Keine Divergenz von der bisherigen Rechtsprechung hinsichtlich der Versagung der steuerlichen Anerkennung eines Verlustes aus der Übertragung von festverzinslichen Optionsanleihen
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, EStG § 8, EStG § 20 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Streitjahr (2000) setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuer unter erklärungsgemäßem Ansatz von Kapitaleinkünften fest.
Einen mehrere Jahre später gestellten Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 der Abgabenordnung, mit dem der Kläger einen Verlust aus der Übertragung von Optionsanleihen auf die Klägerin geltend machte, lehnte das FA ab. Die Optionsanleihen beinhalteten eine Teilschuldverschreibung mit einem Zinssatz von 4,125 % und einer ausgewiesenen Rendite von 4,56 % bei einem Ausgabekurs von 98,5 %; außerdem waren damit Optionsrechte auf den Erwerb von Aktien der X-AG verbunden, begrenzt auf einen bestimmten Zeitraum und zu einem bestimmten Preis nach näherer Maßgabe der „Optionsbedingungen”.
Die Klägerin hatte diese Optionsanleihen 1996 erworben und sie nach Angaben der Kläger durch schriftlichen Vertrag vom Juli 1997 zum damaligen Börsenkurs an den Kläger veräußert. Im Streitjahr schlossen die Kläger nach ihren Angaben einen mündlichen Vertrag über die Rückübertragung dieser Anleihen im Tausch mit Investmentfondsanteilen. Daraus errechneten sie einen Verlust des Klägers in Höhe von 41 640 DM als der Differenz zwischen seinen Anschaffungskosten für die Anleihen und dem Börsenwert der Fondsanteile als Veräußerungserlös und machten diesen als sog. Marktrendite geltend (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes —EStG—).
Einspruch und Klage wegen der Ablehnung des Änderungsantrags blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, dass ein Veräußerungsverlust schon aufgrund des Wortlauts des § 20 Abs. 2 EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden könne; ein Veräußerungsverlust sei keine i.S. von § 20 Abs. 2, § 8 EStG zugeflossene Einnahme. Es bedürfe deshalb keiner näheren Prüfung, ob die vom Kläger veräußerten Wandelanleihen zu den in § 20 Abs. 2 EStG genannten Kapitalanlageformen gehörten.
Mit ihrer Beschwerde machen die Kläger geltend, dass die Verzinsung der Optionsanleihe nach damaligem Zinsniveau deutlich unter der einer Industrienanleihe mit gleichem Risiko gelegen habe. Da das Optionsrecht nicht selbständig handelbar gewesen sei, müsse das Wertpapier als Einheit betrachtet werden, dessen endgültiger Ertrag von der tatsächlichen Kursentwicklung der X-Aktie, von der Ausübung des Optionsrechts und der Art der Ausübung (Aktienerwerb gegen Geld oder gegen Einlösung der Teilschuldverschreibung) abhängig gewesen sei. Damit habe es sich um eine Darlehensforderung mit einer von einem ungewissen Ereignis abhängenden Höhe des Ertrags gehandelt, der mit der nach der Differenzmethode ermittelten Marktrendite anzusetzen sei.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Soweit die Kläger Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend machen, folgt daraus grundsätzlich kein Zulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289; vom VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.).
Anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des BFH in dem Ausnahmefall, dass eine Entscheidung mit einem offensichtlichen Rechtsfehler von erheblichem Gewicht behaftet ist, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, oder wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich ist (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 204; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 55, 68 und 70, jeweils m.w.N.). Im Streitfall liegt ein solcher Ausnahmefall aber nicht vor.
2. Auch eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung —FGO— (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ist nicht geboten. Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des BFH ab.
Die Ausführungen der Kläger dazu, dass das FG die Rechtslage verkannt habe und das Urteil sich nicht ausreichend mit der Rechtsprechung des BFH auseinandersetze, sind nicht geeignet, eine Divergenz des angefochtenen Urteils zu Entscheidungen des beschließenden Senats zu begründen. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungen, die die Kläger wegen —nach ihrer Auffassung— entscheidungserheblicher Abweichungen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht im Streitfall selbst nicht für einschlägig halten (so etwa wie , BFHE 216, 79, BStBl II 2007, 555; vom VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568). Dies gilt auch bezüglich des Urteils vom VIII R 28/99 (BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97) und den dortigen Ausführungen zur Emissionsrendite, weil das angefochtene Urteil nicht maßgeblich hierauf abgestellt hat.
Selbst wenn man aber von einem anderen Verständnis des angefochtenen Urteils ausginge, ergäbe sich keine Divergenz zu dem (BFHE 215, 86, BStBl II 2007, 553). Entgegen der Auffassung der Kläger besagt diese Entscheidung nicht, dass auch ein Veräußerungsverlust als sog. Marktrendite i.S. von § 20 Abs. 2 EStG verstanden werden müsse. Sie stellt vielmehr maßgeblich darauf ab, dass die dort zu beurteilenden Gleitzins-Schuldverschreibungen eine Emissionsrendite hatten, so dass es von vornherein nicht zu einer Einbeziehung der nach der Differenzmethode (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d Satz 2 EStG) ermittelten Marktrendite in die Kapitaleinkünfte kommen konnte. Das Urteil wird also nicht von Rechtsausführungen zur Marktrendite getragen.
Im Übrigen hat der Senat im seinem Beschluss vom VIII B 116/05 (BFH/NV 2006, 1081) die ernstlichen Zweifel dargelegt, die dagegen sprechen, die Verbindung eines festverzinslichen Darlehens mit einer Kaufoption als Finanzinnovation i.S. des § 20 Abs. 2 EStG zu qualifizieren. Da auch die Optionsanleihe des Streitfalls mit einem festen Zins (und zudem einer ausgewiesenen Emissionsrendite) ausgestattet ist, sind hier im Ergebnis gerade keine Gesichtspunkte einer entscheidungserheblichen Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil und der BFH-Rechtsprechung ersichtlich.
3. Dahingestellt bleiben können die Fragen zum Tatsächlichen, die sich im Falle einer zuzulassenden Revision aufgedrängt hätten, nämlich insbesondere
- ob die wechselseitige Vermögenstransaktion zwischen den Klägern, die offensichtlich ohne Orientierung an den aktuellen Wertverhältnissen im Streitjahr erfolgte, überhaupt als ein entgeltliches Geschäft anzusehen ist,
- ob ggf. der Vertrag zwischen den Klägern einem Fremdvergleich standhält und
- ob die Kläger ggf. kein grobes Verschulden an der verspäteten Erklärung des Verlustes traf.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1433 Nr. 9
AAAAD-24830