Nämlichkeit des in der Einspruchsentscheidung und im Grunderwerbsteuerbescheid zu überprüfenden Lebenssachverhalt
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, AO § 367 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Eigentümerin vG gab am gegenüber der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ein notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines der Urkunde anliegenden vorformulierten Kaufvertrags über das Grundstück in A, X-Straße 10, 11 zum Kaufpreis von 205 000 € ab. Das Angebot war bis zum befristet und konnte in dieser Zeit auch von Dritten angenommen werden. Die Annahme durfte sich auch nur auf „Trennstücke oder Miteigentumsanteile” beziehen. Die Klägerin, eine Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, verpflichtete sich in der Urkunde, „die nicht bis zum durch Dritte erworbenen Teilflächen bis zum selbst” zu erwerben.
In der Zeit vom 1. April bis kam es zu drei notariell beurkundeten Annahmen durch unterschiedliche Dritte, die jeweils eine Teilfläche, aber insgesamt das ganze Grundstück, erwarben. Mit notariell beurkundeten Erklärungen vom genehmigte vG die Bestimmung der jeweiligen Erwerbsgegenstände (Teilflächen), erklärten die Erwerber sowie vG die Auflassung und erteilte vG die Eintragungsbewilligungen.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) unter Bezugnahme auf das Angebot vom sowie die „Annahme vom ” und gestützt auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Grunderwerbsteuer in Höhe von 7 175 € gegen die Klägerin fest. In den Erläuterungen zu dem Bescheid hieß es, in dem Vertrag vom habe sich die Klägerin verpflichtet, dieses Angebot ganz oder teilweise anzunehmen, soweit nicht die Annahme durch Dritte erfolge. Damit sei ein der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegender selbständiger Anspruch auf Übereignung des Grundstücks durch die Klägerin begründet worden.
Auf den dagegen eingelegten Einspruch setzte das FA die Steuer mit Einspruchsentscheidung vom auf 8 417 € herauf. Dabei stützte es sich nunmehr auf „§ 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. Nr. 7 GrEStG” und setzte als Bemessungsgrundlage einen förmlich festgestellten Grundbesitzwert von 240 500 € an. In den Gründen der Einspruchsentscheidung führte es u.a. aus, die Klägerin habe auch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, da sie das Grundstück bei Ausbleiben eines Erwerbs durch Dritte selbst hätte erwerben müssen. Die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen ergebe sich ferner daraus, dass das Grundstück von einer weiteren GmbH erschlossen und im Auftrag der Erwerber bebaut worden sei, die mit der Klägerin über die Person desselben Geschäftsführers verbunden sei und dieselben Geschäftsräume benutze.
Die Klage der Klägerin hatte dagegen Erfolg. Das Finanzgericht hob den Steuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf, da mit dem Bescheid ein nicht verwirklichter Sachverhalt —nämlich die Begründung eines Übereignungsanspruchs in der Person der Klägerin— besteuert worden sei. Zwar sei das FA mit der Einspruchsentscheidung auf einen anderen Erwerbsvorgang „umgeschwenkt"; dies sei jedoch nicht zulässig gewesen.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht das FA geltend, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei eine Revisionsentscheidung erforderlich. Es rügt eine Abweichung der Vorentscheidung von mehreren näher bezeichneten
Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Nämlichkeit des besteuerten Lebenssachverhalts.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor. Die gerügten Abweichungen der Vorentscheidung von den genannten Urteilen des BFH bestehen nicht.
Sowohl die Vorentscheidung als auch die vom FA angeführten Entscheidungen des BFH gehen übereinstimmend davon aus, dass die Einspruchsentscheidung denselben Lebenssachverhalt betreffen muss, der dem zu überprüfenden Steuerbescheid zugrunde liegt, dass aber die Besteuerung des nämlichen Sachverhalts auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden kann. Demzufolge warf der Streitfall die Frage auf, ob die Einspruchsentscheidung die Nämlichkeit des Sachverhalts wahrt.
Das ist nicht bereits deshalb zu bejahen, weil im Steuerbescheid vom mit den notariellen Urkunden vom und die Rechtsgeschäfte angegeben sind, die auch in der Einspruchsentscheidung unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 7 GrEStG gewürdigt worden sind. Denn der Steuerbescheid hebt —wie aus den beigefügten Erläuterungen hervorgeht— letztlich nur auf das Rechtsgeschäft vom und hierbei auf die Besonderheit ab, dass die Klägerin darin eine (offenbar als unbedingt angesehene) Erwerbsverpflichtung eingegangen sein soll. Daraus wurde die Begründung eines Übereignungsanspruchs abgeleitet. Dieser angenommenen Erwerbsverpflichtung kommt in der Einspruchsentscheidung zwar noch bei der Prüfung des wirtschaftlichen Interesses Bedeutung zu, aber nicht mehr als Rechtsvorgang im Sinne des Einleitungssatzes des § 1 Abs. 1 GrEStG. Die Einspruchsentscheidung erfasst vielmehr einen anderen Aspekt beider Rechtsgeschäfte, der wegen der personellen Verflechtung der Klägerin mit der „Schwestergesellschaft” auch dann eine Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG rechtfertigen würde, wenn die Klägerin keine Erwerbsverpflichtung eingegangen wäre. Dies verdeutlicht, dass es an der Nämlichkeit des besteuerten Sachverhalts als Voraussetzung der geltend gemachten Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH fehlt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAD-24481