BGH Urteil v. - XI ZR 242/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 6 Abs. 1; VerbrKrG § 6 Abs. 2; VerbrKrG § 9 Abs. 1; HWiG § 2 Abs. 1

Instanzenzug: OLG Hamm, 31 U 313/06 vom LG Essen, 6 O 393/05 vom

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Beklagte, eine Bank, zur Finanzierung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat.

Der Kläger, ein damals 35 Jahre alter Stahlformenbauer, wurde im Juli 2000 in seiner Wohnung von einem Vermittler geworben, sich über einen Treuhänder an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. GbR" (nachfolgend: Fonds) zu beteiligen. Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss er mit der Beklagten am 31. Juli/ einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 35.688,89 DM zu einem bis zum festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 9,29%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 11.773,80 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag unter anderem die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Dem Darlehensvertrag auf einer besonderen Seite beigefügt war eine von dem Kläger gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die unter anderem folgenden Inhalt hat:

"Sie können Ihre auf den Abschluß dieses Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche ... schriftlich widerrufen.

Der Lauf der Frist beginnt frühestens, wenn Ihnen diese Belehrung über Ihr Widerrufsrecht ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben.

Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Im Falle des Widerrufs kommen auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande. ...

Die vorstehende Belehrung habe/n ich/wir zur Kenntnis genommen."

Auf derselben Seite der Widerrufsbelehrung befindet sich der weitere, gesondert zu unterschreibende Abschnitt, der ebenfalls vom Kläger unterschrieben wurde:

"Jeder Darlehensnehmer erhält eine Mehrfertigung der Widerrufsbelehrung. Der Empfang wird hiermit bestätigt."

Nach Gegenzeichnung des Darlehensvertrages am erhielt der Kläger eine Vertragsausfertigung; auf dessen Weisung zahlte die Beklagte die Darlehensvaluta an den Treuhänder aus.

Mit Schreiben vom widerrief der Kläger den Darlehensvertrag mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Seine Klage stützt er jedoch vorrangig auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe. Auf jeden Fall schulde er deshalb nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4%.

Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen abzüglich der Fondsausschüttungen in Höhe von 4.991,60 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Hilfsweise verlangt er wegen der fehlenden Gesamtbetragsangabe im Darlehensvertrag die Feststellung, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schulde. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und wendet unter anderem ein, der Kläger müsste sich weitere Fondsausschüttungen anrechnen lassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und - unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils - zur Verurteilung der Beklagten nach dem von dem Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG aF zu. Eine mögliche Nichtigkeit des Vertrages wegen fehlender Gesamtbetragsangabe sei nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG aF geheilt worden, weil die Auszahlung der Darlehensvaluta auf Weisung des Klägers erfolgt sei. Der Kläger könne sein Begehren auch nicht im Wege des Rückforderungsdurchgriffs auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Fondsinitiatoren stützen, weil er eine arglistige Täuschung seitens der Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter nicht dargetan habe. Schließlich stehe dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer vorsätzlichen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den Vermittler zu. Dessen Äußerung, die Kapitalanlage trage sich durch die Ausschüttungen und steuerliche Ersparnisse selbst, habe lediglich werbenden Charakter. Dass die Mieterträge der Fondsobjekte hinter den Prospektangaben zurückbleiben könnten, sei ein allgemein bekanntes Risiko. Auf die fehlende Veräußerbarkeit der Fondsbeteiligung habe der Vermittler im Jahr 2000 noch nicht hinweisen müssen. Die erstmalig in der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Vermittler habe ihm die jederzeitige Veräußerbarkeit zugesichert, sei gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF) wirksam widerrufen. Der Vertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Der Kläger habe den Vertrag noch im Januar 2005 widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Zwar führe der Zusatz, dass auch die finanzierten verbundenen Geschäfte im Falle eines Widerrufs nicht zustande kämen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung.

Dagegen genüge die Erklärung, dass die Widerrufsfrist frühestens beginne, wenn die Belehrung über das Widerrufsrecht ausgehändigt worden sei, "jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben", nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF. Die Widerrufsfrist habe nach dieser Vorschrift - unabhängig vom Erhalt einer Ausfertigung des Darlehensvertrages - mit der Aushändigung einer Belehrung an den Verbraucher begonnen. Die Belehrung der Beklagten sei somit inhaltlich unzutreffend gewesen. Aufgrund dessen könne der Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts verlangen, weil Fondsbeitritt und Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten. Das erstmals in der Berufungsverhandlung erfolgte Vorbringen der Beklagten, dem Kläger seien höhere als die von ihm in Abzug gebrachten Ausschüttungen zugeflossen, könne gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1.

Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht in dem Zusatz, dass im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung auch "die finanzierten verbundenen Geschäfte" nicht wirksam zustande kommen, keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF gesehen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats zu verneinen, wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall ist - der Fondsbeitritt und der seiner Finanzierung dienende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden (BGHZ 172, 157, Tz. 11 ff.; Urteil vom - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 26 m.w.N.). Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Vertrag in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret bezeichnet ist, ist unschädlich; auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom aaO). Da die Darlehensvaluta nach dem Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fondsanteils gewährt wurde, war für den Kläger klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur die treuhänderische Fondsbeteiligung gemeint sein konnte.

2.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht aber die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung auch den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF.

a)

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen (, WM 2002, 1989, 1991 m.w.N.). Hierzu gehört etwa der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt (BGHZ 172, 157, Tz. 14 ff.; Urteil vom - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, Tz. 14 ff.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (, WM 1993, 1840, 1841 und vom - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991) oder aber gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (BGHZ 172, 157, Tz. 13 m.w.N.).

b)

Nach diesen Maßstäben ist die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nicht unwirksam. Wie der Senat mit Urteil vom (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 15 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, ist die im Vergleich zu § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF von den Parteien vereinbarte Verlängerung der Widerrufsfrist wirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist danach insbesondere der Zusatz, wonach die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrages beginnt, unschädlich, weil das dadurch bewirkte Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist dem Interesse des Kunden entspricht (Senat, aaO, Tz. 17 f.). Weiter verstößt der Formulierungszusatz "frühestens" nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG aF (Senat, aaO, Tz. 19).

3.

Schließlich ist die Widerrufserklärung auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im unteren Teil des Formulars eine vom Kläger zu unterzeichnende Empfangsbestätigung enthält. Wie der Senat mit Urteil vom (XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 23 ff.) für eine gleichlautende Widerrufsbelehrung im Einzelnen ausgeführt hat, stellt die Empfangsbestätigung im Verhältnis zur Widerrufsbelehrung keine andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG aF, sondern eine eigenständige Erklärung dar. Widerrufsbelehrung und Empfangsbestätigung sind horizontal und räumlich deutlich voneinander getrennt; der Charakter zweier eigenständiger Erklärungen wird durch die jeweils gesondert zu leistenden Unterschriften deutlich. Unter diesen Umständen ist die Empfangsbestätigung nicht geeignet, dem Verbraucher die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts zu verschleiern oder ihn in sonstiger Weise von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten.

4.

Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Erhalt der von der Beklagten gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrags und war bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger am bereits abgelaufen.

III.

Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und auf den Hilfsantrag des Klägers die Feststellung auszusprechen, dass der Kläger der Beklagten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Darlehensvertrag bis zum Vertragsende Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldet.

Der formularmäßige Darlehensvertrag weist lediglich den für die Zeit der Zinsfestschreibung berechneten Teilbetrag aus. Damit fehlt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der hier vorliegenden sogenannten unechten Abschnittsfinanzierung an der erforderlichen Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG aF (BGHZ 159, 270, 274 ff. und Urteil vom - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1246 m.w.N.). Aufgrund dessen schuldet der Kläger der Beklagten statt des vereinbarten Vertragszinses für die gesamte Vertragslaufzeit, nicht nur für die Zinsfestschreibungsperiode, lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% p.a. (Senatsurteil vom - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2309).

Im Übrigen waren die Klage abzuweisen und die weitergehenden Rechtsmittel zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
PAAAD-24047

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein