Leitsatz
1. Die Krankenkasse kann verpflichtet sein, den Rollstuhl eines Versicherten mit Zubehörteilen zur sicheren Beförderung im Kraftfahrzeug (Kraftknotensystem) auszustatten.
2. Für die Rollstuhlbeschaffenheit zur sicheren Beförderung im Kraftfahrzeug hat die Krankenkasse nicht aufzukommen, wenn dies nur dem Besuch einer Werkstätte für behinderte Menschen dient; in solchen Fällen kann der Träger der Eingliederungshilfe leistungspflichtig sein.
Gesetze: SGB V § 12 Abs 1 S 1; SGB V F: § 33 Abs 1 S 1 ; SGB V F: § 33 Abs 1 S 4 ; SGB IX § 14 Abs 2 S 1; SGB IX § 41 Abs 1 Nr 1; SGB XII § 53 Abs 1 S 1; SGB XII § 54 Abs 1 S 1 Halbs 1
Instanzenzug: SG Gelsenkirchen, S 7 KN 62/05 KR vom LSG Essen, L 2 KN 209/05 KR vom
Gründe
I
Streitig ist, ob der Elektrorollstuhl des Klägers für Fahrten zu einer Werkstätte für behinderte Menschen aus Sicherheitsgründen mit einem sog Kraftknotensystem auszustatten ist.
Der 1982 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet an den Folgen einer schweren spastischen athetoiden Tetraparese. Im Rahmen einer Maßnahme der Eingliederungshilfe des beigeladenen überörtlichen Sozialhilfeträgers ist er seit August 2000 in einer Werkstätte für behinderte Menschen beschäftigt. Er erzielt dort einen Bruttoverdienst von zuletzt 99 Euro monatlich und erhält ergänzend Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 19 ff SGB XII. Krankheitsbedingt kann er seine Gliedmaßen nicht kontrolliert bewegen und - von wenigen Lauten abgesehen - nicht sprechen. Zur Fortbewegung ist er auf einen Elektrorollstuhl angewiesen, mit dem er von der Beklagten versorgt worden ist. Darin sitzt er auch bei den von der Beigeladenen getragenen und in Behindertentransportwagen durchgeführten Fahrten zur Werkstätte für behinderte Menschen, weil der Rollstuhl mit einer besonderen Sitzschale ausgestattet ist und er behinderungsbedingt nicht aus eigener Kraft sitzen kann.
Für Transporte im Rollstuhl sitzender Personen sieht die DIN-Norm 75078-2 seit 1999 den Gebrauch von Drei-Punkt-Gurten sowie besondere Sicherheitsvorkehrungen für die Befestigung des Rollstuhls im Fahrzeug vor (Rollstuhlrückhaltesystem). Ergänzend dazu ist die Ausrüstung der Rollstühle mit einem Kraftknotensystem erforderlich. Dafür sind Verstärkungen (Kraftknoten) am Rollstuhl anzubringen, die über Gurte eine Befestigung am Fahrzeugboden erlauben und zugleich den Beckengurt zum Insassenschutz aufnehmen. Dadurch soll ein der Rollstuhlkonstruktion angepasster optimaler Punkt für die Ableitung der bei einem Unfall auftretenden Kräfte genutzt werden, um der DIN-Norm entsprechend die "Rückhaltekräfte des Personenrückhaltesystems in das Rollstuhlrückhaltesystem" einzuleiten. Hierzu sind Anbauteile erforderlich, die auch nachgerüstet werden können.
Die unter Verweis hierauf bei der Beklagten und dem Beigeladenen gestellten Anträge des Klägers auf eine entsprechende Ausstattung seines Rollstuhls sind erfolglos geblieben. Zunächst entschied die Beklagte, dass die Rollstuhlausstattung mit Kraftknoten in die Eigenverantwortlichkeit des Versicherten bzw des Transportunternehmers falle und deshalb kein Anspruch bestehe (Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ). Anschließend lehnte der Beigeladene eine Kostenübernahme ab, weil die Krankenkasse zuständig sei und zudem vorhandene Sicherungssysteme genügten (Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ); die Klage dagegen wird derzeit vor dem angerufenen Sozialgericht (SG) nicht betrieben (SG Gelsenkirchen, S 8 SO 211/05). Schließlich entschied auf wiederholten Antrag und weitere Prüfung nochmals die Beklagte, dass der Kläger keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Kraftknotensystem habe und es bei der früheren Entscheidung verbleiben müsse (Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ).
Mit seiner Klage hat der Kläger die Nachrüstung seines Rollstuhls mit einem Kraftknotensystem im Wert von 582,84 Euro durch die Beklagte begehrt. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat den überörtlichen Träger der Sozialhilfe zum Rechtsstreit beigeladen und diesen nach Einholung ua einer Stellungnahme der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) unter Änderung seiner Bescheide verurteilt, den Rollstuhl des Klägers mit dem Rollstuhlrückhaltesystem "Kraftknoten" auszustatten; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ): Ein Anspruch gegen die beklagte Krankenkasse bestehe nicht. Das Kraftknotensystem diene nicht dem Behinderungsausgleich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Bei Fahrten zur Werkstätte für behinderte Menschen seien die Auswirkungen der Behinderung nicht allgemein, sondern nur im Berufsleben betroffen. Für diese Fahrten habe die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nicht einzustehen. Jedoch sei der Beigeladene als überörtlicher Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe leistungspflichtig. Das Kraftknotensystem sei ein Hilfsmittel iS von § 31 Abs 1 SGB IX und biete gegenüber anderen Rückhaltesystemen einen erheblichen Sicherheitsvorteil, wie insbesondere die Auskunft der BASt belege. Unter mehreren alternativen Möglichkeiten sei das sicherste System zu gewähren, um unnötige Beförderungsrisiken auszuschließen. Erst mit dem Kraftknotensystem sei eine Beförderung des schwerstbehinderten Klägers ebenso sicher möglich wie bei Gesunden oder Behinderten, die auf einem normalen PKW-Sitz Platz nehmen könnten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beigeladene die Verletzung materiellen Rechts. Das Kraftknotensystem sei als Leistung der Eingliederungshilfe nicht erforderlich. Ein genereller Sicherheitsvorteil bestehe nicht; diese Einschätzung des LSG sei durch das Beweisergebnis nicht gedeckt. Auch individuell werde die Eingliederung des Klägers in das Arbeitsleben durch die Versorgung mit einem Kraftknotensystem nicht verbessert. Seine Beschäftigung sei auch ohne Ausstattung seines Rollstuhls mit Kraftknoten gesichert. Zudem sei die zusätzliche Versorgung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten iS von § 9 Abs 2 SGB XII verbunden. Im Übrigen sei eine Leistungspflicht der GKV sachnäher.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit er unter Änderung des Bescheides vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom verurteilt worden ist, den Rollstuhl des Klägers mit einem Kraftknotensystem auszustatten.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt ebenso wie die Beklagte,
die Revision des Beigeladenen zurückzuweisen.
II
Die Revision des Beigeladenen ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das LSG die Einstandspflicht der beklagten Krankenkasse verneint; dies erneut zu überprüfen ist dem Bundessozialgericht (BSG) nicht verwehrt (dazu 1). Entgegen der Auffassung des LSG ist die Einstandspflicht der Beklagten schon nach dem originären Recht der GKV nicht ausgeschlossen. Vielmehr kann die Krankenkasse ausnahmsweise aus Gründen der Sicherheit im Straßenverkehr zur Versorgung mit einem Kraftknotensystem für solche Versicherte verpflichtet sein, die zur Erfüllung ihrer Schulpflicht gesundheitsbedingt im Rollstuhl sitzend an der Schülerbeförderung teilnehmen müssen oder denen der Besuch bei Ärzten und Therapeuten für eine besondere, im Nahbereich der Wohnung regelmäßig nicht verfügbare medizinische Versorgung nur im Rollstuhl sitzend möglich ist (dazu 2). Liegt keiner dieser Ausnahmefälle vor, kommt - wie das LSG im Grundsatz zutreffend erkannt hat - ergänzend die Leistungspflicht der Sozialhilfe in Betracht (dazu 3). Im vorliegenden Fall ist die beklagte Krankenkasse indes als erstangegangener Leistungsträger nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im (Außen-)Verhältnis zum Kläger zur Erfüllung seines Anspruchs verpflichtet, ohne dass in dem anhängigen Verfahren abschließend entschieden werden muss, welcher Träger im Innenverhältnis für diese Leistung endgültig einzustehen hat (dazu 4). Kostengesichtspunkte sind dabei nicht ausschlaggebend (dazu 5).
1. Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Ausstattung seines Rollstuhls mit einem Kraftknotensystem entweder durch die Beklagte oder den Beigeladenen. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nur der Beigeladene Revision eingelegt hat und der Kläger gegen die Zurückweisung der Berufung im Verhältnis zur Beklagten nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussrevision - vorgegangen ist. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und hier vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch das Revisionsgericht über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat. Andernfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre im höchsten Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur der verurteilte Beigeladene Revision eingelegt hat (vgl BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; 4a RJ 1/85 -, juris).
2. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Rechtsanspruch des Klägers auf Ausstattung seines Rollstuhls mit einem Kraftknotensystem nach dem originären Recht der GKV nicht besteht; diese Entscheidung des LSG wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Rechtsgrundlage eines gegen die beklagte Krankenkasse geltend gemachten Anspruchs ist § 33 Abs 1 SGB V in der seit dem geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom , BGBl I 378). Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um ua eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dieser Anspruch kann als notwendige Änderung eines Hilfsmittels iS von § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V auch die Versorgung mit einem Kraftknotensystem umfassen.
a) "Notwendige Änderung" iS von § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V ist auch die Anpassung eines Hilfsmittels an den bei seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu wahrenden Sicherheitsstandard. Dem Anspruch des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genügt ein Hilfsmittel nur, soweit es hinreichend verkehrssicher ist; ansonsten ist sein Gebrauchsvorteil entwertet. Demgemäß kann ein Versicherter nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V Hilfsmittel beanspruchen, die im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren dem allgemein anerkannten Stand der Sicherheitstechnik entsprechen und bei deren Gebrauch unvertretbare Gesundheitsrisiken nicht drohen. Ergänzend gewährt § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V einen Anspruch auf Nachrüstung, soweit damit den Sicherheitsanforderungen Rechnung getragen werden kann. Insoweit gelten die §§ 2 Abs 1 Satz 3, 12 Abs 1 Satz 1 SGB V entsprechend. Danach haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) und müssen zudem ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; das Maß des Notwendigen dürfen sie nicht überschreiten (§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V).
b) Wie der Senat mit Urteil vom in einer Parallelsache (B 3 KR 6/08 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen) entschieden hat, kann § 33 Abs 1 SGB V einen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Versorgung mit einem zum Zwecke der Beförderung hinreichend sicheren Rollstuhl gewähren, wenn der Versicherte krankheitsbedingt nur im Rollstuhl sitzend transportiert werden kann. Die GKV hat nämlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur für einen zur Fortbewegung im Nahbereich geeigneten Rollstuhl einzustehen (nachfolgend aa), sondern die Rollstuhlbeschaffenheit auch an den Anforderungen bei der Fahrzeugbeförderung auszurichten, wenn der Fahrzeugtransport entweder dem Schulbesuch dient oder zur Krankenbehandlung unerlässlich ist (nachfolgend bb).
aa) Grundsätzlich erfüllt die Krankenkasse den Anspruch aus § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V allerdings schon mit der Zurverfügungstellung eines Rollstuhls, der die Erschließung des Nahbereichs um die Wohnung des Versicherten erlaubt. Auch nach Inkrafttreten des SGB IX (vgl hier § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) hat die GKV nicht sämtliche direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen. Aufgabe der Krankenkassen ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Beim Ausgleich direkter oder indirekter Folgen einer Behinderung ist ein Hilfsmittel daher nur "erforderlich" iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, jeweils RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - RollstuhlLadeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Das bezieht sich im Bereich der Mobilität auf den Bewegungsradius, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29, 31, 32 sowie BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1; stRspr). Dazu ist der Versicherte nach Möglichkeit zu befähigen, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike). Dagegen hat er - von besonderen zusätzlichen qualitativen Momenten abgesehen - grundsätzlich keinen Anspruch darauf, in Kombination von Auto und Rollstuhl den Radius der selbstständigen Fortbewegung (erheblich) zu erweitern (BSGE 91, 60 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 16 - Rollstuhl-Ladeboy; ebenso BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 S 173 - schwenkbarer Autositz und BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15 RdNr 10 - behinderungsgerechter PKW-Umbau). Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall die Stellen der Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich liegen, dafür also längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte eines Rollstuhlfahrers möglicherweise übersteigen. Besonderheiten des Wohnortes sind für die Hilfsmitteleigenschaft in der Regel nicht maßgeblich (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike).
bb) Anspruch auf Hilfe zur Mobilität über den Nahbereich hinaus haben jedoch Versicherte, die nur im Rollstuhl sitzend an der Schülerbeförderung teilnehmen und anders der allgemeinen Schulpflicht nicht genügen können. Die dazu erforderliche Sicherheitsausstattung fällt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in die vorrangige Leistungspflicht eines anderen Trägers. Der Rollstuhl dient in einem solchen Fall nicht nur als Ausgleich für die fehlende Bewegungsfähigkeit des Versicherten, sondern auch für dessen krankheitsbedingte Einschränkungen beim Sitzen (vgl dazu näher Urteil vom in der Parallelsache B 3 KR 6/08 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor; der Kläger ist im Jahre 1982 geboren und war schon zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Beklagten im Jahre 2005 nicht mehr schulpflichtig.
Anspruch auf Hilfe zur Mobilität über den Nahbereich hinaus besteht aber auch dann, wenn die medizinische Versorgung Anforderungen stellt, die regelmäßig im Nahbereich der Wohnung nicht erfüllbar sind. Davon ist indes nach der Rechtsprechung des Senats in aller Regel nicht auszugehen. Denn das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, wird regelmäßig durch die Erschließung des Nahbereichs ausreichend erfüllt; auch insoweit hat die Krankenkasse nicht für individuelle Besonderheiten der Wohnsituation einzustehen (BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, jeweils RdNr 14, 17 - behinderungsgerechter PKW-Umbau). Anders kann es sich dann verhalten, wenn die Krankenbehandlung besondere Anforderungen stellt und dem ausnahmsweise durch einen PKW-Transport Rechnung zu tragen ist (vgl BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, jeweils RdNr 13 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung). Eine solche Ausnahmesituation kann auch dann vorliegen, wenn einem Versicherten der Besuch bei Ärzten und Therapeuten nur im Rollstuhl sitzend möglich ist. Erfordert eine Erkrankung eine besondere, im Nahbereich der Wohnung regelmäßig nicht verfügbare medizinische Versorgung und ist deshalb ein im Rollstuhl sitzender Transport erforderlich, hat die Krankenkasse für eine entsprechende Rollstuhlbeschaffenheit aufzukommen. Der Rollstuhl gleicht dann nicht nur die fehlende Bewegungsfähigkeit aus, sondern ist zudem Ausgleich dafür, dass der Versicherte nicht aus eigener Kraft in einem Fahrzeugsitz sitzen kann und deshalb auf die besondere Haltefunktion des Rollstuhls angewiesen ist. Darin kann ein besonderes Krankheitsrisiko liegen, zu dessen Ausgleich die Versichertengemeinschaft nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beizutragen hat. Denn die notwendige medizinische Versorgung ist grundlegende Voraussetzung, um die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, jeweils RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung). Erfordert sie unabhängig von der Wohnsituation des Versicherten Fahrzeugtransporte zum Arzt oder Therapeuten und dient der Rollstuhl dabei als Sitzfläche, dann hat die Krankenkasse den Versicherten mit einem auch zu Transportzwecken geeigneten - sicheren - Rollstuhl zu versorgen. Ob solche besonderen Voraussetzungen in Anbetracht der Schwere der klägerischen Erkrankung hier vorliegen, hat das LSG nicht ermittelt und demzufolge auch keine weiteren Erwägungen zu den sonstigen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs angestellt (vgl hierzu Senatsbeschluss vom - B 3 KR 44/05 B - juris).
3. Dem Grunde nach zutreffend hat das LSG entgegen den Angriffen der Revision entschieden, dass der Kläger nach dem Leistungsrecht des SGB XII jedenfalls ergänzend die Versorgung mit einem Kraftknotensystem für seinen Rollstuhl verlangen kann, weil anders ein hinreichend sicherer Transport zur Werkstatt für behinderte Menschen nicht gewährleistet ist.
a) Als Teil der Leistungen der Eingliederungshilfe kann der Kläger die Hilfe beanspruchen, die er für einen hinreichend sicheren Transport zur Werkstatt für behinderte Menschen benötigt. Das ergibt sich aus den §§ 53 Abs 1 Satz 1, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm mit § 41 SGB IX. Nach diesen Vorschriften erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII). Zu diesen Leistungen rechnen ua die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen nach § 41 Abs 1 Nr 1 SGB IX (§ 54 Abs 1 Halbsatz 1 SGB XII). Sie werden behinderten Menschen gewährt, bei denen ua eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen (§ 41 Abs 1 Nr 1 SGB IX). Eine solche Leistung ist dem Kläger seit August 2000 bindend zuerkannt. Als notwendigen Bestandteil dieser Leistung hat der Kläger ebenfalls Anspruch auf den Transport zu der Werkstatt für behinderte Menschen, wenn die Eingliederungshilfemaßnahme anders nicht durchgeführt werden kann (vgl BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 8); dies ist hier unbestritten.
b) Beim Transport eines nur im Rollstuhl beförderbaren behinderten Menschen zu seiner Arbeitsstätte sind die Sicherheitsanforderungen des "Deutschen Instituts für Normung e.V." zu beachten, hier konkret die DIN-Norm 75078-2. Deren Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt; die Fahrzeugbeförderung des Klägers im Rollstuhl mit Sicherung durch das Kraftknotensystem entspricht dem allgemein anerkannten Stand der Sicherheitstechnik.
aa) Unmittelbare rechtliche Bindungswirkung hat die DIN-Norm 75078-2 allerdings nicht. DIN-Normen sind keine mit Drittwirkung versehene Normen im Sinne demokratisch legitimierter hoheitlicher Rechtsetzung, sondern auf freiwillige Anwendung ausgerichtete Regelwerke mit Empfehlungscharakter (BGHZ 139, 16, 19; 103, 338, 341 f; BGH VersR 1987, 783, 784; vgl auch BVerwGE 77, 285, 291). Dies schließt aber nicht aus, zur Feststellung des allgemein anerkannten Standes der Technik solche DIN-Normen heranzuziehen, denn sie spiegeln den Stand der für die betroffenen Kreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wieder und bieten deshalb einen besonderen Anhalt dafür, was nach der Verkehrsauffassung zu beachten ist (vgl BGHZ 103, 338, 342; BGH NJW 2004, 1449, 1450; BVerwGE 77, 285, 291; BVerwG NVwZ 1991, 881, 883). DIN-Normen kann daher der nach der Verkehrsauffassung maßgebliche Sicherheitsstandard entnommen werden, solange sich nicht in einem objektivierbaren Verfahren ergibt, dass dies der fachlichen Überprüfung nicht standhält (vgl BVerwG NVwZ-RR 1997 214, 215).
bb) Hiernach genügt die Beförderung im Rollstuhl sitzender Personen in Fahrzeugen dem Stand der aktuellen Sicherheitstechnik nur, wenn dabei ein Kraftknotensystem nach DIN verwendet wird. Diese Sicherheitsausrüstung sieht die DIN-Norm 75078-2 seit 1999 vor. Dass ein vergleichbarer Sicherheitsstandard ohne entsprechende Verstärkungen und Kraftableitungen am Rollstuhl erreichbar ist, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch von der Beklagten nicht substantiiert aufgezeigt worden. Im Gegenteil ergibt sich - wie das LSG unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) erkannt hat - aus den Auskünften der BASt, dass das Kraftknotensystem erforderlich ist, um Sicherheitsdefizite beim Transport behinderter Menschen zu minimieren, soweit sie auf eine im Rollstuhl sitzende Beförderung angewiesen sind. Es verringert die Gefahr der Fehlbedienung bei der Sicherung des Rollstuhls und der Insassen, verhindert bei einem Aufprall den sog Submarine-Effekt (Durchtauchen unter dem Gurt hindurch) und den sog Klappmesser-Effekt (Aufschlagen des Oberkörpers auf den Knien) und optimiert den Kraftfluss im Rollstuhl, so dass die Sicherheit beim Behindertentransport deutlich erhöht wird. Behinderte ohne entsprechende Verstärkungen am Rollstuhl sind erheblichen Sicherheitsrisiken ausgesetzt, die sich mit dem Kraftknotensystem nachhaltig verringern lassen.
4. Ob der Anspruch des Klägers materiell auf das Leistungsrecht des SGB XII oder des SGB V zu stützen ist, bedarf keiner weiteren Aufklärung, weil die Beklagte nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Verhältnis zum Versicherten in beiden Fällen für die Versorgung mit dem Kraftknotensystem einzustehen hat; dies steht einer Verurteilung des Beigeladenen entgegen.
a) Nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Leistungszuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beklagte Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074, S 95 zu Nr 5 und S 102 f, zu § 14). Dazu ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IX). Andernfalls bestimmt § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (vgl BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, jeweils RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 [RdNr 14], auch zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; möglicherweise aA [obiter dictum] BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 33). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist (BSGE 98, 267).
b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt vielmehr auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift - wie hier - dann (nur) darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (vgl - [RdNr 31] unter Verweis auf BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, jeweils RdNr 10; zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Ob etwas anderes aus prozessökonomischen Gründen zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits unter den Rehabilitationsträgern dann gelten muss, wenn der erstangegangene Träger im Innenverhältnis nach keiner Betrachtungsweise - originär - zuständig sein kann und die Klage gegen den materiell offenkundig "richtigen" Träger gerichtet worden ist, kann offenbleiben; eine solche Situation liegt hier nicht vor.
c) Hiernach ist der Beigeladene im Verhältnis zum Kläger selbst dann nicht zur Leistung verpflichtet, wenn das Kraftknotensystem nicht als Leistung der GKV, sondern als solche der Eingliederungshilfe zu gewähren ist. Nach den unangegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist der Antrag auf entsprechende Ausstattung des Rollstuhls erstmals bei der Beklagten angebracht worden. Diese hat darüber ablehnend entschieden, ohne den Antrag innerhalb der Frist des § 14 Abs 1 SGB IX an den Beigeladenen oder einen anderen aus ihrer Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten. Mit Ablauf der Weiterleitungsfrist ist danach die Beklagte im Verhältnis zum Kläger zur Prüfung und ggf Bewilligung des Leistungsbegehrens nach jeder rehabilitationsrechtlich in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlage zuständig geworden; die Zuständigkeit des Beigeladenen ist dadurch - im Außenverhältnis - verdrängt worden. Dessen Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich wieder aufgelebt. Vielmehr hatte die Beklagte auf die erneute Befassung im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs 1 SGB X nunmehr auch zu überprüfen, ob der geltend gemachte Anspruch nach dem Recht der Eingliederungshilfe begründet war und ist.
d) Im Ergebnis hat die Beklagte als erstangegangener Rehabilitationsträger den Rollstuhl des Klägers mit einem Kraftknotensystem auszustatten. Dafür ist sie entweder als Trägerin der GKV originär berufen, wenn die oa hierfür maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt sind - die Erkrankung des Klägers also eine besondere, im Nahbereich der Wohnung regelmäßig nicht verfügbare medizinische Versorgung erfordert und hierfür ein im Rollstuhl sitzender Transport notwendig ist - oder aber anstelle des Beigeladenen im Rahmen der Eingliederungshilfe zuständig. Es bedurfte keiner Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG, um die krankenversicherungsrechtliche Seite des Falles weiter aufzuklären, weil die sekundäre Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe auf jeden Fall feststeht.
5. Gegen die Nachrüstung des Rollstuhls des Klägers sprechen auch keine Kostengesichtspunkte. Muss ein Versicherter im Rollstuhl sitzend in einem Kraftfahrzeug befördert werden, ist es ihm nicht zuzumuten, aus wirtschaftlichen Gründen auf die Sicherheitsvorteile der Ausstattung nach DIN 75078-2 zu verzichten.
a) Allerdings beschränkt sich die Leistungspflicht der Krankenkasse bei mehreren Alternativen grundsätzlich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung. Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht kein Anspruch auf eine Optimalversorgung, sondern nur auf ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittel (§ 12 Abs 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teures Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V von dem Versicherten selbst zu tragen. Andererseits hat die Krankenkasse nach ständiger Rechtsprechung des BSG für jede Verbesserung einzustehen, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer evtl kostengünstigeren Alternative bietet. Bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Ersatz ausgefallener Körperfunktionen - unmittelbarer Behinderungsausgleich - insbesondere durch Prothesen gilt das für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, jeweils RdNr 4 - C-Leg II). Entsprechendes gilt aber auch beim mittelbaren Behinderungsausgleich, wenn sich der Gebrauchsvorteil eines Hilfsmittels - wie hier bei einem Rollstuhl - im gesamten Lebensbereich auswirkt und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 248 f - C-Leg I). Ausgenommen von der Leistungspflicht der GKV sind hingegen solche Verbesserungen, die nur einen Ausgleich auf beruflicher oder gesellschaftlicher Ebene sowie im Freizeitbereich betreffen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 S 200 - Mikroportanlage). Darüber hinaus hat die Krankenkasse allgemein nicht für solche Innovationen aufzukommen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, jeweils RdNr 15). Schließlich können die Grenzen der Leistungspflicht berührt sein, wenn einer geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250, jeweils mwN). Diese Grundsätze gelten in entsprechender Weise auch für den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen (§ 53 Abs 1 SGB XII iVm § 60 SGB XII und § 9 Abs 1 und 3 Eingliederungshilfe-Verordnung) .
b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, ggf mit eigenen Mitteln selbst für den verbesserten Sicherheitsstandard durch das Kraftknotensystem zu sorgen. Die Verankerung des Rollstuhls mittels Kraftknoten im PKW-Rückhaltesystem bietet entgegen der Auffassung der Beklagten eine deutlich größere Sicherheit und damit einen wesentlichen Gebrauchsvorteil. Denn nach dem gegenwärtigen Stand der Sicherheitstechnik erlaubt nur dieses System eine - annähernde - Angleichung an den Sicherheitsstandard, der für nicht behinderte Menschen im Straßenverkehr zwingend vorgeschrieben ist. Danach müssen die Sitze ua von Personenkraftwagen und Kraftomnibussen mindestens mit Dreipunkt-Sicherheitsgurten ausgestattet sein (§ 35a Abs 3 Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung [StVZO] iVm Anhang 1 der Richtlinie 76/115/EWG des Rates vom idF der Richtlinie 96/38/EG der Kommission vom [EWGRL], ABl EWG vom , L 187, 95) und über Sitzverankerungen verfügen, die einem definierten Belastungstest ohne Defekt standhalten können (§ 35a Abs 2 StVZO iVm Ziffer 3.2.5 des Anhangs II der Richtlinie 74/408/EWG des Rates vom idF der Richtlinie 96/37/EG der Kommission vom , ABl EWG vom L 186, 28). Ein vergleichbares Maß an Sicherheit im Straßenverkehr bieten die herkömmlichen Befestigungen von Rollstühlen in Verbindung mit einem nur einfachen Beckengurtsystem nicht, wie das LSG - wiederum unwidersprochen - aus den Stellungnahmen der BASt geschlossen hat.
c) Dass die DIN-Norm 75078-2 nicht unmittelbar verbindlich ist, steht dem nicht entgegen. Zu Unrecht nimmt die Beklagte an, dass sie nur für Sicherheitsstandards aufzukommen hat, die gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben sind. Dabei kann offenbleiben, welche Anforderungen bei der Beförderung im Rollstuhl sitzender Personen straßenverkehrsrechtlich gelten. Selbst wenn die durch § 35a StVZO in Bezug genommenen EWGRL 76/115 und 74/408 keine speziellen Vorgaben für den Transport im Rollstuhl treffen, bedeutet dies nicht, dass insoweit keine Obhutspflichten bestünden. Vielmehr gilt auch hier der Grundsatz, dass der Umfang der Verkehrssicherungspflicht ungeachtet gesetzlicher Vorgaben jedenfalls nach dem Maß bestimmt wird, das ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (stRspr des BGH, vgl BGH NJW 1984, 801, 802; BGH NJW 1987, 372, 373; BGH NJW 2001, 2019, 2020; BGH NJW-RR 2002, 525, 526; BGH NJW-RR 2003, 1459, 1460; BGH NJW 2007, 1683, 1684 RdNr 14 f, jeweils mwN). Dass die Anforderungen der DIN-Norm 75078-2 darüber hinausreichen und Sicherheitsstandards begründen würden, die bei umsichtiger, mit den Ergebnissen der Studien zu den Gefahren des Fahrzeugtransports in Rollstühlen vertrauter Betrachtung unangemessen vorsichtig erscheinen, kann nach den Feststellung des LSG zu den Sicherheitsrisiken der herkömmlichen Befestigung von Rollstühlen in Fahrzeugen nicht angenommen werden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstelle(n):
EAAAD-26492