Hinweise zum Umsatzsteuerheft i. S. d. § 22 Abs. 5 UStG
Nach § 22 Abs. 5 UStG haben bestimmte Unternehmer ein Umsatzsteuerheft zu führen. Die weiteren gesetzlichen Grundlagen und die notwendige praktische Abwicklung ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen. In diese sind die (BStBl I 1981, S. 312), vom (BStBl 1983 I S. 105) und zum Vordruckmuster des Umsatzsteuerheftes das BMF-Schreiben zuletzt vom (BStBl 2009 I S. 370) eingearbeitet.
1. Verpflichtung zur Führung des Umsatzsteuerheftes
Zur Führung des Umsatzsteuerheftes sind nach § 22 Abs. 5 UStG alle Unternehmer verpflichtet, die
ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen
von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführen oder Gegenstände erwerben;
dies gilt auch für Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG, die als Reisegewerbetreibende tätig sind, sowie für ausländische Reisegewerbetreibende.
Es kommt weder auf die Art der gewerblichen Betätigung noch auf die Form der Umsatzbesteuerung an.
Die Begründung einer gewerblichen Niederlassung setzt einen zum dauernden Gebrauch eingerichteten Raum voraus, der den Mittelpunkt des geschäftlichen Lebens des Unternehmers bildet und der als Schwerpunkt der Tätigkeit anzusehen ist (z. B. Geschäftslokal, Verkaufsstelle, Büro). Auch eine Wohnung kann bei Vorliegen dieser Voraussetzungen eine gewerbliche Niederlassung darstellen. Unternehmer, die ambulant Leistungen durch Umherziehen von Ort zu Ort erbringen, begründen mit dem Einrichten einer bloßen Kontaktstelle keine gewerbliche Niederlassung, auch wenn der Unternehmer über diese Kontaktstelle ständig telefonisch erreichbar ist, an diesem Ort Bürotätigkeiten verrichtet werden oder die Buchführung vorgehalten wird.
Hält ein Schausteller nur Räumlichkeiten für ein Ersatzteillager oder zur zwischenzeitlichen Einlagerung seines Fahrgeschäfts vor, dienen diese nicht dem regelmäßigen Geschäftsbetrieb und stellen daher keine gewerblichen Niederlassungen dar.
Der Begriff Reisegewerbebetrieb ergibt sich aus § 35a Abs. 2 GewStG. Danach ist ein Reisegewerbebetrieb ein Gewerbebetrieb, dessen Inhaber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung (GewO) und den Ausführungsbestimmungen dazu entweder einer Reisegewerbekarte bedarf oder von der Reisegewerbekarte lediglich deshalb befreit ist, weil er einen Blindenwaren-Vertriebsausweis besitzt.
Hierunter fallen insbesondere die Angehörigen des schaustellenden Gewerbes (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 GewO). Schausteller ist derjenige, der von Ort zu Ort zieht und seine der Unterhaltung dienenden Leistungen auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen erbringt (vgl. § 30 UStDV).
2. Ausstellung des Umsatzsteuerheftes für inländische Unternehmer
Das Umsatzsteuerheft wird von dem nach § 21 AO zuständigen Finanzamt ausgestellt. Der Unternehmer hat vor dem Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit die Ausstellung des Umsatzsteuerheftes zu beantragen. Hierbei kann die Ausstellung des Umsatzsteuerheftes für die betreffenden Unternehmer je nach örtlicher Handhabung zentral oder dezentral (vom jeweils zuständigen VTB, ggf. i. R. der Neuaufnahme) erfolgen. Dies gilt auch für die listenmäßige Erfassung der ausgestellten Umsatzsteuerhefte und die Überwachung des – bereits bei der Ausstellung bestimmten – Vorlagetermins (siehe Tz. 6) für das Umsatzsteuerheft.
Der Unternehmer ist bei Ausstellung darauf aufmerksam zu machen, dass er das Umsatzsteuerheft – ggf. neben der Reisegewerbekarte – bei der Gewerbeausübung ständig bei sich zu tragen und auf Verlangen den zuständigen Behörden und Beamten (Finanzamt, Ordnungsamt, Polizei) vorzulegen hat.
3. Ausstellung des Umsatzsteuerheftes für im Ausland ansässige Unternehmer
Die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzbesteuerung von Unternehmern, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereiches des UStG haben (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AO), richtet sich nach der UStZustV (vgl. AO-Kartei, § 21 AO Karte 1N).
4. Befreiung von der Führung des Umsatzsteuerheftes
Nach § 22 Abs. 6 Nr. 2 UStG i. V. m. § 68 Abs. 1 UStDV sind Unternehmer von der Führung des Umsatzsteuerheftes befreit,
wenn sie im Inland eine gewerbliche Niederlassung (vgl. Tz. 1) besitzen und ordnungsmäßige Aufzeichnungen nach § 22 UStG i. V. m. den §§ 63 bis 66 UStDV führen (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 UStDV);
soweit ihre Umsätze nach den Durchschnittsätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 UStG) besteuert werden (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 UStDV);
soweit sie mit Zeitungen und Zeitschriften handeln (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 UStDV);
soweit sie auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind Bücher zu führen, oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen (§ 68 Abs. 1 Nr. 4 UStDV).
5. Bescheinigung über die Befreiung von der Führung des Umsatzsteuerheftes
In den Fällen des § 68 Abs. 1 Nr. 1 UStDV hat das Finanzamt nach § 68 Abs. 2 UStDV auf Antrag eine Bescheinigung über die Befreiung von der Führung des Umsatzsteuerheftes zu erteilen.
Die Bescheinigung liegt als WiF-Vorlage unter „USt-Straßenhändler-Befreiungsbescheinigung.dot (43 4301 0)” vor.
Die erteilten Bescheinigungen sind listenmäßig und mit deren jeweiliger Gültigkeit festzuhalten. Hinsichtlich der listenmäßigen Erfassung gelten die Ausführungen zu Tz. 2 entsprechend.
Auf Antrag kann auch in den Fällen des § 68 Abs. 1 Nr. 2 – 4 UStDV eine solche Bescheinigung erteilt werden, obwohl dies grundsätzlich nicht vorgesehen ist.
Die Befreiungsbescheinigung ist stets unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist beim Finanzamt ggf. eine neue Bescheinigung zu beantragen.
Die Befreiungsbescheinigung ist vom Unternehmer bzw. seinen Hilfskräften bei der Gewerbeausübung anstelle des Umsatzsteuerheftes mitzuführen und den zuständigen Behörden und Beamten auf Verlangen vorzuzeigen.
6. Vorlage des Umsatzsteuerheftes (Vorlagetermin)
Das zuständige Finanzamt bestimmt den Zeitpunkt, an dem der Unternehmer das Umsatzsteuerheft spätestens zur Prüfung vorzulegen hat (§ 97 Abs. 1 AO). Dieser Termin ist im Umsatzsteuerheft zu vermerken und listenmäßig festzuhalten.
Bei Nichtvorlage zum festgelegten Zeitpunkt ist mit dem Vordruck (WiF-Vorlage) „USt-Straßenhändler Vorladung.dot (43 43 00 0)” zu erinnern.
Bei Monats- und Vierteljahreszahlern ist grundsätzlich als Vorlagezeitpunkt der 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums zu bestimmen. Eine etwaige Dauerfristverlängerung nach §§ 46 ff. UStDV ist zu beachten. Bei steuerlich zuverlässigen Unternehmern kann ein späterer Termin bestimmt werden, eine jährliche Vorlage kann ausreichend sein.
Für Unternehmer, die nach § 18 Abs. 2 S. 3 UStG von der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen befreit sind, ist als Vorlagezeitpunkt spätestens der 31. Mai des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Abs. 1 S. 2 UStG) folgenden Kalenderjahres zu bestimmen. Dies gilt ebenso für Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG.
Von der Verpflichtung zur Vorlage des Umsatzsteuerheftes bleibt die generelle Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Jahreserklärungen und der Entrichtung der Umsatzsteuer (mit Ausnahme der Kleinunternehmer) unberührt.
7. Prüfung des Umsatzsteuerheftes durch das Finanzamt
Das zuständige Finanzamt hat bei Vorlage des Umsatzsteuerhefts zu prüfen, ob der Unternehmer dieses ordnungsgemäß geführt (siehe Tz. 10) und die Umsatzsteuervorauszahlungen oder die für ein Kalenderjahr oder einen kürzeren Besteuerungszeitraum zu zahlende Umsatzsteuer richtig berechnet hat. Insoweit kann die Prüfung nur erfolgen, wenn der Unternehmer die betreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder -Jahreserklärung bereits abgegeben hat oder zeitgleich mit dem Umsatzsteuerheft vorlegt.
Sofern die Prüfung bei Kleinunternehmern ergibt, dass die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG überschritten wurden, ist der für den Unternehmer zuständige VTB zu unterrichten, wenn die Prüfung durch eine andere Stelle erfolgt.
8. Finanzamt, das örtlich nicht zuständig ist (Tz. IV. (3) des
Der Unternehmer kann das Umsatzsteuerheft auch bei einem anderen Finanzamt vorlegen und dort die Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben, wenn er seine unternehmerische Tätigkeit im Vorlagezeitpunkt im Bezirk des anderen Finanzamtes ausübt.
Dieses Finanzamt leitet die Umsatzsteuer-Voranmeldung an das zuständige Finanzamt weiter; es bestimmt ferner den nächsten Vorlagezeitpunkt und stellt ggf. ein neues Umsatzsteuerheft aus.
Der Unternehmer hat jedoch spätestens mit Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung seinem örtlich zuständigen Finanzamt das Umsatzsteuerheft vorzulegen.
9. Ausstellung von Zweitheften und sog. Nebenheften für Hilfskräfte ( BStBl 1983, I S. 105)
Durch die notwendige, regelmäßige Vorlage zur Prüfung des Umsatzsteuerheftes können sich bei einzelnen Unternehmern Schwierigkeiten ergeben, da das Umsatzsteuerheft bei der Gewerbeausübung stets mitzuführen und ggf. bei der Einfuhr von Gegenständen auch der deutschen Zollstelle vorgelegt werden muss.
In Ausnahmefällen können daher dem betroffenen Unternehmer auf Antrag jeweils zwei Umsatzsteuerhefte ausgestellt werden. Dies gilt auch bei Hilfskräften (siehe unten). Die beiden Umsatzsteuerhefte sind abwechselnd in den Voranmeldungszeiträumen zu führen und auch abwechselnd dem Finanzamt zur Prüfung vorzulegen.
Übt der Unternehmer sein Gewerbe ständig mit Hilfskräften aus, so hat jede Hilfskraft – soweit erforderlich – ein besonderes Umsatzsteuerheft (sog. Nebenheft) für den Unternehmer zu führen. Neben den Angaben zum Unternehmer selbst sind in diesem Nebenheft (identischer Vordruck) zusätzlich auf Seite 1 der Name und die Wohnung der betreffenden Hilfskraft anzugeben.
Die Nebenhefte dieses Unternehmers sind fortlaufend zu nummerieren und ebenfalls listenmäßig festzuhalten. Lässt sich der Unternehmer hingegen bei der Ausübung seines Gewerbes vorübergehend durch eine Hilfskraft vertreten, so hat diese das Umsatzsteuerheft und eine schriftliche Vollmacht des Unternehmers mitzuführen.
10. Führung des Umsatzsteuerheftes
Der amtlich vorgeschriebene Vordruck des Umsatzsteuerheftes ergibt sich aus dem BStBl 2009, I S. 370 (Lg.Nr. 453a).
Welche Eintragungen und wie diese vorzunehmen sind, ergibt sich aus den Erläuterungen auf der Umschlagseite 2 und 3 des Umsatzsteuerheftes. Die geforderten Angaben entsprechen den Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 UStG. Nur durch (ein) ordnungsgemäß geführte(s) Umsatzsteuerheft/e erfüllt der Unternehmer seine Aufzeichnungspflichten aus § 22 UStG.
Die Aufzeichnungsvereinfachungen [z. B. für Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 UStG (§ 65 UStDV), für Unternehmer, die die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach einem Durchschnittsatz der §§ 69 und 70 UStDV ermitteln (§ 66 UStDV), und für Unternehmer, die Umsätze zu verschiedenen Steuersätzen erbringen (§ 63 Abs. 5 UStDV – erleichterte Trennung der Entgelte)] sind zu beachten.
Der Verlust des Umsatzsteuerheftes ist dem zuständigen Finanzamt unverzüglich anzuzeigen. Das Finanzamt stellt auf Antrag ein neues Umsatzsteuerheft aus.
Der Unternehmer hat das/die Umsatzsteuerheft/e (einschließlich der Neben- und Zweithefte) 10 Jahre aufzubewahren (zu den Aufbewahrungsfristen im Übrigen siehe auch § 147 Abs. 3 S. 1 AO). Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 S. 3 AO).
OFD Frankfurt am Main v. - S 7389 A - 2 - St 113
Fundstelle(n):
FAAAD-25219