellt. War dies nicht der Fall, konnten die von der Klägerin erbrachten Leistungen unter der Voraussetzung einer kostengünstigeren „Besorgung” und einer nicht überwiegenden Datenspeicherung beim Anbieter vielmehr auch unter Beachtung von § 80 Abs. 5 SGB X von privaten Anbietern bezogen werden. Die nach dem EuGH-Urteil Taksatorringen in Slg. 2003, I-13711, BFH/NV Beilage 2004, 122 Rdnrn. 63 f. (vgl. hierzu auch , BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486) maßgebliche „reale” Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung ist daher nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen.
e) Im zweiten Rechtsgang ist auch zu prüfen, ob die Klägerin trotz der wiederholten Jahresüberschüsse in erheblicher Höhe lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten erhalten hat, und ob die Klägerin über die im Streitjahr erbrachten Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt und diese ggf. berichtigt hat (vgl. hierzu , BFHE 211, 388, BFH/NV 2008, 911, unter II.1., und vom VII R 20/04, BFHE 209, 13, Leitsatz 1).
4. Über den vom FA geltend gemachten Verfahrensfehler war nicht mehr zu entscheiden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1723 Nr. 10
BFH/PR 2009 S. 478 Nr. 12
DB 2009 S. 2026 Nr. 38
DStRE 2009 S. 1324 Nr. 21
DStZ 2009 S. 866 Nr. 23
HFR 2010 S. 157 Nr. 2
KÖSDI 2009 S. 16675 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 37/2009 S. 2868
StB 2009 S. 341 Nr. 10
StBW 2009 S. 5 Nr. 19
StuB-Bilanzreport Nr. 1/2010 S. 36
UR 2009 S. 762 Nr. 21
UStB 2009 S. 285 Nr. 10
XAAAD-27731