BGH Urteil v. - Xa ZR 99/06

Leitsatz

[1] Der Sozialversicherungsträger, der es schuldhaft versäumt hat, auf ihn übergegangene reisevertragliche Schadensersatzansprüche innerhalb eines Monats nach der vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen, ist auch dann mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen, wenn der Reisende bei ihm verbliebene Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht hat (Fortführung von BGHZ 159, 350).

Gesetze: BGB § 651g Abs. 1; SGB X § 116 Abs. 1

Instanzenzug: OLG Celle, 11 U 263/05 vom LG Hannover, 20 O 57/05 vom

Tatbestand

Die klagende Krankenkasse nimmt die beklagte Reiseveranstalterin aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten wegen eines Reisemangels auf Ersatz von Heilbehandlungskosten und auf Feststellung in Anspruch, dass die Beklagte ihr auch zukünftig noch entstehenden Schaden ersetzen muss.

Die bei der Klägerin versicherten Eheleute T. buchten bei der Beklagten für die Zeit vom 18. März bis eine Reise nach Mexiko. Zum gebuchten Leistungsumfang gehörte eine Mexiko-Rundreise per Bus. Während der Rundreise wurden die Reisenden am bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt, als der Reisebus von der Fahrbahn abkam. Die Beklagte organisierte daraufhin ein Sanitätsflugzeug, mit dem die Reisenden nach Deutschland zurücktransportiert wurden.

Mit Schreiben vom minderte die Beklagte den Reisepreis um 100% und erstattete ihn zugleich durch Übersendung eines Schecks. Mit weiterem Schreiben vom bat sie die Eheleute um Mitteilung noch nicht ausgeglichener materieller Schäden. Die Beklagte zahlte ihnen in der Folgezeit Schmerzensgeld und ersetzte Haushaltsführungskosten. Während die Reisende T. keine Ansprüche anmeldete, machte ihr Ehemann mit Schreiben vom bei der Beklagten eigene Ansprüche geltend, ohne dass ihm eine frühere Anmeldung möglich war.

Die klagende Krankenversicherung nahm die Beklagte erstmals unter dem durch Übersendung einer Rechnung über Heilbehandlungskosten für den Reisenden T. in Anspruch. Hinsichtlich der Reisenden T. meldete die Klägerin ihre Ansprüche erstmals unter dem an. Für die nach dem Rücktransport der Eheleute in Deutschland durchgeführte Heilbehandlung entstanden in der Zeit vom 28. März bis zum Kosten in Höhe von insgesamt 136.649,67 EUR, welche die Klägerin getragen hat und mit ihrer Klage geltend macht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die erhobenen Schadensersatzansprüche weiter.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass reisevertragliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht durch Versäumung der Ausschlussfrist für die Anmeldung (§ 651g Abs. 1 BGB) verloren gegangen sind und übergegangene Ansprüche aus deliktischer Haftung nicht bestehen.

I.

Das Berufungsgericht hat sein Urteil (veröffentlicht in RRa 2006, 212) im Wesentlichen wie folgt begründet:

Nach der Entscheidung des (BGHZ 159, 350) müsse der Sozialversicherungsträger, auf den ein Schadensersatzanspruch des Reisenden nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangen sei, seinen Anspruch innerhalb der Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB selbst gegenüber dem Reiseveranstalter anmelden. Diese Frist habe die Klägerin versäumt. Selbst wenn, was der Bundesgerichtshof offengelassen habe, die rechtzeitige Anmeldung des übergegangenen Anspruchs durch den Sozialversicherungsträger entbehrlich sein sollte, wenn der Reisende selbst rechtzeitig bei ihm verbliebene Teilansprüche geltend mache, stehe der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung von Heilbehandlungskosten für die Reisende T. nicht zu. Die Klägerin behaupte selbst nicht, dass diese jemals Ansprüche bei der Beklagten angemeldet habe.

Auch die Anspruchsanmeldung durch den Ehemann vom habe die Klägerin nicht von ihrer Anmeldeobliegenheit befreien können. Verfolge der Reisende wie im Streitfall ausschließlich seine eigenen Ansprüche, bedinge das gerade nicht auch die Anmeldung anderer Ansprüche und gebe dem Reiseveranstalter mithin auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass nach Ablauf der Ausschlussfrist noch weitere, bislang nicht geltend gemachte Ansprüche Dritter auf ihn zukommen könnten. Im Gegenteil müsse die beschränkte Geltendmachung dem Reiseveranstalter ein Hinweis darauf sein, das ein Sozialversicherungsträger für die Heilbehandlungskosten aufkomme und deshalb mit Ansprüchen auf ihn zutreten könnte. Melde sich der Sozialversicherungsträger aber nicht, könne der Reiseveranstalter davon ausgehen, dass Ansprüche auch nicht geltend gemacht würden. Da die Ausschlussfrist dazu diene, dem Reiseveranstalter sichere Kenntnis der auf ihn zukommenden Ansprüche zu verschaffen, habe die Beklagte aufgrund der Umstände sicher davon ausgehen können, mit Heilbehandlungskosten nicht konfrontiert zu werden.

Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte des Schutzes des § 651g BGB nicht bedürfe, weil die gesetzgeberischen Gründe für diese Vorschrift im Streitfall nicht vorlägen. Der Umstand, dass die schnellere Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen Hauptziel des Gesetzgebers gewesen sei, bedeute nicht, dass die Ausschlussfrist deshalb bei unstreitigem Reisemangel nicht zum Tragen kommen könne. Sie gelte nach dem Wortlaut des Gesetzes ausnahmslos für alle Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f BGB. Die Berufung auf die Ausschlussfrist in Fällen, in denen Sachaufklärung betrieben und der Versicherer eingeschaltet worden sei, sei schließlich auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Übergegangene Ansprüche der Klägerin aus § 831 BGB bestünden nicht, da das Busunternehmen als Leistungsträger der Beklagten wegen fehlender Abhängigkeits- und Weisungsgebundenheit nicht als deren Verrichtungsgehilfe angesehen werden könne. Auch habe die Klägerin keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Beklagte eine eigene Verkehrssicherungspflicht verletzt haben und deshalb deliktisch haften könnte.

II.

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.

1.

Der Klägerin stehen vertragliche Ansprüche aus übergegangenem Recht gegen die Beklagte nicht zu.

a)

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin, auf die schon zum Zeitpunkt des Unfalls gemäß § 116 Abs. 1 SGB X die Gewährleistungsansprüche der Reisenden übergegangen waren, ihre Ansprüche selbst innerhalb der Ausschlussfrist bei der Beklagten hätte anmelden müssen. Denn die Obliegenheit des "Reisenden" nach § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB, die Ansprüche innerhalb der Monatsfrist geltend zu machen, trifft den jeweiligen Anspruchsinhaber (BGHZ 159, 350, 354) und damit auch den Zessionar, auf den die Ansprüche durch Abtretung oder gesetzlichen Forderungsübergang übergegangen sind.

b)

Dem Berufungsgericht ist auch darin beizutreten, dass die rechtzeitige Anmeldung der übergegangenen Ansprüche durch den Zessionar auch dann nicht entbehrlich ist, wenn der Reisende rechtzeitig eigene Schadensersatzansprüche erhoben hat (ebenso ; vgl. auch Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 651g Rdn. 2; MünchKomm./Tonner, BGB, 5. Aufl. § 651g Rdn. 26; krit.: Erman/Seiler, BGB, 12. Aufl., § 651g Rdn. 2; a.A. Führich, Urteilsanm. zu , LMK 2004, 204; Brüning, Probleme des Reisevertrags- und Reiseversicherungsrechts, Diss. Hamburg 2008, S. 68 f.).

aa)

Sinn und Zweck der Ausschlussfrist ist es, dem Reiseveranstalter Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfang Gewährleistungsansprüche auf ihn zukommen, damit er unverzüglich die notwendigen Beweissicherungsmaßnahmen treffen, etwaige Regressansprüche gegen seine Leistungsträger geltend machen und gegebenenfalls seinen Versicherer benachrichtigen kann (vgl. BGHZ 90, 363, 367, 369 ; 97, 255, 262 ; 102, 80, 86 ; 145, 343, 349 ; Urt. v. - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420). Wie der Bundesgerichtshof bereits im Urteil vom (BGHZ 159, 350, 354) ausgeführt hat, erlangt der Reiseveranstalter sichere Kenntnis der auf ihn zukommenden Gewährleistungsansprüche allerdings nur durch eine Anmeldung des Anspruchsinhabers. Daher hat der Bundesgerichtshof jedenfalls in jenem Fall, in dem lediglich eine vom Reisenden vorgenommene Anmeldung des für ihn fremden, weil auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen Teilanspruchs auf Ersatz der Heilbehandlungskosten in Frage gestanden hat, die eigene rechtzeitige Anmeldung des Anspruchsinhabers aus übergegangenem Recht für unentbehrlich erachtet.

Der Schutzzweck der Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB, dem Reiseveranstalter möglichst bald Sicherheit hinsichtlich der auf ihn zukommenden Ansprüche zu verschaffen, kann indes gleichermaßen nicht hinreichend erfüllt sein, wenn lediglich der Reisende die ihm selbst zustehenden Ansprüche geltend macht. Denn damit steht für den Reiseveranstalter noch keineswegs sicher fest, ob weitere Ansprüche aufgrund übergegangenen Rechts gegen ihn erhoben werden und in welchem Umfang sich hierdurch seine Inanspruchnahme entwickeln könnte. Während für den Reiseveranstalter bei einer Anspruchsanmeldung durch einen Dritten offenbleiben kann, ob der Anspruchsinhaber selbst überhaupt einen Anspruch erheben wird (vgl. BGHZ 159, 350, 355) , kann bei der Anmeldung lediglich eigener Ansprüche durch den Reisenden für den Reiseveranstalter unklar bleiben, welche weiteren Forderungen Dritter noch auf ihn zukommen können. Auch hier sind Fallgestaltungen denkbar, bei denen der Reiseveranstalter zunächst noch keinen hinreichenden Anlass hat, sich umfassend um die Aufklärung des Sachverhalts und um die Beweissicherung zu kümmern, etwa weil die Höhe der von dem Reisenden selbst angemeldeten Forderungen gering ist oder schon Kulanzgründe deren Begleichung nahelegen oder im Verhältnis zur Höhe der angemeldeten Ansprüche die Durchsetzung von Regressforderungen unwirtschaftlich erscheint. Das von der Rechtsprechung als schützenswert angesehene Interesse des Reiseveranstalters, seine Überprüfungs- und Beweissicherungstätigkeiten nicht vergeblich in Gang zu setzen (BGHZ 145, 343, 349 ; 159, 350, 355), ist auch bei solchen Fallgestaltungen anzuerkennen. Müsste der Reiseveranstalter nach der Anmeldung von Forderungen eines Anspruchsinhabers zeitlich unbegrenzt mit der Geltendmachung weiterer Ansprüche in unbekannter Höhe durch ihm bislang unbekannte Anspruchsinhaber rechnen, würde der von § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB verfolgte Schutzzweck insoweit verfehlt.

bb)

Überdies würde es zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, wenn die Entscheidung, ob der Inhaber eines Anspruchs aus übergegangenem Recht sich auf die Anmeldung des Reisenden berufen kann, davon abhängig wäre, ob dem Reisenden (noch) eigene Forderungen in einer Höhe zustehen, die ohnehin das Erfordernis einer schnellen Beweissicherung begründen. Diese Unsicherheit bestünde nicht nur bei dem vom Normzweck geschützten Reiseveranstalter, sondern auch auf Seiten des Anspruchsinhabers aus übergegangenem Recht, der im Einzelfall zu prüfen hätte, ob bereits die Anmeldung des Reisenden rechtzeitig und von ihrem Inhalt geeignet wäre, eine eigene fristgemäße Anmeldung entbehrlich zu machen. Auch der als Auslegungsmaßstab heranzuziehende Normzweck des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB, eine notwendige Beweissicherung sicherzustellen, rechtfertigt es nicht, bei der Gesetzesanwendung jeweils im Einzelfall zu fragen, ob die Einhaltung der gerade auch der Rechtssicherheit dienenden Ausschlussfrist durch den Zessionar ausnahmsweise entbehrlich ist.

cc)

Der Zessionar wird durch die für ihn bestehende Pflicht, seinen Anspruch innerhalb der Frist des § 651g Abs. 1 BGB anzumelden, auch nicht im Hinblick darauf unzumutbar belastet, dass er gegebenenfalls erst bei Abrechnung seiner Leistungen und damit erst nach Ablauf der Ausschlussfrist von seinem Anspruch gegen den Reiseveranstalter Kenntnis erlangt. Auch für ihn gilt die der Vermeidung von Härtefällen dienende Regelung in § 651g Abs. 1 Satz 3 BGB, wonach der Anspruchsinhaber nach Ablauf der Monatsfrist seine Ansprüche noch geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

c)

Entgegen der Auffassung der Revision scheitert eine schuldhafte Versäumung der Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB auch nicht daran, dass die Klägerin die Frist nicht gekannt hat und nicht hat kennen müssen.

Die zum Schutz des Verbrauchers bei Reisen bestehende Pflicht des Reiseveranstalters nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BGB-InfoV, einen Vertragspartner bei Vertragsschluss über die nach § 651g Abs. 1 BGB einzuhaltende Frist zu belehren, erstreckt sich nur auf den Reisenden, nicht jedoch auf den ihm Leistungen gewährenden Dienstherrn oder Sozialversicherungsträger. Daher lässt sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach zugunsten eines Reisenden eine widerlegbare Vermutung besteht, dass dieser die Ausschlussfrist nicht gekannt und damit nicht schuldhaft versäumt hat, wenn der Reiseveranstalter ihn pflichtwidrig nicht belehrt hat (vgl. , NJW 2007, 2549, 2552), von vornherein nicht auf Dritte übertragen, die gegen den Reiseveranstalter aus übergegangenem Recht mit eigenständigen Forderungen vorgehen.

Sonstige Gründe für eine unverschuldete Unkenntnis der Klägerin von der Ausschlussfrist werden auch von der Revision nicht geltend gemacht.

d)

Auch das von der Revision herangezogene und als Anerkenntnis gewertete eigene Verhalten der Beklagten gegenüber den Reisenden, für die sie von sich aus die erforderlichen Rettungsmaßnahmen einschließlich der Erstversorgung übernommen hat, denen sie den Reisepreis erstattet hat und die sie von sich aus um Bekanntgabe der noch nicht ausgeglichenen Schäden gebeten hat, begründet keine ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Anmeldung der Ansprüche durch die Klägerin. Die Annahme der Revision, dass es auch zugunsten des Sozialversicherungsträgers wirke, wenn der Reisende seinen Anspruch nicht mehr anmelden müsse, verkennt, dass die dem Geschädigten verbleibenden Ansprüche und die auf einen Sozialversicherungsträger übergegangenen Ansprüche selbständige Forderungen sind, die unterschiedliche Schicksale erleiden können. Zu Recht hat das Berufungsgericht in dem Umstand, dass die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Reisenden ernst genommen und sich umgehend um deren Belange und eine Schadensregulierung gekümmert hat, noch keine rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber weiteren Anspruchsgegnern gesehen. Ohnehin hat die Klägerin nicht behauptet, eine rechtzeitige Anmeldung eigener Ansprüche wegen einer Kenntnis vom Verhalten der Beklagten den Reisenden gegenüber unterlassen zu haben. Damit ist auch für die Annahme rechtsmissbräuchlicher Berufung auf den Fristablauf kein Raum. Denn Voraussetzung für rechtsmissbräuchliches Verhalten ist, dass derjenige, zu dessen Gunsten eine Verjährungs- oder Ausschlussfrist eingreift, durch sein Verhalten dem Anspruchsberechtigten gegenüber einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, dass er auf die Einhaltung der Frist verzichte (vgl. zur ähnlichen Problematik treuwidrigen Berufens auf eine Fristversäumung bei der ehemals in § 12 Abs. 3 VVG geregelten Ausschlussfrist Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rdn. 52). Im Streitfall kann die Revision auf kein entsprechendes Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin verweisen.

2.

Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht eine deliktsrechtliche Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) verneint hat.

Das Berufungsgericht hat dabei die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde gelegt, wonach den Reiseveranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung der von ihm veranstalteten Reisen eigene Verkehrssicherungspflichten treffen. Der Reiseveranstalter hat diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der jeweiligen Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Dabei gehört es zu den Grundpflichten eines Reiseveranstalters, die Personen, deren er sich zur Ausführung seiner vertraglichen Pflichten bedient, hinsichtlich ihrer Eignung und Zuverlässigkeit sorgfältig auszuwählen und seine Leistungsträger und deren Leistung regelmäßig den jeweiligen Umständen entsprechend zu überwachen (BGHZ 103, 298, 305 ; , NJW-RR 2002, 1056; Urt. v. - X ZR 142/05, RRa 2006, 206).

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass an diesen Grundsätzen gemessen der Beklagten ein Organisationsverschulden nicht anzulasten ist. Denn auch unter Berücksichtigung der der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Behauptung der Klägerin, der Busfahrer sei wegen Übermüdung von der Fahrbahn abgekommen, erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts als rechtsfehlerfrei, es lasse sich nicht feststellen, dass das Unfallgeschehen durch eine Kontrolle des Fahrpersonals in der konkreten Situation oder durch von der Beklagten zu erwartende Kontrollen vorausgehender Fahrt- und Ruhezeiten zu verhindern gewesen wäre. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu dem sechsstündigen Ausflugsprogramm am Vortage des Unfalls, an dem der Busfahrer angemessene Lenkzeiten nicht überschritten hat, und zu dem Ablauf der Reise am Tage des Unfalls, der sich rund eine Stunde nach einer längeren Mittagspause ereignet hat, sind für die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass der Fahrer hätte übermüdet sein können. Insoweit konzediert auch die Revision für den Unglückstag eine "minimale Belastung" des Fahrers. Sonstige konkrete, auf eine Übermüdung des Busfahrers hindeutende Umstände, die für einen verständigen und sorgfältigen Reiseveranstalter nahegelegen und durch entsprechende Kontrollen hätten aufgedeckt werden können, waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erkennen und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Insbesondere ist hinsichtlich der von der Revision aus dem Unfallgeschehen gefolgerten Vermutung, der Fahrer müsse die gebotene Nachtruhe nicht eingehalten oder gesundheitliche Probleme gehabt haben, nicht ersichtlich, woher der Reiseleiter der Beklagten derartige Erkenntnis gewinnen und daraus auf eine Übermüdung des Fahrers hätte schließen können. Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit angenommen, dass die beklagte Reiseveranstalterin, die umsichtig dem Busfahrer in demselben Hotel wie den Reisenden eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt hat, nicht hat davon ausgehen müssen, dass der Fahrer am Folgetag übermüdet sein könnte. Zu der von der Revision für geboten erachteten Belehrung des - nicht von ihr angestellten - Fahrers über die Notwendigkeit, die Nachtruhe einzuhalten, war die Beklagte nicht verpflichtet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 2811 Nr. 38
VAAAD-25176

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja