gestützt auf den Vertrag
zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere
auf Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission
,
in Zusammenarbeit mit dem
Europäischen Parlament
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
Es müssen Maßnahmen
zur schrittweisen Errichtung des Binnenmarktes bis zum 31. Dezember 1992
getroffen werden. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem
der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital
gewährleistet ist.
Die Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über Vertragsklauseln zwischen dem Verkäufer von
Waren oder dem Dienstleistungserbringer einerseits und dem Verbraucher
andererseits weisen viele Unterschiede auf, wodurch die einzelnen Märkte
für den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen an den
Verbraucher uneinheitlich sind; dadurch wiederum können
Wettbewerbsverzerrungen bei den Verkäufern und den Erbringern von
Dienstleistungen, besonders bei der Vermarktung in anderen Mitgliedstaaten,
eintreten.
Namentlich die
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln
in Verträgen mit Verbrauchern weisen beträchtliche Unterschiede
auf.
Die Mitgliedstaaten müssen
dafür Sorge tragen, dass die mit den Verbrauchern abgeschlossenen
Verträge keine missbräuchlichen Klauseln enthalten.
Die Verbraucher kennen im
Allgemeinen nicht die Rechtsvorschriften, die in anderen Mitgliedstaaten
für Verträge über den Kauf von Waren oder das Angebot von
Dienstleistungen gelten. Diese Unkenntnis kann sie davon abhalten, Waren und
Dienstleistungen direkt in anderen Mitgliedstaaten zu ordern.
Um die Errichtung des
Binnenmarktes zu erleichtern und den Bürger in seiner Rolle als
Verbraucher beim Kauf von Waren und Dienstleistungen mittels Verträgen zu
schützen, für die die Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten
gelten, ist es von Bedeutung, missbräuchliche Klauseln aus diesen
Verträgen zu entfernen.
Den Verkäufern von Waren
und Dienstleistungsbringern wird dadurch ihre Verkaufstätigkeit sowohl im
eigenen Land als auch im gesamten Binnenmarkt erleichtert. Damit wird der
Wettbewerb gefördert und den Bürgern der Gemeinschaft in ihrer
Eigenschaft als Verbraucher eine größere Auswahl zur Verfügung
gestellt.
In den beiden Programmen der
Gemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der
Verbraucher wird die Bedeutung des
Verbraucherschutzes auf dem Gebiet missbräuchlicher Vertragsklauseln
hervorgehoben. Dieser Schutz sollte durch Rechtsvorschriften gewährleistet
werden, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind oder unmittelbar auf dieser
Ebene erlassen werden.
Gemäß dem unter dem
Abschnitt „Schutz der wirtschaftlichen Interessen der
Verbraucher” festgelegten Prinzip sind entsprechend diesen Programmen
Käufer von Waren oder Dienstleistungen vor Machtmissbrauch des
Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers, insbesondere vor vom
Verkäufer einseitig festgelegten Standardverträgen und vor dem
missbräuchlichen Ausschluss von Rechten in Verträgen zu
schützen.
Durch die Aufstellung
einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln
kann der Verbraucher besser geschützt werden. Diese Vorschriften sollten
für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten.
Von dieser Richtlinie ausgenommen sind daher insbesondere Arbeitsverträge
sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und
Gesellschaftsrechts.
Der Verbraucher muss bei
mündlichen und bei schriftlichen Verträgen – bei letzteren
unabhängig davon, ob die Klauseln in einem oder in mehreren Dokumenten
enthalten sind – den gleichen Schutz genießen.
Beim derzeitigen Stand der
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften kommt allerdings nur eine teilweise
Harmonisierung in Betracht. So gilt diese Richtlinie insbesondere nur für
Vertragsklauseln, die nicht einzeln ausgehandelt wurden. Den Mitgliedstaaten
muss es freigestellt sein, dem Verbraucher unter Beachtung des Vertrags einen
besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften als den in dieser
Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu gewähren.
Bei Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für
Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie
keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf
bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen
internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder
die Gemeinschaft Vertragsparteien sind, nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen;
der Begriff „bindende Rechtsvorschriften” in Artikel 1
Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den
Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
Die Mitgliedstaaten müssen
jedoch dafür sorgen, dass darin keine missbräuchlichen Klauseln
enthalten sind, zumal diese Richtlinie auch für die gewerbliche
Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Rahmen gilt.
Die Kriterien für die
Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln müssen
generell festgelegt werden.
Die nach den generell
festgelegten Kriterien erfolgende Beurteilung der Missbräuchlichkeit von
Klauseln, insbesondere bei beruflichen Tätigkeiten des
öffentlich-rechtlichen Bereichs, die ausgehend von einer
Solidargemeinschaft der Dienstleistungsnehmer kollektive Dienste erbringen,
muss durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen
der Parteien ergänzt werden. Diese stellt das Gebot von Treu und Glauben
dar. Bei der Beurteilung von Treu und Glauben ist besonders zu
berücksichtigen, welches Kräfteverhältnis zwischen den
Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in
irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben,
und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des
Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden. Dem Gebot von Treu und Glauben
kann durch den Gewerbetreibenden Genüge getan werden, indem er sich
gegenüber der anderen Partei, deren berechtigten Interessen er Rechnung
tragen muss, loyal und billig verhält.
Die Liste der Klauseln im
Anhang kann für die Zwecke dieser Richtlinie nur Beispiele geben; infolge
dieses Minimalcharakters kann sie von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich des
Geltungsbereichs dieser Klauseln, ergänzt oder restriktiver formuliert
werden.
Bei der Beurteilung der
Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln ist der Art der Güter bzw.
Dienstleistungen Rechnung zu tragen.
Für die Zwecke dieser
Richtlinie dürfen Klauseln, die den Hauptgegenstand eines Vertrages oder
das Preis-/Leistungsverhältnis der Lieferung bzw. der Dienstleistung
beschreiben, nicht als missbräuchlich beurteilt werden. Jedoch können
der Hauptgegenstand des Vertrages und das Preis-/Leistungsverhältnis bei
der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln
berücksichtigt werden. Daraus folgt unter anderem, dass bei
Versicherungsverträgen die Klauseln, in denen das versicherte Risiko und
die Verpflichtung des Versicherers deutlich festgelegt oder abgegrenzt werden,
nicht als missbräuchlich beurteilt werden, sofern diese
Einschränkungen bei der Berechnung der vom Verbraucher gezahlten
Prämie Berücksichtigung finden.
Die Verträge müssen
in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. Der Verbraucher muss
tatsächlich die Möglichkeit haben, von allen Vertragsklauseln
Kenntnis zu nehmen. Im Zweifelsfall ist die für den Verbraucher
günstigste Auslegung anzuwenden.
Die Mitgliedstaaten müssen
sicherstellen, dass in von einem Gewerbetreibenden mit Verbrauchern
abgeschlossenen Verträgen keine missbräuchlichen Klauseln verwendet
werden. Wenn derartige Klauseln trotzdem verwendet werden, müssen sie
für den Verbraucher unverbindlich sein; die verbleibenden Klauseln
müssen jedoch weiterhin gelten und der Vertrag im übrigen auf der
Grundlage dieser Klauseln für beide Teile verbindlich sein, sofern ein
solches Fortbestehen ohne die missbräuchlichen Klauseln möglich
ist.
In bestimmten Fällen
besteht die Gefahr, dass dem Verbraucher der in dieser Richtlinie aufgestellte
Schutz entzogen wird, indem das Recht eines Drittlands zum anwendbaren Recht
erklärt wird. Es sollten daher in dieser Richtlinie Bestimmungen
vorgesehen werden, die dies ausschließen.
Personen und Organisationen,
die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein berechtigtes Interesse geltend
machen können, den Verbraucher zu schützen, müssen Verfahren,
die Vertragsklauseln im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung in
Verbraucherverträgen, insbesondere missbräuchliche Klauseln, zum
Gegenstand haben, bei Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die für die
Entscheidung über Klagen bzw. Beschwerden oder die Eröffnung von
Gerichtsverfahren zuständig sind, einleiten können. Diese
Möglichkeit bedeutet jedoch keine Vorabkontrolle der in einem beliebigen
Wirtschaftssektor verwendeten allgemeinen Bedingungen.
Die Gerichte oder
Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene
und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher
Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt
wird –
HAT FOLGENDE RICHTLINIE
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