Artikel 16 Verhältnis zu anderen Formen des
Schutzes
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT
UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf
Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
gemäß dem Verfahren
des Artikels 189b des Vertrags
, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am
29. Juli 1998 gebilligten gemeinsamen Entwurfs,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) Zu den im Vertrag
festgelegten Zielen der Gemeinschaft gehört es, die Grundlagen für
einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker zu
schaffen, engere Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu
fördern und durch gemeinsames Handeln den wirtschaftlichen und sozialen
Fortschritt der Länder der Gemeinschaft zu fördern, indem die Europa
trennenden Schranken beseitigt werden. Zu diesem Zweck sieht der Vertrag die
Errichtung eines Binnenmarkts vor, was die Beseitigung der Hindernisse für
den freien Warenverkehr umfasst; er sieht ferner die Errichtung eines Systems
vor, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen
schützt. Die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (nachstehend
„Muster” genannt) würde diese Ziele fördern.
(2) Die Unterschiede in
dem von den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gebotenen rechtlichen Schutz
von Mustern wirken sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren
des Binnenmarkts mit Bezug auf Waren aus, bei denen Muster verwendet werden.
Solche Unterschiede können zu einer Verzerrung des Wettbewerbs im
Binnenmarkt führen.
(3) Daher ist im Hinblick
auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts die Angleichung der Gesetze
der Mitgliedstaaten zum Schutz von Mustern notwendig.
(4) Es ist wichtig, dabei
die Lösungen und Vorteile zu berücksichtigen, die das
Gemeinschaftsmustersystem den Unternehmen bieten wird, die Rechte an Mustern
erwerben wollen.
(5) Es ist nicht
notwendig, die Gesetze der Mitgliedstaaten zum Schutz von Mustern
vollständig anzugleichen. Es ist ausreichend, wenn sich die Angleichung
auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beschränkt, die sich am
unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Bestimmungen
über Sanktionen und Rechtsbehelfe sowie Vollzugsbestimmungen sollten Sache
des innerstaatlichen Rechts bleiben. Die Ziele dieser beschränkten
Annäherung lassen sich nicht ausreichend verwirklichen, wenn die
Mitgliedstaaten für sich allein handeln.
(6) Folglich sollte es den
Mitgliedstaaten weiterhin freistehen, Verfahrensvorschriften für die
Eintragung, die Verlängerung der Schutzfrist und die Nichtigerklärung
von Rechten an Mustern sowie Bestimmungen über die Rechtswirkung der
Nichtigkeit zu erlassen.
(7) Diese Richtlinie
schließt nicht aus, dass auf die Muster Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft Anwendung finden, die einen anderen Schutz
als den durch die Eintragung oder Bekanntmachung des Musters erworbenen Schutz
gewähren, wie die Vorschriften über nicht eingetragene Rechte an
Mustern, Marken, Patenten und Gebrauchsmustern, unlauteren Wettbewerb oder
zivilrechtliche Haftung.
(8) Solange das
Urheberrecht nicht harmonisiert ist, ist es wichtig, den Grundsatz der
Kumulation des Schutzes nach dem einschlägigen Recht für den Schutz
eingetragener Muster und nach dem Urheberrecht festzulegen, während es den
Mitgliedstaaten freigestellt bleibt, den Umfang des urheberrechtlichen Schutzes
und die Voraussetzungen festzulegen, unter denen dieser Schutz gewährt
wird.
(9) Für die
Verwirklichung der Ziele des Binnenmarkts ist es erforderlich, dass die
Bedingungen für die Erlangung eines eingetragenen Rechts an einem Muster
in allen Mitgliedstaaten identisch sind. Zu diesem Zweck ist es notwendig, eine
einheitliche Definition des Begriffs des Musters und der Erfordernisse im
Hinblick auf Neuheit und Eigenart aufzustellen, denen eingetragene Rechte an
Mustern entsprechen müssen.
(10) Für die
Erleichterung des freien Warenverkehrs ist es wesentlich, dass eingetragene
Rechte an Mustern dem Rechtsinhaber in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich
einen gleichwertigen Schutz gewähren.
(11) Der Schutz von
Mustern wird durch Eintragung für diejenigen Merkmale eines Musters eines
ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon begründet, die in einer
Anmeldung sichtbar wiedergegeben und der Öffentlichkeit durch
Bekanntmachung oder Einsichtnahme zugänglich gemacht worden sind.
(12) Der Schutz sollte
sich weder auf Bauelemente erstrecken, die während der
bestimmungsgemäßen Verwendung eines Erzeugnisses nicht sichtbar
sind, noch auf Merkmale eines Bauelements, die unsichtbar sind, wenn das
Bauelement eingebaut ist, oder die selbst nicht die Voraussetzungen der Neuheit
oder Eigenart erfüllen. Merkmale eines Musters, die aus diesen
Gründen vom Schutz ausgenommen sind, sollten bei der Beurteilung, ob
andere Merkmale des Musters die Schutzvoraussetzungen erfüllen, nicht
herangezogen werden.
(13) Die Eigenart eines
Musters sollte danach beurteilt werden, inwieweit sich der Gesamteindruck, den
der Anblick des Musters beim informierten Benutzer hervorruft, deutlich von dem
unterscheidet, den der vorbestehende Formschatz bei ihm hervorruft, und zwar
unter Berücksichtigung der Art des Erzeugnisses, bei dem das Muster
benutzt wird oder in das es aufgenommen wird, und insbesondere des jeweiligen
Industriesektors und des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der
Entwicklung des Musters.
(14) Technologische
Innovationen sollten nicht durch einen rechtlichen Schutz des Musters für
ausschließlich technisch bedingte Merkmale behindert werden. Dies setzt
jedoch nicht voraus, dass ein Muster einen ästhetischen Gehalt aufweisen
sollte. Ebenso wenig sollte die Interoperabilität von Erzeugnissen
unterschiedlichen Fabrikats dadurch behindert werden, dass sich der Schutz auf
das Design mechanischer Verbindungselemente erstreckt. Merkmale eines Musters,
die aus diesen Gründen vom Schutz ausgenommen sind, sollten bei der
Beurteilung, ob andere Merkmale des Musters die Schutzvoraussetzungen
erfüllen, nicht herangezogen werden.
(15) Abweichend hiervon
können die mechanischen Verbindungselemente von Kombinationsteilen ein
wichtiges Element der innovativen Merkmale von Kombinationsteilen bilden und
einen wesentlichen Aktivposten für das Marketing darstellen, und sollten
daher schutzfähig sein.
(16) Es besteht kein Recht
an einem Muster, wenn es gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die
guten Sitten verstößt. Diese Richtlinie stellt jedoch keine
Harmonisierung der nationalen Begriffe der öffentlichen Ordnung oder der
guten Sitten dar.
(17) Für das
reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ist es entscheidend, die durch
eingetragene Rechte an Mustern verliehene Schutzdauer zu
vereinheitlichen.
(18) Diese Richtlinie
lässt die Anwendbarkeit der Wettbewerbsregeln der Artikel 85 und 86
des Vertrages unberührt.
(19) Für etliche
Industriesektoren ist die rasche Annahme dieser Richtlinie dringend geworden.
Derzeit lässt sich eine vollständige Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Benutzung geschützter
Muster zur Reparatur eines komplexen Erzeugnisses im Hinblick auf die
Wiederherstellung von dessen ursprünglicher Erscheinungsform dann nicht
durchführen, wenn das Erzeugnis, in das das Muster aufgenommen ist oder
bei dem es benutzt wird, Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, von
dessen Erscheinungsform das geschützte Muster abhängt. Der Umstand,
dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Benutzung
geschützter Muster für eine derartige Reparatur komplexer Erzeugnisse
nicht vollständig angeglichen sind, sollte der Angleichung anderer
einzelstaatlicher Vorschriften des Rechts zum Schutz von Mustern, die das
Funktionieren des Binnenmarkts ganz unmittelbar berühren, nicht
entgegenstehen. Daher sollten die Mitgliedstaaten in der Zwischenzeit
gemäß dem Vertrag Bestimmungen beibehalten, die die Benutzung des
Musters eines Bauelements zur Reparatur eines komplexen Erzeugnisses im
Hinblick auf die Wiederherstellung von dessen ursprünglicher
Erscheinungsform ermöglichen sollen; führen sie neue Bestimmungen
über eine derartige Benutzung ein, so sollten diese lediglich die
Liberalisierung des Handels mit solchen Bauelementen ermöglichen.
Mitgliedstaaten, in denen es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie
keinen Musterschutz für Bauelemente gibt, sind nicht verpflichtet, eine
Eintragung der Muster für solche Elemente einzuführen. Drei Jahre
nach Ablauf der Umsetzungsfrist sollte die Kommission einen Bericht vorlegen,
in dem die Auswirkungen dieser Richtlinie auf die Industrie der Gemeinschaft,
die Verbraucher, den Wettbewerb und das Funktionieren des Binnenmarkts
untersucht werden. In Bezug auf Bauelemente komplexer Erzeugnisse sollte in
diesem Bericht insbesondere die Harmonisierung auf der Grundlage etwaiger
Optionen, einschließlich eines Vergütungssystems und einer
begrenzten Ausschließlichkeitsfrist, geprüft werden. Spätestens
ein Jahr nach Vorlage ihres Berichts sollte die Kommission nach Anhörung
der am stärksten betroffenen Parteien dem Europäischen Parlament und
dem Rat die zur Vollendung des Binnenmarkts in Bezug auf Bauelemente von
komplexen Erzeugnissen notwendigen Änderungen dieser Richtlinie sowie
etwaige weitere von ihr für erforderlich gehaltene Änderungen
vorschlagen.
(20) Die
Übergangsbestimmung in Artikel 14 betreffend die Benutzung des
Musters eines Bauelements zur Reparatur eines komplexen Erzeugnisses im
Hinblick auf die Wiederherstellung von dessen ursprünglicher
Erscheinungsform darf keinesfalls als Hindernis für den freien Verkehr mit
einem Erzeugnis, das ein derartiges Bauelement bildet, ausgelegt
werden.
(21) Die Sachgründe
für die Zurückweisung der Eintragung in den Mitgliedstaaten, die eine
Sachprüfung der Anmeldungen vor ihrer Eintragung vorsehen, und die
Sachgründe für die Nichtigkeit eingetragener Rechte an Mustern in
allen Mitgliedstaaten müssen erschöpfend aufgezählt
werden –