Anspruch auf rechtliches Gehör; § 76 Abs. 2 FGO begründet keine allgemeine Hinweispflicht des Gerichts
Gesetze: FGO § 76 Abs. 1, FGO § 76 Abs. 2, GG Art. 103
Instanzenzug:
Gründe
Die Anhörungsrüge (§ 133a der Finanzgerichtsordnung —FGO—) des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) ist nicht begründet.
1. Der Senat hat in seinem —die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verwerfenden— Beschluss vom (VI B 141/08) im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe den behaupteten Verfahrensfehler (Verletzung der Sachaufklärungspflicht - § 76 Abs. 1 FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt. Eine schlüssige Rüge, das Finanzgericht (FG) habe einen Beweisantrag übergangen, verlange jedenfalls bei einem —wie im Streitfall— fachkundig vertretenen Kläger die Darlegung, dass entweder die Nichterhebung des angebotenen Beweises bereits beim FG gerügt worden sei, oder der Umstände, weshalb diese Rüge nicht möglich gewesen sei. Hierzu hat sich der Senat auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unter Bezeichnung mehrerer Entscheidungen berufen.
Der Senat hat ergänzend hinzugefügt, dass sich auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht ergebe, dass der Kläger das Übergehen des Beweisantrags gerügt habe. Der Kläger hätte unter diesen Umständen, um eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend zu machen, vortragen müssen, in der mündlichen Verhandlung eine Protokollierung der Rüge verlangt und —im Falle der Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen— eine Protokollberichtigung beantragt zu haben. Dies sei nicht geschehen.
2. Mit der Anhörungsrüge bringt der Kläger im Wesentlichen vor, der Senat habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Wäre dem Kläger mitgeteilt worden, dass der Senat auf die unterlassene Protokollberichtigung abstelle, hätte er eine solche beantragt mit der Folge, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht als unzulässig zurückgewiesen hätte werden können.
3. Die Rüge des Klägers greift nicht durch. Nachdem die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am vorletzten Tag der Begründungsfrist eingegangen war, ist schon fraglich, ob —nach einem entsprechenden Hinweis des Senats— eine insoweit nachgeschobene Begründung des Klägers noch hätte berücksichtigt werden können.
Jedenfalls war der Senat weder verpflichtet, den Kläger auf die mangelnde Schlüssigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde im Ganzen noch auf den ergänzenden Gesichtspunkt der unterlassenen Protokollberichtigung hinzuweisen. Die Vorschrift des § 76 Abs. 2 FGO (hier i.V.m. § 121 Satz 1 FGO) begründet keine allgemeine Hinweispflicht des Gerichts. Das rechtliche Gehör (vgl. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird einem Beteiligten (nur) versagt, wenn Anforderungen an den Sachvortrag gestellt werden oder auf rechtliche Gesichtspunkte abgestellt wird, mit denen auch ein gewissenhaft und kundiger Verfahrensbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. z.B. , BVerfGE 108, 341, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3687; Bundesverwaltungsgericht —BVerwG—, Beschluss vom 6 PB 18/08, Die Öffentliche Verwaltung 2008, 1005; vgl. auch Jarass/ Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 10. Aufl., Art. 103 Rz 22, m.w.N.).
Der Kläger verkennt überdies, dass zur Frage des Rügeverzichts bei (verzichtbaren) Verfahrensrechten eine langjährige Rechtsprechung (auch) des BFH besteht. Sie gründet auf der Vorschrift des § 295 der Zivilprozessordnung, die —für den Finanzgerichtsprozess— nach § 155 FGO entsprechend anwendbar ist (umfassend hierzu Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 259 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 113 ff., jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen auch anderer Bundesgerichte; vgl. auch , Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4). Der Senat konnte deshalb davon ausgehen, dass der sachkundigen Prozessvertreterin die bezeichnete Rechtslage bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen. In Anbetracht dessen hätte die Prozessvertreterin des Klägers schon von sich aus erwägen und prüfen müssen, ob vor der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde von der Möglichkeit einer Berichtigung des Protokolls Gebrauch zu machen ist (vgl. auch , BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegt im Streitfall keine Gehörsverletzung des Senats (durch Unterlassen eines einschlägigen Hinweises) vor.
Fundstelle(n):
PAAAD-23759